/////// Nach dem Einsturz des zweiten Turmes lagen über 2600 Menschen tot in den Ruinen des World Trade Center, darunter 343 Feuerwehrleute, 37 Polizisten des PAPD, 23 Polizisten des NYPD sowie zahlreiche andere Mitarbeiter von Regierungsbehörden und Notdiensten wie auch der ehemalige FBI-Agent John O'Neill.
Einige wenige Glückliche überlebten den Einsturz entweder im Marriott Hotel oder verschüttet in den Trümmern des Nord- und Südturmes.
JEFF JOHNSON, Feuerwehrmann, Engine 74, FDNY: Als wir in den Bankettsaal kamen, mussten wir uns erst orientieren. Dann kam es zum zweiten Einsturz.
FRANK RAZZANO, Gast, Marriott Hotel: Jeff wusste, was los war, denn er rief: »Runter auf den Boden!« Wir wurden unter noch mehr Trümmern begraben.
JEFF JOHNSON: Wie vorher: völlige Schwärze, keine Luft, Beklemmung. Man konnte nicht atmen. Man konnte die Augen nicht öffnen.
FRANK RAZZANO: Ich weiß noch, dass ich mir sagte: »Das kann mir doch nicht zweimal an einem Tag passieren. Das ist doch unmöglich.« Und ich denke mir: Auf keinen Fall habe ich das Glück, das zweimal zu überleben. Ich fing an zu beten.
JEFF JOHNSON: Ich war stinksauer. Ich sagte: »Lass mich nicht sterben.« Ich betete. Ich glaubte nicht, dass ich es überleben würde.
FRANK RAZZANO: Mit jedem Atemzug sog man Ruß und Asche ein. Es war, als würde man ertrinken.
JEFF JOHNSON: Ich rief: »Seid ihr alle okay?« Ich hörte: »Ich bin okay.« »Ich bin okay.« »Ich bin okay.« Aber kein viertes Mal. »Wer seid ihr?«, fragte ich. Sie riefen ihre Namen, aber keiner war Pat. Jetzt brüllte ich nach Pat Carey.
FRANK RAZZANO: Jeff suchte nach einem Fluchtweg. Er suchte alles ab, um uns dort rauszubekommen, und er fand eine ganz kleine Öffnung in der Wand Richtung West Street. Er sagte: »Hier können wir raus. Wir klettern runter.«
JEFF JOHNSON: Wir nahmen einen Vorhang und schoben ihn durch das Loch, sodass wir uns runterlassen konnten. Ich ging zuletzt, die Zivilisten zuerst. Hintern und Beine voran schoben sie sich nach draußen. Der erste Mann ging, dann der zweite, dann Frank, und am Ende kam ich hinterher.
FRANK RAZZANO: Ich sah dem Bankettmanager des Hotels zu. Er kletterte den Vorhang runter und kam heil unten an. Wenn er das kann, kann ich das auch, dachte ich mir.
JEFF JOHNSON: Sie liefen einfach los. Ich erfuhr erst ein Jahr später, wer Frank war. Die Namen der anderen beiden weiß ich immer noch nicht. Die drei verschwanden einfach, marschierten einfach durch die Trümmer.
FRANK RAZZANO: Ich kann es keine Straße nennen, weil es keine war. Nichts daran sah noch nach einer Straße aus – es war nur noch ein Trümmerfeld. Als ich aufschaute, sah ich als Allererstes diese gitterartigen Reste vom World Trade Center im Schutt stecken.
WILLIAM JIMENO, Polizist, PAPD: Wir hatten keine Ahnung, dass Gebäude zwei eingestürzt war. Wir hörten wieder eine Explosion, Wumm! Genau wie die erste. Dominick [Pezzulo] wich ein Stück zurück, und ich sagte: »Das war's. Es ist vorbei.« Es klang wie eine riesige Lokomotive, die genau auf uns zuraste. Ich dachte nur noch: Jetzt sterbe ich. Für meine Mädchen – Allison und Bianca – habe ich immer das Gebärdensprache-Zeichen für »Ich liebe euch« gemacht. Ich machte das Zeichen und kreuzte die Arme über der Brust. Ich dachte mir, wenn ich sterbe und sie mich so finden, können sie meiner Frau wenigstens sagen, dass ich so dalag, damit sie wusste, dass ich an sie dachte.
