1

Der Narr

Marie

Ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so dumm gefühlt.

Als wir zusammen im Bett lagen, konnte ich nicht klar denken. Ich tat, was ich immer tat – ich konzentrierte mich auf meine Gefühle. Jedes Mal, wenn er sich in mir bewegte und mich küsste, fühlte ich etwas. Es war mehr als nur körperliche Lust oder eine angenehme Berührung. Es bedeutete so viel mehr. Ich war eine Blume und er war meine Sonne. Ich war das Lamm und er war der Wolf. Vielleicht hätte ich nicht sagen sollen, was ich sagte, aber ich konnte nicht anders.

Und es war ernst gemeint.

Ich hätte nie erwartet, dass er aufstehen und gehen würde. Er stürmte hinaus und schaute nicht zurück. Als ich ihn bat zu bleiben, lehnte er es ab. Aus irgendeinem idiotischen Grund dachte ich, er fühlte wie ich. Ich dachte, dass sich in den letzten Monaten etwas entwickelt hätte und es nicht nur etwas Beiläufiges sei.

Ich dachte, er würde mich auch lieben.

Es war mir nicht nur peinlich, wie ich mich benommen hatte. Es hatte auch verletzende Folgen.

Es brach mir das Herz.

Ich ging zur Uni, als ob alles normal wäre, und konzentrierte mich auf mein Lernen. Wenn ich im The Grind war, konzentrierte ich mich darauf, Kaffee zu machen und die Bäckerei sauber zu halten.

Aber natürlich driftete mein Verstand zu ihm.

Was bedeutete das? War es mit uns jetzt aus? Einfach so?

Eine ganze Woche verging und ich hörte keinen Ton von ihm. Da er derjenige war, der gegangen war, lehnte ich es ab, ihn zuerst zu kontaktieren. Er mochte derjenige sein, der mein Herz gebrochen hatte, aber so verzweifelt war ich nicht.

Axel war ein ehrenwerter Mann, der immer ehrlich war. Wenn er mich nicht liebte, würde er es nicht sagen, nur um mich glücklich zu machen. Aber ich hatte nicht gedacht, dass er der Typ war, der einfach so gehen würde, ohne ein Wort zu sagen. Das war kalt, um es milde auszudrücken.

Mit jedem Tag wurde es schwieriger für mich, böses Spiel zur guten Miene zu machen und so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Wenn ich mit Francesca zusammen war, tat ich mein Bestes, um normal zu erscheinen. Ich wollte mein emotionales Chaos nicht an Francesca auslassen – vor allem dann nicht, wenn es dabei um Axel ging.

Francesca zog gerade eine Fuhre Muffins aus dem Ofen. Sie rochen nach Äpfeln und Zimt und sorgten dafür, dass unser Haus wie eine Bäckerei roch. Egal, wie köstlich ihr Duft auch war, er konnte den Gestank meines Schmerzes nicht überdecken.

Sie stellte das Blech auf den Tresen und wartete darauf, dass es abkühlte. „Es ist merkwürdig, Axel hier nicht mehr zu sehen.“ Sie brach ein Stück von einem Muffin ab und steckte sich das Stück in den Mund.

„Ja, er ist beschäftigt.“ Ich saß mit meinem offenem Laptop am Küchentisch. Ich hatte eine zehnseitige Hausarbeit zu schreiben, und ich hatte erst einen einzigen Absatz fertig. Und die Einleitung war der einfachste Teil.

„Zu beschäftigt für dich?“ Sie kicherte, als wäre das völlig absurd. „Unmöglich.“

Axel war immer so lieb zu mir. Er war jederzeit für mich da, und selbst wenn ich eine Pause brauchte, weigerte er sich, von meiner Seite zu weichen. Er schlief jede Nacht mit mir und fand immer einen Grund, mich zu küssen. Ich vermisste die Art, wie er mich ansah, als wäre ich seine ganze Welt.

Wie hatte ich ihn nur missverstehen können?

Francesca nahm einen Muffin und legte ihn auf einen Teller, bevor sie ihn mir reichte. „Stimmt etwas nicht?“

„Nein, alles in Ordnung“, sagte ich schnell und hielt meinen Blick abgewandt. Ich zog den Muffin zu mir, weil ich dringend Frustessen brauchte.

Francesca blieb am Tisch stehen, und neigte leicht den Kopf, um mich anzusehen. „Bist du sicher? Du bist in letzter Zeit sehr ruhig.“

„Habe im Moment ziemlich viel für die Uni zu tun … das Semester ist fast vorbei.“

Francesca kannte mich besser als irgendjemand sonst, also wusste sie, wenn es mir nicht gut ging. „Im Ernst, was ist los? Du warst in letzter Zeit komisch. Ich dachte, du wärst nur erschöpft oder so, aber es geht jetzt schon eine ganze Weile so … was verschweigst du mir?“

Ich wollte es ihr nicht vorenthalten. Ich erzählte ihr immer alles, und diese Art von Freundschaft tat mir gut. Aber da Axel ihr Bruder war, war es schwierig. „Nichts.“

Sie zog den Stuhl hervor und ließ sich drauf fallen. „Erzähl mir jetzt keinen Scheiß. Was ist los?“

Ich zupfte an dem Muffin und fühlte die Krümel in meinen Fingern.

