P eder musste widerwillig zugeben, dass das Jucken seines Barts den optischen Vorteil mittlerweile bei Weitem überstieg. Und eigentlich war außer ihm auch niemand der Meinung, dass er mit dem Vollbart verdammt cool aussah, selbst Anette war ins Lager der Gegner gewechselt. Wenn das ständige Jucken nicht gewesen wäre, hätte er den anderen Bartgegnern wahrscheinlich getrotzt, aber jetzt schwankte er bedenklich.

Peder kratzte sich ausgiebig, während er die Listen studierte. Wenn er in Massen von Daten eintauchen konnte, in denen er sowohl Regelmäßigkeiten als auch statistische Abweichungen erkannte, fühlte er sich am wohlsten. Er liebte die Herausforderung, die Nadel im Heuhaufen zu finden, den winzigen Goldkrümel, der die Ermittlungen den entscheidenden Schritt voranbrachte. Aber bei dieser Liste war es anders. Die Liste der vermissten Kinder ließ sich nicht auf eine anonyme Datenmenge reduzieren. Ruben und Sara waren die Liste bereits einmal durchgegangen und hatten die Kinder herausgefiltert, die wieder aufgetaucht waren. Das war der Großteil gewesen. Aber einige waren immer noch übrig. Zu viele.

Bei jedem Gesicht sah er die Gesichter der Drillinge vor sich. Seit es sie gab, schienen sein ganzer Körper und sein gesamtes lebenserhaltendes System direkt mit ihnen verknüpft zu sein. Sie waren sein Yggdrasil, sein Weltenbaum, sie waren seine Venen und Kapillargefäße, sie waren die Lungen, die ihn mit Sauerstoff versorgten. Jedes Kind in der Datenbank der Polizei hatte mindestens einen Elternteil, der keine Luft mehr bekam.

Bei den meisten Kindern gab es eine glaubhafte Erklärung für ihr Verschwinden. Ein Elternteil war mit dem Kind ins Ausland gezogen. Geflüchtete Familien wurden versteckt, damit sie nicht in ihr Heimatland zurückgeschickt wurden. Manche Kinder waren aus freien Stücken und tausend verschiedenen – aber ausschließlich traurigen – Gründen von zu Hause, aus einer Pflegefamilie oder einem Heim abgehauen.

Trotzdem blieben noch ein paar übrig. Und bei denen gab es keine glaubhafte Erklärung. Sie waren aus unerklärlichen Gründen verschwunden. Und für die interessierte er sich. Er verglich jedes dieser Kinder mit Mildas Bericht über die Leiche aus dem Fatbursparken. Auch wenn es aufgrund des schlechten Zustands der Leiche nicht viele Anhaltspunkte gab, einige gab es schon. Und Milda war gut darin, die brauchbaren Ergebnisse zu strukturieren.

Peder sah sich Mildas Aufzeichnungen noch einmal an und fasste sie zusammen. Größe: ca. eins zwanzig. Alter: ungefähr sechs. Haarfarbe: braun. Geschlecht: männlich. Das Kind hatte sich irgendwann den rechten Oberschenkel gebrochen. Milda hatte geschätzt, dass die Fraktur etwa zwei Jahre zurücklag. Solche Angaben waren immer nur eine Schätzung, aber immerhin.

Langsam und sorgfältig scrollte sich Peder durch alle Dokumente. Manchmal horchte er auf, weil er glaubte, eine Übereinstimmung gefunden zu haben, aber es gab immer irgendeinen abweichenden Faktor.

Schließlich hielt er inne. Er las, was auf dem Bildschirm stand, verglich es mit seiner Liste, checkte es doppelt und dreifach und stand auf.

Sie brauchten dringend eine neue Spur. Eine, die sie dem Mörder ein Stück näherbrachte. Und Peder hatte sie soeben gefunden. Er wusste, wer der Junge im Fatbursparken war.