Bärbel war nicht mit allem einverstanden, was Walburga Gerlich in ihrem langen Lästerleben schon gesagt hatte, aber in einem gab sie ihr recht: Die Männer waren wirklich durch und durch schlecht und alle miteinander nichts wert!
Deshalb war Bärbel mit den Männern auch fertig. Sie wollte keinen mehr sehen, und sie hoffte, hoch droben auf der Schafalm von ihnen in Ruhe gelassen zu werden.
Jetzt war sie nach der Pronsteiner-Julie also die neue Sennerin. Sie hatte die Brücken hinter sich abgebrochen und sich auf den Berg zurückgezogen.
Freundschaft, Liebe, Treue - alles leere Worte, dachte sie. Hohle Phrasen. Männer sind nur dazu da, um Frauen unglücklich zu machen, deshalb wird kein Mann mehr in meinem Leben eine Rolle spielen.
Bärbel rückte in der Sennhütte ein paar Möbel an einen anderen Platz, um ihrer neuen Unterkunft ihren persönlichen Stempel aufzudrücken.
Sie weinte in den ersten Tagen auf der Alm noch sehr viel und verschaffte sich mit Julies Stock Respekt bei Moritz, damit es ihm nicht noch einmal in den Sinn kam, sie mit gesenkten Hörnern über die Schafalm zu jagen. Damit ihr die Einsamkeit, an die sie sich erst gewöhnen musste, nicht allzu sehr zusetzte, arbeitete sie von früh bis spät, kümmerte sich um die Tiere und besserte an der alten Hütte schadhafte Stellen aus, wobei sie sich gar nicht so ungeschickt anstellte.
Nach drei Tagen kam Hubert auf die Schafalm. Sie weigerte sich zunächst überhaupt, mit ihm zu reden, sprach dann aber wenigstens durch die Tür mit ihm und machte ihm klar, dass er sich den beschwerlichen Aufstieg hätte sparen können, weil sie ihm niemals vergeben würde, was er ihr angetan habe - und weil sie von Männern ganz allgemein die Nase voll habe. Er flehte und bettelte. Er weinte sogar und beteuerte ihr, dass er mit Constanze nicht das geringste empfunden habe. Für ihn sei es so gewesen, als wäre es gar nicht passiert.
Ihr war das egal. Ihr Herz blieb hart wie die Felsen der Klosterwand. Sie ließ ihn nicht ein und verzieh ihm nicht. Irgendwann machte er sich an den Abstieg. Sie stand am Fenster, schaute ihm nach und hasste ihn, weil er ihr wunderbares Glück so leichtfertig zerstört hatte.
Bärbel setzte sich, legte die Hände in den Schoß, schloss die Augen und flüsterte: "Jetzt musst du lernen, ohne Hubert zu leben. Ohne Hubert und ohne Liebe."