12. KAPITEL
»Hört sofort auf, keinen Streit!« Der Wachhabende trat im letzten Moment dazwischen, kurz bevor Anna zu ersticken glaubte und von den Schlägen des Bauernburschen das Bewusstsein verlor. »Hier werden keine Raufereien geduldet.« Er versetzte Anna, die nach Atem ringend am Boden lag, einen leichten Fußtritt. »Steh auf! Und du Hanswurst«, er funkelte den Bauernburschen böse an, »bist ab jetzt zwei Tage in Arrest! Du solltest dein Mütchen lieber in der Schlacht kühlen und deine Kraft beim Feind unter Beweis stellen. Wenn das noch mal passiert, ist es besser, du verschwindest wieder aus der Armee und bleibst auf deinem Hof.« Er wandte sich an die Umstehenden, denen das Lachen im Hals stecken geblieben war, und brüllte unerwartet laut und im Kommandoton: »Haltung annehmen, Männer! Uniform in Ordnung bringen! Hier herrscht preußische Disziplin, wenn ihr das noch nicht gemerkt habt. Wer nicht spurt, bekommt strengen Arrest, Dunkelhaft. Das hat der König persönlich angeordnet. Raufereien und Unordnung werden nicht geduldet. Also nehmt euch in Acht. Reiht euch jetzt draußen auf dem Platz in schöner Ordnung auf. Gewehr bei Fuß, Bajonett aufgestellt! Ihr werdet euch noch umsehen, blutige Anfänger, wie ihr seid. Bei uns wird nicht lang gefackelt. Marschieren, still stehen, Waffe präsentieren, laden, schießen,
Bajonett handhaben – all das muss sitzen wie im Schlaf. Im Frühjahr wird sich dann zeigen, was ihr könnt. Sonst wird euch bald der Teufel holen.«
Die Männer starrten ihn mit offenem Mund an, dann standen sie stramm, schlossen die Kragenknöpfe, packten die Waffen und marschierten eilig nach draußen in den Hof. Keiner wollte hinter dem anderen zurückbleiben. Anna schloss sich der Truppe an.
»Achtung, präsentieren! Und schwenkt marsch!«, kommandierte der Leutnant, der begann, die Namen nach einer Liste abzufragen. »Nur keine Müdigkeit vorschützen«, bellte er nach mehrmaligem Präsentieren und Marschieren in Reih und Glied, wobei er demjenigen, der nicht ganz gerade ging, den Gewehrkolben schmerzhaft in die Rippen stieß.
Der Drill bestimmte nun das Leben der angehenden Soldaten und auch Anna gewöhnte sich langsam daran. Zum Glück hatte bisher niemand an ihrem Geschlecht gezweifelt, und nach und nach stellte sich eine gewisse Sicherheit bei ihr ein. Sie bewies sogar mehr Talent beim Schießen und war wendiger als manch anderer, der kräftig war. Die jungen Bauernsöhne und Tagelöhner erwiesen sich oft als etwas tollpatschig, sie verwechselten links und rechts und konnten weder zählen noch lesen.
Als ein Teil der Armee nach der halben Niederlage gegen die Österreicher nach Berlin zurückkehrte, wurde Anna unruhig. Sie beschloss, in einer freien Stunde zum Marstall hinüberzuschleichen. Vielleicht war Trenck ja unter den Heimgekehrten, und sie konnte erfahren, wie es ihm ging, und möglicherweise sogar einen kurzen Blick auf ihn erhaschen. Sie wusste ja, dass die Pferde nach dem Abnehmen der Parade und täglichen Exerzieren wieder in den Marstall zurückgebracht wurden und dass die Leibgarde am Nachmittag mit frischen Pferden wie üblich wieder zum Platz ritt. Klopfenden Herzens schlenderte
sie wie zufällig an den Ställen vorbei, bedacht, immer im Schatten des Gebäudes zu bleiben und der Aufsicht aus dem Weg zu gehen. Plötzlich erspähte sie Theo. Er stand draußen und hielt die Pferde seines Herrn frisch geputzt und gesattelt bereit. In der Ferne ritt jetzt die Eskadron der Leibgarde in schnellem Trab und in schönster Ordnung zurück. Annas Herz machte einen Satz, als sie Trenck erkannte, der in stolzer Haltung auf seinem schweißbedeckten tänzelnden Rappen unter den anderen hervorstach. Bei seinem Anblick in der gut sitzenden prächtigen roten Uniform der Leibgarde erfüllte sie ein unsagbares Glücksgefühl. Er war gesund und unversehrt vom Kriegsschauplatz zurückgekehrt. Sie drückte sich fest gegen die Wand des Schuppens und ließ ihr Idol nicht mehr aus den Augen. Aufmerksam verfolgte sie jede seiner Bewegungen und lauschte gebannt dem Laut seiner Stimme, den Gesprächsfetzen, die sie aufschnappte und mit denen er Theo jetzt Anordnungen erteilte.
»He, Bursche«, die laute Stimme der Stallaufsicht riss sie aus ihren Betrachtungen, »was hast du da zu suchen?« Der Mann musterte Anna mit zusammengezogenen Augenbrauen mürrisch von oben bis unten. »Neuling, was – gemeiner Soldat? Willst wohl gleich wieder abhauen?«
Anna räusperte sich und sagte in rauem Ton und aus tiefster Brust: »Nein, nein … ich war … ich wollte mir nur die Parade ansehen. Ich liebe Pferde.« Sie suchte nach einer plausibleren Begründung. »Weil ich am liebsten in der Kavallerie dienen würde.«
»Kann ja jeder sagen. Kavallerie – da musst du wohl noch üben. Es ist jedenfalls nicht erlaubt, hier herumzuschleichen. Verschwinde jetzt, sonst mache ich Meldung.«
Anna drehte sich auf dem Absatz um. Doch als sie aufsah, versperrte ihr Theo den Weg, einen frisch geputzten Hengst herausführend. Er stutzte und starrte sie eine Weile ungläubig
an, als traute er seinen Augen nicht. Dann grinste er erfreut. »Anna?«, rief er aus. Er musterte sie verwundert von oben bis unten. »Wie siehst du denn aus?«
Anna war, als müsse sie zu Stein erstarren. Theo hatte sie natürlich gleich erkannt. Sie warf einen ängstlichen Blick zur Stallwache hinüber, die ihr misstrauisch gefolgt war. Theo lachte verlegen. »Mädchen, Mädchen! Was ist denn mit dir passiert? Wo hast du denn die Uniform her?«
Anna brachte immer noch kein Wort hervor. Sie war entdeckt! In ihrem Hirn arbeitete es fieberhaft. Sie holte tief Luft. Jetzt musste ihr etwas einfallen, sonst war alles umsonst gewesen.
