Manche Leser, die das Manuskript dieses Buches vorab lasen, empfanden es als Mangel, dass ich nicht mehr über Gefühle, innere Dialoge, Selbstzweifel und Stimmungen geschrieben habe. Natürlich habe ich Gefühle, aber Menschen, die mich besser kennen, wissen, dass mir Dinge fremd sind, die den meisten anderen Menschen sehr vertraut sind. Was dies genau ist, weiß ich nicht – und ich kann es wohl auch nicht wissen. Denn wir alle kennen bloß unsere eigenen Empfindungen. Empathie können wir nur aufbringen, insofern wir Empfindungen anderer Menschen nach-empfinden, weil wir selbst glauben, schon so empfunden zu haben.
Manchmal haben mich andere Menschen als Maschine bezeichnet; einige meinten, ich könne Emotionen viel stärker kontrollieren oder sogar vollständig ausblenden. Nun, eine Maschine bin ich bestimmt nicht. Aber ich habe im Laufe meines Lebens verstanden, dass ich irgendwie anders bin, ohne dies selbst genau artikulieren zu können.
Vielleicht lässt Sie folgendes Erlebnis verstehen, was ich meine: Ich saß vor einigen Jahren hinten in einem Taxi und fuhr vom Flughafen nach Hause. Ich telefonierte mit einem Geschäftspartner, es ging um schwierige Themen. Auf einmal startete das Taxi ein Überholmanöver, mit dem Ergebnis, dass ein LKW uns schwer rammte. Das Taxi schlingerte gefährlich, und es gab einen Totalschaden. Nur durch großes Glück passierte weder mir noch dem Taxifahrer etwas. Während des Unfalls beendete ich nicht etwa das Telefonat, sondern führte es mit ruhiger Stimme fort. Ich berichtete meinem Gesprächspartner knapp und sachlich, was in diesen Sekunden gerade geschah, dass also das Taxi vom LKW gerammt wurde und ins Schlingern geriet. Ich berichtete dies ohne jede Aufregung in der Stimme und führte das Fachgespräch konzentriert fort, da ich in diesen Sekunden sofort merkte, dass wir beide sicher an einer Katastrophe vorbeigeschrammt waren.
Ich vergewisserte mich ohne Unterbrechung des Telefonats kurz, dass dem Taxifahrer tatsächlich nichts passiert war, drückte ihm meine Karte in die Hand, falls ein Zeuge benötigt würde, stieg aus und winkte ein anderes Taxi herbei. Das Gespräch mit dem Geschäftspartner setzte ich – auf das Taxi wartend – noch einige Minuten fort. Im Büro berichtete ich knapp von dem Geschehen, setzte dann jedoch meine Arbeit fort. Meine Assistentin überredete mich allerdings, zum Arzt zu gehen – der solle untersuchen, ob mir nicht vielleicht doch etwas passiert sei, was jedoch nicht der Fall war. Die einzige Emotion, die ich unmittelbar nach dem Ereignis empfand, war eine freudige Erleichterung über den guten Ausgang – denn ich hätte ja bei einem so schweren Unfall auch verletzt im Krankenhaus landen können. Als ich von dem Vorfall berichtete, waren andere Menschen verblüfft und konnten mein Verhalten nicht verstehen. Es gibt ähnliche Beispiele aus meinem Leben, die meine Mitmenschen erstaunt haben.
Wenn Ihrer Meinung nach etwas in diesem Buch fehlt, dann nicht in dem Text, sondern in dem Menschen. Ich selbst sehe dies nicht als Mangel, und wenn es einer sein sollte, dann bestätigt mein Leben das, was Napoleon Hill in seinem Klassiker »Denke nach und werde reich« schrieb: dass sich jeder Nachteil in einen zumindest gleich großen – oftmals sogar in einen weitaus größeren – Vorteil verwandeln lässt.
Was manche Menschen befremdet, sind vielleicht einige meiner Lebensregeln und die extreme Konsequenz und Striktheit, mit der ich sie befolge. Im Laufe der Jahrzehnte habe ich diese Lebensregeln entwickelt, die mich in meinem Denken und Handeln leiteten. Bewusst oder unbewusst werden alle Menschen von Glaubenssätzen, Weltanschauungen und Heuristiken geführt, die ihr Denken und Handeln bestimmen. Für mich waren und sind die wichtigsten Überzeugungen diese zwölf:
1.Traue dich, sehr selbstbewusst zu sein, und sei bescheiden im Lernen.
2.Sieh die Welt, wie sie ist, nicht, wie du sie dir wünschst und nicht wie »man« sie sehen soll.
3.Wenn du nie scheiterst, hast du dir deine Ziele zu klein gesteckt.
4.Selbstvermarktung und Eigen-PR sind wichtig.
5.Habe keine Angst vor Autoritäten!
6.Es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen.
7.Was dir keinen Spaß macht, lass von anderen erledigen.
8.Habe keine Angst, andere um einen Gefallen zu bitten (aber tue auch was für sie).
9.Ehrlichkeit zahlt sich aus.
10.Sei zuverlässig – ohne Einschränkung und Ausnahme.
11.Mache einen Sport daraus, das »Nein« zu überhören.
12.Ohne Akquise und Networking wirst du keinen Erfolg haben.
Traue dich, sehr selbstbewusst zu sein, und sei bescheiden im Lernen.
»Wer sich zum Wurm macht, kann nachher nicht klagen, wenn er mit Füßen getreten wird«, wusste schon der Philosoph Immanuel Kant. Sehr selbstbewusste Menschen – und zu denen zähle ich mich – polarisieren. Ich fühle mich wohl in der Gegenwart selbstbewusster Menschen. Und so wie mir geht es auch anderen, aber keineswegs jedem. Sehr selbstbewusste Personen stoßen manchmal jene ab, denen es an Selbstvertrauen mangelt.
Erfolgreiche Menschen strahlen meist ein ungeheueres Selbstbewusstsein aus. Denken Sie an Arnold Schwarzenegger, Richard Branson und Jack Welch oder an erfolgreiche Menschen in Ihrem Bekanntenkreis. Was jedoch ist Ursache und was ist Wirkung? Sind diese Menschen deshalb so selbstbewusst, weil sie so erfolgreich sind, oder sind sie so erfolgreich, weil sie so selbstbewusst sind? Ich denke, beides trifft zu. Die Entwicklung von Selbstbewusstsein gleicht einem dynamischen Regelkreis. Sie kann als sich selbst verstärkender Prozess beschrieben werden. So war es jedenfalls bei mir. Meinen Eltern verdanke ich es, dass ich schon als Kind und Jugendlicher sehr selbstbewusst war. Mein Vater und meine Mutter waren davon überzeugt, dass ihr Sohn etwas ganz Besonderes sei. Sie vermittelten mir die Überzeugung, ich sei mit außergewöhnlichen Begabungen und besonderen Fähigkeiten gesegnet. Das klingt vielleicht vermessen, aber genau dieses Gefühl vermittelten mir meine Eltern.
