Genüsslich inhalierte ich den Rauch meiner Zigarette. Das Nikotin durchflutete wohltuend meine Nervenbahnen und gab mir sogleich ein beruhigendes Gefühl. Das brauchte ich auch, denn ich saß endlich mit den vier großen Bossen der Unterwelt zusammen. Und wir diskutierten – strenggenommen diskutierten sie und ich hörte gelangweilt zu – wie wir, und damit meinten sie selbstverständlich mich und meine Leute, die aufkommenden Bandenkriege unter Kontrolle bringen sollten.
»Es gab noch nie so viele Kleinkriege wie in den letzten zwei Wochen. Wir müssen etwas dagegen unternehmen, sonst droht die gesamte Bronx wieder dem Elend zu verfallen. Dafür haben wir nicht die letzten Jahre so hart gearbeitet!«, gab Gibson missmutig zum Besten. Der Mitte 40-jährige, schmierig aussehende Typ, der jeden verschissenen Tag einen seiner Maßanzüge trug und immer einen obszönen Spruch auf Lager hatte, war der größte Drogenboss von ganz New York.
David arbeitete immer mal wieder mit ihm zusammen. Diese Verbindung war nützlich, dennoch missfiel sie mir.
Gibson war ein gerissener Schweinehund, der schon lange ein Auge auf meine Leute geworfen hatte. Sie waren fähig, loyal und absolut tödlich. Die perfekte Mischung in unserer Szene.
Doch David war schlau, er würde mich und die anderen nicht verraten, denn bei uns lief das alles etwas anders als bei den großen Bossen.
Für mich waren meine Leute meine Familie und keine leicht ersetzbaren Angestellten. Natürlich hatte ich auch meine Bauern, keine Frage, doch mir waren meine Leute nicht egal, das war der Unterschied zwischen uns.
Die Diskussion am Tisch wurde immer hitziger. Wohlwissend, dass es sich in diese Richtung entwickeln würde, war ich dankbar für Abby und ihre Mädchen.
Sie leisteten gute Arbeit. In ihren knappen Outfits servierten sie uns einen Drink nach dem anderen.
Auch die Prinzessin hatte sich umgezogen und trug nun, wie die anderen auch, ein weißes kurzes Top, das nur knapp unter ihren Brüsten endete und eine schwarze, sehr kurze Hotpants, die gerade so ihren knackigen Pfirsicharsch bedeckte.
Ich musste mich regelrecht zwingen, meine Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch zu lenken und meinen Blick von ihr zu lösen.
»Walker und seine Leute sind vor kurzem in unser Revier eingedrungen und haben versucht, einem unserer Leute die Kehle aufzuschlitzen«, erklärte Joe den anderen. Er saß mit am Tisch, weil ihm jedes Bordell in der Bronx gehörte. Wir hatten uns vor knapp fünf Jahren zusammengetan, als ich ihm geholfen hatte, sein Viertel gegen Walker zu verteidigen. Der Wichser hatte sich tatsächlich in mein Revier getraut, nicht mal ein Jahr, nachdem er mich gefoltert hatte.
Jesus! Ich wollte endlich in seinem Blut baden!
Ich war als Hunter für die Sicherheit der Stadt zuständig. Entweder eigenmächtig oder im Auftrag der Big Four. Sei es die Überwachung eines geplanten Drogengeschäftes, das Gibson in die Wege geleitet hatte, oder die Ermordung einer Person, die uns oder der Unterwelt schaden wollte, oder zukünftig könnte.
Meine Männer und ich arbeiteten überaus gründlich und tödlich. Keiner, den wir nicht am Leben lassen wollten, überlebte. Bis auf diese Bastarde Walker und Black. Dieser alte Wichser pisste mir immer wieder ans Bein.
Seit ich vor 6 Jahren von ihm gefoltert worden war und nur dank Aleks lebend da rausgekommen war, meinte Walker immer wieder, in mein Revier eindringen zu müssen und Ärger machen zu können.
Und jedes Mal, wenn ich dachte, ich hätte ihn, entwischte er mir wieder.