Das spitzenbesetzte Taschentuch war bereits nass geweint. Amalie schnupfte hinein, knüllte es dann in hilfloser Wut zusammen und wischte die Tränen mit dem Handrücken fort. Die Sehnsucht quälte sie, nach ihm, nach dem Einzigen, den sie immer lieben würde. Das wusste sie ganz tief in ihrem Herzen. Eine Weile lag sie so da, gegen die Decke starrend, in ihrem mit rosafarbenen Spitzen besetzten Nachthemd, die langen dunkelblonden Haare aufgelöst, ausgebreitet um ihr bleiches Gesicht. In diesem Hemd hatte sie Trenck immer erwartet. Ungestüm hatte er es ihr vom Leibe gerissen, sobald er, halb erfroren vom langen Weg und nach frischem Schnee duftend, in ihr Zimmer eingedrungen war. Wie berauschend seine Liebkosungen gewesen waren, wie hatten sie zusammen gelacht, sich geküsst, schwindlig vor Liebe und Zärtlichkeit. Seine Stimme an ihrem Ohr, das Kitzeln seiner Lippen und sein atemloses Flüstern: Ich liebe dich, süße Amélie! Meine Einzige, mein Glück, mein Leben! Die französische Form ihres Namens gebrauchte auch er in diesen Stunden – genau wie ihr königlicher Bruder seit Kinderzeiten. Aber so, wie Trenck ihn aussprach, ihn unzählige
Male wiederholte, flüsterte, raunte und hauchte, hatte er einen besonderen Klang und eine Süßigkeit, die sie jedes Mal dahinschmelzen ließ. Nie hatten sie in diesen nahezu schlaflosen Nächten voneinander genug bekommen können, ausgehungert und gierig nach der Haut, nach den Küssen des anderen. Sie war süchtig geworden nach seinem Anblick, seinen Berührungen, seinem Duft. Wenn sie für kurze Zeit dann erschöpft nebeneinander auf ihr Lager sanken oder sich vor dem Kamin wärmten, schmiedeten sie unsinnige, waghalsige Pläne, die durch die Welten bis in die Sterne reichten. Alles war ihnen möglich erschienen, wenn sie nur wollten.
Und dann war der Krieg gekommen und hatte sie vorläufig auseinandergerissen. Seitdem fieberte Amalie Tag für Tag nur noch dem Wiedersehen entgegen. Der König hatte Trenck wegen seiner Verspätung beim Appell in Arrest gesetzt, ihn aber kurz darauf wieder freigelassen, weil er ihn im Feld brauchte. Ohne dass Amalie es vorher bedacht hatte, tauchten auf einmal unvorhersehbare Widerstände vor ihr auf, holte die nüchterne Wirklichkeit sie immer wieder ein und zwang sie dazu, Entscheidungen zu treffen, die sie überforderten. Trenck wusste es noch nicht, aber die Schwangerschaft würde wohl all ihren gemeinsamen kühnen Plänen ein festes Ultimatum setzen. Was sollte sie nun bloß tun? Mit einem tiefen Seufzer richtete Amalie sich auf und entzündete die Kerze neben ihrem Bett. Der Schlaf floh vor ihren Gedanken und die Sorgen ließen sie hellwach werden. Sie läutete die silberne Glocke auf ihrem Nachttisch. Die verschlafene Zofe erschien erst nach einer geraumen Weile, in einem schief sitzenden Rock, aus dem ihr Hemd nachlässig heraushing. »Prinzessin wünschen?«, fragte sie mit belegter Stimme und machte einen leicht verunglückten Knicks.
»Bring mir Milch, heiße Milch. Mit Honig. Das soll doch bei Schlaflosigkeit helfen, oder?«
Das Mädchen machte ein einfältiges Gesicht, doch dann nickte sie. »Heiße Milch – ja! Das hat meine Großmutter auch immer gesagt. Ich gebe sofort in der Küche Bescheid.«
»Dummes Ding«, schalt Amalie sie, »in der Küche ist niemand mehr. Du musst die Milch selbst erwärmen. Schau nach, ob das Feuer im Herd noch brennt.«
Das Mädchen knickste erneut und verließ das Schlafzimmer. Amalie gähnte. Sie war müde und war es doch nicht. Seit ein paar Nächten schon konnte sie nicht mehr richtig schlafen. Ständig grübelte sie über die letzte Unterredung mit ihrem königlichen Bruder nach. Alles war seitdem so kompliziert geworden. Nie hätte sie gedacht, dass Friedrich sich plötzlich in so feindseliger Art gegen seinen zuvor so hochgelobten Gardeoffizier äußern würde. Ihn sogar des Verrats verdächtigte! Trenck war doch bisher sein erklärter Liebling gewesen, auf den er nichts kommen ließ. Wie hatte er in ihrem Beisein oft seinen Mut und Kampfgeist gelobt, seine verblüffende Intelligenz, sein scharfes Gedächtnis und erstaunliches Wissen im Bereich der Literatur. Was hatte Trenck ihm denn auf einmal getan? Dass er mit seinem Vetter heimlich kollaborierte, wie Friedrich ihn beschuldigte, war einfach nicht wahr. Einmal hatte sie im Rausch des Zusammenseins zu Trenck gesagt: »Wenn mein Bruder gegen unsere Verbindung ist, gehen wir zusammen fort. Eine Trennung könnte ich nicht ertragen – ich bleibe bei dir. Selbst wenn du in fremde Dienste treten müsstest.«
Trenck hatte mit finsterer Miene den Kopf geschüttelt. »Fremde Dienste? Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin kein Mann, der sich einmal hier und einmal dort verdingt. Für Preußen lebe und sterbe ich. Mein König und mein Land gehen mir über alles.«
Und jetzt? Passte es ihrem königlichen Bruder vielleicht nicht, dass sie, seine Schwester, ausgerechnet diesen Mann liebte und ihn um jeden Preis heiraten wollte? Niemals hätte sie
Friedrich einen Standesdünkel unterstellt. Er war doch immer so liberal gewesen, so frei. Wie hatten sie früher gelacht, wenn er ausgerufen hatte: »Wenn ich einmal König bin, bringe ich die verschlafenen Perücken ordentlich in Bewegung!«
Oder war es etwas anderes, von dem er nicht zu ihr sprach, ein dunkles Geheimnis, von dem sie nichts wissen durfte? Es war unübersehbar, dass Friedrich Frauen, mit einigen Ausnahmen wie die seiner Schwestern und seiner Mutter, nicht gerne um sich hatte. Gerüchte kursierten, dass er eine Vorliebe für junge Männer hegte, die in seiner Gunst standen. Dass sein Kammerdiener Fredersdorf und er allzu vertraut waren. Aber es gab keine Beweise zu derartigen Vermutungen, denn Friedrich war in solchen Dingen außerordentlich diskret, und Amalie hatte sich bisher nicht viel darum gekümmert. Diese Dinge waren am Hof einfach tabu. Aber nun fragte sie sich, ob ihr Bruder für Trenck vielleicht etwas empfunden hatte, das über eine Freundschaft hinausging. So etwas wie für seinen verurteilten Freund Hans-Hermann von Katte, mit dem er damals fliehen wollte. Trenck war dem jungen Katte auf eine unheimliche Weise in Blick und Gebaren ähnlich. Doch kaum hatte sie das gedacht, so wies sie es schon wieder weit von sich. Nein, das konnte der einzige Grund nicht sein. Üble Verleumdung – was sonst?
Es klopfte. Das Mädchen war zurück und erschien auf ihr »Herein« mit einem Tablett, auf dem ein Glas heiße Milch stand.