Das Selbstvertrauen, das ich dadurch erlangte, war Basis für kleine und große Erfolge und auch die Ursache dafür, dass ich mit den Niederlagen gut umgehen konnte. Mein Selbstvertrauen wuchs durch die Erfolge, die ich erzielte. Ich glaube nicht, dass Menschen dauerhaft wirklich selbstbewusst sein oder bleiben können, wenn sie nicht nachweisbare und unbestreitbare Erfolge erzielen.
Es hört sich gut an, wenn man sagt, Selbstvertrauen komme von innen und hänge nicht an äußeren Erfolgen. Ich glaube das nicht. Selbstbewusstsein braucht Beweise. Wenn Sie sich selbst stets sagen, wie toll Sie sind, aber in Ihrer Lebenswirklichkeit nichts zuwege bringen, dann spüren Sie, dass Sie sich anlügen. Bei mir waren jedenfalls äußere Erfolge wichtig für die Entwicklung meines Selbstvertrauens. Dass ich meine beiden Staatsexamina und meine erste Promotion mit Auszeichnung bestand, stärkte mein Selbstbewusstsein ebenso wie die Anerkennung meiner wissenschaftlichen Leistungen durch die Fachwelt, meine Erfolge als Unternehmer und Immobilieninvestor oder schöne Frauen an meiner Seite. Und natürlich stärkte es mein Selbstbewusstsein, dass es mir drei Jahrzehnte nach meiner ersten Promotion gelang – neben meiner unternehmerischen Tätigkeit –, ein zweites Mal erfolgreich zu promovieren und einen Beitrag zur Forschung zu leisten.
»Bescheidenheit ist eine Zier«, sagt ein Sprichwort. Obwohl es auf den ersten Blick widersprüchlich wirkt, glaube ich, dass darin (wie in vielen Sprichwörtern) eine Wahrheit steckt. Bescheidenheit war für mich wichtig, wenn es darum ging, Neues zu lernen. Als ich meine akademische Laufbahn schon erfolgreich absolviert und Führungspositionen im Verlag und bei einer renommierten Tageszeitung bekleidet hatte, war ich dennoch bescheiden genug, von einem Versicherungsvertreter zu lernen, der nur einen Realschulabschluss besaß, und bescheiden genug, um mich mit einfachen Menschen bei der Volksfürsorge abends in die Schulung zu setzen und das ABC von der Hausrat- und Kfz-Versicherung bis zur Kranken- und Lebensversicherung zu lernen. Später in meinem Leben habe ich oft Seminare besucht, die andere für überflüssig hielten, weil sie meinten, »das« wüssten sie schon alles.
Sieh die Welt, wie sie ist, nicht, wie du sie dir wünschst und nicht wie »man« sie sehen soll.
Ich strenge mich an, die Welt so zu sehen, wie sie ist. Ist das nicht banal? Würde das nicht jeder Mensch für sich beanspruchen? Mag sein. Aber bei vielen Menschen vermengen sich tatsächlich Wunschdenken und Realitätserfassung. Das ist sogar inzwischen wissenschaftlich durch die Forschungen der Behavioral Economics erwiesen. Verständlich ist, dass sich die Anhänger einer Fußballmannschaft wünschen, sie möge siegen. Aber eigenartig ist schon, dass die Anhänger beider Mannschaften auch überwiegend felsenfest daran glauben, dass es so kommen wird. »Der Wunsch ist der Vater des Gedankens«, sagt ein Sprichwort. Ich fand es stets wichtig, gegen diese allzu menschliche Tendenz zum Wunschdenken anzukämpfen.
Ich glaube einfach nicht daran, dass man taugliche Erfolgsstrategien entwickeln kann, wenn man sich selbst betrügt und vom Wunschdenken leiten lässt. Optimismus hat nicht nur Vorteile, sondern führt oft zu einer verzerrten Wahrnehmung der Wirklichkeit. Ich habe viele Unternehmer scheitern sehen, weil sie unbeirrt positiv dachten – auch als alle Fakten dagegensprachen. Sie haben nicht rechtzeitig die Reißleine gezogen und stattdessen gutes Geld schlechtem hinterher geworfen. Sie wurden Opfer ihres Überoptimismus. Forschungen bestätigen, dass Überoptimismus eine der am meisten verbreiteten kognitiven Verzerrungen ist. Es mag oft unbequem oder manchmal sogar schmerzhaft sein, die Realität so zu sehen, wie sie ist. Doch mein Motto lautete stets: »Man soll keinen anderen Menschen betrügen, aber vor allem nicht sich selbst.«
Können wir die Realität überhaupt erkennen? Manche Wissenschaftler bestreiten das – für sie ist alles nur ein sprachliches »Konstrukt«. Eine objektive Realität gebe es nicht. Diese Wissenschaftler erinnern mich an jene Philosophen, deren Tagung an einem großen Fluss stattfand. Sie diskutierten heftig darüber, ob es eine objektive Realität gebe. Der Fluss trat über und am Ende ertranken viele von ihnen. Könnten wir die Realität nicht erkennen und handelte es sich bei unseren Theorien nur um subjektive Konstrukte, dann wäre es unmöglich, Menschen zum Mond zu schicken. Ob eine Annahme oder Theorie die Realität zutreffend widerspiegelt oder nicht, merken wir an den praktischen Ergebnissen. Der Unternehmer, der von falschen Voraussetzungen ausgeht und sich selbst betrügt, wird das in der Regel letztlich an geringeren Gewinnen oder gar Verlusten ablesen können.
Es hindert Menschen auch daran, die Realitäten zu erkennen, wenn sie sozial erwünschte, wohlklingende Lebensweisheiten so lange wiederholen, bis sie sie am Ende selbst glauben. Viele dieser Lebensweisheiten dienen ganz offensichtlich eher dem Trost der Zukurzgekommenen, als dass sie zutreffend die Realität beschreiben: »Es kommt nicht auf das Aussehen an, sondern auf die inneren Werte« ist einer der Sprüche, die ganz offensichtlich nicht stimmen. Im Grunde weiß das jeder – und es ist sogar durch wissenschaftliche Forschungen belegt. Verständlich ist, dass Menschen, die nicht mit einem guten Aussehen gesegnet sind, sich wünschen, das Aussehen möge keine Rolle spielen. Aber jede schöne Frau weiß, dass ihre Chancen, einen erfolgreichen Mann zu erobern, größer sind als die einer unattraktiven Frau.