Ich hörte Sergeant McLoughlin brüllen. Dominick wird wie eine Stoffpuppe auf den Boden gesetzt, als ein Betonstück durch ein kleines Loch kommt. Ich bekam auch mehr ab. Ich habe geschrien. Genau wie beim ersten Einsturz schien es ewig zu dauern, obwohl es eigentlich ganz schnell ging.
/////// Beim Einsturz sind auch noch die Feuerwehrleute in Treppenhaus B, die der verletzten Zivilistin Josephine Harris nach unten helfen, wie auch der Polizist David Lim vom PAPD.
CAPT. JAY JONAS, Ladder 6, FDNY: Die Luft im Gebäude wurde komprimiert, sodass es zu tornadoartigem Wind im Treppenhaus kam. Trümmerteile peitschten auf uns ein. Es war, als würden dreißig Leute gleichzeitig auf einen einprügeln. Staub von industriellem Ausmaß. Wir zogen den Kopf ein und warteten auf unser Ende. Aber es kam nicht.
LT. MICKEY KROSS, Engine 16, FDNY: Es war ein gewaltiges Donnern. Dann der Wind – brutaler, schneidender Wind. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten.
CAPT. JAY JONAS: Das gruselige Gefühl, die Angst zwischen den Einstürzen, die verschwand, als der Einsturz begann. Ich hatte meinen Frieden damit geschlossen. Was auch immer passieren würde – es war schon auf dem Weg.
LT. MICKEY KROSS: Ich hockte mich in die Treppenhausecke unter den Handlauf und machte mich so klein wie möglich. Man könnte vielleicht sagen, ich habe versucht, mich in meinem Feuerwehrhelm zu verkriechen.
CAPT. JAY JONAS: Dann hörte es auf, kurz bevor es bei uns ankam.
LT. MICKEY KROSS: Trümmerteile trafen mich, und es wurde dunkel. Danach war absolute Stille. Nichts. Kein Wind, kein Geräusch, kein Licht. Nichts.
* * *
JOE ESPOSITO, Chief of Department, NYPD: Ich sagte zu meinem Sergeant: »Wir haben gerade eine Menge Leute verloren. Wenn wir weniger als hundert verloren haben, ist das ein Wunder.« Aber es war wirklich ein Wunder. Wir verloren 23, immer noch eine viel zu hohe Zahl, aber trotzdem ein Wunder.
WILLIAM JIMENO, Polizist, PAPD: Als sich alles gelegt hatte, schaute ich nach rechts und sah Dominick. Er lag unter Betonbrocken eingeklemmt. Er sagte: »Willy, ich sterbe.« Sergeant McLoughlin brüllte vor Schmerz. Ich hatte auch große Schmerzen, aber ich riss mich zusammen, um mit Dominick reden zu können. Ich sagte: »Halt durch, Dominick, halt durch.«
In diesen letzten Minuten sagte Dominick zu Sergeant McLoughlin: »Kann ich eine 3-8 haben?«, das ist der Code für eine Pause bei der Port Authority Police. Trotz allem Schmerz hatte er noch Humor. Sergeant McLoughlin schrie zwar immer noch, bekam aber trotzdem heraus: »Ja, kannst dir eine 3-8 nehmen.« Dann sagte Dominick: »Willy, vergiss nicht, dass ich beim Versuch gestorben bin, euch zu retten.« Seine letzten Minuten mühte er sich ab, seine Pistole aus dem Holster zu bekommen. Er zielte nach oben auf das Loch weit über unseren Köpfen und schoss, damit es vielleicht draußen jemand hörte. Dann sackte er zusammen und starb.
Ich war mental am Ende. Wir hatten nicht nur unsere ersten beiden Kollegen verloren – Christopher [Amoroso] und Antonio [Rodrigues] –, sondern jetzt hatte ich auch noch Dominick sterben sehen. Das war hart. Ich sagte: »Sarge, Dominick ist tot.« Sarge sagte: »Okay. Okay. Ich weiß.« Es ging eine Weile so weiter, wir versuchten, das Gespräch aufrechtzuerhalten. Ich sagte: »Sarge, was machen wir? Was haben die uns beigebracht für so einen Fall?« Er erwiderte: »Will, das geht über jede Ausbildung hinaus, die jemals irgendwer bekommen hat.«
SGT. JOHN MCLOUGHLIN, PAPD: Dafür ist niemand ausgebildet.