»Danke!«, sagte Amalie sanft. »Stell das auf den Nachttisch. Und geh wieder schlafen.«
Das Mädchen zog sich zurück. Amalie setzte das Glas Milch an ihre Lippen, doch die weißliche Flüssigkeit mit dem Geruch von Honig und einem Hauch Zimt flößte ihr plötzlich unüberwindliche Übelkeit ein. Sie stellte es weg, beugte sich vor, griff nach dem Nachttopf unter dem Bett und übergab sich heftig.
Erschöpft sank sie auf ihr Kissen zurück. Diese Übelkeit! Und obwohl sie kaum etwas aß, wurde sie immer dicker. Nachdem ihre monatliche Blutung ausgeblieben war, ahnte sie gleich, dass sie schwanger war. Trenck hatte sie nichts davon geschrieben, um ihn nicht zu beunruhigen. Er würde es noch früh genug von ihr erfahren, jetzt, wo er mit seiner Eskadron wieder in Berlin war. Sie sehnte sich so danach, ihn wiederzusehen. Besorgt zog Amalie die Pelzstola enger um die Brust. Was geschah jetzt mit ihr – was mit dem Kind, das unablässig weiter in ihr wuchs! Ihr zierlicher Körper war unverkennbar schwerer geworden, und ihre schlanke Taille, auf die sie immer so stolz war, hatte sich sichtlich verbreitert. Und dazu noch diese ständige Übelkeit! Friedrich hatte ihr kurz nach der letzten Unterredung eine weise Frau geschickt, die eine Abtreibung vornehmen sollte. Voller Empörung hatte sie sich geweigert, sie zu empfangen. Daraufhin hatte der Bruder ihr mit der Verbannung ins Kloster Quedlinburg gedroht. Aber vielleicht war gerade das die einzige Möglichkeit, ihr Kind vor der Öffentlichkeit zu verbergen, es heimlich zur Welt zu bringen. Um Zeit zu gewinnen, bis eine Entscheidung getroffen war. Notfalls konnte man es in der ländlichen Gegend in einer Bauernfamilie unterbringen, bis der Krieg in Schlesien beendet war und Friedrich als Sieger vielleicht seine Meinung änderte. Sie zählte auf sein im Grunde weiches Herz und hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, ihn umstimmen zu können.
Amalies Herz klopfte unruhig, die Luft schien erstickend im Zimmer, obwohl es kalt war und die Asche im Kamin nur noch leicht glühte. Sie raffte ihr seidenes Nachthemd, stieg fröstelnd aus dem Bett und ging zum Fenster, um es zu öffnen und ein paar tiefe Atemzüge zu tun. Die kalte Winterluft wehte ihr ins Gesicht und sie schloss das Fenster wieder. Kurz entschlossen schürte sie das Feuer neu an, hüllte sich in ihren pelzgefütterten Mantel und setzte sich an ihren zierlichen Schreibtisch. Sie
ordnete ihre Schreibutensilien, tauchte die Feder in die Tinte und begann: »Mein geliebter Fritz! Ich sehne mich so nach Dir und zähle die Stunden, bis Du wieder bei mir bist. Ich muss Dich unbedingt sprechen, Dich bald wiedersehen! Vielleicht bist Du ja schon in Berlin – so nah bei mir und doch so fern. Ich fürchte, das Schicksal meint es nicht gut mit uns …« Sie strich den letzten Satz wieder aus. Nein, sie wollte den Geliebten nicht mit ihren Sorgen belasten. Wer wusste, was er in seinem hitzigen Temperament Unbedachtes tun würde! Und so wurde der Brief nur eine einzige Liebeserklärung. Nachdem sie ihre schwungvolle Unterschrift daruntergesetzt hatte, nahm sie einen kleinen Schlüssel von der Kette um ihren Hals und öffnete ein geheimes Fach hinter der Schublade. Dort lag ein Teil ihres Geldes, das sie für ihre persönlichen Ausgaben aufbewahrte, für Kleidung, Puder, Schminke, Bücher und Kunstgegenstände, die sie kaufen wollte. Ihr Bruder hatte dafür gesorgt, dass sie immer genug davon zur Verfügung hatte. Sie seufzte tief auf, zählte das Geld ab, legte es in ein kleines Kästchen und tat auch etwas für den Boten beiseite, der beides gleich morgen zu Trenck in die Garnison bringen sollte.
Es war spät geworden und irgendwo im Schloss schlug eine Uhr dreimal. Amalie hatte gar nicht gemerkt, dass das Feuer heruntergebrannt und es im Zimmer eisig geworden war. Trotz ihres Mantels über dem Nachthemd überlief sie ein plötzlicher Schauer, der sie vom Kopf bis zu den Füßen erzittern ließ. Ihre Hände waren ganz starr und bleierne Müdigkeit legte sich endlich auf ihre Lider. Sie begab sich rasch unter den Baldachin des Bettes, zog die Vorhänge zu, die die Zugluft abhalten sollten, und häufte die dicken Daunendecken auf sich. Morgen, gleich in der Frühe, würde sie eine Entscheidung treffen. Niemand sollte sie daran hindern, zu lieben, wen sie wollte, ob es Friedrich passte oder nicht. Endlich kam der erlösende Schlaf,
der alle quälenden Gedanken in erquickender Bewusstlosigkeit verschwimmen ließ.
Anna stand immer noch wie angewurzelt vor Theo, der laut zu lachen begonnen hatte. »Wie siehst du denn aus, Anna? Soll das ein Witz sein?«, rief er aus. »Ich hab einen Moment gedacht, ich hätte deinen Zwillingsbruder vor mir.«
»Tag, Theo! Ich sehe, du kennst den Kerl?«, mischte sich die näher gekommene Stallaufsicht jetzt ein. »Ich hab ihn erwischt, wie er hier herumschnüffelte.«
»Nein, nein, das ist schon in Ordnung«, beruhigte ihn Theo, der sah, wie Anna ängstlich zusammenfuhr. »Kein Grund zur Besorgnis. Ist nur ein … Freund von mir. Alter Bekannter.«
»Ach so. Na ja, dann nichts für ungut!« Der Mann entfernte sich langsam, immer noch misstrauische Blicke zurückwerfend.
Theo musterte Anna kopfschüttelnd von allen Seiten. »Im Ernst, Anna! Wo hast du bloß diese Uniform her? Ausgeliehen? Und deine Haare, die gefallen mir ganz und gar nicht – so kurz.« Er wurde plötzlich ernst. »Was ist – willst du mich etwa veräppeln?«
»Nein!« Anna flüsterte fast. Sie sah sich ängstlich um und legte den Finger auf den Mund. »Psst – nicht so laut, Theo! Das ist kein Spaß. Ich werde dir alles erklären. Aber nicht hier, mitten auf dem Weg. Komm mit!« Sie wandte sich um, lief in die Stallgasse und zog den verdutzten Theo mit sich in einen leeren Pferdeunterstand. Dort setzten sie sich in einer Ecke auf einen Ballen Heu am Boden.
»Jetzt bin ich aber gespannt!«, sagte Theo grinsend. Er nahm seine Kappe ab und betrachtete Anna abwartend.
