5

»Schläft sie?«, fragte Vanion, als Sperber aus Ehlanas Schlafgemach zurückkehrte.

Sperber nickte. »Hat Lycheas Euch irgendetwas Brauchbares erzählt?«

»So einiges – das heißt, er hat hauptsächlich bestätigt, was wir bereits vermutet hatten«, erwiderte der Hochmeister. Sein Gesicht wirkte sorgenvoll, und immer noch war ihm anzumerken, welche Kraft es ihn gekostet hatte, die Schwerter der gefallenen Ritter zu tragen. »Graf Lenda«, fragte er, »sind die Gemächer der Königin vor Lauschern sicher? Ich möchte auf keinen Fall, dass etwas von dem, was Lycheas uns erzählt hat, an falsche Ohren gelangt.«

»Sie sind ausreichend vor Lauschern geschützt«, beruhigte ihn Lenda. »Außerdem würde die Anwesenheit Eurer Ritter auf dem Gang bestimmt jeden von ungebührlicher Neugier abhalten.«

Kalten und Ulath traten mit zufriedener Miene ein. »Lycheas hat heute einen sehr schlechten Tag«, bemerkte Kalten grinsend. »Als wir ihn zum Verlies zurückbrachten, plauderten Ulath und ich über einige Hinrichtungen, denen wir beigewohnt haben. Dass er auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden könnte, machte ihm am meisten Angst.«

»Und er fiel fast in Ohnmacht, als wir uns die Möglichkeit durch den Kopf gehen ließen, ihn auf der Folterbank zu strecken, bis er den Geist aufgibt«, flocht Ulath lachend ein. »Ach, übrigens, auf dem Rückweg hielten wir am Schlosstor an. Die Kirchensoldaten, die wir gefangen nahmen, sind jetzt dabei, das Tor zu reparieren.« Der hünenhafte Genidianer stellte seine Streitaxt in eine Ecke. »Einige Eurer Pandioner haben sich auf der Straße umgesehen, Hochmeister Vanion. Es hat ganz den Anschein, als wäre eine beachtliche Zahl von cimmurischen Bürgern untergetaucht.«

Vanion blickte ihn sichtlich verwirrt an.

»Es herrscht eine gewisse Nervosität«, erklärte Kalten. »Annias hat geraume Zeit das Zepter in der Stadt geschwungen, und es gibt immer Menschen, Edelleute wie gewöhnliche Untertanen, die ihr Fähnchen nach dem Wind hängen. So manche haben keine Mühe gescheut, sich bei dem guten Primas lieb Kind zu machen. Ihre Nachbarn wissen jedenfalls, wer dazu zählte, und es gab bereits so einige … Unfälle, wie ich hörte. Bei einem plötzlichen Machtwechsel wollen viele dem neuen Herrscher ihre Loyalität auf sichtbare Weise kundtun. Jedenfalls baumeln jetzt so manche am Hanfstrick, und diverse Häuser wurden in Brand gesteckt. Ulath und ich haben den Rittern den Rat erteilt, wenigstens den Brandstiftungen ein Ende zu machen. Feuer neigen dazu, sich auszubreiten, wie Ihr wisst.«

»Ich liebe Politik.« Tynian grinste.

»Gegen den Pöbel muss immer hart durchgegriffen werden«, rügte der Graf von Lenda. »Der Mob ist der Feind jeder Regierung.«

»Ach übrigens«, fragte Kalten Sperber neugierig, »hast du der Königin tatsächlich einen Antrag gemacht?«

»Es war ein Missverständnis.«

»Das dachte ich mir fast! Du gehörst nicht zu denen, die ihr Heil in der Ehe suchen. Sie wird dich jedoch festnageln, wenn mich nicht alles täuscht.«

»Mir wird schon etwas einfallen.«

»Dazu wünsche ich dir viel Glück. Aber um ganz ehrlich zu sein, viel Hoffnung sehe ich für dich nicht.«

»Habt Ihr Euch schon mit Ulath geeinigt, wer Lycheas beseitigen darf?«, beendete Tynian das fruchtlose Gespräch.

»Noch nicht.« Kalten bedachte den Thalesier mit einem misstrauischen Blick. »Ulath versucht, mich beim Würfeln hereinzulegen.«

»Hereinlegen?«, protestierte der Hüne mild.

»Ich habe einen Eurer Würfel gesehen, mein Freund. Er hatte vier Sechsen!«

»Das sind ein bisschen viele Sechsen«, bemerkte Tynian.

»Allerdings.« Kalten seufzte. »Aber um ehrlich zu sein, ich glaube nicht, dass Ehlana ihn wirklich hinrichten lassen wird. Er ist ein so jämmerlicher Dummkopf, dass sie es vermutlich nicht übers Herz bringt. Na ja«, er zuckte mit den Schultern, »bleibt immer noch Annias.«

»Und Martel«, erinnerte ihn Sperber.