LT. MICKEY KROSS, Engine 16, FDNY: Ich war in den Trümmern eingeschlossen. Ich konnte mich zwar kaum bewegen, aber ich hatte nicht das Gefühl, verletzt zu sein. Ich sammelte mich. Ich sagte: »Okay. Schauen wir mal, was ich da habe, welche Ausrüstung ich am Mann habe.« Ich tastete herum. Ich hatte noch eine Lampe. Alles andere, was ich an Ausrüstung getragen hatte, war weg.
BILLY BUTLER, Feuerwehrmann, Ladder 6, FDNY: Man versichert sich sofort, dass man noch alle Finger und alle Zehen hat, man wackelt damit, dass auch nichts gebrochen ist. Ich hatte blaue Flecken, war aber in Ordnung. Ich wollte mich aus dem Schutt befreien und musste große Stücke Gipskartonplatten von mir schieben, als plötzlich Josephine aus dem Staub auftauchte wie der Blob aus dem Sumpf. Ich kriegte einen Heidenschreck.
LT. MICKEY KROSS: Ich konnte nicht klar sehen, und ich glaubte, ich wäre blind. Ich dachte, Oh, Gott, ich bin im World Trade Center verschüttet, und jetzt auch noch blind – kann es schlimmer kommen? Ich tastete nach meinen Augen und fühlte eine Kruste. Ich hatte da eine betonharte Staubkruste, fast einen Zentimeter dick. Ich wollte das Zeug abkratzen, aber es blieb fest. Ich bekam einen Handschuh ausgezogen und steckte mir den kleinen Finger in den Mund. Ich wollte ihn anfeuchten, um die Kruste so abzukriegen. Irgendwann hatte ich dann doch das meiste ab, öffnete die Augen und konnte immerhin den winzigen Hohlraum sehen, in dem ich steckte. Ich war nicht blind; ich konnte sehen.
CAPT. JAY JONAS: Meine ersten Gedanken waren: Wen habe ich noch? Wer lebt noch? Ich rief alle Namen auf, und alle meine Leute antworteten. Wie Josephine hieß, wusste ich noch nicht. Ich nannte sie »die Frau« und fragte: »Ist die Frau noch bei uns?« »Ja, sie ist noch da«, sagten sie.
JOSEPHINE HARRIS, Buchhalterin, Port Authority, Nordturm, 72. Stock: Irgendjemand wachte an dem Tag über uns. Wir hatten nichts gebrochen. Wir haben keine Narben.
CAPT. JAY JONAS: Für mich sah alles ganz gut aus. Okay, jetzt klopfen wir uns mal den Staub aus den Klamotten und dann raus hier. Ganz so schnell ging es dann aber doch nicht.
GENELLE GUZMAN, Büroassistentin, Port Authority, Nordturm, 63. Stock: Als es schließlich aufhörte, herrschte Totenstille. Ich dachte, ich träume. Ich schloss die Augen und hoffte, dass alles nur ein Albtraum gewesen war, wenn ich sie wieder aufmachte. Es war leider nicht so. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich versuchte aufzustehen. Ich war eingeklemmt. Ich lag auf der Seite, die Beine übereinander. Ich hing fest. Ich konnte nichts sehen. Der Staub – all das Zeug – steckte mir im Mund. Es war stockdunkel. Ich verstand, dass all das wirklich passierte.
PASQUALE BUZZELLI, Statiker, Port Authority, Nordturm, 63. Stock: Als ich aufwachte, hatte ich ein paar Beulen am Kopf. Ich war wie benebelt. Ich schaute hoch und sah klaren, blauen Himmel. Den einen Augenblick lang dachte ich, ich wäre tot, weil ich keine Schmerzen spürte. Bis ich anfing zu husten. Dann kam der Schmerz im Bein, und mir wurde klar: Oh mein Gott! Ich kann nicht fassen, dass ich das wirklich überlebt habe. Ich lebe.