M eine Tochter ist auf Långholmen, ich muss sofort dorthin«, sagte Mina, während sie sich rückwärts von Ines’ Leiche entfernte.

Hinter sich hörte sie dumpf Adams Stimme, aber sie konnte ihm nicht zuhören. Der Gedanke an Nathalie in ihrem Kopf war zu laut.

»Mina!«, rief er noch einmal.

Sie zuckte zusammen und drehte sich um.

»Mina, es gibt da etwas, das du wissen musst.«

Die Sirenen draußen wurden lauter. Verstärkung war unterwegs. Sie sah sich um. Adam schien die Lage unter Kontrolle zu haben, sie brauchte nicht zu bleiben und mit ihm auf die Kollegen zu warten.

»Und jetzt erklär mir, was deine Tochter mit Nova zu tun hat. Ich wusste nicht mal, dass du eine Tochter hast.«

»Keine Zeit, ich muss Nathalie finden«, sagte sie ungeduldig und ging zur Tür.

»Mina!«

Adam hielt seine Waffe immer noch auf die Epicura-Anhänger gerichtet, aber die machten keine Anstalten, Widerstand zu leisten. Er deutete mit dem Kopf zur Tür. Nun sah sie die Schuhe, die ihr bisher gar nicht aufgefallen waren, unter den Stühlen hervorragen. Zuerst glaubte sie, dort würde ein weiteres Sektenmitglied liegen, das Gift getrunken hatte, aber dann erkannte sie die Socken wieder. Seine Lieblingssocken. Mit Bart-Simpson-Muster. Sie ging ein paar Schritte in seine Richtung.

Wollte nicht.

Wollte ihn nicht sehen.

Wollte es nicht wissen.

Aber sie musste. Sie trat noch ein Stück näher heran. Und konnte den Schrei nicht unterdrücken. Es war ein nackter, qualvoller Schrei. Hinter den Stühlen sah sie Peders Rücken liegen. Mit seinem blau gefleckten Bart und weit geöffneten Augen. Nur ein kleiner roter Kreis auf seiner Wange verriet, dass etwas nicht stimmte. Der Kreis und das Blut, das an die Wand hinter ihm gespritzt war und nun in Strömen aus dem großen Loch in seinem Hinterkopf floss.

»Sie hat ihn erschossen.« Mit einer Kopfbewegung deutete er auf die Frau mit den Handschellen auf dem Fußboden, ohne sie anzusehen.

Seine Stimme klang monoton. Als ob er nichts mehr fühlen würde.

Das war zu viel. Noch mehr Tod konnte Mina nicht ertragen. Mit einem Tränenschleier vor dem Gesicht drehte sie sich um und rannte zum Ausgang. Für Peder konnte sie nichts mehr tun. Aber sie konnte, nein, sie musste Nathalie retten.