»Ich liebe es, meine Routine zu haben und sie durch nichts stören zu lassen. Mein Vater sagte früher: ›Ich weiß, dass ich an keinem deiner Trainingstage sterben darf, und auch meine Totenwache oder Beerdigung sollte dann nicht stattfinden, weil du sonst nicht kommen würdest.‹«
ED COAN
IG: @eddycoan
FB: /EdCoanStrengthInc
ED COAN gilt gemeinhin als größter Kraftdreikämpfer aller Zeiten. Er hat in dieser Sportart über 71 Weltrekorde aufgestellt. Eds beste Leistungen mit Hebeanzug sind 462 kg in der Kniebeuge, 265 kg im Bankdrücken und 409 kg im Kreuzheben, womit er auf insgesamt 1.136 kg kommt. Die 409 kg im Kreuzheben erzielte er mit einem Körpergewicht von 100 kg. Ed wurde der leichteste Mensch in der Geschichte, der mehr als 1.100 Kilogramm im Kraftdreikampf schaffte, das heißt die 2.400-Pfund-Marke überschritt, die sich aus der Summe der drei Teildisziplinen Kreuzheben, Bankdrücken und Kniebeuge ergibt.
Anmerkung von Tim: Dieses Profil unterscheidet sich ein wenig von allen anderen. Ed ist ein Held meiner Jugend und einer der besten Gewichtheber, die es je gegeben hat. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihm eine Reihe trainingsspezifischer Fragen zu stellen. Seine Antworten auf die üblichen Fragen sind ans Ende dieses Abschnitts gestellt.
Warst du schon immer gut im Sport?
Als Junge hatte ich keine Auge-Hand-Koordination. Wenn ich abends ans Illinois Institute of Technology ging, musste ich so etwas wie Scheuklappen tragen, weil ich nicht einmal dribbeln konnte. Ich war ziemlich schmächtig. Im ersten Highschool-Jahr war ich nur 1,50 Meter groß und wog 45 kg, deshalb versuchte ich nicht einmal, mich für die Baseball- oder Football-Mannschaft zu bewerben. Ich hatte Angst. Schließlich fing ich mit dem Ringen an, weil es in dieser Sportart eine Gewichtsklasse bis 45 kg gab. So kam ich zum Kraftsport.
Ich konnte ohne fremde Hilfe in diesen Sport eintauchen. Es gab nur mich und die Hanteln. Um Mitternacht ging ich ins Kellergeschoss, setzte mich auf die dort vorhandenen Kraftstationen mit leichten Gewichten und tobte mich aus, weil niemand da war, der mich beobachtete. Ich war ganz allein.
Bist du auf unerwartete oder überraschende Erkenntnisse gestoßen, als du die Notizen durchgegangen bist, die du im Laufe deiner 28 Trainingsjahre gemacht hast?
Als ich die Notizen schrieb, nein. Rückblickend allerdings schon. Die größte Überraschung war, dass ich mir Zeit ließ und vier- oder fünfmal im Jahr kleine Fortschritte machte. Über 28 Jahre hinweg summieren sich die zahlreichen kleinen Fortschritte zu großen Erfolgen. Ich dachte nie »Oh, ich muss X stemmen oder Y schaffen.« Ich dachte mir nur: »Ich werde besser werden, und dafür muss ich dieses oder jenes tun. Das sind meine Schwächen; ich sollte mich also daran machen, sie zu beseitigen.«
Was sind die typischen Anfängerfehler, die du im Kraftsport siehst?