»Oh ja! Bleibt immer noch Martel.«

»Wohin ist er eigentlich verschwunden, nachdem Wargun ihn aus Larium gejagt hat?«, fragte Sperber. »Ich halte mich gern auf dem Laufenden, was seinen Aufenthaltsort betrifft. Schließlich möchte ich nicht, dass er in Schwierigkeiten gerät.«

»Als wir ihn das letzte Mal sahen, zog er sich gen Osten zurück«, warf Tynian ein und rückte am Schulterteil seines schweren deiranischen Panzers.

»Osten?«

Tynian nickte. »Wir dachten, Martel würde sich südwärts, nach Umanthum, verziehen, erfuhren jedoch später, dass er nach dem Brandschatzen von Coombe seine Flotte nach Sarrinium verlegte – wahrscheinlich, weil Wargun die Arzische Meerenge durch Patrouillenboote sichern lässt. Er ist vermutlich inzwischen wieder in Rendor.«

Sperber schnallte seinen Schwertgürtel ab, legte ihn auf den Tisch und setzte sich.

»Was hat Lycheas Euch erzählt?«, fragte er Vanion.

»Ziemlich viel. Es war offensichtlich, dass er nicht alles weiß, was Annias tut, aber er hat beachtlich viel aufgeschnappt. Er ist gescheiter, als er aussieht.«

»Dümmer wäre auch gar nicht möglich«, brummte Kurik.

»Lycheas sagte, dass seine Mutter und Annias schon viele Jahre ein Paar waren«, berichtete Vanion, »und dass Annias Arissa riet, ihren Bruder zu verführen. Er hatte eine obskure Kirchendoktrin ausgegraben, die anscheinend eine Ehe zwischen ihnen zuließe.«

»Eine solche Obszönität würde die Kirche nie gestatten«, erklärte Ritter Bevier entrüstet.

»Die Kirche hat in ihrer Geschichte vieles getan, was sich nicht mit der heutigen Moralvorstellung vereinbaren lässt, Bevier«, sagte Vanion. »Annias sagte sich, dass Aldreas ein schwächlicher König sei und Arissa die tatsächliche Herrschaft ausüben würde, wenn sie sich mit ihm vermählte. Und da Annias Arissa mehr oder weniger unter Kontrolle hatte, würde er es sein, der die eigentlichen Entscheidungen traf. Zunächst schien ihm das zu genügen, doch dann ging sein Ehrgeiz mit ihm durch. Er liebäugelte mit dem Erzprälatenthron in Chyrellos. Das war vor etwa zwanzig Jahren, schätze ich.«

»Wie hat Lycheas das alles erfahren?«, fragte Sperber.

»Er besuchte seine Mutter häufig im Kloster«, erwiderte Vanion. »Arissas Reminiszenzen waren weitreichend, und sie war außerordentlich offen zu ihrem Sohn.«

»Das ist ekelhaft!«, presste Bevier hervor.

»Prinzessin Arissa hat eine seltsame Art von Moral«, erklärte Kalten dem jungen Arzier.

»Jedenfalls«, fuhr Vanion fort, »machte Sperbers Vater zu diesem Zeitpunkt seinen Einfluss geltend. Ich kannte ihn sehr gut, und seine Moralbegriffe waren bedeutend konventioneller. Was Aldreas und Arissa taten, empörte ihn zutiefst. Aldreas hatte Angst vor Sperbers Vater. Als dieser ihm vorschlug, eine deiranische Prinzessin zu heiraten, erklärte Aldreas sich widerstrebend einverstanden. Das Übrige ist bekannt. Arissa bekam einen grauenvollen Wutanfall und verschwand in jenes Freudenhaus unten am Fluss – entschuldigt, Sephrenia.«

»Ich höre solche Dinge nicht zum ersten Mal, Vanion. Styrikerinnen sind bei Weitem nicht so weltfremd, wie ihr Elenier manchmal glaubt.«

»Jedenfalls blieb Arissa mehrere Wochen in dem Freudenhaus. Als sie endlich gefasst wurde, blieb Aldreas nichts anderes übrig, als sie in das Kloster zu verbannen.«

»Da ergibt sich eine Frage«, warf Tynian ein. »Wenn man bedenkt, wie lange sie sich in diesem Freudenhaus aufhielt und wie viele Kunden sie dort hatte, wie kann da irgendjemand sicher sein, wer Lycheas gezeugt hat?«

»Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen«, entgegnete Vanion. »Arissa versicherte Lycheas bei einem seiner Besuche, dass sie schon von Annias schwanger gewesen war, ehe sie ins Freudenhaus ging. Aldreas heiratete die deiranische Prinzessin, die nach Ehlanas Geburt im Kindbett starb. Lycheas war damals etwa sechs Monate alt, und Annias versuchte sein Möglichstes, Aldreas dazu zu veranlassen, ihn als Sohn anzuerkennen und zum Thronerben zu machen. Das aber war selbst Aldreas zu viel. Er lehnte es strikt ab. Etwa zu dieser Zeit starb Sperbers Vater, und die erbliche Würde des Streiters des Königs ging auf Sperber über. Annias erschrak über Ehlanas Fortschritte, nachdem Sperber ihre Erziehung in die Hand genommen hatte. Als sie acht war, hielt Annias es für dringend erforderlich, Ehlana von ihrem Streiter zu trennen, ehe Sperber sie so willensstark machte, dass er, Annias, nicht mehr imstande sein würde, seinen Einfluss auf sie durchzusetzen. Er überredete also Aldreas, Sperber ins Exil nach Rendor zu schicken. Dann sandte er Martel nach Cippria, mit dem Auftrag, Sperber zu töten, um sicherzugehen, dass er nicht zurückkommen und Ehlanas Erziehung abschließen würde.«