„Mädchen, sag es mir. Ich weiß, dass du etwas auf dem Herzen hast. Sie starrte mich energisch an und wartete auf eine Antwort.

„Es ist Axel … ich glaube wir haben Schluss gemacht.“

Sie konnte ihr scharfes Einatmen nicht unterdrücken. „Was? Echt jetzt? Warum?“

Ich zuckte mit den Schultern. „Er ist gegangen und das ist das Ende der Geschichte.“

„Er ist gegangen? Was bedeutet das? Marie, fang ganz von vorne an.“ Der Fernseher lief im Hintergrund, aber wir vergaßen beide, dass er an war.

Ich seufzte und spielte weiter mit meinem Muffin. „Es ist peinlich …“

„Du kannst es mir doch sagen. Ich werde nicht komisch reagieren.“

„Nun, es wird sich komisch anhören.“

Sie schnippte mit den Fingern vor meinem Gesicht. „Ich bin erwachsen. Marie, du bist meine beste Freundin und ich muss wissen, was passiert ist – auch wenn es sich um meinen Bruder handelt.“

„Nun … wir waren zusammen …“

Sie wusste genau, was ich meinte, verzog aber nicht ihr Gesicht. „Okay. Und weiter?

„Und ich habe etwas gesagt, was ich nicht hätte sagen sollen …“ Die Erinnerung daran war demütigend.

„Was hast du gesagt?“

„Ich liebe dich.“

Ihre Augen weiteten sich. „Du hast was?“

Ich nickte und fühlte mich von Sekunde zu Sekunde dümmer.

„Und was ist dann passiert? Er hat es nicht zurück gesagt?“

„Er hat mit dem aufgehört, was er gerade mit mir machte, hat sich angezogen und ist gegangen.“

Francesca hielt sich eine Hand vor den Mund und atmete so laut ein, dass es fast ein Schreien war. „Oh mein Gott.“

Ich schob den Muffin zur Seite, weil ich jetzt keinen Appetit mehr hatte.

„Meinst du das ernst?“, flüsterte sie. „Er ist einfach gegangen? Er hat dich einfach so zurückgelassen?“

Ich nickte.

„Dieses verdammte Arschloch.“

Obwohl ich verärgert war, konnte ich ihn nicht so nennen.

„Hast du mit ihm gesprochen?“

Ich schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn weder angerufen noch eine Nachricht geschickt. Und er auch nicht.“

„Wie lange ist das her?“

„Eine Woche.“

„Das ist unglaublich.“

Ich nickte, nicht sicher, was ich sonst tun sollte.

„Ich kann das immer noch nicht glauben. Du sagst ihm, dass du ihn liebst und er geht? Trottel.“

Es sah definitiv nicht gut für ihn aus.

„Und er hat nicht angerufen oder sich erklärt? Das war es? Es ist einfach … vorbei?“

„Das nehme ich an.“ Es hatte immer die Möglichkeit gegeben, dass diese Beziehung scheitern würde, aber ich hatte angenommen, dass es besser enden würde. Was wir gehabt hatten, war zu bedeutungsvoll für einen wortlosen Abschied gewesen. Er ließ mich fallen, als ob ich ihm nichts bedeute, als ob meine Gefühle keine Rolle spielten. Mein Herz war nie zuvor so gebrochen worden.

„Wow … ich werde ihm gehörig die Meinung sagen.“

„Ich weiß das zu schätzen, aber lass es lieber.“ Es gab keinen Grund, sich da rauszuhalten. „Ich fühle mich dumm, weil ich dachte, es könnte etwas mit uns werden. Ich dachte, er wäre anders, aber es stellt sich heraus, dass ich falsch gelegen habe … er hat sich nie geändert.“

Als Francesca die Traurigkeit in meinen Augen sah, rutschte sie mit dem Stuhl näher zu mir und umarmte mich. Sie gab mir die Zuneigung, die ich brauchte, die Umarmung, nach der ich mich gesehnt hatte. „Marie, alles wird gut.“

Jetzt verstand ich, wie Francesca sich gefühlt hatte, als Hawke sie verlassen hatte. Ich verlor zwar nicht meinen Verstand oder wurde selbstmordgefährdet, aber ich war am Boden zerstört. Ich wusste, wie ich für ihn fühlte, bevor er gegangen war, aber jetzt, wo er weg war, sah ich es anders.

Er war die Liebe meines Lebens.