Wie dieses Mal.
Ich hatte ihn wimmernd und winselnd vor meiner Knarre und
dieser kleine Wichser hatte es wieder geschafft, zu entkommen. Doch nur, weil Jason Black, dieser Bastard, ihm den Arsch gerettet hatte. Mit ihm hätte ich nie im Leben gerechnet.
Als hätte Walker es geahnt.
Ich wusste nur noch nicht, wie er das immer anstellte. Doch ich würde es noch herausfinden.
Walker kannte uns und die Big Four dummerweise nur zu gut.
Er war damals die rechte Hand von Hopkins, meinem Ausbilder, gewesen. Hopkins hatte mir alles beigebracht, was ich heute wusste und mich zu dem eiskalten Killer gemacht, der ich heute war. Er schenkte mir sein Vertrauen und weihte mich in all seine Pläne und Vorhaben ein. Er erklärte mich an Walkers Stelle zum Hunter. Walker war eifersüchtig auf das Vertrauen, das mir der alte Hopkins durch diese Ernennung entgegengebracht hatte.
Doch Hopkins wäre nicht unser aller Boss, wenn er nicht schon vorher durch eine Art Vorahnung gewusst hätte, dass man Walker, diesem verlogenen Wichser, nicht trauen konnte. Er hatte geplant, ihn verbannen oder töten zu lassen. Hätte er sich für letzteres entschieden, dann wäre er mein erster offizieller Mord in Hopkins Auftrag gewesen. Doch es war alles ganz anders gekommen. Bevor Hopkins Walker auch nur zur Rede stellen konnte, hatte er mich durch meinen jugendlichen Leichtsinn eingesackt und über Wochen hinweg gefoltert. Doch nicht nur das – Walker hatte zudem auch die Big Four gelinkt und Insiderwissen weitergegeben.
Es waren einige unserer Leute zu ihm übergelaufen, und somit begann er, sich im Hintergrund seine Armee aufzubauen.
Seitdem versuchte Walker immer wieder, in unser Revier einzudringen und unsere harte Arbeit in der Bronx und zum Teil auch in ganz New York zunichtezumachen.
Wir waren wahrlich nicht die Guten – vor allem ich nicht,
nein, besonders nicht ich! Wie viele Menschen ich schon getötet hatte, wie viel Blut schon an meinen Händen klebte.
Ich hatte schon lange aufgehört, zu zählen. Es machte auch keinen Sinn, darüber nachzudenken. Warum auch? Man wollte ihren Tod und ich brachte ihnen den Tod. So einfach war das. Das war mein Job als Hunter.
Ich war ein Todesengel.
Trotzdem versuchten wir, das Elend der Welt etwas zu lindern. Versuchten, die Bandenkriege im Rahmen zu halten, damit die Brennpunktviertel nicht allzu gefährlich wurden. Wir versuchten, Straßenkindern einen Job zu geben, auch wenn es nur Botengänge waren.
Sie bekamen dafür gutes Geld und konnten sich anständige Kleidung und Essen davon kaufen. All das, was ich zu meiner Zeit als Straßenkind als einen Sechser im Lotto empfunden hätte. Wir versuchten alles, um das jetzt gegen Walker und seine Leute zu verteidigen.
Unsere Methoden waren nicht immer schön und wir kamen dafür ganz sicher allesamt in die Hölle. Doch irgendjemand musste die Drecksarbeit ja erledigen. Zudem war es nicht der schlechteste Job. Um ehrlich zu sein, liebte ich ihn. Aber ich hatte schließlich auch nie behauptet, ein guter Mensch zu sein, oder, dass mir das Töten keinen Spaß machen würde.
Ebenfalls am Tisch saß Williams, der beste Schmuggler, den ich je gesehen hatte. Er beförderte dir alles ungesehen über die Grenze. Von den mehr oder weniger harmlosen kleinen Pillen bis hin zu Autos und Milliarden an Falschgeld und echtem Geld. »Hunter, wie kann es sein, dass du die Stadt und Walker nicht mehr unter Kontrolle hast? Sowas darf nicht passieren!«, donnerte der Mitte 30-jährige und nicht schlecht aussehende, schwarzhaarige Schmuggler.
