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EHRE DIE WEIBLICHE INSPIRATION

Wenn ich sie ansehe, verfalle ich in Ehrfurcht: ihre Schönheit, ihre Üppigkeit, ihr Lächeln, ihre Augen voller Liebe. Sie macht mein Leben lebenswert.

Wenn ich sie ansehe, schrecke ich zurück: ihre Hässlichkeit, ihr Widerstand, ihre Wut, ihre Bedürftigkeit. Durch sie wird mein Leben zu einer unendlichen Bürde.

Sie macht mich verrückt. Ich würde alles für sie tun, mein Leben für sie geben. Dann wieder will ich mich von ihr fernhalten, von ihren ständigen emotionalen Schwankungen.

Insgesamt inspiriert mich nichts mehr als sie. Ihre Attraktivität zieht mein Herz, meinen Körper und meinen Geist zu ihr hin. Ich will sie nehmen, mit ihr schlafen und tief in sie eindringen, bis wir in Liebe kopfstehen.

Wenn ich eine strahlende Frau auf der Straße sehe, dann zeigt sich plötzlich das helle Licht der Welt, und meine Mühsal verwandelt sich sofort in Entzücken. Ihre Attraktivität erfüllt mich mit Leben und Energie und weckt meine Freude.

Und trotzdem ist das nicht genug. Sie ist die leckerste Frucht, Frau. Aber was soll’s? Und deshalb ist es auch ihre Unzulänglichkeit, die mich durch den äußeren Schein anzieht. Ihre Lippen, ihre Beine, ihre Erscheinung sind nicht genug. Ihr Geist, ihr Lachen, ihre Umarmung sind nicht genug. Letztendlich ist ihre Liebe nicht genug. Ich bin unbefriedigt.

Zuerst von ihr in jeder Hinsicht angezogen – Sex, Gespräche, Lachen, Liebe –, finde ich mich enttäuscht in der Falle wieder. Ich möchte losziehen, eine saftigere Frucht ernten, aber ich tue es nicht. Jetzt ist sie hässlich, gefährlich und von giftigem Hass erfüllt, und ich bin ausgetrickst worden und hänge fest.

Diese Sache mit den Frauen verläuft im Nichts. Und im Spagat zwischen Verlangen und Unzufriedenheit bin ich gezwungen, meine Hoffnung direkt durch die Oberfläche dieses Augenblicks aufzugeben. Es gibt keinen Ausweg; nur das Wiedererkennen, das aus absoluter Frustration geboren wird, vor Ort, genau hier und jetzt.

Keine Bewegung bringt mich ihr wirklich näher oder entfernt mich von ihr, auch wenn ich in meiner Dummheit davon träume, den Busen ihrer Liebe zu erlangen. Aber sie knurrt selbst in meinen Alpträumen. Sie ist alles, die Welt, jede mögliche Welt, jede Belohnung und Bestrafung. Sie ist alles, was ich will, und alles, was ich vermeiden will.

Frau. Sie bewegt meinen Geist, meinen Körper und mein Herz. Sie erfüllt meine Fantasien. Sie bringt mich zum Heulen. Sie erweckt den Dichter in mir. Sie schenkt mir vollkommene Augenblicke. Grässliche Augenblicke. Und ich denke immer noch an sie.

Ich erkenne, dass ich nie so viel von ihr bekommen kann, als dass ich jemals nicht noch mehr haben wollte. Genauso wenig kann ich von ihr loskommen und mit ihr abschließen. Ich tue nichts, und keine Bewegung, die mich näher zu ihr hin- oder weiter von ihr wegbringt, verändert irgendetwas Grundlegendes. Ich kann sie nicht bekommen oder ihr entkommen, weil – so plötzlich ist es offensichtlich – ich sie bin.

Ich versuche, anders als sie zu sein, damit ich einen Grund habe, zu leben, ein kleines Vergnügen, auf das ich mich freuen kann, eine Angst, die ich besiegen muss. Aber sie hat mich in der Enge meiner eigenen Bemühungen eingekesselt. Jeder Versuch, den ich unternehme, klingt nur nach Hoffnung und nach Angst, aber ändern tut sich nichts. Sie lacht mich aus, liebt mich, hasst mich, ich bin ihr egal. Nichts bedeutet ihr etwas. Bedeutung ist das Aroma meiner eigenen Suche. Und gewöhnlich ist sie die Bedeutung.

Sie ist die Karotte, nach der ich schnappe, während ich das andere Ende des Stocks halte. Je näher ich komme, desto weiter entfernt sie sich. Wenn ich denke, ich habe sie, dann will ich mehr, ich will es anders, und wieder ist sie knapp außerhalb meiner Reichweite. Wenn ich sie nicht will, dann ist sie überall, unvermeidlich. Ich komme nicht weg. Es gibt keine Wahl. Es ist endlos. Und so verweile ich an meinem Platz und höre auf, mich nach ihr auszustrecken. Ich höre auf, hin- oder wegzurennen. Mein Spiel, das alles oder nichts bedeutet, ist vorbei.

Plötzlich verschwindet ihr Hin- und Hergezerre. Sie steht da, bewegungslos, als meine Erfahrung, jeder Stich von Furcht und Geheimnis faltenlos glättet. Ich spüre in sie hinein, und streife ihren Körper wie eine Haut über. Ihre Leere ist mein Zuhause. Ich biete mich über ihre Form an.

Das Weibliche in all seinen Formen ist die eigentliche Inspiration: Erde, Schönheit, Ozean, Musik, Licht, die Freundin deines besten Freundes. Sie ist eine Muse. Sie weckt Verlangen, Angst und Mühe. Unter sexuellen und kreativen Gesichtspunkten betrachtet ist sie die Triebkraft des Lebens. Frauen und Männer werden gleichermaßen von ihr angezogen. Gedichte werden verfasst, Kriege geführt, Monumente errichtet, Ehen begonnen und beendet – für sie. Aber irgendwie entzieht sie sich unserem Zugriff.

Die weibliche Form verkörpert unvergleichliche Schönheit für Männer und Frauen gleichermaßen. Alles aus der Natur kommt in ihrem Körper zusammen, ihre Launen, ihre Energie. Wir müssen die Weiblichkeit in ihrer vollen Pracht ehren, dunkel und hell, ohne uns in ihr zu verlieren. Sie ist ultimativ attraktiv, ganz Bewegung und Farbe.

Wir können uns vor ihr verneigen, während wir das Geheimnis kennen. Wir können sie genießen und mit ihr und durch sie hindurch Liebe machen. Ihr Lächeln kann uns weiterhin inspirieren und mit Glück erfüllen. Wenn wir aber nicht verstehen, wer sie wirklich ist, dann werden wir sie nur fürchten und begehren. Wir werden sie verletzen, verleugnen, ausbeuten, vor ihr flüchten. Alle Männer und Frauen lechzen entweder nach ihr oder wenden sich von ihr ab – in jedem Augenblick. Es sei denn, sie sind in Liebe eins mit ihr, spüren durch ihre leuchtende, prächtige, endlose und leere Form hindurch und nehmen sich als diese wahr. Und Sex ist der Inbegriff dieser Praxis.