img

19. Lua

Ich saß im Wohnzimmer in eine Decke gewickelt und starrte in den Kamin. Sam und Stella waren in der Küche und bereiteten ein Abendessen vor, das ich nicht würde essen können.

Leider hatte mein Verstand sich für einen Moment aus seiner Taubheit befreit. Eigentlich hätte mir warm sein müssen. Im Kamin brannte ein behagliches Feuer, die Decke war kuschelig und ich trug eine warme Jogginghose und einen dicken Hoodie. Trotzdem fröstelte ich.

Caelum fehlte mir so sehr, dass der Schmerz über sein Verschwinden jede Faser meines Körpers in Beschlag nahm und sich dort eiskalt einnistete. Ich war mir sicher, dass nichts diese Kälte jemals wieder vertreiben könnte.

Voll von Verzweiflung und der Angst, was das Leben mit mir in Zukunft noch vorhatte, lenkte ich meinen Blick weg von dem Feuer und schaute durch die großen Fenster nach draußen. Der Wald begann wenige Meter hinter der Terrasse. Und genau dort am Waldrand entdeckte ich zwei riesige dunkle Augen, die mich durch die Scheibe betrachteten.

Sehr langsam stand ich auf. Sie waren wunderschön. Warm und neugierig blickten sie mich direkt an. Ich musste diese Augen einfangen, sie faszinierten mich, zogen mich auf unerklärliche Weise magisch an. Vorsichtig holte ich mein Handy aus der Tasche, um ein Foto zu machen. Es missglückte. Das Fenster spiegelte mich selbst.

Sie hatten mir alle immer und immer wieder gesagt, dass ich das Haus auf keinen Fall verlassen durfte. Nur hier war ich sicher. Warum, hatte ich nie verstanden, dazu hatte mich meine Wolke zu fest im Griff gehabt. Jetzt war es mir egal. Schließlich würde ich nicht mitten in den dunklen Wald laufen und die Terrasse war ja quasi noch Haus. Sehr leise und vorsichtig öffnete ich die Tür und trat ins Freie.

Als ich die Kamera an meinem Handy erneut öffnete, traf mich völlig unvermittelt ein riesiger Schwall Liebe. Ich hörte, wie mir ein leises Wimmern entfuhr. Langsam hob ich mein Handy. In dem Moment, in dem ich auf den Auslöser drückte, nahm ich plötzlich eine unfassbar böse und mächtige Präsenz wahr. Dann wurde alles schwarz.