»Aber es war damals bereits zu spät, nicht wahr?« Sperber lächelte. »Ehlana war schon zu willensstark für ihn.«

»Wie hast du das fertiggebracht, Sperber?«, fragte Kalten. »Ein begnadeter Lehrer bist du nie gewesen.«

»Durch Liebe, Kalten«, sagte Sephrenia leise. »Ehlana liebte Sperber schon, als sie noch sehr klein war, und versuchte, alles so zu tun, wie er es gewollt hätte.«

Tynian lachte. »Ihr habt es Euch selbst zuzuschreiben, Sperber.«

»Was?«

»Ihr habt eine Frau mit ehernem Willen geschaffen, und jetzt wird sie Euch zwingen, sie zu heiraten – und sie ist stark genug, es zuwege zu bringen.«

»Tynian«, entgegnete Sperber ätzend, »Ihr redet zu viel.« Der große Pandioner war plötzlich gereizt, schon deshalb, weil er insgeheim zugeben musste, dass der Alzioner wahrscheinlich recht hatte.

»Aber nichts von alldem ist wirklich neu«, stellte Kurik fest. »Jedenfalls reicht es nicht aus, dass Lycheas damit seinen Kopf retten könnte.«

»Es geht noch weiter«, versicherte Vanion ihm. »Ehlana hatte Lycheas solche Angst eingejagt, als sie scheinbar drauf und dran war, ihn hinrichten zu lassen, dass es nur so aus ihm heraussprudelte. Jedenfalls, nachdem Annias Aldreas gezwungen hatte, Sperber zu verbannen, begann der König sich zu ändern. Er entwickelte tatsächlich Rückgrat. Es ist manchmal schwer zu erkennen, aus welchem Grund Leute bestimmte Dinge tun.«

»In diesem Fall nicht, Vanion«, widersprach Sephrenia. »Aldreas stand unter Annias’ Fuchtel und wusste im Grunde seines Herzens, dass er unrecht tat. Vielleicht spürte er, dass sein Streiter imstande gewesen wäre, seine Seele zu retten, und als er Sperber verbannt hatte, wurde Aldreas bewusst, dass er völlig allein war.«

»Damit könnte sie wirklich recht haben«, staunte Bevier. »Vielleicht sollte ich die Ethiken Styrikums studieren. Eine Synthese elenischen und styrischen Gedankenguts könnte sich als sehr interessant erweisen.«

»Häresie«, stellte Ulath fest.

»Was meint Ihr?«

»Wir dürfen gar nicht erst in Betracht ziehen, dass andere Ethiken richtig sein könnten, Bevier. Ich gebe zu, das ist etwas kurzsichtig, aber unsere Kirche ist eben manchmal so.«

Bevier sprang auf, und Blut schoss ihm ins Gesicht. »Ich werde mir keine Beleidigungen anhören, die gegen unsere Heilige Mutter gerichtet sind!«, rief er.

»Setzt Euch wieder, Bevier«, riet ihm Tynian. »Ulath zieht Euch nur auf. Unsere genidianischen Brüder sind in Theologie viel eingehender bewandert, als wir annehmen.«

»Das liegt am Klima«, erklärte Ulath. »In Thalesien kann man im Winter nicht viel tun – außer zuzusehen, wie es schneit, wenn einem das Spaß macht. Darum haben wir viel Zeit, zu meditieren und zu studieren.«

»Nun, wie auch immer, Aldreas gab nicht mehr jedes Mal nach, wenn Annias unverschämte Geldforderungen stellte«, fuhr Vanion fort. »Annias begann an seinem Grimm zu ersticken. So beschlossen er und Arissa, den König zu ermorden. Martel beschaffte das Gift, und Annias sorgte dafür, dass Arissa sich aus dem Kloster stehlen konnte. Er hätte Aldreas wahrscheinlich selbst vergiften können, aber Arissa bat ihn, es ihr zu überlassen, weil sie ihren Bruder selbst töten wollte.«

»Wollt Ihr wirklich in diese Familie einheiraten, Sperber?«, fragte Ulath.

»Bleibt mir denn eine Wahl?«

»Ihr könntet Euch aus dem Staub machen. Ich bin überzeugt, dass Ihr Arbeit im Tamulischen Reich auf dem daresischen Kontinent finden würdet.«

»Seid still, Ulath!«, rügte Sephrenia.

»Jawohl, Erhabene.«

»Fahrt fort, Vanion«, bat sie.