Alle am Tisch sahen zu mir oder musterten meine Männer. Die meisten von ihnen hielten sich im Hintergrund.
Nur Aleks, als meine rechte Hand, saß mit an unserem Tisch
und war bei allen Besprechungen dabei. Und Joe, da er selbst zu den Big Four gehörte.
Ich zündete mir meine dritte Kippe hintereinander an. Anders hielt man es mit diesen Spinnern auch nicht aus.
Langsam ließ ich den Rauch durch meine Nase entweichen, bevor ich mich schließlich einmischte.
»Williams, warum so griesgrämig? Schließlich ist ja keiner von deinen Leuten angegriffen worden. Nicht du wurdest dabei angeschossen, sondern ich. Also spiel dich nicht als mein Boss auf und halt dein Maul, wir arbeiten dran!«
»Du wirst von uns bezahlt, um diese Stadt und unseren Besitz zu schützen. Also doch, auf eine gewisse Art und Weise sind wir alle dein Boss! Und ich verlange für mein Geld, dass du und deine Leute diese Scheiße so schnell wie möglich klären! Hast du das jetzt verstanden, Hunter?!«, polterte der Schmuggler drohend.
Ein böses Funkeln stahl sich in meine Augen. Ich beugte mich mit der Zigarette im Mundwinkel nach vorne und begann zynisch zu lächeln.
»Dann macht euren Scheiß alleine. Viel Spaß dabei. Ich sehe euch dann von meiner Villa aus, die ich übrigens von eurem Gehalt gekauft habe, dabei zu, wie Walker die Stadt in Schutt und Asche legt. Wie sagt man dazu nochmal? Ah ja, ich kündige. Kommt, wir gehen.« Die letzten Worte richtete ich an meine Leute, die augenblicklich von ihren Plätzen aufgestanden waren, als ich mich erhob.
Ein lautes Raunen erfüllte den Raum.
»Du bleibst hier!«, übertönte eine Stimme alle anderen. Und sofort ließ die Autorität darin die anderen Stimmen verstummen.
Ein wissendes Lächeln auf den Lippen, wandte ich mich zu Hopkins um, der nun sogar aufgestanden war, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.
Es fiel ihm nicht leicht, zu stehen, da er vor vielen Jahren,
weit vor meiner Zeit, bei einem Kampf sein rechtes Bein verloren hatte.
Ich kannte keine Details, niemand kannte sie. Außer, dass er nun eine Prothese trug, die ihm immer wieder Ärger machte.
Der Alte hatte keinem Genaueres erzählt. Man wusste nur, dass der andere nicht mehr lebte. Das war's.
»Was willst du, alter Mann? Lass die Jungen das unter sich klären!« Ich liebte es, ihn aus der Reserve zu locken und das alte Feuer wiederaufflackern zu sehen. Er war in den letzten Jahren, seit ich mich um die gefährlichen Sachen kümmerte, ganz schön eingerostet. Daher musste ich ihn immer mal wieder daran erinnern, wer er war und zu was er noch immer fähig war, denn eins sollte man bei diesem einbeinigen alten Greis niemals tun: ihn unterschätzen.
»Enzo, ich sagte, du bleibst hier! Setz dich wieder, bevor ich doch noch meine guten Manieren vergesse. Du weißt genau, dass wir die Bronx ohne dich und deine Leute nicht halten können. Aber du weißt auch, dass du bei Walker versagt hast. Dein Versagen kann unser aller Untergang sein. Also spiel dich nicht so auf und lasst uns GEMEINSAM eine Lösung für UNSERE Probleme finden«, beendete Hopkins seine packende Rede. Er deutete mit der Hand auf den freien Platz neben sich.
Sagte ich schon, dass ich diesen alten Greis echt mag?!
Also setzte ich mich wieder neben ihn.
