Charlie in SPO | Dienstag, den 05. September
Charlie war bei weitem nicht so gut gelaunt wie Knud, als sie sich am Morgen in der Polizeistation trafen. Sie hatte am Abend einen langen Spaziergang durch das Watt gemacht. Nach einem Glas Rotwein war sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefallen. Sie fühlte sich ausgeruht, aber nicht zufrieden mit den Ermittlungsergebnissen der letzten Tage.
„Es bringt nichts, so streng mit sich selbst zu sein, Charlotte. Lassen Sie uns einmal alles zusammenfassen, was wir bisher herausgefunden haben.“
„Das kann ja nicht lange dauern, und was machen wir dann? Ist der Laptop endlich aus der KTU zurück?“
„Es ist erst Dienstagmorgen. Die sind dort auch wie immer unterbesetzt. Mit Glück kommt er heute am Nachmittag.“ Charlie gähnte.
„Sie brauchen dringend etwas Kaffee. Ich werde Ihnen einen extra großen Pott befüllen. Dann wird Ihre Laune sich bestimmt verbessern.“
„Sie Optimist!“ Sie sah Knud wieder grienen als er sich auf den Weg in die Küche machte. Es war angenehm, mit ihm zu arbeiten. Sie fühlte sich in seiner Gesellschaft immer wohler. Außerdem war er ein guter Polizist. Während sie sich gestern zu sehr auf Hentschel und Schwertfegers Vergangenheit konzentriert hatte, blieb Knud bei der Forschung. Lag darin das Mordmotiv?
Als ihr neuer Kollege mit dem größten Becher, den er auftreiben konnte, wieder im Büro erschien, verbesserte sich ihre Laune tatsächlich ein wenig.
„Sie haben Recht. Lassen Sie uns alle bisherigen Ergebnisse und Spuren zusammenfassen. Daraus werden sich neue Fragen sowie Handlungsoptionen ergeben.“
„Sehen Sie, es funktioniert. Ein Pott Kaffee lässt Ihre Stimmung bereits aus der Ferne steigen“, neckte er sie ein wenig.
„Her damit. Kann nur besser werden.“
Schon der erste Schluck war eine Wohltat. Knud postierte sich derweil neben dem Whiteboard. Mit Stiften in allen Farben bewaffnet, sah er sie erwartungsvoll an.
„Wünschen Sie eine bestimmte Struktur?“
„Hhm, schreiben Sie erst einmal Schwertfeger oben in der Mitte auf.“
Knud tat wie ihm geheißen. Charlie widmete sich wieder ihrem köstlichen Gebräu. Beim nächsten Blick zur Tafel prustete sie los.
„Knud, ist das eine fremde Sprache? Nordfriesisch vielleicht? Geben Sie sich einmal ein bisschen Mühe. Das kann ja kein Schwein lesen.“
„Ich fürchte, da wird Mühe nichts nützen.“
„Dann lassen Sie mich schreiben. Mal ehrlich, können Sie das selber lesen?“
Knud trat einen Schritt zurück, um sein Werk mit etwas Abstand zu betrachten. Schon wieder griente er. Das mochte Charlie ganz besonders an ihm: Diese Ausgeglichenheit. Andere hätten sich angegriffen gefühlt und losgepoltert. Knud blieb lächelnd die Ruhe selbst.
„Wenn ich nicht wüsste, was es heißen soll?“
„Ja.“
„Schwer zu sagen. Vielleicht sollten Sie lieber an die Tafel gehen.“
Ergeben stand Charlie auf und tat wie geheißen. Sie nahm den Wischer von der Ablage, kam aber gar nicht hoch genug, um Knuds Gekritzel auszulöschen.
„Na, toll! Wer hat denn dieses Whiteboard montiert? Ist es wenigstens höhenverstellbar?“
Gerade hatte Charlie Knuds Ruhe bewundert, doch sie selbst schaffte es nicht.
„So modern sind wir leider nicht. Genau genommen hat dafür das Budget nicht gereicht.“
„Dann müssen Sie es doch mit mehr Mühe versuchen. Schreiben Sie jeden Buchstaben einzeln, nicht diese Schreibschrift, die zu einer Sauklaue mutiert ist.“
„Jetzt lassen Sie aber den Frust über Ihre Körpergröße an mir aus. Das tut mir auch weh“, tat Knud beleidigt. Charlie warf ihm einen kritischen Blick zu. Er veräppelte sie doch, 0der?