»Die Uniform ist echt. Aber bitte verrat mich nicht, Theo!«, bat Anna hastig. Sie holte tief Luft. »Du siehst einen
Fußsoldaten vom Infanterieregiment V vor dir. Ich heiße jetzt Anton – oder ganz einfach Toni. Kurz gesagt – ich habe mich rekrutieren lassen.«
Theo sah sie verblüfft an. »Du … hast dich … rekrutieren lassen? Wie das?« Er dachte einen Moment nach. »Sag mir bitte nicht, dass du dich als Mann ausgegeben hast.«
Anna nickte. »Doch, genauso ist es. Glaub mir, Theo, es blieb mir keine andere Wahl. Du weißt ja nicht, wie schlecht es mir ergangen ist – was ich erlebt habe …« Sie brach unerwartet in Tränen aus. »Ich habe keinen Ausweg mehr gewusst.«
»Wein doch nicht«, er strich ihr über das kurz geschnittene Haar, »ich verrate dich schon nicht, keine Angst. Aber hast du dir das alles auch gut überlegt?«
Anna nickte tapfer und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.
Er sah sie ernst an. »Ich weiß nicht, ob du dir im Klaren darüber bist, was dich erwartet. Ich fürchte, du machst einen großen Fehler. Weißt du denn überhaupt, was das bedeutet – Soldat zu sein? Hast du jemals eine Schlacht erlebt?« Er schüttelte den Kopf. »Es ist so grausam, wie du es dir in deinen schlimmsten Träumen nicht vorstellen kannst. Allein die vielen Leiber, die am Ende getötet oder verletzt auf dem nackten Boden liegen …« Er atmete tief ein. »Das ist doch nichts für eine Frau.«
»Ich weiß, du meinst es gut mit mir, Theo«, Annas Stimme klang verzweifelt, »aber es ging wirklich nicht anders. Es gibt Leute, die mit allen Mitteln versuchen, mein Unglück heraufzubeschwören, die mir Böses wollen, egal, was ich anfange.« Sie stockte. »Ich musste fort – untertauchen.«
»Willst du mir nicht erzählen«, er nahm behutsam ihre Hand, »was da passiert ist? Ich würde es ganz sicher verstehen – und dir vielleicht helfen können.« Er drückte einen
schüchternen Kuss auf Annas Hand, die von der Arbeit rau und rissig war.
Anna entzog sie ihm rasch. Ihre Mundwinkel zuckten, Tränen rollten über ihre Wangen. »Ich kann jetzt nicht mehr zurück, Theo. Auch du könntest mir nicht helfen, glaub mir. Ich kann es nur selbst tun.«
»Warum bist du nicht zu mir gekommen und hast mir von deinen Problemen erzählt?«
»Aber du warst doch im Feld, Theo! Ich bin einige Male am Marstall gewesen, um nachzusehen, ob du schon zurück bist.«
»Ist das wahr?« Seine Augen glänzten auf. »Meinetwegen warst du hier?« Er machte eine kurze Pause und lächelte glücklich. »Ich habe auch oft an dich gedacht, Anna – und sogar von dir geträumt. Du bist so liebenswert, so schön – trotz deiner kurzen Haare.« Er versuchte die Widerstrebende sanft an sich zu ziehen. »Wenn ich mir eine Frau wünschte, dann müsste sie genau so sein wie du. Wir würden doch gut zusammenpassen, findest du nicht?« Er näherte sein Gesicht dem ihren.
Anna wandte rasch den Kopf zur Seite, sodass seine Lippen nur ihre Wange streiften. »Bitte nicht, Theo! Ich kann jetzt nicht an so etwas denken.«
»Wenn ich genügend Geld hätte – wenn mein Dienst es erlaubte …« Theo stockte. »Könntest du dir … nicht vorstellen, dass wir zusammenbleiben?« Er sah die Skepsis in ihren Augen, fügte aber trotzdem hinzu: »Und heiraten. Mein Sold reicht für zwei, wenn wir sparsam sind. Was hältst du davon? Wir würden uns ein Zimmer mieten und wären immer zusammen. Du würdest auf mich warten, wenn ich mit dem Freiherrn von der Trenck im Feld bin. Bald werde ich auch einen besseren Posten bei der Kavallerie bekommen. Das war schon immer mein Traum. Trenck hat versprochen, ein gutes Wort für mich einzulegen. Mut und Tatkraft – das habe ich. Und ich weiß, ich werde eines Tages meine Chance bekommen.« Er sah ihr tief
in die Augen. »Ich würde niemals zulassen, dass dir jemand ein Leid antäte …«
»Nein, Theo, das geht nicht. Es wäre nicht richtig von mir, wenn ich bei dir bliebe, nur weil ich nicht weiter weiß. Ich möchte dich nicht unglücklich machen und dich in etwas hineinziehen, das …«
»Unglücklich?«, unterbrach er sie. »Mich? Wieso solltest du mich unglücklich machen?« Seine Augen leuchteten voller Feuer auf. »Du weißt ja nicht, was ich für dich empfinde. Allein, dich zu sehen, macht mich schon unsagbar glücklich!«
Anna entwand sich ihm und presste die Lippen zusammen. »Es ist deswegen«, begann sie nach einer Weile, »weil ich keine Jungfrau mehr bin. Und dann … ich könnte dich nicht so lieben, wie du es möchtest …«
»Warum nicht?« Er sah sie verständnislos an. »Das käme auf einen Versuch an. Und ob du Jungfrau bist oder nicht, das ist mir wirklich egal.«
»Sag das nicht. Es darf dir nicht egal sein. Weil … weil mein Herz einem anderen gehört. Es wäre nicht gerecht, wenn ich dir so etwas verschweigen würde.«
»Ach ja. Und … wer ist dieser andere?« Theos Augen verdunkelten sich ernüchtert. »Der, dem dein Herz gehört?«
»Das kann ich dir nicht sagen. Keine Angst, es ist eine hoffnungslose Liebe. Er ist unerreichbar für mich und wird mich niemals so lieben wie ich ihn. Sein Herz ist schon an eine andere vergeben. Und jetzt lass mich – ich muss meinen Weg gehen, auch wenn er hart sein wird.« Sie erhob sich und klopfte das Stroh von ihrem Uniformrock. »Ich hoffe, ich habe dich nicht zu sehr gekränkt«, sagte sie unsicher. »Aber ich wollte ehrlich zu dir sein.«
Theo stand ebenfalls auf. Er sah traurig und enttäuscht aus. »Nein, ich bin froh, dass du mir die Wahrheit gesagt hast. Damit ich weiß, woran ich bin.« Seine Stimme klang rau. »Du
musst selbst wissen, was du tust, Anna. Aber denk daran: Wenn du in Schwierigkeiten bist, dann komm zu mir. Ich werde dich niemals abweisen, egal, was geschieht.«
»Danke!« Annas Augen füllten sich mit Tränen. »Du bist so gut zu mir. Denk nicht, dass du mir völlig gleichgültig bist. Du bist für mich ein ganz besonderer Mensch. Ich wäre vielleicht bei dir geblieben, wenn du mich früher darum gebeten hättest. Ich glaube, ich hätte dich lieben können – wenn der andere nicht wäre. Aber jetzt«, sie seufzte, »kann ich nicht mehr zurück.« Sie umarmte Theo, schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn auf den Mund. Theo drückte sie voller Seligkeit an sich, hielt ihren weichen weiblichen Körper fest in seinen Armen und presste seine Lippen leidenschaftlich auf ihre. Er vergaß Ort und Zeit, bis Anna sich nach einer Weile behutsam von ihm losmachte. »Ich muss gehen, Theo. Ich wünsche dir Glück. Du hast ein gutes Herz. Ich wünsche dir die Frau, die du verdienst.«
»Nein, Anna – bleib!« Theo versuchte sie zurückzuhalten. »Ich kann warten! Du wirst den anderen eines Tages vergessen …«
»Vielleicht. Aber noch hat er zu viel Macht über mein Herz.« Annas Stimme klang brüchig. »Und du hast sicher eine erfolgreiche Zukunft vor dir. Die würde ich dir nur verderben.« Sie wischte sich über die Augen, wandte sich mit gesenktem Kopf ab und richtete den Blick krampfhaft auf den Boden. Als sie die Tür des Marstalls öffnete und rasch hinausschlüpfen wollte, prallte sie überraschend mit dem Freiherrn von der Trenck zusammen, der nach Theo suchte.