»Okay, gut und weiter? Es gab keine Lücke bei uns. Wir wissen nicht, wie Walker es geschafft hat, unbemerkt in die Bronx zu kommen. Er hat uns bei einem Auftrag eine Falle gestellt. Und auch jetzt fehlt jede Spur von ihm. Ich habe alle meine Leute und deren Leute auf ihn angesetzt. Nichts! Was soll ich tun? Ihn in der Hölle suchen?!«, fragte ich den Alten achselzuckend.
»Vielleicht ein Maulwurf?«, warf Aleks ein. Alle sahen zu ihm – zu mir – zu Hopkins.
Ich funkelte meinen besten Mann wütend an. Diese Information hätten die anderen nicht bekommen dürfen.
»Das gab es noch nie!«, entgegnete Hopkins streng.
»Doch! Einmal! Bei Walker selbst. Er hat uns damals alle verraten. Vielleicht war das alles von langer Hand geplant? Vielleicht hat er überall seine Spione«, hielt Gibson dagegen
»Unmöglich!«, verneinte Williams kopfschüttelnd.
Während ihrer sinnlosen Diskussion ließ ich meine Gedanken schweifen. Sollte ich ihnen doch von Jason erzählen?! Schließlich hatten meine Leute und ich gedacht, er habe der Unterwelt nach dem Verrat an mir den Rücken gekehrt. Meinen Informationen zufolge hatte er sein Wirtschaftsstudium mittlerweile beendet und arbeitete nun brav in der Firma seines Onkels. Ganz so, wie man es von dem langweiligen Musterknaben, den er so perfekt spielte, erwartete.
Wenn seine Familie wüsste, dass er einmal einer der gefährlichsten und tödlichsten unserer Truppe gewesen war. Wenn seine Familie wüsste, wie viele Leben ihr feiner Musterknabe schon ausgelöscht hatte.
… Ja, wenn sie es nur wüssten …
Seit Jahren hatte ich nichts mehr von Black gehört, oder einen Hinweis bekommen, dass er in irgendwelche kriminellen Machenschaften verwickelt gewesen wäre. Ich musste es schließlich wissen. Als Hunter hatte ich meine Augen und Ohren überall. Wenn ich etwas wissen wollte, erfuhr ich es auch.
Doch alles war ruhig geblieben, Jason Black hatte sich scheinbar wirklich aus der Unterwelt zurückgezogen, daher hatte ich seine Überwachung auch vor knapp einem Jahr einstellen lassen. Vielleicht war das mein Fehler gewesen?!
Vielleicht hatte dieser Bastard nur darauf gewartet?
Konnte das sein?
Jason war ein cleveres Bürschchen. Er hatte mehr im Kopf,
als ihm guttat. Das hatte ihn damals auch so wertvoll für mich gemacht.
Doch heute könnte er dadurch zu meinem schlimmsten Feind werden und ich denke, Black war sich dessen bewusst. Also, was machte ich jetzt mit ihm?
Ich war so in meine eigenen Gedanken versunken, dass ich von dem hitzigen Gespräch am Tisch nichts mehr mitbekommen hatte. Bis mich Hopkins mit seinem Ellbogen kräftig anstieß, um mir zu bedeuten, meine Aufmerksamkeit wieder auf das, was sich vor mir abspielte, zu richten.
Denn Aleks war gerade dabei, sich mit einem der Big Four anzulegen.
In seinem Gesicht stand blanker Zorn geschrieben, als er einen bedrohlichen Schritt auf Williams zu machte.
Ich sah mir die Szene noch für einen Moment an, um zu verstehen, um was es bei diesem Streit ging.
»Dein Boss hat einfach Mist gebaut! Ihr hättet besser aufpassen sollen, dafür bezahlen wir euch schließlich!«, schrie Williams Aleks wütend an.
»Nennst du mich hier etwa deine kleine Schlampe?!«, fragte Aleks mit unheilvollem Zittern in der Stimme.
»Wenn wir pfeifen und euch Geld hinwerfen, macht ihr das, was wir wollen. Ja, ich finde die Bezeichnung 'kleine Schlampe' ziemlich passend für dich und deinesgleichen«, provozierte der Schmuggler grinsend.