„Ich bin nicht über meine 1,58m frustriert, sondern weil bestimmt ein 1,90m-großer Mann das hier aufgehängt hat. Also gebe ich Ihnen jetzt, Kaffee trinkend, Anweisungen während Sie auf die Tafel schreiben.“
„Ja, Boss!“
„Verarschen Sie mich nicht!“ Charlie tat, als wollte sie einen Apfel nach ihm werfen. „Schreiben Sie! Fangen wir mit dem Thema Frauen an. Was wissen wir darüber? Schwertfegers große Liebe hat ihn verlassen. Wie lange das her ist, wissen wir nicht. Kann darin ein Mordmotiv liegen? Wohl kaum.
Als sie Knuds Stichworte dazu sah, war sie begeistert. „Geht doch! Sie können es. Gehören Sie etwa zu den Männern, die das, worauf sie keine Lust haben, erst einmal vermasseln, damit es ihnen abgenommen wird?“
„Kein Kommentar!“
Diesmal grinste Charlie. „Also, was sagen Sie zu dieser Liebesgeschichte? Sie waren doch so begeistert, als wir den Brief im Turm gefunden haben.“
„Fällt mir im Moment nicht mehr dazu ein. Wir sammeln erst einmal. Dann schauen wir uns das Gesamtbild an.“
Charlie nickte. „Also gut. Ob es weitere Frauen gab, bevor er nach Westerhever kam, wissen wir nicht. Irgendetwas verheimlicht uns Liesenfeld. Den sollten wir in ein paar Tagen noch einmal befragen. Notieren Sie das auf der rechten Seite. Dann folgte die Beinahe-Affäre mit Marina Lessing. Was halten sie davon?“
„Zwei einsame Herzen, die sich zufällig trafen“, kommentierte Knud nordisch knapp.
„Doch warum zog er sich so plötzlich zurück? Eine andere Frau? Immerhin war er nach dieser Liaison untypisch übellaunig, ja sogar ungerecht. Das weist nicht gerade auf eine glückliche Zeit hin.“
Nickend beschrieb Knud das Board.
„Mit dem Stichwort Liebe bzw. Frauen kommen wir nicht weiter. Ich sehe da keine Ansatzpunkte.“
Charlie war der gleichen Meinung. „Setzen wir mit dem Thema Karriere fort. Im Mittelpunkt steht seine überdurchschnittliche Intelligenz kombiniert mit der großartigen Ausbildung, die dann in der außergewöhnlich ambitionierten Forschung mündet.“
„Ich hätte es nicht besser zusammenfassen können“, meldete sich Knud zu Wort.
Er war heute in einer seltsamen Stimmung. Charlie war gespannt, wohin das führte. „Danke“, entgegnete sie trocken. „Diesen Karriereknick finde ich merkwürdig. Da steckt mehr dahinter. Auch dazu weiß Liesenfeld mehr, da bin ich sicher. Fragt sich, ob wir diese Informationen ebenso von einer anderen Stelle bekommen. Machen Sie noch eine Notiz. Die Frage ist: Liegt in der Forschung ein Mordmotiv? Wir müssen herausfinden, wer außerdem an diesem Thema dran ist. Das ist ja sehr wahrscheinlich. Immerhin ist es ein großes Problem. Stellen Sie sich vor, Sie finden eine Lösung. Das würde nicht nur Ruhm und Ehre, sondern auch richtig viel Kohle bringen.“
Charlie dachte über das eben Gesagte nach, während Knud mit den Aufzeichnungen beschäftigt war.
War Liesenfeld überhaupt in der Lage zu beurteilen, wie qualitativ Schwertfegers Forschungsergebnisse waren? Er schien ein absoluter Fan zu sein. Doch woher wusste er, ob es sich tatsächlich um Qualität handelte? 