»Geld ist nicht wichtig« – das sagen entweder jene, die keines haben, um sich damit zu trösten, oder jene, die mehr als genug davon angehäuft und vergessen haben, wie es ist, mit sehr wenig Geld auskommen zu müssen. Millionen spielen jede Woche Lotto, um reich zu werden, Arbeiter streiken für höhere Löhne und leitende Angestellte arbeiten – leider – manchmal bis zum Burnout, um die nächste Karrierestufe zu erreichen. Sie tun das alles, weil sie wissen, dass Geld wichtig ist.
Wenn du nie scheiterst, hast du dir deine Ziele zu klein gesteckt.
Wer selbstbewusst ist, setzt sich immer größere Ziele. Aber kein Mensch hat stets nur Erfolge. Das Scheitern gehört zum Leben dazu – und ich habe das nie negativ gesehen. Manche Prediger des positiven Denkens verkünden, das Schlimmste sei es, aufzugeben. Ich finde das nicht. Als ich erkannte, dass ich mit meiner CAT Model Management AG und meinem »ambition Verlag« finanziell nicht erfolgreich sein würde, gab ich diese Aktivitäten auf. Wäre es besser gewesen, weitere Hunderttausende oder gar Millionen Euro in diese Unternehmen zu investieren, nur um Recht zu behalten?
Ich bin letztlich bei der »Welt« mit meinem Versuch gescheitert, der Zeitung ein neues Profil zu geben. Ich hatte meine Kräfte über- und die Gegenkräfte unterschätzt. Ich habe Fehler gemacht, die schließlich dazu führten, dass ich als Ressortleiter der »Geistigen Welt« zurücktreten musste. Mir hat die Zeit dieser Kämpfe aber eine Menge Spaß gemacht, und ich setzte damit Signale, die etwas bewirkt haben.
Wer sich stets neue, ambitionierte Ziele steckt, wird häufiger scheitern. »Wenn dir alles gelingt, was du versuchst, dann versuchst du nicht genug«, meinte Gordon Moore, der amerikanische Computerpionier und Mitbegründer von Intel. Gewinner sind nicht deshalb Gewinner, weil ihnen alles gelingt. Im Gegenteil: Gewinner setzen sich große Ziele und experimentieren auf dem Weg, diese zu erreichen. Sie verlangen keine Garantie, dass etwas gelingen wird, bevor sie es anpacken. Sie wissen und akzeptieren, dass vieles von dem, was sie ausprobieren, scheitern wird. »Wenn du nicht hin und wieder scheiterst, dann tust du sicher nichts sonderlich Einfallsreiches«, hat der amerikanische Schauspieler und Regisseur Woody Allen treffend gesagt.
Ich habe in diesem Buch von Krisen berichtet und von schwierigen Herausforderungen, von Niederlagen und Rückschlägen. Ich finde all dies nicht ungewöhnlich für jemanden, der Freude am Widerspruch hat, gerne gegen den Strom schwimmt und immer wieder neue Herausforderungen sucht. Menschen, die ein sehr gleichförmiges Leben leben, ohne größere Krisen und Rückschläge, versäumen meiner Meinung nach viel: Da sie nie ihre Grenzen ausloten, finden sie auch niemals heraus, was in ihnen wirklich steckt.
Ich wollte stets wissen, was ich wirklich erreichen kann. Deshalb bin ich beispielsweise Unternehmer geworden. Denn es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden und das eigene Potenzial auszuloten: Indem man Neues wagt und dabei unbekanntes Terrain erkundet.
Seit dem Jahr 1999 führe ich ein »Traumalbum«, in dem ich jedes Jahr meine Ziele aufschreibe. Auf der ersten Seite habe ich in ganz großer Schrift ein Zitat abgeschrieben, von dem ich heute nicht mehr weiß, in welchem Buch ich es gefunden habe: »Das Versagen ist nicht das Schlimmste, das uns widerfahren kann. Das Schlimmste ist, gar nicht erst zu versuchen, unsere Wünsche zu befriedigen. Wenn Sie es versuchen, haben Sie in jedem Fall eine Chance auf Erfolg. Wenn Sie es nicht versuchen, haben Sie bereits versagt.«
Die größten Krisen, die ich in meinem Leben durchzustehen hatte, waren jeweils der Auftakt zu den größten Erfolgen. Zu Beginn des Jahres 1996 steckte ich in einer solchen tiefen Krise. Alles, was ich in den nachfolgenden zwei Jahrzehnten erreicht habe, insbesondere meine Erfolge als Unternehmer und Investor, verdanke ich dieser Krise – und meiner Reaktion darauf. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich Krisen brauche, die mich durcheinanderrütteln und zum Nachdenken bringen. Denn solange alles relativ gleichförmig verläuft, bin auch ich – das gebe ich zu – oft zu bequem, etwas in meinem Leben zu ändern.
Selbstvermarktung und Eigen-PR sind wichtig.
Alles, was ich getan habe, war nach außen gerichtet. Es ist kein Zufall, dass ich Bodybuilding als Sportart gewählt habe, weil das Ergebnis sofort für jeden sichtbar ist (zumindest am Strand). Viele Nonkonformisten gefallen sich darin zu behaupten, die Meinungen »der anderen« seien ihnen gleichgültig. Ich halte das für eine Lebenslüge. Niemandem ist es gleichgültig, wie andere Menschen über ihn denken, auch dem Nonkonformisten nicht. Wir sind soziale Wesen, und die Urteile unserer Mitmenschen sind wichtig für uns. Das heißt nicht, dass man es immer allen recht machen sollte. Im Gegenteil. Auf diese Weise gewinnt niemand Konturen. Nur Langweiler ohne Profil machen es stets allen recht.