»He, holla, Bursche«, rief er unwillig aus und gab Anna einen so herzhaften Stoß, dass sie zurücktaumelte und beinahe gestürzt wäre. »Pass doch auf! Hast du keine Augen im Kopf?«
Anna fing sich gerade noch rechtzeitig und sah hoch, geradewegs in Trencks leicht gebräuntes Gesicht, das sich ärgerlich
verzogen hatte. Sie brachte kein Wort hervor und starrte ihn nur an. Ihr war, als stünde der Traum, den sie die ganze Zeit gehegt und gepflegt hatte, nun plötzlich aus Fleisch und Blut vor ihr. Kein Detail seiner Erscheinung entging ihr: seine hohe, schlanke Gestalt im gut sitzenden rot-weißen Uniformrock, sein leicht welliges Haar mit blondem Schimmer, seine regelmäßigen männlichen Gesichtszüge und die kühle Attitüde seiner Haltung. Aber all das war nichts gegen den frostigen Blick seiner blauen Augen, ein Blick, der sie zornig musterte und in große Verwirrung stürzte. Er hatte sie mit den kurzen Haaren nicht erkannt, das war unschwer festzustellen. »Verzeihung … Herr«, stammelte sie jetzt hilflos.
»Was suchst du überhaupt hier, Bursche?« Der scharfe Ton seiner Stimme schnitt ihr ins Herz. »Scher dich gefälligst hier weg in dein Regiment. Das Betreten des Marstalls ist für Unbefugte streng verboten. Infanteristen haben hier nichts verloren.«
In diesem Moment mischte sich Theo ein. Er hatte eine Harke genommen und zum Schein ein Fuder Heu in den Unterstand geworfen. Als er Anna so verlegen vor dem Freiherrn stehen sah, räusperte er sich laut. »Verzeihung, Herr. Aber Anton ist ein Freund von mir und hat mir gerade einen Besuch abgestattet.«
»Ach so.« Trenck schien erleichtert. »Tut mir leid, aber das hättest du mir auch gleich sagen können. Du weißt doch, wir dulden keinen Fremden in den Ställen.«
Theo nickte gehorsam. »Es war eine Ausnahme. Ich bitte um Verzeihung.«
Anna hatte sich inzwischen gefasst. Sie huschte an Trenck vorüber und suchte schnell das Weite.
Trenck sah ihr kopfschüttelnd nach und murmelte: »Einen seltsamen Freund hast du da, Theo. Habe ich den Kerl nicht schon mal gesehen? Ein windiges Bürschchen. Wahrscheinlich
habe ich ihn ein bisschen zu hart angefahren.« Er sah sich um. »Was ist mit meinem frischen Pferd? Ich bin schon in Verzug. Der Bursche hat dich wohl ganz schön von der Arbeit abgehalten. Los, beeil dich – meine braune Stute muss jetzt trockengeführt werden, wenn sie keine Kolik bekommen soll. Sie ist völlig in Schweiß – ich habe sie ziemlich hergenommen.«
»Sofort, Herr!« Theo führte eilig das frische, geputzte Pferd heraus und legte den Sattel auf.
Trenck saß mit Schwung auf und ritt, ohne sich umzusehen, im Galopp dem Paradeplatz zu. Er war schlechter Laune, denn aus irgendeinem Grund war es ihm nicht möglich, Amalie zu erreichen. Es war, als stieße er gegen eine Mauer. Man hatte ihm gesagt, sie sei zum Kloster Quedlinburg abgereist, um im Auftrag ihres königlichen Bruders die Einnahmen zu prüfen. Aber auch der König war für ihn nicht zu sprechen. Es hieß, er sei mit der Strategie zur Fortsetzung des Feldzugs beschäftigt und brauche volle Konzentration. Das klang plausibel, denn die mit den Sachsen verstärkten Österreicher machten ihm schwerer zu schaffen als gedacht. Aber was Trenck am meisten verblüffte, waren die Wachen, die nachts vor dem Schloss Montbijou standen. Und das Loch im Zaun, durch das er nachts immer hindurchgeschlüpft war, hatte man auf einmal mit Brettern verschlossen. Trenck war beunruhigt. Irgendetwas stimmte da nicht. Wollte Amalie ihn nicht mehr sehen? Liebte sie ihn nicht mehr?
Es war noch nicht hell, vor dem Morgengrauen und dem üblichen Weckruf, als die Tür im Schlafraum der Garnison knarrend geöffnet wurde. »Aufwachen, Trenck!«
Der Druck eines Gewehrkolbens und die befehlende Stimme des Kommandanten rissen ihn kurz danach unbarmherzig aus
seinen Träumen. Er schrak hoch, sprang aus dem Bett und blickte den Uniformierten, der vor ihm stand, schlaftrunken an.
»Sie sind in Arrest, Trenck«, beschied dieser ihm trocken. »Ich soll Sie abführen! Ziehen Sie sich sofort an und kommen Sie mit.«
»In Arrest? Was soll der Unsinn!«, wehrte sich Trenck, der noch zu träumen glaubte. »Da muss eine Verwechslung vorliegen, ein Irrtum. Ich habe mich im Feld ausgezeichnet, bin erst ein paar Tage zurück. Ich will den König sprechen.«
»Wenn Sie der Freiherr Friedrich von der Trenck sind, ist es kein Irrtum«, sagte der Kommandant ohne Regung. »Der König persönlich hat diese Maßnahme angeordnet. Ein Befehl. Machen Sie jetzt keine Umstände.«
Er packte ihn am Arm, doch Trenck riss sich unwillig los. »Fassen Sie mich nicht an!« Er tat einen Schritt rückwärts und griff nach seinem Degen. Die Kameraden, gerade erwacht, verfolgten mit offenem Mund verblüfft das Geschehen.