Sie lassen sich keine Zeit. Sie achten nicht auf ihre langfristigen Ziele, auf das große Gesamtbild. Ich stelle den jungen Leute eine alte Frage, die jeder alte Typ stellt: »Wo willst du in fünf Jahren sein? Wo siehst du dich dann?« Wenn ich diese Frage in Bezug auf den Kraftdreikampf stelle, können viele Leute keine Antwort geben. Sie denken sich nur: »Wie weit komme ich in sechs Monaten?« Sie erkennen nicht, dass man den ganzen Körper über einen Zeitraum von nur drei Jahren in jeder Hinsicht stark machen und eine zuverlässige Maschine erschaffen kann, die widerstandsfähig ist, die nicht kaputt geht und an der man sein Leben lang Freude hat – weil man sich konsequent an einige Grundregeln gehalten hat.
Sie nehmen sich nicht die Zeit für den i-Punkt und den Querstrich beim t. Analog dazu können sie die beste Arbeit schreiben und einreichen, aber wegen zu vieler Rechtschreibfehler trotzdem eine schlechte Note bekommen. Sie nehmen sich nicht die Zeit, auf die kleinen Dinge zu achten: Zusatz- und Hilfsübungen, Techniktraining, Ernährung, Prähabilitation [Verletzungsprävention] usw.
Ich hatte das Glück, introvertiert zu sein – ich wusste, wo meine Schwächen lagen. Ich bestritt nur zwei Wettkämpfe im Jahr, weil ich gerne besser werde und mir alle Zeit der Welt nehmen will, um meine Schwachpunkte zu beseitigen. Meine Stärken sind zum Beispiel der Rücken und die Hüften. In meiner langen Vorbereitungsphase (etwa von Dezember bis Mitte Juni) standen zum Beispiel Kniebeugen mit schmalem Stand und hoch angesetzter Hantel auf meinem Programm. Das Kreuzheben gestaltete ich schwieriger, indem ich die Bewegung ohne Gewichthebergürtel und mit einem Defizit [einer erhöhten Plattform] oder mit gestreckten Beinen ausführte.
In Bezug auf das Bankdrücken stellte ich mir die Frage: »Wie kann ich diese Übung schwerer machen, damit mein Lockout besser sitzt?« Ich hob dann meine Füße an, benutzte einen engeren Griff, machte Schrägbankdrücken, solche Sachen eben.
Wie kann ich mein Wissen einsetzen, um nicht nur allgemein stark zu werden, sondern auch in den Hauptdisziplinen [Kniebeuge, Kreuzheben, Bankdrücken] besser zu werden? Es spielt keine Rolle, ob der Bizeps gut aussieht, wenn er sonst nichts leisten kann.
Wann sollte man Maximalversuche machen?
Zweimal im Jahr im Wettkampf oder in der Meisterschaft.
Wenn jemand im Kraftraum einen Maximalversuch macht, steht er in der Regel unter Strom und kann das Endergebnis nicht abschätzen. Vor Jahren ging ich mit Fred Hatfield [der als erster Mensch im Wettkampf eine Kniebeuge von 430 kg schaffte] und einigen anderen Sportlern nach Russland. Das war noch vor der Perestroika, und die Sowjetunion war unglaublich stark. Ich trainierte in einer alten Turnhalle – so wie die, die man aus dem vierten Rocky -Film kennt. Als ich mich dort mit den Leuten unterhielt, sagten sie: »Man hat in seinem Leben nur eine begrenzte Anzahl von Maximalversuchen im Körper. Warum sollte man sie im Kraftraum verschwenden?« Dieser Meinung stimme ich grundsätzlich zu.
Gibt es bestimmte Übungen, die deiner Meinung nach vernachlässigt werden oder die man häufiger machen sollte?
Normalerweise sind es harte Sachen wie Sätze mit Kniebeugen, bei denen man in der unteren Endposition eine Pause macht. Man kann nicht so viel Gewicht benutzen, sie sind anstrengender, und oft macht man sie deshalb nicht. Wenn man unten kurz pausiert, gibt es nur eine Möglichkeit, wieder nach oben zu kommen, nämlich indem man mit dem ganzen Körper im richtigen Augenblick synchron nach oben drückt. Bei einer schlechten Technik fällt man gleich nach vorne. Ich mache keine Box-Squats, also Kniebeugen, bei denen man sein Gesäß kurz auf einem Kasten absetzt … ich habe mir beigebracht, wie ich mit Hantel die Körperspannung halte.
