»Glaube niemandem, der dir sagt, er weiß, was er tut. Der Drehbuchautor William Goldman hat einmal geschrieben: ›Niemand weiß irgendetwas‹ im Filmgeschäft, und das stimmt. Ich weiß, dass ich nichts weiß.«
BEN STILLER
war als Autor, Schauspieler, Regisseur oder Produzent an mehr als 50 Filmen beteiligt, darunter The Secret Life of Walter Mitty, Zoolander, The Cable Guy, There’s Something About Mary
, die Trilogie Meet the Parents, DodgeBall, Tropic Thunder
, die Serie Madagascar
und die Trilogie Night at the Museum
. Er gehört zu einer Gruppe von Comedy-Schauspielern, die als das Frat Pack bezeichnet werden. Seine Filme haben in Kanada und den USA mehr als 2,6 Milliarden Dollar eingespielt, durchschnittlich 79 Millionen Dollar. In seiner ganzen Karriere hat Stiller viele Preise und Ehrungen bekommen, darunter einen Emmy Award, mehrere MTV Movie Awards und einen Teen Choice Award.
Was ist eine deiner – gern auch absurden – Eigenheiten, auf die du nicht verzichten möchtest?
Ich habe eine Menge ungewöhnlicher Angewohnheiten, über die ich mich hier wahrscheinlich nicht näher äußern sollte. Ich halte unheimlich gern am Straßenrand an, wenn ich eine Geschichtstafel sehe, und lese sie dann ganz durch. Manchmal schaue ich mir auch den Ort dazu an. Das ist nicht absurd, aber manchmal kann ich mich sehr in solchen Sachen verlieren, und dann gibt es große Abweichungen von meiner Planung.
Ich stecke morgens zum Wachwerden gern meinen Kopf in einen Eimer voll Eis. Ich glaube gar nicht, dass das eine therapeutische Wirkung hat, aber es ist definitiv erfrischend und sieht wahrscheinlich absurd aus.
Welches Buch (welche Bücher) verschenkst du am liebsten? Warum? Welche ein bis drei Bücher haben dein Leben am stärksten beeinflusst?
Als ich Teenager war, hat mir eine Freundin meiner älteren Schwester The Second Tree from the Corner
gegeben, ein Buch mit Kurzgeschichten von E. B. White. Das war immer sehr inspirierend. Es ist ein einfacher innerer Monolog über einen Mann, der in der Praxis seines Psychiaters versucht, die Frage zu beantworten, was er vom Leben will. Das Buch ist einfach und beispiellos bewegend, weil es klarmacht, wie vergänglich und flüchtig Momente des Glücks sein können, und genau darin liegt das ganze Geheimnis, worum es im Leben geht. Der Humor und die Emotion der Geschichte haben mich in jungem Alter bewegt und sich mit etwas in mir verbunden, das ich vorher nicht artikulieren konnte.
Außerdem habe ich von meiner Mutter Nine Stories
von Salinger bekommen. Die Geschichte »For Esmé – with Love and Squalor« hat mich tief berührt. Es ist eine einfache Geschichte über einen Soldaten, der unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet (auch wenn das damals noch nicht so hieß); eine kurze Begegnung mit zwei Kindern während seiner Zeit im Krieg hilft ihm, als er wieder in der Heimat ist. Der Schlag in den Magen am Ende, in dem
nicht viel mehr passiert, als dass ein Brief gelesen wird, hat mir die Macht des Geschichtenerzählens gezeigt. Sie steht für das Wesen von dem, was Kunst tun kann: Menschen bewegen, und das auf eine sehr einfache Weise. Die Geschichte handelt von menschlicher Freundlichkeit und davon, dass ein kleiner Akt sehr viel bedeuten kann. Diese Idee, die mir in einem prägenden Alter präsentiert wurde, hat meine Einstellung zu Kunst sehr beeinflusst.
The Jaws Log
ist ein Buch von Carl Gottlieb, dem Drehbuchautor für den Film Jaws
. Es ist eine Tag-für-Tag-Nacherzählung über die Entstehung des Films und steckt voller Details über die Dreharbeiten vor Ort. Für mich war das unglaublich inspirierend – ich wollte Regisseur werden, und Jaws
kam heraus, als ich zehn Jahre alt war. Ich liebte Filme und war fasziniert von allem, was damit zu tun hatte. Ich saugte die Informationen auf, und das Buch wurde so etwas wie meine Bibel für das Filmemachen, als ich begann, Super-8-Filme mit meinen Freunden zu drehen. Ein Buch wie dieses zur richtigen Zeit, das deinen Wissensdrang über eine bestimmte Kunst nährt, die du gerade erlernst, kann prägend sein. Ich kann mich noch an die Struktur des ramponierten Taschenbuch-Einbands erinnern und wie ich mich darauf freute, es immer wieder zu lesen. Außerdem ist es heute, im neuen Zeitalter des digitalen Filmemachens, eine tolle Chronik darüber, wie Filme entstanden, als der Prozess dafür noch viel analoger war.
Welche Anschaffung von maximal 100 Dollar hat für dein Leben in den letzten sechs Monaten (oder in letzter Zeit) die größte positive Auswirkung gehabt?