»Ich würde Ihnen raten, sich zu fügen, Trenck«, gab ihm der Kommandant ruhig zu verstehen. »Draußen stehen meine Leute, gegen die Sie keine Chance haben. Sie sollten meiner Aufforderung jetzt unverzüglich und freiwillig Folge leisten.«
Trenck trat ans Fenster und sah hinaus. Fünfzig preußische Husaren warteten vor der Tür der Garnison. Er blickte den Kommandanten fragend an. »Und? Was wirft man mir denn vor?«
»Das werden Sie schon noch rechtzeitig erfahren. Und jetzt schicken Sie sich, ich habe nicht ewig Zeit.«
»Ich will es aber jetzt wissen«, brauste Trenck auf und fuhr in aller Eile in Hose und Uniformrock. »Sagen Sie mir sofort, welches Verbrechen ich angeblich begangen habe!«, brüllte er nun völlig außer sich. »Warum werde ich wie ein niedriger Delinquent, ohne Verhör, ohne Kriegsrecht, in Haft
genommen? Ohne Anklage – ohne dass mir jemand vorhält, was der Grund meines Arrests sein soll?«
»Mäßigen Sie sich!« Der Kommandant behielt seine eiserne Ruhe. »Ich führe nur den Befehl des Königs aus.«
Trenck fuhr herum und zog seinen Degen. »Des Königs? Warum? Was habe ich ihm denn getan?«
Es kam keine Antwort. Der Kommandant entwaffnete ihn mit einem Griff, und so beschloss er, sich vorerst in das Unvermeidliche zu schicken. Alles würde sich bestimmt bald aufklären. Er schob die Schultern zurück, nahm Haltung an und trat aus der Tür. Die verlegenen und abgewandten Mienen der Husaren, ihr Schweigen ließen ihn Schlimmes befürchten. »Wohin bringt man mich?«, fragte er, sich zur Ruhe zwingend, aber mit zitternden Lippen.
»Nach Glatz, in die Festung!« Der Kommandant befahl, ihm die Hände zu binden, eine Schmach, die er sich widerstandslos gefallen lassen musste. Aber er spürte, dass jeglicher Protest in diesem Moment sinnlos sein würde. Der böse Verdacht stieg in ihm auf, dass es nur um den Brief gehen könnte, den er vor ein paar Tagen von seinem Vetter, dem Panduren, erhalten hatte. Leutnant Jaschinsky hatte wahrscheinlich geschwatzt und dem König alles anders dargestellt, als es war.
»Sie können drei Pferde und Ihre Bediensteten mitnehmen«, unterbrach der Kommandant seine Überlegungen.
»Was ist mit meiner Equipage?«, fragte Trenck beunruhigt. »Und wer wird an meine Stelle treten?«
»Alles, was Sie an Equipage besitzen, können Sie getrost hier lassen. Ihre Stelle erhält der Fahnenjunker, Herr von Schätzel, jetziger Offizier der Kavallerie.« Mehr war aus dem Kommandanten nicht herauszubringen.
Niedergeschmettert von seinem plötzlichen Unglück, wurde Trenck in die Zitadelle von Glatz überführt, wo man ihn im Zimmer des wachhabenden Offiziers unterbrachte,
das manchen Komfort, aber vergitterte Fenster besaß. Sein Aufenthalt in der Festung begann unter einem schlechten Stern. Auch wenn er in der Folge im Vergleich mit den anderen Haftinsassen eine Sonderstellung einnahm, die einem Zimmerarrest glich, fühlte er sich wie ein Vogel mit gebrochenen Flügeln. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie lange und weswegen er kassiert worden war. Wut erfüllte ihn, sein Stolz war verletzt, er fühlte sich in seiner Ehre gekränkt. Wie einen Verbrecher hatte man ihn vor den Augen der gesamten Garde abgeführt. Warum sagte man ihm kein Wort zur Aufklärung – warum war es ihm nicht möglich, sich zu verteidigen? Mit dem König zu sprechen und ihn zu fragen, warum er hier war, was gegen ihn vorlag? Er klammerte sich an den Gedanken eines Missverständnisses, einer hässlichen Intrige.
Doch je mehr Zeit verrann, ohne dass etwas geschah, umso ungeduldiger wurde er. Da nützte es wenig, dass er in der Festung frei herumspazieren und seine Bediensteten behalten durfte. Dass er jede Annehmlichkeit genoss und sich gutes Essen und Wein bringen lassen konnte, so viel er wollte. Das Einzige, das ihn tröstete und einigermaßen aufrecht hielt, waren die Briefe Amalies, die ein junger Offizier seines Vertrauens ihm brachte. Auch Amalie war verzweifelt und hatte von ihrem königlichen Bruder anscheinend nur herausbekommen können, dass man ihn verleumdete. Aber so wie es aussah, war er wohl strikt gegen ihre Verbindung. Trenck verzehrte sich nach Amalie, nach ihrer Zärtlichkeit, ihrer Liebe – und nach seiner Freiheit. Briefe allein konnten seine Sehnsucht nach ihr nicht stillen, sondern heizten sie noch mehr an. Warum war ihm die Gunst des Königs mitten in seiner ehrgeizigen Laufbahn, der glänzenden Zukunft, die er erträumte, so plötzlich entzogen worden? Mit seinem hitzigen Temperament machte Trenck nicht selten seiner Wut Luft, indem er Gläser am Boden zerschellen ließ oder mit den Fäusten gegen die Wand trommelte, bis sie schmerzten. Die Tage
nahmen kein Ende, wenn er schlecht gelaunt im Zimmer des wachhabenden Offiziers und seiner Kameraden bei Kartenspiel und Wein saß.
Wie er schnell feststellte, waren die Offiziere der Festung alle »Arme Ritter« und litten an ständigem Geldmangel. Als reicher Arrestant konnte er sich daher alle benötigten Dienste erkaufen. Jeden Abend richtete er eine große Tafel aus, zu denen er die Offiziere der Festung einlud, die zum größten Teil seine Freunde geworden waren. Doch all das befriedigte ihn auf die Dauer nicht. Nach wie vor war es ihm ein ungelöstes Rätsel, was man ihm wirklich vorwarf. Es verlangte ihn danach, seine Ehre wiederherzustellen, und er legte sich in Gedanken alle Möglichkeiten zurecht. Ging es tatsächlich um den Brief seines Vetters, des Panduren – um dessen Testament, mit dem er ihn als Erben eingesetzt hatte? Beschuldigte man ihn, mit seinem Vetter korrespondiert und Landesverrat betrieben zu haben? Es war leider zu unvorsichtig gewesen, seinen Brief überall herumzuzeigen, statt ihn gleich ins Feuer zu werfen. Irgendjemand aus der Runde musste ihn in falscher Weise angeschwärzt und sein Verhalten falsch ausgelegt haben. Und das konnte nur Leutnant Jaschinsky gewesen sein, denn wenn er, Trenck, in Arrest saß, brauchte Jaschinsky ihm seine Schulden, die geliehenen vierhundert Dukaten, nicht mehr zurückzuzahlen. Oder war es Amalies wegen? War etwas von ihrer gemeinsamen Liebschaft, den verstohlenen Nächten, zum König gedrungen? Hatte er dies als Majestätsbeleidigung gesehen? Aber so etwas hätte Amalie ihn sicher wissen lassen.
