»Mehr lernen, weniger wissen.«
NEIL STRAUSS
ist ein Autor, der es achtmal in die Bestsellerliste der New York Times
geschafft hat. Für seine Bücher The Game
und The Rules of the Game
recherchierte er undercover in einer Geheimgesellschaft von Aufreiß-Künstlern, was ihn zu einer internationalen Berühmtheit und zum zufälligen Helden für Männer in aller Welt gemacht hat. In dem Nachfolger-Buch The Truth: An Uncomfortable Book About Relationships
taucht Strauss tief ein in die Welt von Sexsucht, Polygamie, Untreue und Intimität und erkundet die versteckten Kräfte, die Menschen dazu bringen, sich füreinander zu entscheiden, zusammenzubleiben oder sich zu trennen. Zuletzt hat er zusammen mit Kevin Hart das Buch I Can’t Make This Up: Life Lessons
geschrieben, das sofort auf Platz 1 der Bestsellerliste der New York Times
landete.
Welches Buch (welche Bücher) verschenkst du am liebsten? Warum? Welche ein bis drei Bücher haben dein Leben am stärksten beeinflusst?
Das Buch, das mich am stärksten beeinflusst hat, ist Ulysses
von James Joyce. Ich habe es in meinem letzten Jahr auf der Highschool gelesen, und es hat mir die Augen geöffnet für die Kraft und Möglichkeiten von Sprache. Es ist Hypertext, bevor es Hypertext gab. Ich lese es alle drei Jahre noch einmal, und jedes Mal ist es ein anderes Buch.
Das Buch, das ich am häufigsten verschenkt habe, ist Under Saturn’s Shadow
von James Hollis, einem Analytiker der Jung-Schule. Ich habe darin auf jeder einzelnen Seite etwas unterstrichen. Der Antrieb für dieses Buch in den Worten des Autors: »Das Leben von Männern wird ebenso sehr von Rollenerwartungen gesteuert wie das von Frauen. Das Problem dabei ist, dass diese Rollen die Bedürfnisse der Seelen dieser Männer nicht unterstützen, nicht bestätigen und nicht ansprechen.«
Das Hörbuch
, das ich am häufigsten verschenkt habe, ist Nonviolent Communication
von Marshall Rosenberg. Die Bezeichnung »gewaltfreie Kommunikation« (GFK) ist zwar etwas ungeschickt gewählt (in etwa so, als würde man zu Kuscheln »mordfreies Berühren« sagen), aber die zentrale Idee des Buches interessant: Ohne dass wir uns dessen bewusst sind, steckt viel Gewalt in unserer Art, mit anderen – und auch mit uns selbst – zu kommunizieren. Diese Gewalt kommt in Form von Schuldzuweisungen, Verurteilen, Kritisieren, Beleidigen, Vergleichen, Kategorisieren, Diagnostizieren und Bestrafen.
Wenn wir also auf eine gewisse Weise sprechen, werden wir nicht nur nicht gehört, sondern verärgern letztlich andere und uns selbst. GFK
hat eine magische Wirkung darin, potenzielle Konflikte mit beliebigen Personen sofort zu entschärfen, ob mit Partnern, Kellnern, Freunden oder Kollegen. Eine der wunderbaren Grundannahmen dabei lautet, dass niemals die Bedürfnisse zweier Menschen in Konflikt miteinander stehen. Konflikte gibt es nur bei den Strategien dafür, diese Bedürfnisse zu erfüllen.
Zur Klärung: Die richtige Version ist eine 5 Stunden und 9 Minuten lange Vorlesung. Du erkennst sie am Cover – eine Nahaufnahme einer Hand, die ein Peace-Zeichen zeigt. Der Anfang ist etwas langsam, aber dann wird es revolutionär. Kauf dir *nicht* irgendeine Version des gedruckten Buchs mit demselben Titel
.
Welche Anschaffung von maximal 100 Dollar hat für dein Leben in den letzten sechs Monaten (oder in letzter Zeit) die größte positive Auswirkung gehabt?
Der Schlüsselfinder Tile Mate auf Amazon. Er hat mir Stunden meines Lebens zurückgegeben, die ich früher damit verbracht habe, im Haus herumzuirren und meine Schlüssel zu suchen. Funktioniert auch sehr gut bei Haustieren!
Welcher (vermeintliche?) Misserfolg war die Voraussetzung für deinen späteren Erfolg? Hast du einen »Lieblingsmisserfolg«?
Das Beste, was mir je passiert ist, war, dass ich nicht an der Journalistenschule aufgenommen wurde. Aus diesem Grund wurde ich letztlich Reporter und Kolumnist bei der New York Times
. Das hat mir die Möglichkeit gegeben, durch Erfahrung zu lernen statt akademisch, und einen Weg zu gehen, bei dem ich meiner Leidenschaft folgen konnte, statt mich an dem zu orientieren, »wie man es richtig macht«.
Aus diesem Grund wurde mir klar, dass das Ergebnis nicht das Ergebnis ist. Mit anderen Worten: Was wir als Endpunkte eines Ziels ansehen, sind in Wirklichkeit nur Gabelungen einer Straße, die sich immer weiter gabelt. Im großen Bild unseres Lebens können wir nicht
wissen, ob ein bestimmter Erfolg oder Misserfolg uns tatsächlich hilft oder schadet. Also bewerte ich meine Bemühungen und Ziele jetzt anhand einer Frage: Habe ich mein Bestes gegeben, wenn man berücksichtigt, wer ich war und was ich zu dieser Zeit wusste? Und was kann ich aus dem Ergebnis lernen, damit mein Bestes das nächste Mal besser ist?