Was sind die gängigsten Fehler, die du bei der Ausübung einer Nackenkniebeuge siehst?
Viele betrachten den Körper nicht als Ganzes. Sie denken, dass sie nur ihre Beine benutzen müssen, und bringen das Argument vor: »Ich will mir den Rücken nicht verletzen, also benutze ich ihn nicht.« Aber die Beinkraft, die nach unten in den Boden drückt, muss durch eine gleich große aufwärtsgerichtete Kraft ausgeglichen werden, und zwar in Form des Rückens, der gegen die Hantel drückt. Diese duale Aktion wirkt wie ein Türscharnier und sorgt dafür, dass die Hüften aktiviert werden und nach vorne gehen. Wenn dieses Zusammenspiel nicht funktioniert, fällt man nach vorne. Also konzentriere ich mich darauf, alles richtig zu machen, mich mit den Beinen abzustoßen und den Rücken gerade nach oben in die Hantel zu pressen. Dann springen die Hüften an. Beim Kreuzheben gilt dasselbe.
Gibt es bestimmte Prehab-Übungen, die du (nicht) magst?
Layne Norton hat in den letzten vier Jahren Hüft- und Rückenverletzungen erlitten und sich immer wieder aufgerappelt. Er hat auf sein Instagram-Profil ein Tutorial mit Hüftübungen gestellt (@biolayne ), die ihm wirklich geholfen haben. Ich habe sie ausprobiert, und sie funktionieren sagenhaft.
Ich mache auch Dehnübungen mit Gummibändern, die Kelly Starrett empfiehlt, um meine Mobilität zu verbessern, und benutze einen Lacrosse-Ball, um meine Brust-, Rautenmuskeln usw. zu lockern.
Für die Brustmuskeln stellt man sich zum Beispiel neben einen Türrahmen, legt den Lacrosseball direkt auf die Sehne des Brustmuskels und lehnt sich nach vorne. Wenn man den rechten Brustmuskel bearbeitet, würde man links versetzt vom Türrahmen stehen, den rechten Arm vor den Körper heben, also in den Durchgang hinein, und mit der rechten Brust (auf der Schulterinnenseite) den Ball in den Türrahmen pressen. Entscheidend ist, dass sich der Ball nicht bewegt. Stattdessen bleibt man nach vorne gelehnt, um den Druck auf den Ball aufrechtzuerhalten, und bewegt den Arm auf und ab, damit die Sehne über den Ball gleitet. Man verursacht den Schmerz selbst, was die Sache erträglicher macht.
Hast du in deiner Wettkampflaufbahn etwas Ungewöhnliches gefunden, das deine Regeneration beschleunigt?
Ich wurde viermal in der Woche von meinem Freund Dr. Bob Goldman chiropraktisch behandelt. Wenn ich zu ihm ging, fing er bei meinen Füßen an und arbeitete sich von dort aufwärts. Jetzt sieht man viele Leute wie Chris Duffin und Kelly Starrett, die die Fußsohlen ausrollen und die Fußgelenke mobilisieren. Damals benutzten wir etwas, das wie ein Rechenschieber aussah. Kurze Zeit später vertrat ich mir die Beine, und plötzlich taten mir Knie und Rücken nicht mehr weh. Heute benutze ich einen Lacrosseball.