Aber wie andere uns sehen, entscheidet über unseren Erfolg. Als Inhaber der Dr. ZitelmannPB. habe ich stets auf Selbstvermarktung und Imagepflege Wert gelegt. Es nützt nichts, wenn Sie der beste PR-Berater in einer Branche sind und Ihre potenziellen Kunden nichts davon wissen. Ich habe tausendfach jeden Montag meine »Immobilien News der Woche« verschickt, obwohl ich damit keinen Euro verdiente. Doch ich wollte, dass die Führungspersönlichkeiten der Immobilien- und Fondsbranche die Woche mit »Zitelmann« begannen. Auf der Immobilienmesse Expo Real ließ ich 15.000 Tafeln Schokolade verteilen. Auf jeder Tafel stand der Aufdruck: »Immobilienkommunikation: Dr. ZitelmannPB.« Dass wir Marktführer sind, haben wir stets laut und deutlich betont. Der Grund war nicht Eitelkeit, sondern die Erkenntnis, dass viele
Kunden lieber dem Marktführer vertrauen, weil sie unbewusst davon ausgehen, dass sich der Beste durchsetzt. Ich kaufe meinen Rasierer von Braun und mein Smartphone von Apple, obwohl es vielleicht bessere gibt. Ich war zwar davon überzeugt, dass unser Unternehmen die beste Beratungsqualität erbrachte, aber ich halte nichts davon, wenn sich Unternehmen mit der »Qualität« ihrer Leistung brüsten, weil das jeder tut. Gute Qualität zu liefern, behauptet jeder, aber Marktführer zu sein, darf nur der behaupten, der nachweisbar die Nummer eins ist.
Zur Selbstvermarktung gehört der Mut, Ecken und Kanten zu zeigen. Nehmen Sie dieses Kapitel, das sie gerade lesen. Wird es jedem gefallen? Bestimmt nicht! Wird es Menschen geben, die sagen: »Hm, der Zitelmann hat aber ein ziemlich überzogenes Selbstbewusstsein.«? Bestimmt! Aber nur dann, wenn Sie sich trauen, zu polarisieren und Widerspruch herauszufordern, werden Sie zu einer unverwechselbaren und emotional aufgeladenen Marke.
Habe keine Angst vor Autoritäten!
Ich hatte immer das Gefühl, mit anderen Menschen auf Augenhöhe zu sprechen. Das galt für meinen Doktorvater, einen international angesehenen Historiker, den ich (sicherlich allzu forsch) zurechtwies, als er zwei Mal hintereinander nicht gelesen hatte, was wir vereinbart hatten. Und als einige sehr berühmte Professoren ihre vertraglichen Verpflichtungen beim Propyläen-Verlag über Jahre hinweg verletzten, war es kein Problem für mich, Klartext mit ihnen zu reden.
In meiner Zeit im Springer-Verlag wurde ich mehrfach zum persönlichen Gespräch mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Richter bestellt. Der Anlass war nicht angenehm, ihm gingen die öffentlichen Kontroversen um mich, einen Redakteur des Verlages, gehörig auf die Nerven. Die meisten Angestellten wären wohl befangen gewesen, würde der Vorstand sie einbestellen. Ich spürte jedoch keine Furcht und fühlte mich in keinem Moment des Gespräches unterlegen. Im Gegenteil. Ich hatte mir zuvor zurechtgelegt, wie das Gespräch meiner Meinung nach verlaufen sollte, und so verlief es dann auch.
Ich fühlte mich auch auf Augenhöhe, als ich mit 45 Superreichen – darunter einige Milliardäre – die Interviews für meine zweite Doktorarbeit führte. Ich habe und hatte großen Respekt vor ihren Leistungen, aber ihre meist sehr starke Persönlichkeit hat mich niemals eingeschüchtert oder verunsichert.
Respekt vor der Leistung verdienstvoller Menschen – ob es nun international renommierte Professoren, Selfmade-Milliardäre oder erfolgreiche Persönlichkeiten auf anderen Gebieten sind – ist für mich eine selbstverständliche Grundhaltung. Ich bewundere die Leistung dieser Menschen, aber ich weiß, dass sie trotz allem Fehler, Schwächen und Defizite haben, so wie wir alle. Das macht sie menschlich.
Mein Vater hat eine sehr starke Persönlichkeit und ist außerordentlich gebildet und redegewandt. In meiner Kindheit hatte ich viele, oft sehr anstrengende Streitgespräche mit ihm zu führen. Ich habe mich gegen ihn aufgelehnt, und das hat mir die Kraft und das Selbstvertrauen gegeben, später im Leben Autoritätspersonen furchtlos gegenübertreten zu können. Wären meine Kindheit und Jugend harmonisch und relativ konfliktfrei verlaufen, dann hätte ich diese Stärke wohl nicht gewonnen. Ein Schmetterling entwickelt die Fähigkeit zu fliegen erst dadurch, dass er mit hoher Kraftanstrengung den Kokon sprengt und damit seine Flügel stärkt.
Es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen.
Mit 39 Jahren habe ich als Neuling angefangen, Immobilien und Versicherungen zu verkaufen. Mit 43 Jahren kündigte ich bei der »Welt« und machte mich als Unternehmer selbstständig. Mit 58 Jahren habe ich meine zweite Doktorarbeit geschrieben und ein Jahr später promoviert. Mit 59 Jahren verkaufte ich meine Firma und startete neue Geschäftstätigkeiten in der Immobilienbranche. Am Ende des Vorwortes zu diesem Buch schrieb ich: »Ich stehe erst am Anfang.« So fühle ich mich auch. Mein Vater, Arnulf Zitelmann, ist 88 Jahre. Er erzählt mir von seinen nächsten Buchprojekten. Meine Mutter, Dietlinde Zitelmann, ursprünglich Kindergärtnerin, startete nach dem Ende ihrer Berufstätigkeit zahlreiche neue Aktivitäten. So absolvierte sie im Alter von über 70 Jahren eine Ausbildung als Atelierleiterin für Ausdrucksmalen bei Laurence Fotheringham und gibt seitdem fortlaufend – mit inzwischen 84 Jahren – Kurse für Ausdrucksmalen in ihrem eigenen Malatelier.
Ich habe nie das Gefühl gehabt, es sei zu spät, etwas Neues zu beginnen. Ich halte es für eine dumme Ausrede, man sei zu jung oder zu alt dafür. Ich rechne anders. Meinen ersten Job an der Uni trat ich im Alter von 30 Jahren an. Das heißt: Ich habe heute 30 Jahre aktives Berufsleben hinter mir. Wenn ich, so wie mein Vater, noch mit 88 Jahren arbeite, dann habe ich gerade etwa die Hälfte hinter mir und die andere Hälfte noch vor mir. Daran, mit 65 in Rente zu gehen, habe ich nie gedacht, obwohl ich schon sehr lange nicht mehr aus wirtschaftlichen Gründen arbeiten muss.