Auf derselben Etage in der Festung saß in einer Zelle ein Leidensgenosse aus einem Husarenregiment, ein gewisser Rittmeister von Manger. Der Ärmste war sogar für zehn Jahre in Arrest gestellt und befand sich sichtlich in einer noch schlimmeren Lage, denn er war gezwungen, mit vier Reichstalern monatlich auszukommen. Der Mann tat Trenck leid. Er freundete sich
mit ihm an und steckte ihm hin und wieder ein paar Dukaten zu. Gemeinsam beklagten sie ihr Schicksal, und Trenck bestach die Wachhabenden, damit der Rittmeister an seinen abendlichen Diners teilnehmen durfte.
»He, Trenck! Die Tafel ist gerichtet.« Der wachhabende Leutnant Piaschky war zu ihm getreten und sah ihm über die Schulter. Trenck legte rasch die Feder beiseite, mit der er gerade einen neuen Brief an König Friedrich verfasste, und schob ihn in seine Mappe. Er hatte bereits ein Dutzend Schreiben an ihn abgesandt und darin seinem Unmut und seiner Empörung Luft gemacht. Um Gnade hatte er jedoch noch nie gebeten. Bisher war keine einzige Antwort gekommen, obwohl es jetzt schon fünf Monate her waren, dass er in der Festung schmachtete – fünf unnütze Monate der Freiheitsberaubung, die er mit zäher Langeweile, in Hoffen und Bangen und schließlich in stiller und zunehmender Wut verbracht hatte.
»Schiebt noch einen Stuhl mehr an den Tisch!«, bestimmte Trenck. »Und holt mir auch den Rittmeister von Manger aus der Zelle. Der arme Teufel hat ja kaum was zu beißen.«
»Wird gemacht!« Der Fahnenjunker nahm die Schlüssel für die Zelle und holte den Rittmeister an die Tafel.
»Ich danke Ihnen von Herzen, lieber Trenck!« Manger trank gierig ein Glas des guten Weines, das ein Bediensteter ihm reichte, in einem Zug aus. »Sie sind so großmütig!« Lächelnd sah er zu seinem Wohltäter auf. »Ohne Sie wäre ich längst in meiner Zelle verrückt geworden. Mit Ihnen ist die Hoffnung wieder eingekehrt. Und vielleicht können wir ja alle bald wieder die Luft der Freiheit schnuppern.«
»Was meinen Sie damit, Rittmeister?«, fragte Trenck.
Leutnant Piaschky warf seinem Kameraden Reitz einen einverständlichen Blick zu. »Er meint«, ergriff Piaschky vorsichtig das Wort, »dass es Zeit wäre, sich Gedanken um die Zukunft zu machen. Es hat Fälle gegeben, bei denen Inhaftierte erfolgreich aus der Festung ausgebrochen sind. Man konnte sie nie wieder aufgreifen. Allerdings bedarf es zu solcher Unternehmung großer Geschicklichkeit und der Loyalität guter Leute, die die Wege und die Umstände kennen.«
»Warum sollte ich ausbrechen? Meine Zukunft ist sicher, denn mein Fall wird sich bestimmt bald aufklären!« Trenck warf mit falscher Zuversicht den Kopf in den Nacken. »Ich bin unschuldig festgesetzt.«
»Unschuldig sind wir alle«, warf Manger sarkastisch ein. »Jedenfalls glauben wir es.«
»Lieber Trenck«, mischte sich Leutnant Piaschky jetzt mit gespielter Empörung ein. »Natürlich bin auch ich der Meinung, dass man die Hoffnung nicht so schnell aufgeben sollte. Aber immerhin sind Sie jetzt bereits ein halbes Jahr hier und wissen immer noch nicht, warum. Ist Ihnen denn nie der Gedanke gekommen, einfach abzuhauen – ein neues Leben zu beginnen?« Er grinste ihn mit vom Wein geröteten Gesicht an. »In besseren Diensten? Wir würden Ihnen helfen – natürlich nicht nur aus reiner Freundschaft.« Er sah zu Reitz hinüber, der bestätigend nickte.
»Wir haben uns alles gut überlegt. Und würden natürlich mit Ihnen kommen«, stimmte dieser eifrig ein. »Wenn Sie uns genügend Geld und eine günstige Position bei den Österreichern garantieren könnten.«
Erklärend setzte der Leutnant hinzu: »Wir haben schon lange genug von unserem Dienst in der Festung. Wegen irgendwelcher Kleinigkeiten sind wir strafversetzt. Das ist genauso gut wie eingesperrt. Und dazu gibt es noch einen solchen Hungerlohn, von dem man kaum leben und sterben kann.«
Er zog bedeutungsvoll die Augenbrauen hoch. »Überlegen Sie es sich gut, Trenck. Und denken Sie daran, dass Sie sich hundertprozentig auf uns verlassen können. Einer für alle, alle für einen!«
»Ich weiß nicht recht.« Trenck sah ihn zweifelnd an. »Ausbrechen! Wozu und wohin?«
»Na, das müssten Sie doch besser wissen, mein Freund. Man munkelt, Sie hätten einflussreiche Verwandte bei den Österreichern«, platzte Manger mit einem verschlagenen Ausdruck heraus. »Die würden Sie wahrscheinlich mit Glanz und Gloria aufnehmen, oder nicht? Ihr Vetter, der schwerreiche Pandur, soll Sie doch jetzt schon als seinen Erben eingesetzt haben. Sein Besitz an Ländereien und Gold muss ja unermesslich sein.«
»Woher wissen Sie denn davon?« Trenck sah ihn scharf an.
»Oh«, wich Manger geschickt aus, »man erzählt sich hier so allerlei über Sie und Ihr Schicksal.« Der Leutnant und der Fahnenjunker stimmten beide gleichzeitig zu.
Trenck fuhr auf. »Gerüchte, nichts als Gerüchte. Ich habe meinem König, dem ich alles im Leben verdanke, Treue geschworen. Er hat ein gutes Herz, davon bin ich überzeugt.« Er stockte und sah geistesabwesend in die Ferne. »Der Irrtum meiner Haft wird sich bald herausstellen und er wird mich freilassen.« Tränen waren in seine Augen getreten.
Der Leutnant konnte ein leises Auflachen nicht unterdrücken. »Das glauben auch nur Sie. Im schlimmsten Fall werden Sie hier erst rauskommen, wenn Sie halb verschimmelt sind.«
Trenck sah ihn zornig an. »Das wäre ungerecht und schändlich.« Er fuhr mit brüchiger Stimme fort: »Ich glaube fest daran, dass so etwas niemals geschehen wird. Wieso sollte das Schicksal mich so ungerecht behandeln?« Er seufzte tief auf, nahm ein Glas Wein und trank es hastig aus. »Aber es ist wahr. Mir ist, als renne ich ständig mit dem Kopf gegen eine Wand, um
herauszufinden, was König Friedrich gegen mich hat.« Er wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Aber lassen wir das. Ich will jetzt nichts mehr davon hören. Flucht wäre feige. Ich würde damit eine Schuld eingestehen, die ich nicht habe, und meinen Feinden recht geben. Lasst uns auf eine bessere Zukunft trinken!« Er schenkte neu ein und hob sein Glas. In diesem Augenblick wurde der Braten aufgetragen, der köstliche Düfte verbreitete. Der Tisch war von den Bediensteten Trencks schon gedeckt worden, Gläser für verschiedene Getränke standen bereit, Schüsseln mit feinen Gemüsen und eine Dessertplatte mit Kompott und kandierten Früchten wurden auf die provisorische Anrichte gestellt. Die beiden Wachhabenden schnupperten erfreut und setzten sich an einen vorbereiteten Extratisch. Rittmeister von Manger und die Offiziere griffen tüchtig und mit großem Appetit zu. Trenck hatte nur wenig Hunger und stocherte in den Speisen. An leiblichen Genüssen fehlte es ihm in der Tat nicht, er hatte hier alles – nur nicht seine Freiheit, das höchste Gut, wie ihm schien.