Ich habe gehört, dass du niemals eine Wiederholung im Training abbrechen musstest, was selten ist. Wo hast du diesen Ansatz gelernt?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mir das selbst beigebracht habe. Als ich jünger war, las ich noch Powerlifting USA , aber mein Trainingsplan war eine einfache lineare Periodisierung, bei der ich mir viele Gedanken darüber machte, welche Hilfsübungen ich verwenden sollte. Ich ging ungefähr wie folgt vor: Wenn ich einen zwölfwöchigen Trainingszyklus hatte, würde ich mit der letzten Woche anfangen – Sätze, Wiederholungen, Hanteln – und mich bis zur ersten Woche zurückarbeiten. Ich würde für jede Übung jeden Satz, jede Wiederholung und jedes Gewicht genau kennen. Es spielte dann keine Rolle, ob Beincurls, Kniebeugen mit Pause, Schulterdrücken oder Rudern vorgebeugt anstanden – Hantelgewicht, Satz- und Wiederholungszahlen standen für den gesamten Trainingszyklus im Vorfeld fest.
Dann würde ich innehalten und meinen Plan ansehen, der natürlich mit Bleistift geschrieben war, und mir folgende Frage stellen: »Okay, ist jeder einzelne Punkt machbar?« Wenn man erst darüber nachdenken muss, muss man Änderungen vornehmen. Man muss sein Programm so gestalten, dass man mit absoluter Gewissheit sagen kann, dass es machbar ist. Diese Zuversicht hat eine große positive Wirkung auf das Training.
Ich war mir nie unsicher. Ich fühlte mich nie unter Druck gesetzt. Ich machte mir nie Sorgen, ob ich meine Ziele in der nächsten Woche erreichen würde. Ich wusste immer, dass ich sie schaffen würde.
Wenn du heute auf deine Wettkampfvorbereitung zurückblickst, wie sah deine wöchentliche Aufteilung damals aus?
Montags machte ich immer Kniebeugen und alle anderen Hilfsübungen für die Beine. Dienstags hatte ich trainingsfrei. Mittwochs standen Bankdrücken mit Unterstützung und viel Trizepstraining auf dem Programm. Nachdem ich den Trizeps am Mittwoch müde gemacht hatte, waren am Donnerstag die Schultern dran [Standardübung: Langhanteldrücken mit hinter dem Nacken gehaltener Hantel, Steigerung bis zu 181 kg]. Am Freitag stand mein Rückentraining an [mit leichten Kniebeugen zum Aufwärmen]. Samstag gab es zur Regeneration leichtes Bankdrücken mit breitem Griff, Flys usw., gelegentlich auch kleinere Übungen wie leichte Curls und Griffarbeit. Die Sonntage waren frei.
Wenn du an einem beliebigen Ort ein riesiges Plakat mit beliebigem Inhalt aufhängen könntest, was wäre das und warum?
»SEI NETT!«
So wütend und »fokussiert«, wie ich in meiner Jugend war, stellte ich fest, dass diese beiden Wörter mein Leben deutlich einfacher machten.
Ich verzog mein Gesicht, sobald irgendetwas auch nur ansatzweise von meinen Überzeugungen abwich. Ich weiß nicht, ob es mir wegen meiner introvertierten Persönlichkeit so schwerfiel, Dinge auszudrücken, oder ob ich einfach nur dämlich war. Meine Dämlichkeit hielt sich aber in überschaubaren Grenzen, weil ich mich nie zu unüberlegten Dingen hinreißen ließ.
Eines Tages war aber dieser Idiot im Kraftraum, der es wirklich schaffte, mich zur Weißglut zu bringen.
Ich atmete tief durch, ließ meine Wut verfliegen, ging zu ihm und sagte: »Hey, wie geht’s? Du siehst echt fit aus. Glückwunsch zur bestandenen Prüfung.« Plötzlich dachte ich: »Heiliges Kanonenrohr! Das gibt’s ja nicht!« Es war so, als hätte ich mich selbst befreit. Die Wut war weg. Selbst jetzt versuche ich mich zu entspannen und denke mir etwas wie: »Hey, wie geht’s? Schön dich zu sehen.« Wenn ich etwas wirklich nicht mag oder nicht damit zurechtkomme, gehe ich einfach weg und rede mit jemandem, der positiver ist.