Deshalb verstehe ich niemanden, der 45 Jahre alt ist und meint, es sei zu spät, etwas Neues zu beginnen. Selbst wenn diese Person nur bis zum Alter von 67 Jahre arbeiten wollte (was schade wäre), hätte sie vermutlich gerade einmal die Hälfte des Berufslebens hinter sich. Warum sollte es zu spät sein, Neues zu wagen? Und wann ist der richtige Zeitpunkt, etwas Neues zu starten? Wenn Sie nicht mehr mit Begeisterung bei dem sind, was Sie heute tun. Alle meine beruflichen Tätigkeiten, als Wissenschaftler, Cheflektor, Journalist und PR-Unternehmer haben mir große Freude gemacht. Aber wenn ich merkte, dass die Begeisterung nachließ, begann ich etwas Neues.
Das Gemeinsame an den Neustarts war, dass ich mir Berufe aussuchte, für die weder ein Studium noch eine formale Ausbildung erforderlich sind. Um beispielsweise Arzt oder Anwalt zu werden, müssen Sie mindestens fünf bis sechs Jahre studieren und danach ein zweijähriges Rechtsreferendariat und vielleicht sogar eine mehrjährige Ausbildung als Facharzt absolvieren. Selbst um den einfachen und schlecht bezahlten Beruf eines Friseurs auszuüben, muss man hierzulande eine dreijährige Ausbildung durchhalten.
Als Versicherungsvertreter, Immobilienmakler, Lektor, Journalist, PR-Unternehmer und Investor konnte ich dagegen ohne jede formale Ausbildung sofort neu starten. Ich sehe darin einen Vorteil, weil dies Berufe bzw. Tätigkeiten sind, für die man zwar eine Menge Fähigkeiten braucht, aber keine oder nur sehr geringe formale Ausbildungsvoraussetzungen. Daher eignen sie sich hervorragend für Quereinsteiger, so wie ich es war. Mir half, dass ich ein Autodidakt bin, der gerne und schnell eigenständig lernt.
Sicher kam mir zugute, dass sich in diesen Berufen viele Menschen tummeln, die nicht besonders qualifiziert sind, sodass in mancher Hinsicht der Wettbewerb weniger hart ist als etwa beim Arzt- oder Anwaltsberuf, wo schon während der langwierigen Phase von Studium und Ausbildung weniger Befähigte ausgesiebt werden. Warum soll man sich auf ein Feld begeben, für das die Zugangsvoraussetzungen besonders schwer und bis zu zehn Jahre Ausbildung erforderlich sind – um dann auch nicht mehr zu verdienen als etwa ein fleißiger Unternehmer oder Immobilienmakler? Dafür bedarf es schon einer Menge Idealismus oder das Gefühl einer besonderen Berufung. Wirtschaftlich gesehen ist eine solche Entscheidung dagegen vielfach nicht rational, besonders nicht in der heutigen Zeit, wo Ärzte und Anwälte längst nicht mehr so viel verdienen wie früher einmal. Natürlich genießt ein Arzt oder Anwalt ein viel höheres Ansehen als ein Immobilienmakler oder Journalist. Wenn mir ein Beruf große Freude macht und ich möglicherweise sogar noch sehr gut damit verdiene, dann ist mir das aber weniger wichtig. Im Gegenteil: Da sich viele intelligente Menschen durch diesen Imagefaktor abschrecken lassen, sind die Chancen gar nicht so schlecht, auf solchen, in dieser Hinsicht weniger attraktiven Feldern wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
Was dir keinen Spaß macht, lass von anderen erledigen.
Obwohl ich für andere Menschen als Musterbeispiel für Selbstdisziplin erscheine, handelte ich schon seit meiner Jugend in vieler Hinsicht tatsächlich nach einem ganz anderen Prinzip, nämlich nach dem, was ich als »Lustprinzip« bezeichnete. Das heißt: Ich weigerte mich, Dinge zu tun, zu denen ich keine Lust hatte. Als ich in der Schule merkte, dass mir das Fach Französisch nicht lag bzw. keinen Spaß machte, entschloss ich mich irgendwann, dem Unterricht künftig fernzubleiben. Ich akzeptierte dafür, dass im Zeugnis »ohne Leistung« stand, was gleichbedeutend mit einer 6 war. Später nahm ich nicht mehr am Sportunterricht teil, weil ich auch dazu keine Lust hatte. Im Abiturzeugnis steht daher bei Sport »ohne Leistung«. In der 13. Klasse hatte ich irgendwann überhaupt keine Lust mehr, in die Schule zu gehen, und schwänzte den Unterricht. Schließlich meldete ich mich von der Schule ab. Ein Jahr später meldete ich mich nur deshalb wieder an, weil ich zwischenzeitlich gemerkt hatte, dass mir Arbeiten noch sehr viel weniger Freude bereitete. Als ich nach der Schule entweder Wehr- oder Ersatzdienst hätte leisten müssen, drückte ich mich vor beidem, indem ich bei der Musterung schummelte.
Schon früh lernte ich, sehr konsequent alles in meinem Leben zu delegieren, was mir keinen Spaß machte. Als Student hatte ich keine Freude daran, zu tapezieren oder die Wohnung zu renovieren. Ich überließ das einem Freund und half dem dafür bei seinen Hausarbeiten. Als Wissenschaftlicher Assistent verspürte ich keine große Lust, Hilfsarbeiten für meinen Chef zu erledigen. Und ich hatte Glück, dass der Professor mich gewähren ließ, mein »eigenes Ding« zu machen. Als Journalist hasste ich es, mich um das Layout zu kümmern und Seiten zu produzieren. Ich redete mich all die Jahre damit heraus, dass ich das nicht könne, und ließ es meine Kollegen machen. Als Unternehmer delegierte ich alles, was man überhaupt nur delegieren kann, nach dem Motto: »Was ein anderer 90 Prozent so gut kann wie du, soll er machen.«
Ich bin übrigens der Meinung, dass es anders schwer ist, reich zu werden. Wenn jemand, dessen Wertschöpfung 5.000 Euro am Tag beträgt, Dinge tut, für die ein anderer nur 100 Euro am Tag bekommt, verschwendet er nicht nur Zeit, sondern auch Geld.