»Wie könnte man es denn überhaupt bewerkstelligen, aus der Festung zu entkommen?«, kam Trenck dennoch nach dem Essen auf das Thema zurück. Genügend Champagner hatte ihm die Zunge gelockert. »Ich meine, rein theoretisch.«
»Santé.« Piaschky trank ihm zu. »Rein theoretisch ist ein Entkommen unmöglich. Aber in der Praxis gäbe es sicher mehrere Möglichkeiten.«
»Und die wären?«, fragte Trenck und leerte ein neues Glas.
»Vor allem ist es eine Geldfrage. So eine gut organisierte Flucht ist natürlich nicht gerade billig«, der Leutnant sah ihn lauernd an, »aber an Geld fehlt es Ihnen ja nicht, scheint mir. Ihr Vetter, der Pandur …«
»Sprechen Sie mir nicht dauernd von meinem Vetter«, fuhr Trenck auf, dem das Blut schon allein bei dessen Erwähnung ins
Gesicht stieg. »Ich habe mit ihm nichts zu tun. Ich kämpfe nur für Preußen, für König Friedrich!«
»Ha, ha!« Reitz, der Fahnenjunker, stieß ein meckerndes Lachen aus. »Wenn Sie auf den hoffen, können wir die Sache gleich vergessen. Ihr verehrter König pfeift doch auf Sie, Trenck. Haben Sie das immer noch nicht kapiert?«
Trenck biss die Zähne zusammen, sodass die Kinnbacken sich auf seinem schmaler gewordenen Gesicht deutlich abzeichneten. Seine aufgestauten Gefühle legten sich wie ein Ring um seine Brust und stiegen in ihm hoch, bereit zu einer befreienden Explosion. Er hatte den Wunsch, im nächsten Moment mit der Faust auf den Tisch zu hauen, mitten in das Geschirr, die Teller und Gläser hinein. Doch er beherrschte sich im letzten Augenblick und blieb stumm.
»König Friedrich provoziert Sie doch. Er zwingt Sie ja förmlich dazu, überzulaufen und in die Dienste Maria Theresias einzutreten!«, fuhr Leutnant Piaschky fort, genüsslich mit vollem Mund kauend. Die Soße lief ihm dabei über das Kinn. »Ich an Ihrer Stelle würde es übrigens sofort tun.«
»Ich auch«, ließ sich der Fahnenjunker hören. »Lieber heute als morgen. Die Österreicher sollen sowieso besseren Sold zahlen.«
»Unsinn!« Trenck schüttelte den Kopf. »Was soll ich bei meinem Vetter in Österreich? Wir sind zwangsweise Feinde. Und es war auch nie die Frage, dass er mich in seine Dienste nimmt.«
»Nun, das könnte man doch leicht feststellen.« Der Leutnant ließ sich eine weitere Scheibe des saftigen Bratens herunterschneiden und nahm ein paar Gabeln der jungen Erbsen. Dann erst blickte er von seinem Teller auf. »Holen Sie eine Auskunft ein. Schreiben Sie ihm einen Brief und fragen Sie, ob Sie und ein paar Freunde in Österreich willkommen wären. Wir würden das geheime Papier schon sorgsam expedieren.«
»Das kann ich nicht tun!«, stieß Trenck hervor. Er warf die Serviette auf den Tisch, stand auf und ging mit Riesenschritten im Zimmer auf und ab. »Meinen Vetter um so etwas zu bitten, wäre Hochverrat! Ich würde nicht einmal im Traum daran denken.«
»Wieso denn nicht? Was haben Sie schon groß zu verlieren? Die Ehre hat man Ihnen ja schon genommen. Der Arrest in der Glatzer Festung wird für immer ein schwarzer Fleck auf Ihrer weißen Weste sein«, stichelte der Leutnant weiter.
Trenck wanderte in Gedanken versunken durch den Raum. Dann blieb er abrupt vor Piaschky stehen. »Im Grunde haben Sie ja recht.« Er atmete heftig. »Meine Ehre hat man mir genommen, das Wichtigste, was ich hatte.« Ein kurzes Schweigen trat bei diesen Worten ein, alle schienen abzuwarten und vergaßen beinahe weiterzuessen.
»Ihr würdet mir also helfen zu fliehen, wenn ich euch einen Posten in Österreich verschaffte?«, stieß Trenck so krampfhaft hervor, als bereite ihm dieser Gedanke große Pein.
Darauf hatten die beiden Wachhabenden nur gewartet. »Wenn ein solcher Posten uns genug einbringt, jederzeit.«
»Ich wäre auch dabei«, fiel Rittmeister von Manger ein. »Egal, wie es ausgeht. Zehn Jahre sind eine lange Zeit in diesen Mauern. Ich will endlich hier raus. Und wenn ich nach China auswandern müsste.«
Trenck überlegte eine Weile. Dann begann er zögernd: »Aber wie sollte so etwas gehen? Ich meine, wie kämen wir aus der Festung?«
»Lassen Sie das mal unsere Sorge sein.« Piaschky blinzelte ihm zu. »Wir haben da unsere Mittel. Auf jeden Fall bräuchten wir tausend Dukaten – für jeden von uns. Und eine schriftliche Garantie, dass Sie uns einen Posten in der österreichischen Armee verschaffen.«
»Nun, wir werden sehen«, sagte Trenck ausweichend. Er wusste, was ein solches Dokument bedeutete, wenn es in falsche Hände fiel. »Das Geld könnte ich beschaffen. Aber ich muss die Sache noch einmal überschlafen.«
»Wie Sie wollen, Trenck«, sagte der Leutnant. »Aber überlegen Sie nicht zu lange. Wenn wir hier versetzt werden, ist unser ganzer Plan für die Katz.«
Trenck nickte mit gesenktem Kopf. Er seufzte tief auf.
Warum tat man ihm auch ein solches Unrecht an! Zwang ihn, sich mit etwas so Unehrenhaftem wie Flucht, wie Überlaufen zum Feind zu befassen! Dem König mussten Verrat und Konspiration als schändliches Verbrechen erscheinen, das die härteste Strafe verdiente. Wahrscheinlich glaubte er allen Ernstes, dass er sich dessen schuldig gemacht hatte. Aber was sollte er tun, wenn man ihn nicht einmal anhörte? Für ihn gab es keine Gelegenheit, sich zu verteidigen, geschweige denn, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Hilflose Wut über seine Haft und gegen den König stiegen erneut in ihm auf.
Am nächsten Morgen, nachdem er die Nacht über gegrübelt hatte, setzte er sich schweren Herzens an sein Schreibpult und schrieb einen Brief an seinen Vetter, den Panduren. Würde er ihn aufnehmen, wenn er sich zur Flucht entschloss?