„Wir müssen an Schwertfegers Daten herankommen und ein Institut finden, das sie interpretieren sowie beurteilen kann.“
„Welche Daten?“
„Schwertfegers Forschung. Vielleicht war er gar nicht so toll, wie alle glauben. Was, wenn er ein Hochstapler war?“
„Interessanter Gedanke. Halten Sie das für wahrscheinlich?“
„Ehrlich? Ich habe keine Ahnung, irgendwie stochern wir im Nebel. Aber lassen Sie uns weiter alles aufschreiben, was uns in den Sinn kommt.“
„Ich schlage vor, alle Infos zu Hentschel unter einem separaten Punkt zu sammeln.“ Als Charlie nickte, fuhr er fort: „Schwertfeger klaut ihm den Job. Zumindest ist das seine Ansicht. Wenn man dem Vorsitzenden des Vereins glaubt, hatte Hentschel ja nie eine Chance auf den Posten des Leitenden, aber sei´s drum. Bleiben wir bei Hentschel. Schwertfeger taucht aus dem Nichts auf. Obwohl er lange daraufhin gearbeitet hat, verpasst er die Beförderung – und das, nachdem ihm vor einigen Jahren die Frau ausgespannt wurde. Hentschel ist frustriert. Für die Mordnacht kann er ein geradezu perfektes Alibi vorweisen.“ Knud war richtig in Fahrt gekommen. „Ihre Idee mit dem Auftragsmord finde ich gar nicht so abwegig.“
Charlie wiegte den Kopf hin und her. „Irgendwas stört mich daran, aber fragen Sie mich nicht, was. Schreiben Sie es auf jeden Fall auf.“ Sie wartete einen Moment, bis er es erledigt hatte, dann brachte sie einen neuen Gedanken ins Spiel: „Was, wenn Hentschel die Daten geklaut hat? Angenommen die Forschung ist so großartig, wie Liesenfeld vermutet. Wenn schon wertvolle Ergebnisse vorliegen, bringt der Verkauf bestimmt ein ordentliches Sümmchen – für Hentschel die perfekte Entschädigung.“
Knud hörte aufmerksam zu. „Doch wie passt dann der Mord ins Bild?“
„Schwertfeger hat seine Daten gehütet wie eine Glucke ihre Küken. Bei dem Toten wurden keine Wertsachen gefunden: Schlüssel, Handy, alles weg.“
Aufgeregt fiel Knud ihr ins Wort: „Sie meinen, Hentschel engagiert einen Mörder, der gleichzeitig die Daten beschafft, während er auf Exkursion unterwegs ist, die ihm ein perfektes Alibi gibt.“
„Wäre doch möglich.“
„Wir landen immer wieder bei Hentschel. Sollen wir uns mit ihm auch noch einmal unterhalten?“
„Ja, aber nicht sofort. Dafür brauchen wir eine ausgefeilte Strategie. Er darf auf keinen Fall vermuten, unser Hauptverdächtiger zu sein.“
„Was mir gerade einfällt - vielleicht hat Schwertfeger im Sommer einen Rückschlag mit seiner Forschung erlitten.
Wann hat er das Techtelmechtel mit der Lessing beendet?“ „Das habe ich mir aufgeschrieben. Warten Sie“, sie blätterte in ihren Notizen „Da habe ich es: Mitte Mai.“
„Mitte Mai. Es gab ja keinen offensichtlichen Grund, einen Streit, oder so. Er zieht sich plötzlich zurück, ist mies gelaunt und wird sogar ungerecht. Ein Zusammenhang mit seinem Lebenswerk wäre doch möglich.“
„Ja, aber wohin führt uns dieser Gedanke?“ Charlie war wie immer kritisch.
„Das weiß ich nicht. Lassen Sie sich darauf ein. Schwertfeger behandelt Hentschel noch schlechter ...“
„Wir landen wieder bei Hentschel? Kann der Weg auch in eine andere Richtung führen?“
„Gute Frage“, antwortete Knud leicht ausgebremst in seiner Euphorie über den neuen Gedanken. „Aber Hentschel und Schwertfeger haben nach meiner Meinung einen zentralen Konflikt in diesem Szenario. Vielleicht gab es eine Dreiecksgeschichte. Was wäre, wenn Schwertfeger Hentschel auch in dieser Hinsicht noch einmal dazwischengefunkt hat. Hentschel lernt eine Frau kennen, es entwickelt sich etwas und Schwertfeger spannt sie ihm aus. Das würde das Fass zum Überlaufen bringen.“
Charlie war skeptisch. „Tja, wir sollten nichts abtun. Notieren Sie es auf unserer To-do-Liste. Befragen wir doch Katharina Schumacher dazu. Jetzt wird sich der erste Schock gelegt haben. Neulich war sie ja wie ein aufgeschrecktes Huhn. Vielleicht kann sie mehr zu dem Fall beitragen, wenn sie ruhiger geworden ist.“
Sich streckend warf Charlie einen Blick in ihren leeren Kaffeepott .
„Lassen Sie uns kurz pausieren. Ich brauche definitiv Nachschub“, schwenkend hielt sie den Becher in die Höhe. „Danach tragen wir die letzten Punkte zusammen und erstellen einen Plan für den morgigen Tag.“
Knud nahm sich der Kaffeeversorgung an. Charlie öffnete eins der großen Fenster, um die frische Nordseeluft in das Büro strömen zu lassen. Der Wind wehte stärker als an den vergangenen Tagen. Plötzlich hatte sie große Lust, den Fall für ein paar Stunden an die Seite zu schieben. Heute Mittag war Hochwasser. Charlie stellte sich die tosenden Wellen vor, wie sie an das Ufer brandeten, um hier oder dort ein wenig Strandgut zu hinterlassen. Vielleicht sollten sie wirklich die Mittagspause an der Wasserkante verbringen, um sich den Kopf richtig freipusten zu lassen. Nicht selten brachte das den Durchbruch in einem Fall. 
