Wir brauchen einander.
Am Ende einer Reise liegt nicht nur eine Wegstrecke hinter einem. Viele Erlebnisse, Bilder und Eindrücke warten darauf, integriert zu werden. Und wenn man schließlich wieder im vertrauten Zuhause ankommt, kann es auf eigenartige Weise fremd erscheinen. Dabei hat sich nichts verändert – außer man selbst.
Vielleicht teilst du diese Erfahrung. Vielleicht geht es dir auch nach dieser Lektüre auf eine Art ähnlich. Manche Erkenntnisse verändern eine innere Landschaft. So manche innere Berührung lässt lange Bekanntes in neuem Licht erscheinen. Und manch eine Beobachtung führt uns auf neue Wege. Das kann sich erhebend, motivierend und entlastend anfühlen, oder auch beängstigend, erschütternd und verunsichernd.
Was auch immer du während der Lesereise oder jetzt, an ihrem Ende empfindest: Es ergibt einen Sinn. Nicht nur dein bewusster Verstand hat sie erlebt, sondern auch deine inneren Anteile, dein Körper und dein Unterbewusstsein. Auf all diesen Ebenen wirken die Informationen und deine Assoziationen dazu auf ihre ganz eigene Weise. Ich möchte dich einladen, all dem Raum zu geben. Du könntest dieses Buch fortan wie ein Reisedokument handhaben, so wie ein Fotoalbum, das du immer wieder aufschlagen kannst, um gewisse Wegabschnitte noch einmal zu erleben. Du wirst immer und immer wieder Neues entdecken und daran erkennen, wie viel sich in deinem Inneren bewegt.
Vielleicht siehst du dich mit offenen Fragen konfrontiert und sehnst dich nach Antworten, Lösungen und Klarheit. Ich möchte an dieser Stelle die Worte Rainer Maria Rilkes bemühen, um dich zu ermutigen, diesen Fragen Zeit zu geben, statt den Antworten nachzujagen.
»[…] und ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, […], Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.
Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten.
Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.«
-Rainer Maria Rilke-
In meinen Worten gesagt, möchte ich dich einladen, den Weg zu sicheren Bindungen, liebevollen Beziehungen und heilsam korrigierenden Erfahrungen als einen Prozess zu betrachten, dem du dein Vertrauen schenken kannst. Letztlich geht es darum, Platz zu machen für das, was in deinem Inneren und deiner bindungsorientierten Natur darauf wartet, sich entfalten zu können. Je mehr es gelingt, kleine Momente der Sicherheit zu kreieren und zu genießen, desto mehr werden sich Schutz- und Überlebensstrategien wandeln und die Verbundenheit zu dir selbst und anderen wird sich verstärken.
Es ist nie zu spät für heilsame Veränderungen und die heilsame Kraft der Verbundenheit bleibt uns immer erhalten, ganz gleich, was wir einmal erlebt und gelernt haben.