»Nachdem Arissa Aldreas ermordet hatte, bestieg Ehlana den Thron. Sie erwies sich als wahre Schülerin Sperbers. Sie lehnte es von vornherein ab, Annias Zugang zur Schatzkammer zu gewähren, und war nahe daran, ihn in ein Kloster abzuschieben. Da hat er sie vergiftet.«

»Entschuldigt, Hochmeister Vanion«, bat Tynian. »Versuchter Königsmord ist doch ein Kapitalverbrechen, nicht wahr?«

»In der gesamten zivilisierten Welt, Ritter Tynian.«

»Das dachte ich mir. Kalten, wie wär’s, wenn Ihr eine Rolle Hanfseil bestellt? Und Ihr, Ulath, solltet Euch aus Thalesien ein paar Ersatzäxte kommen lassen.«

»Wir haben nun den Beweis, dass Lycheas, Annias und Arissa Hochverrat begangen haben – gemeinsam mit einer größeren Zahl Verbündeter.«

»Das wussten wir schon zuvor«, sagte Kalten.

»Stimmt«, Tynian lächelte, »aber jetzt können wir es beweisen. Wir haben einen Zeugen.«

»Ich hatte eigentlich gehofft, selbst angemessene Vergeltung üben zu können«, protestierte Sperber.

»Es ist immer besser, wenn man in solchen Dingen nach dem Gesetz verfährt, Sperber«, erklärte Lenda. »Dadurch können spätere Streitigkeiten vermieden werden.«

»Es ist nicht meine Absicht, jemanden übrig zu lassen, der noch Streitigkeiten vom Zaun brechen kann.«

»Vielleicht solltet Ihr ihn kürzer an die Kette nehmen, Hochmeister Vanion«, meinte Lenda lächelnd. »Seine Reißzähne scheinen länger zu werden.«

»Das ist auch mir aufgefallen«, pflichtete Vanion ihm bei und erzählte weiter: »Annias war ziemlich bestürzt, als Sephrenias Zauber verhinderte, dass Ehlana starb wie ihr Vater. Dennoch setzte er Lycheas als Prinzregenten ein, da er sich sagte, eine bewegungsunfähige Königin käme einer toten gleich. Er nahm das Staatssäckel persönlich in die Hand und fing an, Patriarchen noch und noch zu kaufen. Damit kam seine Kampagne um die Erzprälatur ins Rollen und wurde offensichtlicher. Tja, etwa an diesem Punkt von Lycheas’ Geschichte ließ Graf Lenda durchblicken, dass er noch nichts gehört habe, was wesentlich genug wäre, Lycheas’ Kopf vor Ritter Ulaths Axt zu retten.«

»Oder vor meiner Schlinge«, fügte Kalten grimmig hinzu.

Vanion lächelte. »Lendas Bemerkung erzielte die gewünschte Wirkung. Der Prinzregent verwandelte sich in eine wahre Goldmine an Information. Er sagte, er könne es zwar nicht beweisen, aber er sei überzeugt, dass Annias sich mit Otha in Verbindung gesetzt habe und seine Unterstützung suche. Der Primas hat seine heftige Abneigung gegenüber den Styrikern immer offen bekundet, aber das kann er vorgetäuscht haben, um seine Absichten zu verbergen.«

»Wahrscheinlich nicht«, widersprach Sephrenia. »Es besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen den Weststyrikern und den Zemochern. Die Zerstörung Weststyrikums wäre zweifellos eine von Othas ersten Bedingungen für seine Unterstützung.«

»Das glaube ich auch«, stimmte Vanion zu.

»Hat Lycheas überhaupt irgendetwas Greifbares, auf das sich sein Verdacht gründet?«, fragte Tynian.

»Nicht viel«, antwortete Ulath. »Er sagte, dass ein paar Treffen stattgefunden haben, aber das ist auch schon so ziemlich alles. Es genügt jedenfalls nicht für eine Kriegserklärung.«

»Kriegserklärung?«, fragte Bevier erstaunt.

»Natürlich.« Ulath zuckte die Achseln. »Wenn Otha sich in die inneren Angelegenheiten der Westelenischen Reiche einmischt, ist das Grund genug, gen Osten zu ziehen und ihn zu bekriegen.«

»Dieser Ausdruck hat mir immer imponiert«, gestand Kalten. »›Bekriegen‹. Das klingt so entschieden – und so endgültig.«

»Wir brauchen keine Rechtfertigung, wenn wir gegen Zemoch vorgehen wollen, Ulath«, sagte Tynian.

»Nein?«

»Niemand hat nach der Invasion durch die Zemocher vor fünfhundert Jahren je einen Friedensvertrag aufgesetzt. Theoretisch befinden wir uns immer noch im Krieg mit Otha. Das stimmt doch, Graf von Lenda, oder?«

»Wahrscheinlich, aber Kampfhandlungen nach fünfhundertjähriger Waffenruhe wiederaufzunehmen, dürfte wohl ein wenig schwierig zu rechtfertigen sein.«

»Wir haben uns lediglich ausgeruht, Euer Gnaden.« Tynian zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, wie es diesen anderen Herren hier geht, aber ich fühle mich jetzt ausgeruht genug.«

»Oh nein!« Sephrenia seufzte.

