»Voraussetzung für ein gutes Leben sind viele gute Tage. Man kann es also ruhig Tag für Tag angehen.«
MR. MONEY MUSTACHE
TW/FB: @mrmoneymustache
mrmoneymustache.com
MR. MONEY MUSTACHE (eigentlich Pete Adeney) wuchs in Kanada in einer Familie aus überwiegend exzentrischen Musikern auf. In den 1990er Jahren schloss er sein Computertechnikstudium ab und arbeitete für mehrere Tech-Unternehmen, bis er sich mit 30 zur Ruhe setzte. Pete lebt mit seiner Frau und ihrem mittlerweile elfjährigen Sohn bei Boulder, Colorado. Seit 2005 haben sie nicht mehr »richtig« gearbeitet. Stellt sich die Frage: Wie geht das? Im Wesentlichen konnten sie so früh in Ruhestand gehen, weil sie alle Aspekte ihrer Lebensweise auf möglichst viel Spaß zu möglichst niedrigen Kosten ausgerichtet haben – und durch banale Indexfondsanlagen. Ihre Ausgaben belaufen sich pro Jahr insgesamt auf nur 25.000 bis 27.000 Dollar. Dabei vermissen sie nichts. Seit 2005 widmen sie sich alle drei einem eher freien Leben, das aus interessanten Projekten, Nebenbeschäftigungen und Abenteuern besteht. 2011 begann Pete, im Blog Mr. Money Mustache über seine Philosophie zu schreiben. Dieser wurde seit seiner Gründung von 23 Millionen Menschen gelesen (und 300 Millionen Mal aufgerufen). Er ist zum globalen Kult-Phänomen mit einer sich selbst organisierenden Community geworden.
Was ist eine deiner – gern auch absurden – Eigenheiten, auf die du nicht verzichten möchtest?
Meine Wäsche zum Trocknen in der Sonne auf die Leine zu hängen, Feuerholz zu machen und nach einem heftigen Sturm massenweise Schnee zu schaufeln. Mir macht es Spaß, genussvolle Stunden mit solchen realen, traditionellen menschlichen Betätigungen zu verbringen, statt mich in den Strudel künstlicherer Ebenen des Geschäfts, des Geldes und des Internetgeplauders hineinziehen zu lassen.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Mit Abstand die wichtigste war die Erkenntnis, dass der echte Maßstab für ein gutes Leben folgender ist: »Wie glücklich und zufrieden bin ich mit meinem Leben gerade in diesem Moment?«
Das ist viel einfacher, als ihr denkt. Wir alle haben bessere und schlechtere Tage. Das Ziel ist also, möglichst viele gute Tage zu erleben und die Zahl der schlechten auf nahe null zu reduzieren.
Stellt man sich diese Frage am Ende eines gelungenen Tages, fällt die Antwort oft positiv aus. Nach einem schrecklichen Tag (oder gar mehreren) sagt man vermutlich eher, das Leben sei hart. Mir wurde irgendwann klar: Voraussetzung für ein gutes Leben sind viele gute Tage. Man kann es also ruhig Tag für Tag angehen.
Offenbar gibt es ein paar ganz einfache Knöpfe, auf die man drücken kann, um sich selbst einen schönen Tag zu verschaffen. Fangt damit an, ausgeschlafen aufzuwachen, euch gut zu ernähren, Telefon/Zeitung/Computer liegen und stehen zu lassen und aufzuschreiben, was den Tag für euch schönmachen würde. Ein paar Stunden körperliche Betätigung, ein bisschen harte Arbeit und eine Gelegenheit, mit anderen zu lachen und ihnen zu helfen – das reicht oft schon.
Auf längere Sicht besteht die Herausforderung also schlicht darin, das eigene Leben so zu gestalten, dass es mehr solche Erlebnisse bietet – und weniger andere. Fragt euch bei jeder Aktivität im Tagesablauf: »Trägt das wirklich dazu bei, meinen Tag zu verschönern – und zwar heute? Und wenn nicht: Hat es irgendjemand geschafft, diese Aktivität aus seinem Leben zu streichen und ist trotzdem erfolgreicher als ich?«
Welchen Rat würdest du einem intelligenten, motivierten Studenten für den Einstieg in die »echte Welt« geben? Welchen Rat sollte er ignorieren?
Der schlechteste gängige Rat ist im Grunde eher eine Annahme, die in der gesamten Mittelschicht vorherrscht: »Such dir eine hübsche, einträgliche 40-jährige Laufbahn, in der du absolut von deinem Arbeitgeber abhängig bist.«
Das passiert ganz automatisch, wenn man den konventionellen Weg geht, indem man 85 Prozent seines Einkommens ausgibt und sich einfach Geld leiht, wenn man etwas haben möchte, was man sich nicht leisten kann. Dann steht einem das Wasser finanziell das ganze Leben lang bis zum Hals – wenn alles gut geht.
Betrachte diese Geschichte lieber unter dem Aspekt der Freiheit: Du kannst alle Freiheiten im Leben genießen, wenn du das 25- bis 30-Fache deiner jährlichen Ausgaben beiseitegelegt und in Indexfonds mit niedrigen Gebühren oder andere eher langweilige Anlagen investiert hast.
Wer die üblichen 15 Prozent seines Einkommens anspart, erreicht diese Freiheit etwa mit 65. Wer seine Sparquote auf 65 Prozent hochschraubt, ist schon kurz nach seinem 30. Geburtstag frei – und dadurch am Ende viel glücklicher.
Es gibt natürlich noch andere Möglichkeiten, das Geldproblem zu lösen: Eigentümer eines gewinnbringenden Unternehmens zu sein oder eine Arbeit zu finden, die so viel Spaß macht, dass man sie sein Leben lang machen möchte. Doch selbst dann geht es viel schneller, wenn man nicht in die typische Mittelschichtfalle tappt, Geld zu verdienen, um Kredite aufzunehmen, um Geld auszugeben.
Auf eine Zeile reduziert: Eine hohe Sparquote (oder »Gewinnmarge aufs Leben«) ist mit Abstand die beste Strategie für ein schönes, kreatives Leben, denn sie ist das Ticket zur Freiheit. Und Freiheit ist der Treibstoff der Kreativität.