Während Loni Muxenhuber seit langem wieder einmal in den Armen eines Mannes glücklich war, kalbte auf der Schafalm eine der Kühe. Sie tat sich damit sehr schwer.
Ihr Gebrüll hallte laut über die nächtliche Alm, und Bärbel half dem Tier, so gut sie konnte, das große Ereignis hinter sich zu bringen.
Im Morgengrauen war es endlich geschafft. Ein süßes kleines Kalb war auf die Welt gekommen. Für Bärbel war es natürlich das schönste Kalb, das sie je gesehen hatte.
Kaum war es da, stand es auch schon auf seinen eigenen (wackeligen) Beinen, und seine Schreie hörten sich an wie das Blöken eines alten Schafes.
Bärbel streichelte und tätschelte die Kuh und sagte müde lächelnd: "Na, wie haben wir zwei das hingekriegt, hm? Fein, würde ich sagen. Ganz, ganz fein. Du kannst stolz auf dein Junges sein. Hast du dir schon einen Namen für deinen Nachwuchs überlegt? Zum Glück ist es kein Stier. Wie wär's mit Carmen? Oder Gusti? Oder Vroni? Also ich bin für Carmen. Und du?"
Die Kuh drehte den Kopf von ihr weg.
"Wennst nix sagst, bist einverstanden", machte Bärbel die Kuh aufmerksam, und da diese keinen Protest verlauten ließ, nickte die junge Sennerin und sagte zu dem Kalb: "Also gut, dann taufe ich dich auf den Namen Carmen. Deine Mutter hat nix dagegen."
Müde, aber in dem Bewusstsein, gute, wertvolle Arbeit geleistet zu haben, kehrte Bärbel in ihre Hütte zurück, legte sich ins Bett, ohne sich auszuziehen, und schlief zwei Stunden wie ein Stein.
Dann stand sie auf, kochte sich einen ziemlich starken Kaffee, frühstückte ausgiebig und begann ihr Tagewerk, das vor allem darin bestand, Milch, Butter und Käse zu machen. Allmählich gewöhnte sie sich an das einsame Leben auf der Alm, und sie fand es schön, so losgelöst zu sein von Sonnleiten und von den vielen Problemen, die mit dem Leben im Dorf verbunden waren. Wenn sie reden wollte, sprach sie entweder mit sich selbst oder mit den Kühen - und von beiden Seiten kam niemals eine Widerrede. Alles, was sie sagte, war richtig.