»Das Entscheidende ist«, fuhr Vanion fort, »dass Lycheas mehrmals denselben Styriker zu Geheimbesprechungen mit Annias kommen sah. Einmal konnte er sogar einen Teil ihres Gesprächs hören. Der Styriker hatte einen zemochischen Akzent – meint zumindest Lycheas.«

»Das passt zu diesem Bastard«, bemerkte Kurik. »Er hat die Visage eines Schleichers und Lauschers.«

»Das möchte ich nicht abstreiten«, entgegnete Vanion. »Wie gesagt, unser geschätzter Prinzregent konnte nicht das ganze Gespräch hören, aber er sagte uns, der Styriker habe erwähnt, Otha müsse ein bestimmtes Juwel beschaffen. Falls ihm das nicht gelänge, würde ihm der zemochische Gott seine Unterstützung entziehen. Ich glaube, wir können uns ganz gut vorstellen, welches Juwel er meinte.«

Kalten machte ein betrübtes Gesicht. »Du wirst sicher ein Spielverderber sein, Sperber, nicht wahr?«

»Keine Ahnung, wovon du redest.«

»Du wirst der Königin davon erzählen, nehme ich an, und dann wird sie entscheiden, dass diese Information wichtig genug ist, Lycheas’ Hals sowohl die Axt als auch den Strick zu ersparen.«

»Wie du weißt, bin ich praktisch verpflichtet, sie auf dem Laufenden zu halten, Kalten.«

»Wir könnten dich wohl nicht überreden, noch ein Weilchen zu warten?«

»Warten? Wie lange?«

»Nur bis nach der Beerdigung des Bastards.«

Sperber grinste seinen Freund an. »Ich fürchte, nein, Kalten. Ich würde dir den Gefallen ja gern tun, aber ich muss an meine eigene Haut denken. Es könnte die Königin sehr zornig machen, wenn sie erfahren würde, dass ich ihr so etwas Wichtiges verheimliche.«

»Und das ist so ziemlich alles, was Lycheas weiß«, schloss Vanion. »Jetzt müssen wir eine Entscheidung treffen. Cluvonus liegt im Sterben. Es dauert vielleicht nicht mehr lange. Sobald er dahingeschieden ist, müssen wir uns den anderen Orden in Demos zum Ritt nach Chyrellos anschließen. Das bedeutet, dass die Königin ganz ohne Schutz zurückbleibt. Wir wissen nicht, wann wir von Dolmant den Marschbefehl bekommen. Genauso wenig wissen wir, wann die elenische Armee aus Arzium zurückkehrt. Was können wir zum Schutz der Königin tun?«

»Sie mitnehmen«, meinte Ulath achselzuckend.

»Ich fürchte, dazu würde sie sich nicht überreden lassen«, entgegnete Sperber. »Sie ist erst jetzt wieder imstande, selbst zu herrschen, und sie nimmt ihre Pflichten und ihre Verantwortung sehr ernst. Sie würde uns gründlich die Meinung sagen, sollten wir ihr den Vorschlag machen, ausgerechnet jetzt ihre Hauptstadt im Stich zu lassen.«

»Mach sie betrunken«, schlug Kalten vor.

»Was?«

»Du möchtest ihr doch bestimmt nicht einfach eins überbraten, oder? Also mach sie beschwipst, wickle sie in eine Decke und binde sie auf einen Sattel.«

»Hast du den Verstand verloren? Es geht um die Königin , Kalten, nicht um eine deiner gewöhnlichen Schankdirnen!«

»Du kannst dich ja später entschuldigen. Wichtig ist nur ihre Sicherheit.«

»Vielleicht stellt sich dieses Problem gar nicht«, sagte nun Vanion. »Cluvonus lebt möglicherweise noch eine Weile. Er liegt immerhin schon seit Monaten im Sterben. Vielleicht überlebt er sogar Annias.«

»Das dürfte nicht so schwer sein«, warf Ulath düster ein. »Annias’ Lebenserwartung ist jetzt nicht mehr so hoch.«

»Dürfte ich die Herren bitten, ihren Blutdurst einen Augenblick zu zügeln?«, ersuchte Graf Lenda. »Ich halte es für das Wichtigste, sofort jemanden zu König Wargun nach Arzium zu senden, der ihn überzeugt, dass er die elenische Armee nach Elenien zurückschicken muss – und genügend Pandioner, um die Loyalität des Generalstabs zu garantieren. Ich werde ein Schreiben verfassen, das ihn eindringlich darauf hinweist, dass wir die elenische Armee hier in Cimmura brauchen, und zwar so schnell wie möglich.«

»Ersucht ihn, auch die Ritterorden zurückzuschicken«, bat Vanion. »Ich glaube, wir werden sie in Chyrellos brauchen.«

»Es würde nicht schaden, wenn Ihr König Obler ebenfalls schreibt«, fügte Tynian hinzu. »Und Patriarch Bergsten. Gemeinsam können sie sich wahrscheinlich gegen ihn durchsetzen. Der König von Thalesien säuft und führt gern Krieg, aber er ist trotzdem immer noch durch und durch Politiker. Er wird einsehen, wie wichtig es ist, Cimmura zu schützen und sofort die Kontrolle über Chyrellos zu übernehmen – wenn es ihm jemand klarmacht.«

Lenda nickte bestätigend.

