Sie hatte die Angewohnheit, sich beim Sex nach innen zu wenden – vor allem, wenn sie einen Orgasmus erleben wollte. Sie schloss die Augen und zog sich zurück, wobei sie in sich hineinging, um ihre eigenen Empfindungen wahrzunehmen. Schließlich war sie überhaupt nicht mehr präsent. Auch wenn ich die Quelle ihrer Erregung darstellte, bemerkte sie weder mich noch irgendetwas anderes außerhalb ihrer eigenen Körpererregung, sobald sie sich nach innen wandte.
Sie bat mich, ihr dabei zu helfen, beim Sex offener zu bleiben. Sie wollte lernen, durch unseren Sex in eine größere Liebe hineinzuspüren. Aber zuerst musste sie lernen, durch die Höhle ihrer eigenen Sinneswahrnehmungen hindurchzuspüren. Daher beschlossen wir, dass ich aufhören würde, mich zu bewegen, sobald ich spürte, dass sie sich zurückzog. Dann öffnete sie die Augen, spürte durch ihre eigene Lust hindurch und verband sich erneut mit mir von Herz zu Herz. Dann begann ich wieder, mich zu bewegen.
Manchmal war diese Übung sehr frustrierend für sie. Aber sie wollte weitermachen. Im Laufe einiger Wochen lernte sie, bei der sexuellen Begegnung offen zu bleiben. Selbst wenn sie auf den Orgasmus zusteuerte, blieb sie offen und spürte sich durch die Wellen der Erregung hindurch, anstatt sich zu verschließen und nach innen zu gehen. Sie ließ zu, dass sich ihr Orgasmus wie ein Geschenk ans Universum nach außen bewegte, durch ihren Körper und durch meinen Körper und weit darüber hinaus. Sie schenkte sich lustvoll her, statt die Lust für sich zu behalten. Ihre Offenheit vertiefte unsere gegenseitige Hingabe, bei der wir so voll in der Liebe aufgingen, dass es keine Möglichkeit mehr gab, sich nach innen zu wenden.
Tue dein Bestes, um dich nicht von deiner Partnerin oder deinem Partner abzuwenden und beim Sex nach innen zu gehen. Bewege dich stattdessen durch das Medium deiner Umarmung hindurch und öffne dich als Liebe. Das erfordert Übung. Anfangs ist es sehr einfach, die Augen zu schließen und nach innen zu gehen – vor allem in Momenten der intensiven Lust oder des Schmerzes.
Übe stattdessen, offen zu bleiben. Sieh deinem Liebhaber in die Augen und fühl in die tiefste Liebe hinein, die du wahrnehmen kannst. Atme deinen Geliebten und dann atme durch deinen Geliebten. Löse durch die Anziehungskraft zu deinem Geliebten deine inneren Verwindungen. Hat sich dein Gefühl erst einmal ausreichend entwunden, um im Angesicht deines Geliebten stabil zu bleiben, dann spüre durch deinen Geliebten hindurch in die Liebe hinein, die das Universum bewegt – in die Liebe, die in den Herzen aller Lebewesen lebendig ist.
Es gibt Zeiten, in denen man beim Sex nach innen geht. Es gibt Momente, in denen es angemessen und natürlich ist, die Augen zu schließen und deine Gefühle von deinem Partner zu trennen. Aber in den meisten Fällen solltest du üben, dich nach außen zu öffnen, in deinen Partner hineinzufühlen und immer weiter in ihn hinein, bis es für die Ausdehnung eurer Liebe keinen Horizont mehr gibt.
Beim Sex ist es sehr einfach, nach innen zu gehen und sich in der Lust des eigenen Körpers oder in erotischen Gedanken zu verlieren. Halte stattdessen den direkten Kontakt zu deiner Geliebten. Schaue ihr in die Augen. Übe dich darin, die subtilen Energieströme zu spüren, die durch ihren Körper fließen. Ist ihr Atem tief und voll oder flach? Ist ihr Bauch angespannt oder locker? Sind ihre Augen offen oder geschlossen? Sind ihre Zehen gekrümmt oder weit gespreizt? Lerne, den Rhythmus ihrer Bewegung zu spüren, und bleibe bei ihr, während ihr liebt, atmet und euch beide in eine tiefere Ekstase hineinnavigiert.
Schließlich lernst du, als grenzenlose offene Tiefe durch deine Geliebte hindurchzuspüren. Für viele Menschen bedeutet Tiefe, nach innen zu gehen. Aber schließlich wird offensichtlich, dass die Tiefe die Basis für das Innen und das Außen bildet. Die Gedanken in deinem Kopf und die Wolken im Himmel werden beide von dir wahrgenommen, der du Tiefe bist. Dieses „Wer“ der Tiefe (das du bist) erblickt Objekte im Innen und Außen zugleich: Emotionen und Autos, Gedanken und Stühle, Energieschübe und Stromschnellen.
