»Die ersten 33 Jahre meines Lebens über habe ich aktiv versucht, Misserfolg zu vermeiden. Neuerdings mache ich mir weniger Sorgen über Misserfolge und mehr darüber, nicht genug davon zu riskieren. Denn ich bin mir relativ sicher, dass es keinen Misserfolg gibt, den ich nicht überleben würde.«
FRANKLIN LEONARD
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FRANKLIN LEONARD wurde von NBC News als »der Mann hinter Hollywoods geheimer Drehbuch-Datenbank« bezeichnet. Im Jahr 2005 fragte er fast 100 Stoffentwickler aus der Filmbranche nach ihren liebsten Drehbüchern dieses Jahres, aus denen noch keine Kinofilme geworden waren. Seitdem ist der Pool der Teilnehmer auf mehr als 500 Filmmanager gewachsen, und mehr als 300 Drehbücher aus seiner Schwarzen Liste haben es ins Kino geschafft und an den Kassen weltweit zusammen mehr als 26 Milliarden Dollar eingespielt. Die Filme wurden für insgesamt 264 Oscars nominiert und haben 48 gewonnen. Slumdog Millionaire, The King’s Speech, Argo und Spotlight wurden sämtlich als bester Film des Jahres ausgezeichnet, außerdem haben die Filme von Leonards Liste zehn der 20 letzten Drehbuch-Oscars gewonnen.
Welcher (vermeintliche?) Misserfolg war die Voraussetzung für deinen späteren Erfolg? Hast du einen »Lieblingsmisserfolg«?
Man könnte die ersten drei Jahre meiner Karriere als Reihe von gescheiterten Versuchen in Berufen ansehen, von denen ich dachte, dass sie mir gefallen könnten: Ich habe bei einem Kongress-Wahlkampf mitgeholfen, der sehr erfolglos war. Meine Artikel für die Zeitung Trinidad Guardian waren in Ordnung, aber nicht weiter bemerkenswert. Bei McKinsey and Company war ich ein mittelmäßiger Analyst. Diese Nicht-Erfolge führten dazu, dass ich es in Hollywood versuchte. Ironischerweise ist meine Arbeit an der Black List in vielerlei Hinsicht eine Synthese aus dem Anführen einer vom Schreiben angetriebenen Bewegung, die zugleich ein sehr genaues Verständnis von Systemen und Betrieb in Unternehmen erfordert.
Was ist eine deiner – gern auch absurden – Eigenheiten, auf die du nicht verzichten möchtest?
Ich bin nicht sicher, wie ungewöhnlich oder absurd das ist, aber ich bin ein hoffnungsloser Fußball-Fan. Ich spiele jeden Freitagabend selbst in Los Angeles. Samstags und sonntags stehe ich während der Saison um 4 Uhr morgens auf, um jedes Spiel der English Premier League zu sehen. Ich spiele fanatisch Fantasy Premier League, und oft plane ich internationale Reisen so, dass ich wichtige Spiele live sehen kann. Ich liebe diesen Sport von Herzen, aber er ist auch eine schamlose Loslösung von allem, was mit meinem Alltagsjob zu tun hat. Allerdings sind dadurch doch wieder eine Reihe von professionellen Beziehungen mit Leuten entstanden, die dasselbe Interesse haben.
Was tust du, wenn dir alles zu viel wird, du nicht mehr fokussiert bist oder deine Konzentration nachlässt?
Ich gönne mir einen Tag Pause (oder wenn ein ganzer Tag nicht möglich ist, ein paar Stunden oder auch nur Minuten) und erlaube mir, nicht an das zu denken, was mir gerade Probleme macht. Diese Tage gehen normalerweise mit etwas anstrengender körperlicher Tätigkeit und mit dem Anschauen mindestens eines meiner Lieblingsfilme einher (meistens Amadeus und Being There – beides sind, vielleicht nicht so überraschend, Filme darüber, wie Genie an ungewöhnlichen Orten zu finden ist).
Ich mache bei einem spontanen Fußballspiel mit, wann immer sich die Gelegenheit dazu bietet. Fitness-Studios lehne ich instinktiv ab, aber ich weiß, dass sie eine sowohl sinnvolle als auch wertvolle Möglichkeit bieten, fit zu bleiben und sich zur Ablenkung von den emotionalen Schmerzen, die man hat, wenn man überfordert oder unkonzentriert ist, in physischen Schmerzen zu verlieren. Außerdem habe ich das Glück, nur ein paar Ecken entfernt vom Griffith Park in Los Angeles zu leben, sodass ich problemlos einen langen Spaziergang in die Berge machen kann.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Davon gibt es wahrscheinlich zwei:
Die absolute Notwendigkeit, zu reisen. Ich war ein Armee-Kind. Bis ich neun Jahre alt war, habe ich nie mehr als zwölf Monate lang am selben Ort gelebt, und ich vermute, dass ich als Folge davon Wanderlust entwickelt habe. Der habe ich mindestens ein Jahrzehnt lang widerstanden und sehr intensiv versucht, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, die ich als Zeit im Büro und Herumkramen mit Papieren definierte. In den vergangenen drei Jahren habe ich versucht, Ja zu jeder Chance zum Reisen zu sagen, die sich bei meiner Arbeit bot; außerdem will ich pro Jahr mindestens einen Monat außerhalb der USA verbringen. Das hat sich außergewöhnlich positiv auf meine mentale Gesundheit und meine Fähigkeit ausgewirkt, einen guten Blick darauf zu behalten, was wichtig ist und was nicht, wenn ich dann wieder im Büro schufte.
Der zweite Punkt: Darauf vertrauen, dass ich fast alle Misserfolge aushalten kann, die mir widerfahren könnten. Die ersten 33 Jahre meines Lebens über habe ich aktiv versucht, Misserfolge zu vermeiden. Neuerdings mache ich mir weniger Sorgen über Misserfolge und mehr darüber, nicht genug zu riskieren. Denn ich bin mir relativ sicher, dass es keinen Misserfolg gibt, den ich nicht überleben würde. Selbst wenn mir die Black List morgen um die Ohren fliegt, bin ich sicher, dass irgendjemand mir einen Job anbieten wird.
Welche schlechten Ratschläge kursieren in deinem beruflichen Umfeld oder Fachgebiet?
Der schlechteste Ratschlag lautet, dass ein internationales Publikum keine Filme über farbige Menschen sehen will. Das ist besonders heimtückisch, aber es zeigt ein größeres Thema: Hollywood akzeptiert konventionelle Weisheiten, die eher konventionell sind als weise, ohne zu hinterfragen, ob es irgendwelche Belege für diese Annahmen gibt.
Welchen Rat würdest du einem intelligenten, motivierten Studenten für den Einstieg in die »echte Welt« geben?
Probier alles aus, von dem du glaubst, dass es ein guter Beruf für dich sein könnte, bevor du auf irgendeinen Reserve-Plan umsteigst, den du vielleicht im Hinterkopf hast, aber eigentlich viel lieber nicht umsetzen würdest.