M it Abscheu betrachtete Ruben das triumphierende Gesicht von Ted Hansson auf dem Fernsehbildschirm im Konferenzraum. Da die vorherige Pressekonferenz eingeschlagen war wie eine Bombe und mehrere Ausschnitte viral gegangen waren, ließen die Medien sich nicht lange bitten, als Ted Hansson verkündete, er habe Neuigkeiten zu berichten. Diesmal wurde er live in den Nachrichten auf TV 4 interviewt.
Ruben hätte schwören können, dass es um Mauro gehen würde. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, den anderen Bescheid zu sagen. Alle hatten zu tun, und außerdem konnte sich Ruben kaum vorstellen, dass Hansson etwas sagen würde, das ihnen weiterhelfen konnte. Falls nötig, konnten sie sich das Interview in der Wiederholung ansehen. Mit diesem Fernsehauftritt würden sie sich vermutlich früher oder später sowieso beschäftigen müssen, ob sie wollten oder nicht.
Auch diesmal saß Lillys Mutter Jenny neben dem Parteichef. Sie standen auf dem Mynttorget vor dem Riksdagshuset. Ted war wahrscheinlich zu dem Schluss gekommen, dass ein Interview unter freiem Himmel mehr Volksnähe vermitteln würde.
Während Ruben mit einem Auge die Fernsehsendung verfolgte, blätterte er im Aftonbladet . Es war nicht so, dass er Zweifel an Mauros Täterschaft gehabt hätte. Im Gegensatz zu Mina dachte er an Pferde, wenn er Hufgetrappel hörte, und nicht an Zebras. Doch die Art und Weise, wie sich Ted Hansson und Jenny Holmgren genüsslich an der Situation weideten, erfüllte ihn mit starkem Widerwillen.
»Wir sind erleichtert und dankbar, dass die Wahrheit endlich ans Licht kommt. Mauro Meyer ist ein Täter. Er ist, wie Lillys Mutter immer gesagt hat, ohne gehört zu werden, ein Mensch, der unschuldige Kinder missbraucht. Er ist ein Raubtier, der nicht frei auf Schwedens Straßen herumlaufen sollte. Wir finden es richtig, dass die Gerechtigkeit nun wiederhergestellt wird und Lillys Mörder die gerechte Strafe erhält, für die Jenny so lange gekämpft hat.«
Ted legte seinen Arm um Jenny, die sich eine unsichtbare Träne aus dem Augenwinkel wischte.
Ruben rümpfte die Nase. Er konnte nicht nachvollziehen, wieso die Medien dieser Inszenierung so viel Platz einräumten.
»Ja, und ich möchte mich für die enorme Unterstützung bedanken, die mir entgegengebracht wird, seit die Wahrheit ans Licht gekommen ist«, sagte Jenny. »Ich bin froh, dass Mauro seine verdiente Strafe bekommt. Meine Lilly sitzt irgendwo da oben und ist glücklich, weil ich nie aufgehört habe, für sie zu kämpfen.«
Jenny wischte sich eine weitere unsichtbare Träne fort, und Teds Hand umklammerte ihre Schulter wie eine Klaue. Ruben wandte sich ab und blätterte wieder im Aftonbladet . Die Stimmen waren schon schlimm genug, er konnte nicht auch noch den Anblick dieser Leute ertragen.
In der Mitte der Zeitung war ein doppelseitiges Interview mit Jenny abgedruckt. Um der Story einen noch persönlicheren Anstrich zu verleihen, hatten sie Jenny bei sich zu Hause fotografiert. Auf einem der Bilder saß sie mit einem Foto von Lilly auf dem Schoß auf dem Sofa. Auf der Kommode im Hintergrund waren Familienfotos zu erkennen.
Plötzlich beugte sich Ruben vor. Er hielt sich die Zeitung ganz dicht vor die Nase und studierte die Bilder. Dann fluchte er.
»Scheiße, verdammt. Verfluchte Scheiße. Mina hat recht. Es war nicht Mauro.«
Er betrachtete ein großes gerahmtes Foto hinter Jenny. Darauf war sie mit einer Person zu sehen, die er nur zu gut kannte. Grinsend wandte sich Ruben dem Fernseher zu. Ted Hanssons Genugtuung würde nicht lange anhalten.