Ist das unfair gegenüber anderen Menschen? Nein. Der liebe Gott hat die Begabungen unterschiedlich verteilt und nicht jedem macht das Gleiche Spaß. Meinem Mitarbeiter Holger Friedrichs bereitete es Freude, Pressegespräche mit Journalisten zu begleiten und zur Immobilienmesse MIPIM in Cannes zu fahren. Mir hätten diese Dinge keinen Spaß gemacht, und deshalb war ich froh, jemanden zu haben, der das sehr gerne und sehr gut tut.
Meine Assistentinnen haben mir alles abgenommen: Von der Vereinbarung von Terminen (einschließlich Arzt- und Friseurtermine) bis zur Kommunikation mit der Putzfrau und der Organisation von Lebensmittellieferungen. Obwohl ich über fast zwei Jahrzehnte hinweg mehrfach in der Woche geflogen bin, habe ich noch nie im Leben selber einen Flug gebucht. Ich würde mir das durchaus zutrauen, wollte aber nie wissen, wie es geht, damit ich nicht in Versuchung komme, es selbst zu tun.
Das Ergebnis dieses konsequenten Delegierens: Ich hatte trotz meiner vielfältigen beruflichen Tätigkeiten eine Menge Freizeit. Das Gefühl, keine Zeit für wichtige private Dinge zu haben, stellt sich bei mir sehr selten ein. Ich hatte noch nie eine Freundin, die sich beschwerte, dass ich zu wenig für sie da war. Ich hatte Zeit, vier- oder fünfmal in der Woche zu trainieren, Freitag- und Samstagnacht in die Disko zu gehen und in Urlaub zu fahren. Vor allem habe ich meine Lebensfreude dadurch gesteigert, dass ich Dinge, die mir keine Freude machen, lieber von anderen Menschen erledigen ließ. So hatte ich eben mehr Zeit für jene Dinge, an denen ich Freude habe, etwa Bücher und meinungsfreudige Kolumnen zu schreiben, Kunden zu akquirieren oder Sport zu treiben.
Habe keine Angst, andere um einen Gefallen zu bitten (aber tue auch was für sie).
Während ich dieses Buch schrieb, schickte ich einzelne Kapitel oder das ganze Manuskript an etwa 25 gute Freunde und an Menschen, auf deren Urteil ich viel gebe. Das Buch hat durch ihre Kritik und Anregungen gewonnen. Aber für diese Menschen habe ich auch irgendwann im Leben etwas getan. Ich hatte nie Angst, andere Menschen um einen Gefallen zu bitten. Aber ich achtete stets darauf, dass ich nicht nur nehme, sondern auch gebe.
Ich gebe gerne und gehe auch in Vorleistung, ohne direkt eine Gegenleistung zu erwarten. Ich finde es schlimm, nur dann etwas für andere zu tun, wenn unmittelbar eine Gegenleistung winkt. Gewinne ich jedoch das Gefühl, dass die Beziehung allzu einseitig wird, also dass ich dauerhaft wesentlich mehr gebe, als ich bekomme, dann spreche ich das offen an. Wenn das nicht hilft und ich mich ausgenutzt fühle, lasse ich die einseitige Beziehung einschlafen.
Ich bin wahrscheinlich ein verkappter Lehrer und zeige anderen Menschen gerne, was ich alles weiß. Zum Glück trifft das nicht nur auf mich zu, sondern ebenso auf viele andere Menschen, die ihr Wissen mit Freude präsentieren. Das habe ich stets ausgenutzt und wie ein Schwamm die Kenntnisse anderer Menschen aufgesogen. Auf diese Weise habe ich beispielsweise eine Menge über Immobiliensteuerrecht gelernt.
Warum nutzen Sie dieses menschliche Verlangen, das eigene Wissen zu zeigen, nicht stärker aus, um zu lernen und von anderen Menschen zu profitieren?
Ehrlichkeit zahlt sich aus.
Wir alle lügen zuweilen. Es gibt keinen Menschen, der nicht schon mehrfach in seinem Leben die Unwahrheit gesagt hat. Wir wissen aber auch, dass es ganz erhebliche Unterschiede gibt, wie oft jemand lügt. Ich gehöre zu den Menschen, für die Ehrlichkeit sehr wichtig ist. Das hat mit meiner Erziehung zu tun, aber auch mit meiner Erfahrung, dass es sich lohnt, ehrlich zu sein. Warum soll man sich angreifbar und erpressbar machen, wenn man als Angestellter bei der Spesenabrechnung schummelt? Warum soll man durch Steuerhinterziehung hohe Strafen riskieren und seinen Ruf gefährden? Ich bin, sieht man von einer zeitweise schwarz beschäftigten Putzfrau ab (das habe ich später geändert), auch gegenüber dem Finanzamt stets sehr ehrlich, obwohl ich genauso ungern Steuern zahle wie die meisten anderen Menschen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Vertrauen in zwischenmenschlichen Beziehungen und im Geschäftsleben unser wichtigstes Kapital ist. Die meisten Menschen spüren instinktiv, ob man einem Menschen trauen kann oder nicht, ob er ehrlich ist oder ein Lügner.
»Menschen, die bei kleinen Dingen achtlos mit der Wahrheit umgehen, kann man bei wichtigen Dingen nicht vertrauen«, hat Albert Einstein gesagt. Wenn ich merke, dass ein Mensch es immer wieder bei kleinen Dingen nicht so genau mit der Wahrheit nimmt, werde ich misstrauisch, obwohl ich an sich nicht zum Misstrauen neige. Da eine Übertreibung, dort eine »Notlüge« und hier eine Geschichte, die sich offensichtlich doch ein wenig anders zugetragen hat – wenn ich so etwas registriere, gehe ich davon aus, dass man diesem Zeitgenossen nicht trauen kann. Und so reagieren die meisten Menschen.
Ich habe erwähnt, wie wichtig mir mein Image ist. Ich bin der Überzeugung, der einfachste Weg, das Image eines ehrlichen und vertrauenswürdigen Menschen zu erlangen, ist ehrlich und vertrauenswürdig zu sein.
Sei zuverlässig – ohne Einschränkung und Ausnahme.
Menschen, die mich kennen, beschreiben mich vor allem als jemanden mit einer extrem ausgeprägten Selbstdisziplin. Von außen mag das so erscheinen. Aber der Begriff Selbstdisziplin gefällt mir nicht, weil ich damit die Vorstellung verbinde, dass man sich immer und immer wieder zwingen muss, Dinge zu tun, die man eigentlich nicht tun will. Das kommt jedoch bei mir selten vor, zumindest wäre es mir nicht bewusst. Selbstdisziplin ist nur am Anfang notwendig, wenn ich mir beispielsweise etwas an- oder abgewöhnt habe. Später wurde das neue Verhalten zur Gewohnheit, und dann war nur noch ausnahmsweise Selbstdisziplin erforderlich. Ich habe mir beispielsweise im Laufe der Jahre abgewöhnt, Alkohol zu trinken, zu rauchen, Kaffee zu trinken oder Schokolade und Eiscreme zu essen. Am Anfang war Selbstdisziplin notwendig, heute ist es längst eine Gewohnheit.