Aleks wollte sich gerade auf Williams stürzen, als ich mit einem strengen:
»Das reicht!«, dazwischen ging.
Aleks trat sofort einen Schritt zurück und sah mich missbilligend an.
»Genau, mach schön Sitz, wenn dein Herrchen ruft!«, spottete Williams. Damit ging er endgültig zu weit. Schneller als die meisten es überhaupt hätten wahrnehmen können, hatte Aleks schon das Messer aus seinem Gürtel gezogen und nach
Williams geworfen. Ich war noch deswegen einen Tick schneller, weil ich meinen besten Freund einfach zu gut kannte. Blitzschnell hatte ich das Messer mit einer Bierflasche, die vor mir auf dem Tisch gestanden hatte, abgewehrt. Das Messer und die Flasche gaben ein schepperndes und klirrendes Geräusch von sich, als sie beide auf dem Boden aufschlugen.
Für ein paar Sekunden herrschte absolute Stille, dann brach die Hölle aus.
Williams und die zwei Leute, die er mitgebracht hatte und die bis jetzt, ganz die braven Wachhunde, an der hinteren Wand gesessen hatten, stürmten mit ihren Pistolen in den Händen wutentbrannt auf Aleks zu. Er hatte für die drei Männer nichts weiter übrig als ein spöttisches Lächeln und hob die Fäuste. Er wusste, dass er sie mit seiner Kampfausbildung und Erfahrung problemlos mit bloßen Fäusten k. o. schlagen könnte und zudem war ihm bewusst, dass in meiner Bar nicht geschossen werden würde, außer es musste unbedingt sein. Und wenn einer schoss, dann nur ich.
Ein einziger Schuss fiel.
Stille.
Ich stand noch immer mit erhobener Waffe da, während eine Person wehklagend auf dem Boden zusammenbrach. Ich hatte auf einen von Williams Wachhunden geschossen. Es war nur ein Warnschuss in die Schulter, dennoch tat es höllisch weh. Ich wusste, wovon ich sprach.
Alle starrten mich an und bevor wieder die Hölle losbrechen konnte, begann ich, in einem ruhigen und doch warnenden Tonfall zu sprechen:
»Ich schlage vor, wir beruhigen uns jetzt alle wieder und stecken unsere Waffen weg. Das hier ist mein Laden und der einzige, der hier schießt, bin ich. Außerdem habe ich wirklich keine Lust, all das Blut wegmachen zu lassen, das bei einer Schießerei unweigerlich vergossen wird.«
Aleks kam zügig auf mich zu, denn mein Blick und mein Ton
duldeten keine Widerworte. Auch der zweite von Williams Wachhunden hatte verstanden, dass mit mir gerade nicht gut Kirschenessen war. Er ließ seine Waffe sinken und nahm etwas Abstand.
Nur Williams stand noch immer mit erhobener Waffe da, die jetzt übrigens auf mich gerichtet war, und funkelte mich böse an. »Was erlaubst du dir, Hunter?!«, polterte er.
»Williams, mach jetzt keine Dummheiten. Du kannst froh sein, dass die Kugel nur einen deiner Männer getroffen hat anstatt dich und das trotz deiner Respektlosigkeit. Also sei nicht dumm, nimm die Waffe runter und lass uns in Ruhe reden«, sagte ich besonnen und doch lächelte ich ihn zynisch an. Meine Waffe hatte ich schon wieder in meinem Hosenbund verschwinden lassen, wohlwissend, wie die Sache hier ausgehen würde.
Nach langem Zögern gehorchte er, steckte die Waffe weg und gab seinem Wachhund den Befehl, den Verwundeten hier raus zu schaffen.
Mit einem Kopfnicken bedeutete ich Abby, dass sie die Sauerei beseitigen sollte. Sofort machten sich ihre Mädchen daran, das Blut aufzuwischen.
