Verrat
Axel
„Mach die verdammte Tür auf.“ Ich hämmerte, so fest ich konnte, mit meinen Fäusten gegen die Tür.
Schließlich flog die Tür auf. Hawke stand in seiner Jogginghose da. Seine Haare waren durcheinander, als hätte er sich in seinem Bett herumgewälzt. Er war oberkörperfrei und verschwitzt. „Was zum Teufel ist dein Problem?“
Ich stürmte hinein, ohne eingeladen zu sein. „Mein Problem? Du bist mein Problem.“ Ich drückte ihn brutal gegen die Wand.
Hawke stieß gegen die Mauer, wehrte sich aber nicht. In seinen Augen war blutrünstige Wut zu sehen. „Ich werde jetzt nichts tun, weil du über irgendetwas verärgert bist. Aber fass mich noch einmal an, du Scheißkerl, und du wirst es bereuen.
„Marie. Sie wollte dich zuerst.“
Sein Zorn verschwand augenblicklich und verwandelte sich in Verwirrung. “Was redest du da?
„Du bist die ganze Zeit ins The Grind gegangen und sie war in dich verknallt. Sie wollte dich fragen, aber Francesca kam ihr zuvor.“ Ich beobachtete seinen Gesichtsausdruck und versuchte herauszufinden, ob er etwas darüber wusste.
Er behielt einen stoischen Gesichtsausdruck bei.
„Du wusstest, dass sie in dich verknallt war.“
„Axel, das war vor langer Zeit.“
„Ich kann das nicht glauben …“ Ich trat einen Schritt zurück und fühlte mich schlecht.
„Axel, es nichts ist passiert. Sie hat mich nie gefragt und ich habe sie nie gefragt. Ich hatte von Anfang an Francesca im Auge. Nichts gegen Marie, aber sie hatte keine Chance.“
„Aber sie wollte dich … bevor sie mich wollte.“
„Und du wolltest keine anderen Frauen vor Marie?“, fragte er ungläubig. „Bist du fünf?“
„Das ist etwas anderes. Du bist mein bester Freund.“
„Es war nur ein Schwarm, Axel. Sie fand mich süß und das war der Anlass für ihre Gefühle. Jetzt kann sie es kaum ertragen, mit mir im selben Raum zu sein. Sie sieht mich nicht mehr so. In dem Augenblick, als Francesca und ich begannen, miteinander zu reden, vergaß Marie mich.“
Ich fühlte mich dennoch scheiße. „Woher wusstest du, dass sie an dir interessiert war?“
Er legte seine Hände auf seine Hüften. „Ich weiß nicht … sie starrte mich an. Wann immer ich etwas bestellte, war sie still und kicherte über alles, was ich sagte. Solche Sachen.“
Hawke und ich sahen einander nicht ähnlich, und die Tatsache, dass sie sich zu ihm hingezogen gefühlt hatte, ließ mich an meiner Erscheinung zweifeln. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust und lehnte mich gegen die Wand.
„Axel, sei nicht so.“ Er kam näher zu mir, als er wusste, dass ich mich beruhigt hatte. „Du interpretierst da viel zu viel hinein.“
„Wie würdest du dich fühlen, wenn Francesca einen deiner Freunde gewollt hätte, bevor sie dich wollte?“
Wie immer, veränderte er sich in dem Moment, in dem ihr Name fiel. „Ich würde es überhaupt nicht mögen. Aber ich würde darüber hinwegkommen. Weil das, was sie und ich hatten, viel stärker war, als die körperliche Anziehungskraft, die sie für jemand anderen hatte. Es gibt keinen Grund, dich von mir bedroht zu fühlen, Axel. Was ihr habt, ist echt. Ihr liebt euch und wollt den Rest eures Lebens zusammen verbringen. Wie kann dich nur irgendein anderer Mann interessieren, mit dem Marie jemals zusammen war? Du bist der Mann, den sie liebt.“
Trotz dieser emotionalen Worte war ich noch immer wütend. Ich fühlte mich betrogen, als wäre mir jemand in den Rücken gefallen. Ich hatte nicht damit gerechnet, für Marie der Richtige zu sein, aber ich dachte, dass sie nur mich und nicht meinen besten Freund bemerkte. „Ich muss gehen …“ Ich drehte mich wieder der Tür zu. „Es tut mir leid, dass ich dich belästigt habe.“
„Axel, komm schon.“
Ich ging weiter. „Gute Nacht, Axel.“
Er folgte mir in den Flur. „Vergiss es. Du regst dich wegen nichts auf.“
Meine Schultern waren schlaff und fühlten sich einfach nur schwer an. Mir war schlecht. Ich fühlte mich, als wären meine Arme und Beine abgerissen worden. Alles tat weh. Es war, als hätte Marie mich betrogen, obwohl sie es nicht getan hatte. Es fühlte sich an, als wäre mein Leben zu Ende.
Ich hielt mich so weit wie möglich von Marie fern. Ich ging nicht ans Handy und ich ging nicht zurück in meine Wohnung, weil ich wusste, dass sie einen Schlüssel hatte. Ich landete mit einem Koffer in einem Hotelzimmer.
Ich war nicht bereit, mit ihr zu reden.
Sie sprach mir auf die Mailbox und schrieb Nachrichten, die alle unbeantwortet blieben. Die meisten löschte ich einfach, ohne sie abzuhören oder zu lesen. Am Ende der Woche war ich noch immer verärgert. Ich fühlte mich verletzt, als hätte jemand ein Messer in meine Brust gestoßen.
Am Ende der Woche hörte sie auf, mich anzurufen. Vielleicht hatte sie verstanden, dass ich etwas Abstand brauchte. Mich mit ihren Entschuldigungen zu erdrücken, würde nichts daran ändern, wie ich mich fühlte. Und ich wusste nicht, was meine Gefühle ändern könnte. Wenn es jemand anderes als Hawke gewesen wäre, hätte es anders ausgehen können. Er war der gut aussehende Playboy, für den sich alle Mädchen interessierten. Ich dachte, Marie hätte nur mich bemerkt – und nicht ihn.
Francescas Laden würde bald eröffnen und ich wusste, dass ich sie nicht ewig ignorieren konnte. Sie brauchte meine Hilfe und meine Unterstützung. Wenn ich diesen Eröffnungstag verpasste, würde ich es für immer bereuen.
Ich rief sie in der Nacht vor dem großen Tag an.
Ihre Stimme klang kalt. „Was machst du?“
Ich wusste, auf wessen Seite sie stand. „Ist alles bereit für morgen?“
„Ja.“ Sie zeigte mir die kalte Schulter – das war schlecht.
„Brauchst du mich für irgendetwas?“
„Nein.“
„Frankie, komm schon. Ich möchte auch, dass morgen alles klappt.“
„Und das wird es. Jetzt entschuldige mich bitte, ich sollte auflegen.“ Sie legte auf, bevor ich noch etwas sagen konnte.
Ich legte mich auf mein Bett und starrte an die Decke.