Knud kam mit dem dampfenden Kaffee zurück in das Büro.  „Na, da weht ja eine frische Brise heute. Sie müssten sich eigentlich einmal anschauen, wie rau die Nordsee bei solchem Wetter ist.“
„Gerade beschlossen. Ich hatte denselben Gedanken. Wir beenden unsere Arbeit hier an dem Whiteboard. Weitere Ideen entwickeln wir während eines Spaziergangs.“
Knud schien überrascht, anscheinend war seine Bemerkung nicht so ernst gemeint, doch dann nickte er zustimmend. „So machen wir es!“
Charlie nahm einen großen Schluck. Schließlich nutzte sie die kurze Unterbrechung für einige Lockerungsübungen. Als sie das Fenster schloss, stand Knud bereits wieder an der Tafel, um sein Werk zu vollenden.
„Was ist mit Harald Burchardt, dem toten Wattwanderer, der zwischen Amrum und Föhr gefunden wurde? Lohnt es sich diese Spur weiterzuverfolgen?“
„Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass es sich dabei um eine Spur handelt. Eher um eine Sackgasse. Burchardt hat weder einen Schlag auf den Schädel erhalten, noch sind ihm alle Wertsachen entwendet worden. Im Gegensatz zu Schwertfeger hatte der arme Mann einfach nur Pech. Er bekommt einen Schwächeanfall, fällt um, um anschließend in einem Priel zu ertrinken. Ging wahrscheinlich alles schnell. Zumindest hat er nicht versucht, sein Handy aus der Tasche zu ziehen.“ Charlie blätterte wieder in ihren Notizen. „Das ist im Grunde alles zu dem Fall. Nach meiner Meinung sollten wir da keine Energie hineinstecken.“
„Okay“, stimmte Knud zu. „Bleiben die Urlauber, die mit Schwertfeger eine Wattwanderung unternommen haben. Vermutlich war der Mörder nicht dabei, aber vielleicht finden wir etwas über Schwertfeger heraus, was uns die Menschen von hier nicht sagen wollen.“
„Keine schlechte Idee“, kommentierte die Kommissarin den Vorschlag. „Das nehmen wir am Nachmittag in Angriff, wenn wir von unserer kleinen Strandwanderung zurück sind. Vielleicht ist die Lessing ja heute kooperativ genug, um uns einen Gastzugang für ihr Netzwerk zur Verfügung zu stellen.“
Als sie mit einem Fischbrötchen bewaffnet am Strand ankamen, hatte der Wind weiter zugenommen. Er zauste in Charlies Locken, was ein unerwartetes Glücksgefühl auslöste. Sie genoss das großzügig belegte Krabbenrundstück und vergaß dabei den exorbitanten Preis. Die Nordsee zeigte sich von ihrer rauen Seite, wie Charlie es vermutet hatte. In langen Wellen toste das Wasser auf den Strand. Ein paar Mal mussten sie sich schnell in Sicherheit bringen, um keine nassen Füße zu bekommen.
„Es scheint Ihnen zu gefallen, wenn es ein wenig stürmischer wird“, brach Knud das Schweigen.
„Ja, ich träume zwar immerzu davon, am Strand zu liegen, aber im Grunde genommen, ist mir das viel zu langweilig. Außerdem haben wir ihn so fast für uns allein. Gefällt mir besser.“ Einige Krabben drohten aus dem Brötchen zu fallen, so dass Charlie sich für einen Moment voll auf ihre nordische Spezialität konzentrierte. „Köstlich diese kleinen Scheißerchen“, meinte sie übermütig.
„Sie fangen an, ein Fan unseres Landstrichs zu werden. Wenn wir den Fall geklärt haben, wollen sie gar nicht mehr weg.“
„So weit ist es noch nicht“, grinste Charlie. „Aber wer weiß. In diesem Tempo habe ich ja viel Zeit, die verlockenden Details kennenzulernen.“
„Warum sind Sie nur immer so unzufrieden mit dem Stand der Ermittlungen. Heute ist erst Dienstag. Für den dritten Tag haben wir doch schon eine Menge herausbekommen.“ „Ich finde, wir treten auf der Stelle. Etwas wirklich Konkretes haben wir nicht.“ Vorbei war der magische Moment der Leichtigkeit. Charlie nahm den letzten Bissen. Genüsslich kauend beobachtete sie ein Schiff, das langsam am Horizont vorbeizog. Wieder kreischten einige Möwen.