Das fällt mir an [den Kraftdreikämpfern] Mark und Stan Efferding oft auf. Sie lassen sich von nichts und niemandem provozieren. Es ist so, als würde Kritik einfach an ihnen abprallen.
Was tust du, wenn dir alles zu viel wird, du nicht mehr fokussiert bist oder deine Konzentration nachlässt?
Wenn ich reise und einige Stunden im Flugzeug sitze, gehe ich die letzten beiden Wochen durch: Was ich gemacht habe, was ich davon halte, was ich besser machen kann und künftig tun werde, damit mir dieselben Fehler nicht wieder unterlaufen. Stan Efferding gab mir den Tipp, Listen anzufertigen [dauert etwa 30 Minuten] … wenn ich die Punkte schriftlich festhalte, verlieren sie ihren emotionalen Gehalt, und das macht es mir leichter, mein Verhalten zu verändern.
Normalerweise halten mich Aufschieberitis und Angst davon ab, Sachen in Angriff zu nehmen. Ich neige dazu, die Dinge als großes Ganzes zu betrachten und mich davon erschlagen zu fühlen. Wenn ich eine Aufgabe in Einzelschritte aufteile, aufschreibe und meine Aufzeichnungen eine halbe Stunde später noch einmal ansehe, wirken die kleineren Punkte nicht mehr so groß und bedrohlich. Wenn ich meine Notizen mache, sieht alles plötzlich machbar aus, weil ich meine Angst externalisiert habe. Ich kann sie ansehen und erkennen, dass die Aufgabe nicht mehr furchteinflößend ist.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Seit einigen Jahren nehme ich an keinen Wettkämpfen mehr teil und habe mit JKD [Jeet Kune Do] Anti-Aggressionstraining angefangen – was mir großen Spaß macht. Das fällt mir spontan ein. Ich musste mir wieder beibringen, wie man sich bewegt, weil ich ein Athlet sein will und kein eindimensionaler Gorilla.
Welche Anschaffung von maximal 100 Dollar hat für dein Leben in den letzten sechs Monaten (oder in letzter Zeit) die größte positive Auswirkung gehabt?
Ein Bild meiner Eltern, das ich habe rahmen lassen. Ich habe nie gehört, wie meine Mutter und mein Vater jemals schlecht über eine andere Person geredet hätten. Wenn ich das Bild betrachte, denke ich immer darüber nach, wie ich jeden, der mir wichtig ist, behandeln sollte.
Das Bild wurde erst vor einigen Jahren aufgenommen, und darauf sind meine Eltern nebeneinander zu sehen – ein Porträtfoto. Sie haben nie gezeigt, wie viel sie füreinander empfinden. Ich sah mein ganzes Leben lang kaum Gefühlsbezeugungen, weil sie fünf Kinder und jetzt Enkelkinder haben. Sie hatten nie eine Chance, ihre Liebe zu zeigen. Sie sind jetzt um die 87 Jahre alt und haben gesundheitliche Probleme, sind aber insgesamt noch fit. Sie sind lebenslustig, lieben ihre Kinder und Enkelkinder, und das gibt ihnen die Kraft weiterzumachen.
Ich denke, dass sie mir ohne es zu wissen die Fähigkeit gegeben haben, die Welt zu beobachten. Auch heute noch denke ich, dass das etwas ist, was ich wirklich gut beherrsche: mich einfach nur zurückzulehnen und zu beobachten. Ich habe nie versucht, der Partylöwe zu sein oder mich in den Mittelpunkt zu stellen. Normalerweise sitze ich einfach da und beobachte meine Umgebung mit einem spöttischen Lächeln. Ich glaube nicht, dass man erkennt, wie viel die Eltern einem mitgegeben haben, bis man älter ist und darüber reflektieren kann.
Was ist eine deiner – gern auch absurden – Eigenheiten, auf die du nicht verzichten möchtest?
