S ind wir wirklich die Richtigen für diese Aufgabe?« Peder schluckte.
Mina begriff, dass er nicht »wir«, sondern »ich« meinte. Wie in »ich als Person, die selbst Kinder hat«.
»Wenn du dir das nicht zutraust, bleib ruhig hier«, sagte sie sanft. »Dann mache ich das allein. Kein Problem für mich.«
Peder schüttelte den Kopf.
»Nein, nein, das gehört genauso zu unserem Job, das weiß ich ja. Bringen wir es hinter uns.«
Sie gingen zu einem der Dienstwagen in der Tiefgarage. Sie überließ ihm das Steuer. Solange er sich aufs Fahren konzentrierte, konnte er nicht über die bevorstehende Aufgabe nachdenken. Sicherheitshalber lenkte sie das Gespräch auch noch auf seine Kinder. Dieses Ablenkungsmanöver funktionierte immer. Sie sah aus dem Fenster und hing ihren Gedanken nach, während Peder an ihrer Seite unausgesetzt plapperte.
»… und heute Morgen hat Meja plötzlich Haferbrei gesagt.« Den Anfang hatte sie offenbar verpasst. »Ist dir klar, wie intelligent das Kind sein muss? Sie ist erst drei Jahre alt, und die meisten Dreijährigen würden einfach Brei sagen. Ich glaube wirklich, dass sie in eine Schule für Hochbegabte muss. Hochbegabte Kinder stellen ihre Eltern anscheinend vor genauso große Herausforderungen wie ein Kind mit Behinderungen, aber damit werden wir uns beschäftigen, wenn es so weit ist, finden Anette und ich. Und außerdem haben wir ja noch Majken, die unserer Ansicht nach Sportlerin wird. Du solltest mal sehen, wie sie das Klettergerüst in der Kita hochklettert. Dieses Gleichgewichtsgefühl und ihre Kraft deuten auf Leistungssport hin, und wir bereiten uns innerlich bereits darauf vor, sie ständig zum Training und zu Wettbewerben kutschieren zu müssen. Und Molly? Die hat ein unglaubliches Händchen für Tiere. Neulich hat sie einen Vogel mit verletztem Flügel nach Hause gebracht. Wir mussten ihn in einen mit Watte ausgepolsterten Schuhkarton legen, und dann hat sie wie eine echte Vogelmama über ihn gewacht. Er ist zwar leider gestorben, aber ihre Tierliebe ist wirklich beeindruckend. Man hat fast das Gefühl, sie könnte mit den Tieren sprechen. Sie wird bestimmt mal Tierärztin, das sage ich dir. Ich sehe sie schon im Kolmården Tierpark oder im Parken Zoo vor mir und glaube …«
Mina schaute wieder aus dem Fenster. Peders Begeisterung ging zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Auf dem Stureplan drängten sich Menschen mit teuren Sonnenbrillen, schicker Kleidung und makelloser Bräune. Alle Tische vor dem Sturehof waren besetzt, in den Weingläsern schimmerte der Rosé. Sie beneidete die Leute, die alle Zeit der Welt zu haben schienen, um die unbeschwerten Momente in der Sonne. Ihr Herz hingegen war schwer. Sie würde gleich mit den verzweifelten Eltern eines vermissten Fünfjährigen sprechen müssen. Und die Zeit lief ihnen davon. Genau, wie sie Lilly davongelaufen war.