„Oh, da haben wir ja Glück, dass die Aasgeier erst jetzt auftauchen“, kommentierte Knud die Schreie. Wohl ihren verständnislosen Blick bemerkend setzte er fort: „Die Möwen sind mittlerweile so dreist, einem das Brötchen aus der Hand zu entführen. Gerade freuen Sie sich auf Ihre kleine
Mahlzeit, da beißen Sie ins Leere.“
„Sie verarschen mich!“, entgegnete Charlie skeptisch.
„Ich bin jetzt Ihr Partner. Sie müssen Vertrauen aufbauen.“
„Na, das wird ja so bestimmt hervorragend klappen.“ Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihn in diesem Moment wieder von einem Ohr zum anderen vor sich hin grienen. „Sagen Sie mal, Knud. Was macht denn eigentlich Ihr schrulliger Hausmeister-Kumpel?“, wechselte sie das Thema. „Den haben wir ja schon lange nicht mehr gesehen. Er hat das Interesse am Polizei spielen wohl doch wieder verloren.“
„Wie nennen Sie Torge? Meinen schrulligen HausmeisterKumpel? Das klingt aber ganz schön respektlos.“
„Finden Sie?“
„Ja, allerdings! Torge gehört zu den Guten. Wenn Sie seine Sympathie gewinnen, können Sie alles von ihm bekommen. Ich habe selten einen so hilfsbereiten Menschen erlebt wie ihn. Leider verstehen das einige der Feriengäste nicht. Alles was Trulsen will, ist, mit Respekt behandelt zu werden. Dann rennt er für einen Sonderwunsch den ganzen Tag durch die Weiße Düne . Leider gibt es unter den Urlaubern immer wieder Idioten, die ihn nicht nur unfreundlich, sondern von oben herab behandeln. Da kann er nordisch stur werden und sie am langen Arm verhungern lassen.“ Knud musste offensichtlich erst einmal eine Pause einlegen. Charlie betrachtete ihn nachdenklich.
„Seine Hobbyermittlungen wird er fortsetzen. Geben Sie sich nicht der Hoffnung hin, ihn kurzfristig loszuwerden.“ Knuds Frohnatur gewann bereits wieder Oberhand. „Das kann unter Umständen sogar nützlich sein. Torge kennt auf Eiderstedt Gott und die Welt.“
„Aber wegen des Fernsehinterviews müssen wir ihn noch auf den Pott setzen.“
„Hhm.“
„Sind Sie etwa anderer Meinung?“, entrüstete sich Charlie. „Torge schlägt immer mal über die Stränge, aber er ist sich dessen bewusst. Zumindest im Nachhinein“, fügte Knud gut gelaunt hinzu. Charlie mochte diese schelmische Mischung aus Lächeln und Grinsen immer mehr. Knud setzte seine Ausführungen fort: „Er hat mich direkt nach dem Interview angerufen.“
„Na toll, da war das Kind ja schon in den Brunnen gefallen.“ Charlie erinnerte sich nur zu gut an den tobenden Anruf von Matthias.
„Aber Schaden angerichtet hat er ja nicht, oder? Vielleicht sind Sie nur sauer, weil er uns nicht nur einen Schritt voraus war, sondern sich auch noch perfekt in Szene gesetzt hat.“ Als Charlie schwieg, setzte Knud noch einmal nach. „Hätten Sie gerne vor der Kamera gestanden?“
„Machen Sie nur so weiter, wenn Sie es sich mit mir verscherzen wollen.“
Dieses Mal reichte Knud sein Grienen nicht aus, er fing lauthals an zu lachen. „Kommen Sie, wir gehen arbeiten. Ich schlage vor, Sie kümmern sich in der Weißen Düne um Ihren Gastzugang und gucken, ob Sie etwas von den Wattwanderern herausbekommen. Vielleicht treffen Sie ja auf meinen schrulligen Hausmeister-Kumpel“, musste er noch einmal sticheln. „Ich fahre derweil in die Polizeistation, um in Sachen Institute zu recherchieren, die mit der gleichen Forschung befasst sind, wie Schwertfeger es war. Was halten Sie davon?“
Eigentlich hätte Charlie die Ermittlungen lieber zusammen mit Knud fortgesetzt, mochte es aber nicht so deutlich sagen. Außerdem schien es, als wollte er noch etwas ohne sie erledigen. Also stimmte sie zu.