»Ich möchte lieber eine unterschätzte gute Empfehlung geben: Sei interdisziplinär. Oft liegen strategischen und protokollarischen Entscheidungen die Interaktionen zwischen verschiedenen Fachgebieten zugrunde.«
VITALIK BUTERIN
ist der Erfinder von Ethereum. Die Blockchain und Kryptowährungstechnologien entdeckte er 2011 durch Bitcoin. Die Technologie und ihr Potenzial begeisterten ihn sofort. Im September 2011 war er Mitgründer des Magazins Bitcoin
. Als er sich zweieinhalb Jahre später anschaute, was die bestehende Blockchain-Technologie und ihre Anwendungen zu bieten hatten, verfasste er im November 2013 das Ethereum-White-paper. Heute leitet er das Forschungsteam von Ethereum und arbeitet an Zukunftsvisionen für das Ethereum-Protokoll. 2014 erhielt Vitalik die zweijährige Thiel Fellowship. Das Projekt des Tech-Milliardärs Peter Thiel fördert 20 vielversprechende Innovatoren unter 20 mit 100.000 US-Dollar, damit sie sich ihren Erfindungen widmen können statt einer tertiären Bildungseinrichtung.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Das war vermutlich zu verstehen, wie ich etwas zu interpretieren habe, was andere Menschen in Situationen sagen, in denen sich ihre Ziele nicht komplett mit meinen decken. Ein häufiger Anfängerfehler unerfahrener Mitarbeiter in Führungspositionen ist, stets dem letzten Gesprächspartner zuzustimmen. Man braucht eine Weile, bis man sich das abgewöhnt. Es geht aber ganz leicht, wenn man erst mit genügend Menschen zu tun hatte, die sich widersprechen. Eine gute Strategie dafür ist, kontrafaktisch zu argumentieren: Erzählt dir jemand, X ist richtig, dann frage dich – (i) was würde er sagen, wenn X wirklich richtig wäre und (ii), was würde er sagen, wenn X falsch wäre? Ist die Antwort auf (i) und (ii), »er würde wohl so ziemlich das Gleiche sagen«, dann ist der Informationsgewinn aus seiner Aussage gleich null. Generell gilt: Wenn es darauf ankommt, darf man nichts für bare Münze nehmen.
Welche Anschaffung von maximal 100 Dollar hat für dein Leben in den letzten sechs Monaten (oder in letzter Zeit) die größte positive Auswirkung gehabt?
Ein anständiger, rückenfreundlicher Reiserucksack. Ich schleppe gewöhnlich mein ganzes Zeug (rund 10 Kilo) überall auf Flugreisen mit und der Rucksack hat enorm dazu beigetragen, mir diese Erfahrung angenehmer zu machen.
Was ist eine deiner – gern auch absurden – Eigenheiten, auf die du nicht verzichten möchtest?
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Im Flugzeug sehe ich mir oft Filme an, aber immer in Sprachen, die ich noch nicht fließend spreche. Im Moment wechsle ich zwischen Französisch, Deutsch und Chinesisch.
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Dunkle Schokolade mit 90 Prozent Kakaogehalt. Unter 80 ist mir zu süß, 95 noch ein bisschen zu kräftig … vorerst. Ich kaufe meist Lindt, weil es die überall gibt, aber hin und wieder greife ich auch zu anderen Marken. Das ist eher eine Frage der Verfügbarkeit als des persönlichen Geschmacks.
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Katzen.
Welche schlechten Ratschläge kursieren in deinem beruflichen Umfeld oder Fachgebiet?
Ich möchte lieber eine unterschätzte gute Empfehlung geben: Sei interdisziplinär. In meinem Fall führe ich diverse Untersuchungen in den Bereichen Informatik, Kryptografie, Mechanism Design, Wirtschaft, Politik und anderen Sozialwissenschaften durch. Oft liegen strategischen und protokollarischen Entscheidungen die Interaktionen zwischen verschiedenen Fachgebieten zugrunde.
Was tust du, wenn dir alles zu viel wird, du nicht mehr fokussiert bist oder deine Konzentration nachlässt?
Das kommt ganz auf die Situation an. Generell ist es immer gut, sich zwischendurch mal auf etwas anderes zu konzentrieren, vielleicht bei einem Spaziergang. Geht es um ein technisches Problem (also darum, wie sich Aufgabe X erledigen lässt), dann kommt man manchmal am besten aus einer Sackgasse heraus, indem man sich verschiedenen Situationen und Umgebungen aussetzt, um sich neue Anregungen zu holen. Soziale Situationen finde ich schwieriger. In dem Fall ist es wichtig, nicht in die Falle zu tappen, die Dinge von der Warte des letzten Gesprächspartners aus zu sehen – oder ganz allgemein von der Warte der Menschen, mit denen man mehr Zeit verbringt. Man muss eine Möglichkeit finden, die Situation neutral zu bewerten – und vielleicht mit anderen sprechen, die nicht dem Kreis angehören, der sich im Konflikt befindet.