Was andere als Selbstdisziplin bei mir bezeichnen, möchte ich lieber mit dem Begriff der unbedingten Zuverlässigkeit beschreiben. Zuverlässig sein heißt für mich: Worte und Taten müssen übereinstimmen. Wenn ich anderen Menschen etwas verspreche, muss ich es einhalten. Und zwar ohne Ausnahme und Einschränkung. Auch wenn ich mir selbst etwas verspreche, gelingt es mir meist, dies einzuhalten. Pünktlichkeit beispielsweise ist nur eine besondere Erscheinungsform von Zuverlässigkeit.
Nach meiner Erfahrung macht es das Leben einfacher, wenn man zuverlässig ist. Und es zahlt sich aus. Denn wer das Image hat, dass bei ihm Worte und Taten übereinstimmen, gewinnt den Respekt seiner Mitmenschen und kann von ihnen mehr fordern. Unzuverlässige Menschen haben sich nicht unter Kontrolle. Sie reden anders, als sie handeln. Sie nehmen sich Dinge vor, die sie nicht umsetzen. Solche Menschen genießen keinen Respekt.
Mein Verständnis von Zuverlässigkeit ist extrem. Daher kommt es immer wieder zu Konflikten – beruflich und privat – mit Menschen, die nicht verstehen, dass ich »Zuverlässigkeit ohne Einschränkung und Ausnahme« nicht als Metapher meine, sondern wörtlich.
Mache einen Sport daraus, das »Nein« zu überhören.
Manchen Menschen in meiner Umgebung ist das etwas peinlich: Wenn es im Restaurant etwas »nicht gibt«, argumentiere ich so lange mit dem Kellner, bis ich es doch bekomme. Sagt mir der Kellner, Omelett »gibt es nicht«, frage ich, ob es keine Eier und keine Pfanne gibt. Mehr braucht man ja nicht, um ein Omelett zu machen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich in mehr als 50 Prozent der Fälle, in denen ich das »Nein« nicht akzeptiere, am Ende doch zum Erfolg komme.
Das gilt für alle Lebensbereiche. Die Studienstiftung des deutschen Volkes lehnte ein Stipendium ab, aber ich akzeptierte das »Nein« nicht und bekam einige Monate nach der Absage auf meinen Einspruch hin doch noch eine Zusage. Die FAZ, ich habe auch das berichtet, schickte mir lange Zeit jeden meiner Rezensionsvorschläge zurück oder antwortete nicht einmal darauf. Ich blieb hartnäckig und wurde schließlich einer der am meisten gedruckten Rezensenten politischer Bücher in dieser Zeitung.
Viele spätere Kunden der Dr. ZitelmannPB. erklärten mir im ersten oder zweiten Gespräch, sie bräuchten unsere Leistungen nicht. Manchmal blieb ich viele Jahre am Ball, bis ich das »Nein« in ein »Ja« verwandelt hatte. Der Verkaufstrainer Martin Limbeck erklärte mir einmal, wenn ein Verkäufer nicht mindestens ein Mal in der Woche von einem potenziellen Kunden gesagt bekomme, er sei zu penetrant, dann habe er etwas falsch gemacht. Das hat mir gefallen. Auch vielen Kunden hat meine Hartnäckigkeit gefallen oder zumindest imponiert. Einer, um den ich mich viele Jahre bemüht hatte, begrüßte mich mit den Worten: »Sie sind sehr hartnäckig. Deshalb dachte ich, dass ich Sie doch mal empfangen muss.«
Die meisten Freundinnen überzeugte ich keineswegs sofort von mir, als ich sie das erste Mal ansprach. Wenn ich eine Frau zu einem Drink einlud und sie ablehnte, fragte ich eine halbe Stunde später noch einmal nach. Ich warb manchmal Monate oder Jahre um die Gunst einer Frau – und war mit dieser Hartnäckigkeit nicht selten erfolgreich.
Wer Selbstvertrauen hat, kann ein »Nein« gut verkraften. Er nimmt das »Nein« nicht als endgültig, sondern nur als vorläufigen Zwischenbescheid und als Ansporn, weiter am Ball zu bleiben und sich etwas Neues einfallen zu lassen.
Ohne Akquise und Networking wirst du keinen Erfolg haben.
Alles, was ich im Leben erreicht habe, hatte mit Akquise und Networking zu tun. Als Kind musste ich Anzeigen akquirieren, um meine Schülerzeitung zu finanzieren. Als Historiker musste ich ein Netzwerk aufbauen, um wissenschaftliche Sammelbände herausgeben zu können, Forschungsdiskussionen anzuzetteln und dafür zu sorgen, dass meine Bücher nicht nur gelesen, sondern auch in Fachzeitschriften und Tageszeitungen besprochen wurden. Als Cheflektor des Verlages war es meine Aufgabe, neue Autoren für den Verlag zu gewinnen – und dies war nur möglich, weil ich unablässig und mit großer Begeisterung an meinem Netzwerk spann. Als Initiator der »Berliner Immobilienrunde« musste ich ständig neue, interessante Referenten für meine Veranstaltungen entdecken und gewinnen. Und als Unternehmer war die Gewinnung von Kunden und fähigen Mitarbeitern meine wichtigste Aufgabe.
Ich habe den Begriff »Verkäufer« stets als Ehrentitel gesehen. Manche Menschen verbinden mit Verkauf negative Assoziationen. Bei meiner zweiten Doktorarbeit lernte ich, dass die meisten Selfmade-Millionäre einen Schlüssel für ihren wirtschaftlichen Erfolg in ihrem verkäuferischen Talent sehen. Auch sie schämten sich nicht, wenn man sie als gute Verkäufer bezeichnete.
