Osterhefezopf- Beauty-Contest

Tag 28

Constanze

Dein Osterhefezopf hatte echt das Zeug zum Siegertreppchen beim Osterhefezopf-Beauty-Contest! Wirklich professionell sah er aus. War fast so, als hätten wir schon WhatsApp mit Geschmacksstoffen. Alle Achtung! Du wirst eine Menge Backkenntnisse aus dieser Zeit mitnehmen.

Mein Ostern war eher ungesüßt. Mein Vater hatte zwar gebacken. Aber wir haben bei ihm nichts davon gegessen. Er mag es nicht, wenn nicht alle ein Stück Kuchen nehmen. Und da ich sowieso schon mal ausfalle – gibt es auch für die anderen nichts, und wir nehmen den Kuchen komplett immer mit zu uns nach Hause. Als Bäckerstochter habe ich schon als Kind offenbar genug Kuchen gehabt, und seitdem gehört das nicht mehr unter die Top Ten meiner Lieblingsessen. Anders bei meinem Mann. Zu meinen Anziehungskräften gehört für ihn absolut der Umstand, dass ich eine Bäckerstochter bin. Perfekt wäre es natürlich, findet er, wenn in Deutschland die Vielehe erlaubt wäre und er gleichzeitig noch mit einer Metzgerstochter verheiratet sein könnte. Aber so kommt er immerhin auf die halbe Kalorien-Miete. Ein Viertel des Kuchens ging deshalb an ihn. Der Rest an die Nachbarn.

Trotzdem, glaube ich, wird mein Mann mit einem leichten Minus auf der Waage aus dem Lockdown hervorgehen. Die Kantine seines Arbeitgebers hat nämlich jetzt eine Weile geschlossen, und es macht schon was aus, wenn man mittags nicht bereits eine volle Mahlzeit hatte. B. aus M., mit der ich vorhin telefoniert habe (lieben Gruß von ihr an dich!), hat mir das bestätigt. Sie hat – nur weil sie nun im Homeoffice ist und also weit weg von Schnitzel und Currywurst zum Mittag – bereits zwei Kilo abgenommen, erzählte sie. Und dann sagte sie noch, dass ihre so lang herausgewachsenen Fußnägel so schlimm aussähen, dass es einem bei ihrem Anblick sofort den Appetit verschlägt. Sie bot mir an, mir ein Foto zu senden. Habe ich aber dankend abgelehnt.

Trotzdem: Corona bringt also ganz neue Diät-Ideen hervor. Die Schwägerin einer Freundin arbeitet im Krankenhaus. Die meinte, man müsse sich das Virus als sehr korpulent und total unsportlich vorstellen. Einmal mit einem Atemzug herausgeschossen, würde es tatsächlich nur knapp zwei Meter schaffen, um dann wie ein Sack Kartoffeln einfach auf den Boden zu plumpsen. Meine Freundin zieht daraus die Konsequenz, ihre Einkaufstaschen nicht mehr auf den Boden zu stellen und daheim mehr Augenmerk auf die Flächendesinfektion zu legen. Ich glaube langsam, Corona sitzt – wie wir beide, du und ich – jeden Tag am Schreibtisch, um sich immer neue To-do-Listen für uns auszudenken.

Es war ein sehr ruhiger, sehr ereignisloser Ostersonntag. Und ich dachte daran, wie es vor einem Jahr war und wie wir uns nicht mal in unseren kühnsten Träumen haben ausmalen können, dass das passiert, was gerade passiert. Wir hatten vielleicht Terroranschläge auf dem Zettel – soweit man das auf Zettel haben kann –, aber DAS? Auf keinen Fall. Corona hat das Katastrophen-Portfolio also ordentlich aufgestockt. Und ich fürchte mich ein bisschen vor dem, was noch so alles drin ist an Ereignissen, die wir uns – bislang wenigstens – nicht mal vorstellen können. Kannst du dich an die Autowerbung erinnern, in der es hieß, »Alles ist möglich«?! Damals dachten wir, das sei eine gute Nachricht. Mittlerweile bin ich mir da aber nicht mehr so sicher.

Hat der Hefezopf so gut geschmeckt, wie er aussah? Und ist noch was übrig? Morgen ist ja auch noch ein Osterfeiertag!