»Doch all das löst unser Problem nicht, meine Herren«, gab Bevier zu bedenken. »Der Kurier, den wir zu Wargun schicken, ist möglicherweise noch keinen Tag unterwegs, wenn wir Bescheid erhalten, dass der Erzprälat gestorben ist. Dann befinden wir uns wieder in der gleichen Lage. Sperber wird eine unwillige Königin überreden müssen, ihre Hauptstadt zu verlassen, ohne dass eine unmittelbare Gefahr erkennbar wäre.«

»Blast in ihr Ohr«, riet Ulath.

»Wie meint Ihr?«

»Normalerweise hilft es«, versicherte ihm der Genidianer, »zumindest in Thalesien. Ich habe einmal in Emsat einem Mädchen ins Ohr geblasen, woraufhin es mir tagelang wie ein Hündchen gefolgt ist.«

»Das ist abscheulich!«, entrüstete Sephrenia sich.

»Oh, ich weiß nicht«, entgegnete Ulath, »ihr schien es Spaß zu machen.«

»Habt Ihr sie auch am Kopf getätschelt und unter dem Kinn gekrault – wie ein Hündchen?«

»Auf den Gedanken bin ich gar nicht gekommen«, gestand Ulath. »Glaubt Ihr, sie hätte es gemocht?«

Sephrenia fluchte auf Styrisch.

»Wir kommen vom Thema ab«, rügte Vanion. »Wir können die Königin nicht zwingen, Cimmura zu verlassen, und ebenso wenig können wir sicher sein, dass genügend Truppen die Stadt erreichen, ehe wir abberufen werden.«

»Ich glaube, eine Streitmacht, die imstande ist, die Mauern zu halten, ist bereits hier, Hochmeister Vanion«, meldete Talen sich zu Wort. Der Junge trug die elegante Kleidung – Wams und enges Beinkleid –, mit der Stragen ihn in Emsat ausstaffiert hatte. Er sah wie ein junger Edelmann aus.

»Unterbrich uns nicht«, tadelte Kurik ihn. »Es ist eine sehr ernste Angelegenheit! Wir haben jetzt wirklich keine Zeit für kindische Späße!«

»Lasst ihn doch sprechen, Kurik«, bat der Graf von Lenda gespannt. »Gute Ideen können manchmal von völlig unerwarteter Seite kommen. Was ist das für eine Streitmacht, die du gemeint hast, mein Junge?«

»Die Bürger«, antwortete Talen ruhig.

»Das ist verrückt, Talen!« Kurik schüttelte den Kopf. »Sie sind nicht ausgebildet.«

»Wie viel Ausbildung bedarf es denn, siedendes Pech auf die Köpfe von Belagerern zu gießen?«, fragte Talen.

»Das ist ein sehr interessanter Einfall, junger Mann«, lobte Lenda. »Nach Königin Ehlanas Krönung kam es tatsächlich zu machtvollen Sympathiekundgebungen. Es könnte durchaus sein, dass die Einwohner von Cimmura – und der umliegenden Ortschaften – ihr bereitwillig zu Hilfe eilen, wenn sie darum gebeten werden. Das Problem ist allerdings, dass sie keine Führer haben. Menschenmassen, die sich nur auf den Straßen zusammendrängen, ohne recht zu wissen, was sie tun sollen, weil niemand da ist, der es ihnen sagt, wären als Verteidiger der Stadt von keinem großen Nutzen.«

»Es gibt aber Männer, die zu führen verstehen, Euer Gnaden.«

»Wer?«, fragte Vanion den Jungen.

»Platime, beispielsweise«, erklärte Talen, »und Stragen, falls er noch hier ist.«

»Dieser Platime ist doch eine Art Schurke, wenn ich es recht verstanden habe«, sagte Bevier zweifelnd.

»Ritter Bevier«, erwiderte Lenda, »ich habe viele Jahre im Königlichen Rat von Elenien gesessen und kann Euch versichern, dass sich nicht nur die Hauptstadt, sondern das gesamte Königreich seit Jahrzehnten in der Hand von Schurken befunden hat.«

»Aber …«, wollte Bevier protestieren.

»Ist es der Umstand, dass Platime und Stragen gesetzlich gesehen Schurken sind, der Euch zu schaffen macht, Ritter Bevier?«, fragte Talen.