Ich habe den richtigen Rucksack gefunden [Incase City Collection]. Der ist wirklich wichtig, weil er so etwas wie mein tragbares Büro mit Brieftasche ist. Wenn man als Mann keine »Handtasche« (Männer-Handtasche) mit sich trägt, ist ein Rucksack meiner Meinung nach unverzichtbar. Irgendwie ist er irgendwann immer überfüllt, und wenn das so ist, erinnere ich mich daran, dass ich nicht die ganze Zeit alles mit mir herumtragen muss. Man sollte einen Rucksack mit einem guten Außenfach für Portemonnaie, Schlüssel etc. nehmen, das macht das Leben wirklich leichter.
Welcher (vermeintliche?) Misserfolg war die Voraussetzung für deinen späteren Erfolg? Hast du einen »Lieblingsmisserfolg«?
Als die lehrreichste und inspirierendste Erfahrung würde ich im Rückblick den Misserfolg von The Cable Guy
an den Kassen und bei den Kritikern ansehen. Die Produktion dieses Films war eine rein kreative Erfahrung. Wir haben im Prinzip gemacht, was wir wollten, und die Chance dazu bekamen wir dadurch, dass Jim Carrey mit dem Film ein Risiko eingehen
konnte. Bei der Produktion fühlten wir uns also erfüllt und begeistert. Aber als er herauskam, hasste jeder den Film und niemand ging ins Kino. Das war ein ziemlicher Schock, hauptsächlich, weil ich noch nie erlebt hatte, dass ein so ambitioniertes Projekt keinen Erfolg hat. Das tat weh, so wie es bei Misserfolgen immer ist. Aber ich glaube, wenn man so etwas zum ersten Mal durchmacht, dann weiß man nicht, wie man wieder herauskommt. Und wenn man es am Ende doch schafft, bekommt man eine Sichtweise, die man ansonsten nie bekommen hätte. Man lernt einfach, dass die Leute auf Kunst oder Unterhaltung positiv reagieren oder eben nicht. Das bedeutet nicht, dass Ursache und Wirkung miteinander zusammenhängen. Mit anderen Worten: Man tut immer das Beste in einem bestimmten Moment, und dann funktioniert es oder es funktioniert nicht. Von da an war ich in Bezug auf diesen Punkt weniger unschuldig oder vielleicht naiv. Als ich dann anschließend etwas machte, das gut ankam, wurde ich immer von dem Wissen gebremst, dass das nicht hieß, dass das Projekt selbst besser oder schlechter wäre. Ich glaube, das war sehr hilfreich. Außerdem lernt man, dass das wahre Erfolgsmerkmal bei einem Film ist, wenn die Leute noch Jahre später eine Verbindung zu ihm haben, wenn er ein »Leben« hat. Bei Cable Guy
hat sich gezeigt, dass das so ist, stärker als bei anderen Filmen von mir, die »erfolgreicher« waren. Wenn Leute mich darauf ansprechen, finde ich das sogar noch befriedigender.
Wenn du an einem beliebigen Ort ein riesiges Plakat mit beliebigem Inhalt aufhängen könntest, was wäre das und warum? Gibt es Zitate, an die du häufig denkst oder nach denen du lebst?
»SEI HIER. JETZT« (etwas, das ich ständig versuche, das mir aber nicht immer gelingt).
Weil das Leben kurz ist und wir immer nur den aktuellen Moment haben. Unsere Erinnerungen sind wertvoll, aber sie sind Vergangenheit, und die Zukunft ist noch nicht da. Ich werde älter, und ich versuche, voll in den Momenten mit Menschen zu leben, die ich liebe und schätze. Ich habe viele Jahre damit verbracht, mich immer auf die nächste Sache zu konzentrieren, und habe mich dabei unter Stress gesetzt mit Dingen, die letztlich keine Rolle spielen und nicht glücklich machen. Ich versuche auf gewisse Weise immer, mich in dem zu »entspannen«, wo ich jetzt bin, ob ich dort gerade sein möchte oder nicht.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Mir Zeit zum Durchatmen zu nehmen, wenn ich mich gestresst fühle. Ich versuche dann, nur zu atmen und mich auf meine Atmung zu konzentrieren. Ich finde das wirklich entspannend, und es hilft mir, mich wieder zu konzentrieren und neu zu starten.
Welche schlechten Ratschläge kursieren in deinem beruflichen Umfeld oder Fachgebiet?
Ich glaube, die Leute halten sich zu sehr mit dem Versuch auf, herauszufinden, was gerade »heiß« ist, und das nachzumachen. Letztlich muss man als Filmemacher oder sogar als Schauspieler seine eigene Stimme entwickeln. Das braucht Zeit. Zu den schlechten Ratschlägen: Glaube niemandem, der dir sagt, er weiß, was er tut. Der Drehbuchautor William Goldman hat einmal geschrieben: ›Niemand weiß irgendetwas‹ im Filmgeschäft, und das stimmt. Ich weiß, dass ich nichts weiß, dabei bin ich schon lange dabei. Man fängt jedes Mal ganz von vorne an.
Höre also auf niemanden, der dir sagen will, welche Art von Film du schreiben, wie du aussehen oder welche Art von Arbeit du machen solltest.