Ich liebe es, meine Routine zu haben und sie durch nichts stören zu lassen. Mein Vater sagte früher: »Ich weiß, dass ich an keinem deiner Trainingstage sterben darf, und auch meine Totenwache oder Beerdigung sollte dann nicht stattfinden, weil du sonst nicht kommen würdest.«
Ich halte auch seit meiner Kindheit jeden Tag Mittagsschlaf. Ich versuche auch heute noch, ihn nicht zu verpassen. Normalerweise dauert er 45 bis 60 Minuten, idealerweise zwischen 15:30 und 16:00 Uhr.
Was ist das beste oder lohnendste Investment, das du je getätigt hast (in Form von Geld, Zeit, Energie etc.)?
Vor nicht allzu langer Zeit kamen kurz nach einer OP der Lungenarzt und der Anästhesist in mein Zimmer, und ich kam mir vor wie in der TV-Sendung Intervention . »Was ist los? Sie lächeln ja gar nicht.« Sie sagten mir: »Wir müssen reden. Ihre OP dauerte wegen Ihrer Knochendichte und der Größe Ihrer Muskeln und Sehnen etwas länger als sonst.«
Das machte mir nichts aus. Und wenn schon. Dann sagten sie: »Während der OP war unser größtes Problem, Ihre Atmung aufrechtzuerhalten.« Im Anschluss daran meldete ich mich für eine Schlafstudie. Dabei wurde festgestellt, dass ich achtmal pro Minute aufhöre zu atmen, wenn ich in Seitenlage bin. In Rückenlage setzt die Atmung ganze 24-mal pro Minute aus.
Also bekam ich ein CPAP-Beatmungsgerät, das mein Leben verändert hat. Seit ich es benutze, hat sich meine Konzentration verbessert, ich habe weniger negative Gedanken, die teilweise schon fast an eine depressive Verstimmung reichten, und vieles mehr. Mein Blutdruck ist gesunken, meine Blutwerte haben sich verbessert, und alles das wurde nur mithilfe dieses Geräts möglich. Ich bin mir sicher, dass ich mein ganzes Leben lang Schlafprobleme hatte. Ich wusste es nur nicht.
Welche schlechten Ratschläge kursieren in deinem beruflichen Umfeld oder Fachgebiet?
»Die neuesten Trainingsideen sind die besten!« Das stimmt nicht. Bewährte Grundlagen bilden die Basis für alles, was wir inner- und außerhalb des Kraftraums tun.
Ich hoffe, die Frage klingt nicht provokant, aber warum schreibst du dich »Eddy«? Diese Schreibweise ist ziemlich ungewöhnlich.
Es gibt einen guten Grund, warum ich mich nicht E-D-D-I-E schreibe – das liegt an meinem allerersten Gastauftritt als Kraftdreikämpfer. Ich stellte als junger Mann meine Fähigkeiten im Kreuzheben in Pittsburgh, Pennsylvania, zur Schau. Das war zu allem Überfluss am St. Patrick’s Day, und ich muss wohl wie ein irischer Gnom ausgesehen haben. Nachdem ich die Übung absolviert hatte, trat eine Frau mit einer Ausgabe von Bill Pearls Keys to the Inner Universe an mich heran, das ein riesiges Buch ist. Sie sagte: »Könnten Sie bitte das Buch signieren? Ich bin davon überzeugt, dass Sie eines Tages ein berühmter Kraftdreikämpfer sein werden.« »Gerne«, sagte ich, aber meine Hand zitterte noch von dem Adrenalin und dem schweren Deadlift. Ich trug immer noch den Gewichthebergürtel und hatte kreideverschmierte Hände. Ich signierte also das Buch, und heraus kam E-D-D-Y. Ich dachte mir damals: »Weißt du was? Du musst für den Rest deines Lebens mit E-D-D-Y unterschreiben, damit diese erste Unterschrift nicht hinfällig wird.«