»Was denkt Ihr, Sperber?«, wollte Lenda wissen. »Meint Ihr, dass dieser Platime wirklich imstande wäre, eine Art militärische Operation zu leiten?«

Sperber überlegte. »Ich glaube schon. Bestimmt sogar, wenn Stragen noch hier ist und ihm dabei helfen kann.«

»Stragen?«

»Unter den Dieben in Emsat nimmt er eine ähnliche Stellung ein wie Platime hier bei uns. Stragen ist etwas eigenwillig, aber höchst intelligent. Er hat eine hervorragende Erziehung genossen.«

»Die beiden können auch viele, die in ihrer Schuld stehen, zur Unterstützung herbeirufen«, sagte Talen. »Platime kann zweifellos Männer von Vardenais, Demos und den Kreisstädten Lenda und Cardos bekommen – ganz zu schweigen von den Räuberbanden auf dem Land.«

»Es ist ja nicht so, dass sie die Stadt längere Zeit halten müssten«, sagte Tynian nachdenklich. »Nur bis die elenische Armee hier ist. Was vor allem zählt, ist die abschreckende Wirkung. Es ist unwahrscheinlich, dass Annias mehr als tausend Kirchensoldaten von Chyrellos abziehen und hierherschicken kann. Und wenn die Wehrgänge der Stadtmauer mit einer größeren Zahl von Kriegern bemannt sind, werden die Soldaten sich einen Angriff zweimal überlegen. Wisst Ihr was, Sperber? Ich glaube, der Junge hat da einen großartigen Einfall!«

»Euer Vertrauen rührt mich zutiefst, Ritter Tynian«, bedankte Talen sich mit höfischem Kratzfuß.

»Es gibt auch Veteranen in Cimmura«, fiel Kurik ein. »Ehemalige Soldaten, die etwas von Strategie und Taktik verstehen. Sie können die Arbeiter und Bauern bei der Verteidigung der Stadt führen.«

»Das alles ist ganz und gar widernatürlich«, sagte der Graf von Lenda sarkastisch. »Der eigentliche Zweck des Regierens war von jeher, das gemeine Volk unter der Fuchtel und nur ja von der Politik fernzuhalten. Die einzige Lebensberechtigung des kleinen Bürgers ist, zu arbeiten und Steuern zu bezahlen. Wenn wir unseren Plan in die Tat umsetzen, werden wir es eines Tages vielleicht bereuen.«

»Haben wir denn eine Wahl, Lenda?«, fragte Vanion.

»Nein, ich glaube nicht.«

»Nun, dann wollen wir anfangen. Graf Lenda, ich glaube, Ihr habt noch einige Korrespondenz zu erledigen. Und Talen, wie wär’s, wenn du mit diesem Platime sprichst?«

»Darf ich Berit mitnehmen, Hochmeister Vanion?« Der Junge blickte auf den jungen Ritteranwärter.

»Meinetwegen, aber warum?«

»Ich bin doch jetzt der offizielle Gesandte einer Regierung zu einer anderen. Da sollte ich eine Eskorte haben, das lässt mich bedeutender aussehen. So etwas beeindruckt Platime.«

»Eine Regierung zu einer anderen?«, fragte Kalten. »Betrachtest du Platime tatsächlich als eine Art Staatsoberhaupt?«

»Ist er das etwa nicht?«

Als Sperbers Freunde das Gemach verließen, hielt Sperber Sephrenia mit einem bittenden Blick zurück. »Ich muss Euch etwas sagen.«

Sie nickte.

Er schloss die Tür. »Ich hätte es Euch wahrscheinlich schon eher anvertrauen sollen, aber es erschien mir anfangs so harmlos …« Er zuckte mit den Schultern.

»Sperber, das müsstet Ihr eigentlich besser wissen. Ihr müsst mir alles sagen. Ich entscheide, was harmlos ist und was nicht.«

»Also gut. Ich glaube, jemand folgt mir.«

Ihre Pupillen verengten sich.

»In der Nacht, nachdem wir Ghwerig den Bhelliom weggenommen hatten, quälte mich ein Albtraum. Azash kam darin vor und der Stein. Aber da war noch etwas. Irgendetwas, das ich nicht deuten kann.«

»Könnt Ihr es beschreiben?«

»Ich kann es nicht einmal sehen, Sephrenia! Es scheint eine Art Schatten zu sein – etwas Finsteres unmittelbar am Rand meines Blickfelds –, wie eine huschende Bewegung seitlich und ein paar Schritt hinter mir. Ich habe das Gefühl, dass dieses Etwas mich nicht sehr mag.«

»Erscheint es Euch nur in Euren Träumen?«

»Nein. Hin und wieder auch, wenn ich wach bin. Auf jeden Fall immer dann, wenn ich den Bhelliom aus seinem Beutel nehme. Es gab auch noch verschiedene andere Male, aber wenn ich den Beutel öffne, ist es jedes Mal da.«

»Dann öffnet ihn jetzt«, wies sie ihn an. »Stellen wir fest, ob auch ich es sehen kann.«

Sperber langte unter sein Wams, holte den Beutel hervor und öffnete ihn. Er nahm die Saphirrose heraus und hielt sie in der Hand. Der huschende Schatten war augenblicklich da. »Könnt Ihr es sehen?«, fragte Sperber.