Man sollte bitte beachten, dass kritisiert zu werden kein Misserfolg ist. Wenn man nicht kritisiert wird, macht man wahrscheinlich nichts Außergewöhnliches.
Wenn du an einem beliebigen Ort ein riesiges Plakat mit beliebigem Inhalt aufhängen könntest, was wäre das?
»Mehr lernen, weniger wissen.«
Was ist das beste oder lohnendste Investment, das du je getätigt hast (in Form von Geld, Zeit, Energie etc.)?
Meine beste Investition war die Zeit, die ich als unbezahlter Praktikant bei The Village Voice
in New York verbracht habe. Ich muss dort ein Jahr lang nur Briefe geöffnet und Spesenabrechnungen für andere gemacht haben, aber ich freute mich unglaublich, dort zu sein. Wahrscheinlich war ich dort mehrere Jahre lang Praktikant. Sie wurden mich einfach nicht los. Ich liebte das Schreiben, aber ich war anfangs nicht sehr gut darin. Aber durch den Umgang mit den Autoren und Redakteuren, die ich bewunderte, und weil ich meine gesamte Freizeit damit verbrachte, in den Archiven alte Ausgaben zu lesen, lernte ich, Autor, Kritiker und Reporter zu sein.
Bei einer anderen Frage habe ich erwähnt, dass mein liebster Misserfolg war, dass ich nicht auf die Journalistenschule kam. Meine Journalistenschule war dieses Praktikum.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Ohne Zweifel, dass ich hier in Malibu eine gesunde Gemeinschaft gefunden habe, mit der ich trainieren kann. Früher bin ich ins Fitness-Studio gegangen, um ein bestimmtes Gewichts- oder Muskelziel zu erreichen, und ich bin nie dabeigeblieben. Jetzt gehe ich hin, um meine Freunde zu treffen, und wir trainieren immer im Freien: am Strand, im Pool, auf der Wiese. Am Ende gibt es fast immer eine Sauna/Eiswasser-Session. Das ist das Highlight des Tages. Ich will damit kein bestimmtes Ergebnis erreichen, und ich war noch nie in meinem Leben besser in Form. Das hat mir geholfen zu verstehen, dass das Geheimnis für Veränderung und Wachstum nicht Willenskraft ist, sondern eine positive Gemeinschaft.
Wozu kannst du heute leichter Nein sagen als vor fünf Jahren?
Wir stehen in einem Wettrüsten gegen Ablenkungen. Unsere Geräte und unsere Technologien kennen uns inzwischen so gut, dass wir neue Geräte und Technologien brauchen, um uns vor ihnen zu schützen. Vor allem unsere Zeit. Beim Neinsagen zu Ablenkungen hat mir die App Freedom auf meinem Computer geholfen. Ich habe sie so eingestellt, dass sie 22 Stunden am Tag das Internet blockiert. Außerdem habe ich einen Safe mit Timer, in den ich mein Mobiltelefon einschließen kann.
Es gibt auch etwas, das mir dabei hilft, zu anderen Menschen Nein zu sagen: Ich frage mich zuerst, ob ich aus Schuld oder Angst Ja sagen würde. Wenn das so ist, ist meine Antwort ein freundliches Nein.
Was tust du, wenn dir alles zu viel wird, du nicht mehr fokussiert bist oder deine Konzentration nachlässt?
Überfordert und unkonzentriert hört sich nach zwei unterschiedlichen Problemen an. Bei Überforderung geht es meiner Meinung nach darum, mental damit zurechtzukommen, was von außen auf uns einwirkt; bei Unkonzentriertheit geht es darum, mental mit dem zurechtzukommen, was in einem selbst passiert.
Helfen würde in beiden Fällen, meinen Geist als einen Computer zu betrachten, dessen Arbeitsspeicher voll ist. Am besten ist es also, ihn eine Weile auszuschalten. Für mich bedeutet das, dass ich die Arbeit unterbreche, um irgendetwas anderes zu machen, von einer kalten Dusche über Surfen oder Meditieren bis zu einer Atemübung im Freien oder einem Gespräch mit jemanden, den ich sehr mag.
Alles Gesunde, das dich aus deinem Geist herausholt und dich in deinen Körper bringt, ist letztlich gut für deinen Geist.
Was ist eine deiner – gern auch absurden – Eigenheiten, auf die du nicht verzichten möchtest?
Kracie Fuwarinka (Beauty Rose) Candy, Calbee Honey Butter Chips,
Rick and Morty
, Richie’s Plank Experience auf der HTC Vive spielen und dabei ein echtes Holzbrett auf dem Boden liegen haben, Crack Butter von
healthybutter.org
, Notzimmer, Tim-Tam-Gelage, Pickleback-Cocktails, Skittykitts spielen, das Verwenden von altersunangemessenen Worten wie »drauf«, so tun, als würde ich verstehen, was jemand sagt, obwohl das gar nicht stimmt, Sätze mit Präpositionen beenden, und ein Spiel spielen, das meine Frau und ich erfunden haben: Wir lassen zufällige Musik laufen und versuchen abwechselnd, uns Filmszenen auszudenken, zu denen sie als Soundtrack passen könnte. Etwas schwierig zu erklären. Am besten fährst du mal mit uns Auto.