Schröder, der seit über dreißig Stunden auf den Beinen war, schloss sein Rennrad unten an den Felsen an und ließ sich von einer Streife ins Präsidium bringen. Als der Wagen von der Flusspromenade auf die Hauptstraße einbog, sah er Mona Fender mit verweinten Augen neben dem Wartehäuschen an der Straßenbahnhaltestelle stehen, während ihr Exmann schräg hinter ihr auf dem Bürgersteig rückwärts gegen einen Papierkorb stolperte, sich aufrappelte und aus weit aufgerissenen Augen hinauf in den sommerlich strahlenden Himmel starrte. Schröder spielte mit dem Gedanken, noch einmal mit den beiden zu reden, entschied sich jedoch dagegen. Ungeachtet der furchtbaren Angst um ihr Kind hatten sie nur das Nötigste ausgesagt. Mehr würden sie freiwillig nicht preisgeben.
Schröder nutzte die kurze Fahrt für ein Nickerchen. Als er ins Büro kam, wurde er von Zorn erwartet, der mit unverhohlenem Stolz verkündete, wieder einmal den richtigen Riecher gehabt zu haben: Paula Hecht war unzweifelhaft identifiziert worden, eine polnische Reinigungskraft hatte sie auf dem Foto eindeutig als die Krankenschwester erkannt, die am Abend von Holm Fenders Entführung einen Rollstuhl mit einem schlafenden Patienten aus dem Heim schob. Zeitlich passte alles zusammen, denn laut Aussage des Studenten hatte die Frau den Rollstuhl nur wenige Minuten darauf im Kofferraum eines Kombis verstaut und war davongefahren.
Als die beiden sich kurz darauf mit Frieda in der Kantine zum Mittagessen trafen (da es bereits nach vierzehn Uhr war, gab es nur noch Bockwurst und belegte Brötchen), wurde Frieda von Zorn wortreich über seinen ermittlungstechnischen Durchbruch informiert. Dass er auf Schröders Anweisung gehandelt hatte, war ihm offensichtlich nicht mehr bewusst. Schröder machte sich nicht die Mühe, darauf hinzuweisen.
Er hatte sich von Peymann, dem jungen Kriminaltechniker, einen Link schicken lassen, um die Überwachung von Fenders Handy im Büro auf seinem Computer verfolgen zu können. Zorn zeigte sich skeptisch (ich dachte, dieser vollgemalte kleine Hippie wäre Praktikant in der Poststelle) , doch um exakt fünfzehn Uhr kündigte ein Signalton auf Schröders Rechner den Aufbau einer Verbindung an, und Zorn stellte erstaunt fest, dass der krasse Scheiß tatsächlich funktionierte.