Die kleine Prinzessin kam mit verschrecktem Blick auf unseren Tisch zu. Sie war sicher noch nie in einer solchen Situation gewesen. Und sie hatte bestimmt auch noch nie gesehen, wie auf einen Menschen geschossen wurde. Eingeschüchtert starrte sie zu Boden, als sie auf uns zu kam. Kurz vor unserem Tisch kniete sie sich hin und sammelte die Scherben auf. Dieser Anblick war schon mehr als sexy. Ich wusste auch schon sehr genau, in welchem Zusammenhang ich sie noch gern vor mir kniend auf dem Boden sehen würde. Ich gab mich diesen Gedanken noch einen Moment lang hin, doch als sie mit zittrigen Fingern nach dem Messer greifen wollte, stand ich schnell auf.
»Baby, das nehme wohl besser ich, oder was meinst du?«
Neben ihr ging ich in die Hocke und grinste sie frech an.
Sie erstarrte in ihrer Bewegung und sah zu mir auf. Wenn sie mich mit ihren großen, vor Schreck geweiteten, smaragdgrünen Augen so ansah, drängten sich gleich wieder schmutzige Bilder in meinen Kopf.
Jesus, diese Frau macht mich allein schon mit ihren Blicken wahnsinnig!
Dabei versuchte sie nicht einmal, mich zu verführen, ihre Unschuld reichte schon.
Mit meinen Fingern fuhr ich ihr über den Arm, berührte beinahe zärtlich ihre Haut. Sie erzitterte unter meiner Berührung und ihre Augen weiteten sich, beinahe unmerklich, noch etwas mehr.
Ich musste über die Reaktion ihres Körpers schmunzeln, sie konnte sie so schlecht verbergen.
»Das macht dich an, habe ich recht, kleine Wildkatze?«, raunte ich dicht an ihrem Ohr. Erneut erschauerte sie. Ich streichelte mit meinen Fingern weiter ihren Arm entlang und atmete dicht an ihrem Hals ihren verführerischen süßlichen Duft ein.
Ihre Atmung beschleunigte sich ebenfalls.
Als meine Finger an ihrer Hand angelangt waren, hauchte ich ihr frech einen einzelnen kleinen Kuss auf den Hals. Sie ließ urplötzlich das Messer fallen und sprang in den Stand. Ich konnte mir ein breites Grinsen nicht verkneifen.
Baby, warum machst du es mir nur so leicht?!
Gedankenverloren blickte ich ihr kurz hinterher, als sie sich mit den aufgesammelten Scherben hinter die Theke rettete.
Ein Räuspern erweckte meine Aufmerksamkeit. Spielerisch drehte ich das Messer zwischen meinen Fingern und setzte mich wieder neben Hopkins, der nur darauf gewartet hatte.
»Schön, da jetzt alle wieder sitzen und aufmerksam sind …« Er warf mir einen tadelnden Blick zu, der mich noch etwas breiter grinsen ließ, dann sprach der alte Griesgram in
strengem Tonfall weiter.
»Ich würde sagen, wir lassen es an dieser Stelle gut sein. Lasst uns die ernsten Themen für heute vergessen und unsere Gemeinschaft feiern. Der Hunter hat uns doch so nette Ablenkung besorgt. Lasst uns ausgiebig trinken und feiern. In ein paar Tagen, wenn jeder seine Leute und deren Leute überprüft hat, treffen wir uns erneut und sehen weiter. Vielleicht haben wir bis dahin den Maulwurf gefunden und die Sache ist schneller erledigt als gedacht. Also Männer, auf einen feuchtfröhlichen Abend!« Der Alte erhob sein Glas und die anderen Männer am Tisch stiegen gern mit ein. Auch ich war Hopkins Idee gegenüber nicht abgeneigt.
Ich wusste auch schon genau, welche kleine Ablenkung ich mir genehmigen würde.
Doch gerade als ich mich erheben wollte, bat mich Hopkins zu einem Vieraugengespräch in eines der Nebenzimmer.
Nochmal Glück gehabt, Prinzessin. Dann spiele ich eben später mit dir.