Die Selbstbeobachtung oder die nach innen gewandte Meditation ist ein Weg, um in die Tiefe einzutauchen, die du bist. Sex ist ein weiterer Weg, nämlich ein Weg, der über zwei Menschen führt. Wenn du beim Sex nach innen gehst, kannst du ihn genauso gut alleine praktizieren. In der Einsamkeit kommt es zu weit weniger Komplikationen. Aber wenn du dich entscheidest, sexuell in die Tiefe zu gehen, dann übe, in die Tiefe deiner Geliebten hineinzuspüren, die Tiefe des gesamten Universums. Es ist die gleiche Tiefe, die du ganz wahrhaftig bist.
Sex ist ein natürlicher Weg, über den sich die gegenseitige Tiefe erkennen kann. Diese Tiefe ist eine Offenheit der Liebe gegenüber. Du öffnest dich mit deiner Geliebten zusammen als Liebe und entspannst in der Tiefe der sexuellen Umarmung. Ihr Körper hat Öffnungen, in die deine Stöpsel hineinpassen. Sie liebt es, das zu empfangen, was du so gerne gibst, und zu geben, was du so gerne empfängst. Sex ist eine Methode, das Geben und Nehmen der Liebe mit dem ganzen Körper, den Lippen, Genitalien und dem Atem, zu feiern, wobei die Offenheit der Tiefe das Fleisch, die Gedanken und Emotionen durchdringen kann. Die Ganzkörper-Glückseligkeit, die aus dieser perfekten Passform und der Auflösung in die offene Tiefe entsteht, übersteigt bei weitem das Vergnügen der Versteifung, des Eindringens und des Sich-Verlierens in körperlicher Intensität, das nur ein paar Sekunden andauert, bevor man durch die Ejakulation erlöst wird und dann damit abgeschlossen hat.
Öffne dich während der gesamten sexuellen Begegnung und vor allem beim Orgasmus nach außen, und ziehe dich nicht nach innen zurück. Anstatt in dich selbst hineinzusinken und die einsame Lust der Wellen und Kräuselungen deines Körpers zu verspüren, solltest du dich nach außen öffnen, so als wollte deine Lust deinen Mann und die ganze Welt einhüllen.
Manche Frauen (und Männer) brauchen Zeit, um für ihre inneren Energien empfänglich zu werden, indem sie ihre Augen schließen und lernen, nach innen zu spüren, entweder gemeinsam mit einem geliebten Menschen oder alleine. Dies ist eine gute vorbereitende Praxis, wenn du den Kontakt zu dem Fluss und der Lust verloren hast, die sich in dir bewegen. Wenn du dir deines eigenen Körpers bewusst werden möchtest, ist es jederzeit hilfreich, die Augen vorübergehend zu schließen und dich einen Augenblick lang nach innen zu wenden.
Aber wenn du dich mit dem Fließen deines eigenen Körpers und deiner Lust erneut verbunden hast, dann solltest du deine Liebe nicht auf dich beschränken. Die Liebe wächst, indem man andere mit einbezieht. Je mehr du deine Liebe annimmst – deinen Körper, deinen Geliebten und das, was darüber hinausgeht, – desto größer wird dein Liebesglück. Wenn du beim Sex erst einmal ein Gespür für deine inneren Gefühle und Empfindungen entwickelt hast, dann vergiss nicht, genauso sensibel auf die Empfindungen deines Partners zu reagieren.
Verweile mit ihm in Liebe. Selbst wenn du verletzt, traurig und wütend bist oder dich mitten in einem katastrophal glückseligen Orgasmus befindest – bleibe bei ihm. Verschließe dich nicht, ziehe dich nicht zurück und verstecke dich nicht. Das Praktizieren der Liebe bedeutet, beim Sex so eng wie möglich in unmittelbarer Verbindung zu bleiben – Auge in Auge, Körper an Körper, Atem mit Atem –, auch wenn du vor Lust, Scheu, Angst oder Scham platzt. Es gibt Zeiten, in denen es angemessen ist, die Augen zu schließen und dich nach innen zu wenden, aber in den meisten Fällen solltest du nach außen gehen und nicht nach innen. Bleibe mit deinem Geliebten in Verbindung und gehe mit ihm durch dick und dünn, durch Ach und Weh, denn auf diese Art und Weise wirkt die Liebe mit ihrer tiefsten Magie.