Sephrenia schaute sich eingehend um. »Nein«, antwortete sie. »Spürt Ihr, ob von dieser Finsternis irgendetwas ausgeht?«

»Ja. Und was immer es ist, es mag mich nicht.« Er steckte den Bhelliom in den Beutel zurück.

»Es könnte etwas sein, das mit dem Stein selbst zusammenhängt«, meinte Sephrenia ein wenig zweifelnd. »Doch um ehrlich zu sein, ich weiß nicht viel über den Bhelliom. Aphrael spricht nicht gern davon. Jedenfalls habe ich den Eindruck gewonnen, dass selbst die Götter Angst vor dem Stein haben. Ich weiß eigentlich nur, wie man ihn benutzt, mehr nicht.«

»Ich habe keine Ahnung, ob es mit dem Bhelliom zusammenhängt«, sagte Sperber nachdenklich, »aber jemand ist zweifellos daran interessiert, mich zu beseitigen. Da waren diese Männer vor den Mauern von Emsat, dieses Schiff, von dem Stragen annahm, dass es uns folgte, und diese Gesetzlosen, die auf der Straße von Cardos nach uns suchten.«

»Nicht zu vergessen, dass jemand Euch auf dem Weg zum Schloss von hinten erschießen wollte«, fügte sie hinzu.

»Könnte es vielleicht ein weiterer Sucher sein?«

»Möglicherweise eine Kreatur ähnlicher Art. Wenn ein echter Sucher den Geist eines Menschen übernimmt, wird derjenige eine willenlose Marionette. Diese missglückten Anschläge wurden jedoch von Menschen begangen, die offenbar noch über ihren Verstand verfügten.«

»Könnte Azash irgendeine Kreatur befehligen, die so etwas vermag?«

»Wer weiß, welche Wesen Azash mobilisieren kann? Ich kenne über ein Dutzend verschiedene. Wahrscheinlich gibt es aber noch viel, viel mehr.«

»Würde es Euch kränken, wenn ich es mit Logik versuchte?«

»Wenn es sein muss, dann tut es.« Sie lächelte ihn an.

»Also gut. Erstens ist uns bekannt, dass Azash schon lange meinen Tod will.«

»Richtig.«

»Und wahrscheinlich ist er jetzt, da ich den Bhelliom habe und ihn benutzen kann, noch versessener darauf.«

»Ihr sprecht das Offensichtliche aus, Sperber.«

»Ich weiß, doch Logik ist manchmal so. Aber diese Anschläge auf mich erfolgten für gewöhnlich, kurz nachdem ich den Bhelliom hervorgeholt und diesen Schatten gesehen hatte.«

»Ihr meint, es gibt da eine Verbindung?«

»Wäre das nicht möglich?«

»Fast alles ist möglich, Sperber.«

»Also gut. Wenn dieser Schatten so etwas wie der Damork oder der Sucher ist, kommt er wahrscheinlich von Azash. Dieses ›wahrscheinlich‹ erschüttert die Logik zwar ein wenig, aber es sollte dennoch in Betracht gezogen werden, meint Ihr nicht?«

»Unter den gegebenen Umständen muss ich Euch fast beipflichten.«

»Was sollen wir dagegen tun? Es ist natürlich nur eine Hypothese und lässt die Möglichkeit puren Zufalls außer Betracht, aber sollten wir nicht für den Fall, dass es eine Verbindung gibt , irgendwelche Schritte unternehmen?«

»Wir können es uns gar nicht leisten, darauf zu verzichten, Sperber. Als Erstes würde ich vorschlagen, dass Ihr den Bhelliom in diesem Beutel lasst. Nehmt ihn nur heraus, wenn es unbedingt sein muss!«

»Hört sich vernünftig an.«

»Und wenn Ihr ihn wirklich herausholen müsst, dann seid auf der Hut vor einem weiteren Anschlag.«

»Das bin ich immer. Berufsbedingt.«

»Und ich finde, wir behalten das lieber für uns. Falls dieser Schatten wirklich von Azash gesandt ist, kann er unsere Freunde beeinflussen, sich gegen uns zu wenden. Es ist nicht auszuschließen, dass einer von ihnen urplötzlich auf Euch losgeht. Würden wir ihnen sagen, was wir vermuten, würde der Schatten – was immer er ist – wahrscheinlich wissen, was sie denken. Machen wir Azash also besser nicht darauf aufmerksam, dass wir ahnen, was er beabsichtigt.«

Sperber gab sich einen Ruck. Dann fragte er leise: »Wäre es nicht das Beste, den Bhelliom auf der Stelle zu zerstören?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Lieber, wir brauchen ihn vielleicht noch.«

»Aber es wäre eine einfache Lösung.«

»Das stimmt nicht, Sperber.« Sie lächelte düster. »Wir wissen nicht, welche Kräfte bei der Vernichtung des Bhelliom frei werden. Wir könnten dabei einiges verlieren, was uns lieb und teuer ist.«

»Was?«

»Die Stadt Cimmura beispielsweise – oder den ganzen eosischen Kontinent. Wer vermag das schon zu sagen?«