Arnold Schwarzenegger hat am Ende seiner Autobiografie wichtige Erkenntnisse aus seinem Leben zusammengefasst, darunter diese: »Egal, was du tust, du musst es auch gut verkaufen … Menschen können große Dichter, große Schriftsteller, geniale Wissenschaftler sein. Man kann die beste Arbeit abliefern, doch wenn die Leute nichts davon erfahren, ist alles umsonst!«
Fleiß habe ich nicht als wichtige Tugend unter meinen zwölf Lebensregeln genannt. Das wird manch einen wundern, denn von anderen Menschen bin ich stets als ganz besonders fleißig beschrieben worden. Ich habe erwähnt, dass mein erster Doktorvater in seinem Gutachten sogar von einem »an Besessenheit grenzenden Fleiß« schrieb, und dies würden vermutlich die meisten Menschen unterschreiben, die mich kennen.
Ich selbst sehe das nicht so. Ich glaube nicht, dass ich fleißiger bin als etwa viele Taxifahrer. Ich habe bei meinen Interviews mit den Superreichen viele Menschen kennengelernt, die sehr viel fleißiger sind als ich. Und wenn ich beobachte, wie viel die Vorstände und Geschäftsführer der Unternehmen, die wir beraten haben, leisten, dann gehöre ich bestimmt nicht zu den Fleißigsten – misst man Fleiß in der Zahl der Arbeitsstunden pro Woche.
Viel wichtiger als Fleiß ist meiner Meinung nach Effizienz. Das ist eines meiner Lieblingsthemen. In meiner Firma führte ich sogar regelmäßig »Effizienzschulungen« durch, bei denen ich den Mitarbeitern erklärte, was Effizienz ist und warum Effizienz der Schlüssel zum Erfolg im Berufsleben ist. Ich habe dabei einen Lieblingssatz immer wiederholt: »Ihr könnt die Zahl der Stunden, die ihr arbeitet, nicht einmal um 50 Prozent erhöhen, aber die Effizienz um ein Vielfaches steigern.«
Viele Menschen erreichen wenig in ihrem Berufsleben, weil sie zwar ziemlich geschäftig sind, aber zu viele Dinge tun, bei denen nichts oder nur wenig herauskommt. Bestimmt haben Sie schon von dem Pareto-Prinzip gehört, nach dem 20 Prozent unserer Aktivitäten für 80 Prozent des Ergebnisses verantwortlich sind. Ich habe immer darauf geachtet, dass die Quote bei mir höher ist und ich mich nicht verzettle mit Dingen, die nicht besonders produktiv sind.
Die meisten Aktivitäten lassen sich in mehrere Bestandteile zerlegen: In einen Teil, zu dem Wissen, Erfahrung und Intelligenz gebraucht werden. Dieser Teil ist meist nicht sehr zeitraubend. Und dann gibt es einen anderen Teil, der vor allem Fleiß erfordert und sehr aufwendig ist. Die meisten Menschen machen den Fehler, beides zugleich zu tun, während ich die beiden Komponenten einer Tätigkeit zerschneide. Zudem sind viele Menschen schlecht organisiert, sodass ein viel zu großer Teil der aufgewendeten Energie einfach verpufft.
Der Eindruck, dass ich extrem fleißig sei, kommt von den Ergebnissen dessen, was ich tue. Die Menschen schließen fälschlicherweise von den Ergebnissen auf Fleiß. Zwar bin ich nicht faul, aber ebenso sicher bin ich nicht fleißiger als viele Angestellte, Manager und Unternehmer. Und die meisten Freiberufler sind wohl fleißiger, als ich es bin, wenn man – ich wiederhole es – Fleiß misst am Zeitaufwand.
Beim Begriff Fleiß schwingt außer »viele Stunden arbeiten« für mich etwas von »mühsamem« und »bemühtem« mit. Ist ein begeisterter Hobby-Sportler oder Briefmarkensammler fleißig? Ich denke, selbst wenn er viele Stunden seiner Zeit dem Hobby widmet, wird er sich wohl nicht in erster Linie als fleißigen Menschen sehen, weil ihm das Hobby vor allem große Freude macht. Wenn ich begeistert von einer Tätigkeit bin – und so ging und geht es mir ganz überwiegend bei den Dingen, die ich beruflich tat und tue –, empfinde ich mich nicht als fleißig.
Meine zwölf Lebensregeln haben mich zu dem geführt, was ich bis heute erreicht habe. Viele Elemente darin sind Konstanten, die mich vermutlich auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten leiten werden. Ich hoffe jedoch, dass ich offen dafür bleibe, alles infrage zu stellen – einschließlich einiger Grundsätze meiner Lebensphilosophie. Denn es ist wichtig, nicht in jene Falle zu tappen, die Niccolò Machiavelli, der florentinische Staatsmann und Schriftsteller, so beschrieben hat: »Es ist unmöglich, einen Mann, dem durch seine Art zu verfahren, viel geglückt ist, zu überzeugen, er könne gut daran tun, anders zu verfahren. Daher kommt es, dass das Glück eines Mannes wechselt; denn die Zeiten wechseln, er aber wechselt nicht sein Verfahren.«
Erfolg birgt die Gefahr, dass wir taub werden für Anregungen, wie man Dinge anders – und noch besser – tun könnte. Deshalb ist der Erfolg oft der größte Feind eines noch größeren Erfolges. Wenn eine Sache ganz offensichtlich nicht funktioniert, sind Menschen eher bereit, zuzuhören und sich für neue Methoden und Verfahrensweisen zu öffnen. Wer jedoch bislang gute Ergebnisse mit einer bestimmten Methode erzielt hat, wird sagen: »Warum soll ich etwas ändern, es hat doch schließlich bisher gut funktioniert?« Aber der Erfolg ist eben kein Beleg dafür, dass es auf andere Weise nicht noch sehr viel besser funktionieren könnte.
Ich bewundere Charlie Munger, den Partner des legendären Investors Warren Buffett. Seine Kinder haben ihn mal als Buch auf Beinen bezeichnet, weil er angeblich jeden Tag ein Buch liest – und zwar keineswegs vorwiegend über Finanzthemen, sondern über Politik, Geschichte, Philosophie und Naturwissenschaften. Mit 93 Jahren ist er als Investor immer noch hochaktiv und verdankt sein Milliardenvermögen auch seiner großen geistigen Offenheit. Munger meint, ein Jahr, in dem man seine Meinung nicht über ein wichtiges Thema geändert habe, sei ein verschwendetes Jahr.
Nun, das ist vielleicht zu apodiktisch. Aber ich nehme diesen Gedanken als Ermutigung zum inneren Dialog. Wahrheit wird ermittelt, dies ist meine Überzeugung, im Widerstreit der Meinungen. Dazu gehört auch der innere Widerstreit.