»Wenn du nicht darüber lachen kannst, verlierst du.«
JON CALL
ist auch bekannt unter dem Namen Jujimufu, der anabole Akrobat. 2000 brachte er sich selbst das »Tricking« bei, eine ästhetische Kombination aus Saltos, Drehungen und Tritten. 2002 startete Jon
trickstutorials.com
, das er zwölf Jahre lang führte und das zu einer der größten Online-Gemeinden für Trickster wurde. Er wurde berühmt für virale Videos, in denen er zwischen zwei Stühlen in den Spagat geht und dabei mit Hantelscheiben beschwert ist oder eine Langhantel über dem Kopf hält; er trat außerdem in der TV-Show
America’s Got Talent
auf.
Men’s Health
schrieb, dass er »aussieht wie ein Strongman, sich wie ein Ninja bewegt und die verrücktesten Fitness-Stunts macht, die Sie jemals sehen werden«.
Welches Buch (welche Bücher) verschenkst du am liebsten? Warum? Welche ein bis drei Bücher haben dein Leben am stärksten beeinflusst?
Thinking Body, Dancing Mind
von Chungliang Al Huang. Es ist ein Buch über Sportpsychologie, das auf den Lehren des Daoismus beruht. Es ist eine sehr außergewöhnliche Interpretation dieser Philosophie. Ich hatte das Glück, in einem Buchladen darauf zu stoßen, als ich 15 Jahre alt war. Damals ergänzte es mein Taekwondo-Training enorm. Bis heute lese ich immer noch gelegentlich in diesem Buch.
Welche Anschaffung von maximal 100 Dollar hat für dein Leben in den letzten sechs Monaten (oder in letzter Zeit) die größte positive Auswirkung gehabt?
Eine elektrische Herdplatte. Ich benutze das Modell Aroma Housewares AHP-303/CHP-303 mit einem Kochfeld. Es kostet keine 20 Dollar und eignet sich hervorragend, um eine Tasse Kaffee (oder auch drei) warm zu halten!
Welcher (vermeintliche?) Misserfolg war die Voraussetzung für deinen späteren Erfolg? Hast du einen »Lieblingsmisserfolg«?
Ich verstauchte mir im März 2012 beim Training das Fußgelenk. Es war eine Verstauchung zweiten Grades. Ich konnte sieben Monate lang keine akrobatischen Übungen machen. Ich erholte mich nur langsam, aber hier ist eine lustige Anekdote: Als mein Fußgelenk verstaucht war, beschloss ich, wie verrückt an den Turnerringen zu trainieren. Etwa ein halbes Jahr lang machte ich jeden zweiten Tag sehr harte Workouts an den Ringen. Auf diese Weise Muskelmasse zuzulegen ist nicht so einfach wie mit Hanteln, aber ich nahm trotzdem sieben Kilogramm zu! Das extrem hohe Volumen an den Turnerringen übertrug sich zwangsläufig auf meine akrobatischen Bewegungen, als mein Fußgelenk fast vollständig ausgeheilt war. Die Verstauchung löste eine gewaltige Transformation aus, die bis heute anhält. Hätte ich mir damals das Fußgelenk nicht verstaucht, hätte ich meinen Erfahrungsschatz nicht erweitern können und wäre der schmächtige Junge geblieben, der alleine im Park seine Kunststücke übt.
Wenn du an einem beliebigen Ort ein riesiges Plakat mit beliebigem Inhalt aufhängen könntest, was wäre das und warum?
»Wenn du nicht darüber lachen kannst, verlierst du.«
Diesen Spruch habe ich mir erst dieses Jahr ausgedacht – ich versuche mich mehr an dieses Zitat zu halten als an jedes andere, das ich kenne. Das Schöne daran ist, dass man durch die Ausnahmen von der Regel eine wichtige Lektion lernt. Man würde zum Beispiel nicht lachen, wenn jemand stirbt, vor allem eine nahestehende Person, aber das liegt daran, weil
man im Leben nicht immer gewinnen kann. Manchmal verlieren wir eben! Aber wir sollten zwischen einem echten Verlust und einer Lappalie unterscheiden können. Den Autolack versehentlich zu zerkratzen oder zu vergessen, den Müll rechtzeitig an den Straßenrand zu stellen, sind lästige Dinge, über die man lieber früher als später lachen sollte. Je eher man lernt, darüber zu lachen, umso schneller kommt man im Leben voran. Je schneller man über sich selbst lachen kann, umso schneller wird man sein Leben wahrhaftig leben können.
Was ist eine deiner – gern auch absurden – Eigenheiten, auf die du nicht verzichten möchtest?
An Riechsalz schnuppern! Das tun Kraftdreikämpfer, bevor sie für einen Maximalversuch die Plattform betreten. Riechsalze sind chemische Verbindungen (normalerweise mit einer Form von Ammoniak), die benutzt werden, um den Geist in einen höheren Erregungszustand zu versetzen und/oder die Leistung zu verbessern.
Es gibt verschiedene Formen von Riechsalz, aber Ampullen lassen sich besser aufbewahren und haben eine gleichbleibend hohe Qualität. Eine Variante sind Riechampullen wie zum Beispiel »First Aid Only H5041-AMP Ammonia«. Ich finde es immer zum Schreien komisch, wenn jemand zum ersten Mal daran schnuppert – das tut richtig weh! Die meisten Leute benutzen Riechsalz für schwere Lifts, aber ich verwende es auch in anderen Situationen. Bist du müde, weil du schon so lange herumsitzt? Riechsalz hilft!
Hast du Angst vor Sekundenschlaf beim Autofahren? Riechsalz hilft!
Denkst du ständig an Sex, kannst dich aber nicht austoben? Riechsalz hilft!
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Ich versuche, meine Präsenz in den sozialen Medien auszuweiten. Es gibt einen Unterschied zwischen dem passiven Konsum und der aktiven Gestaltung sozialer Medien. Letzteres bringt viel positive Publicity, aber mein Ziel war es, meinen Einfluss und meine Anhängerschaft zu vergrößern. Soziale Medien funktionieren am besten, wenn man dem Publikum einen massiven Mehrwert bietet. Ich wertete das Verhalten meiner User aus (Likes, Dislikes, Anzahl der Klicks usw.) und passte meine Beiträge den aktuellen Trends an (damit erzielte ich die besten Ergebnisse). Ich poste nichts, was ich nicht tun will oder gerne tue, und achte stets darauf, dass ich in meinen Videos authentisch bin, um maximalen Unterhaltungswert zu bieten. Seitdem ich mich darauf konzentriere, meinen Einfluss in den sozialen Medien zu vergrößern, habe ich das, was ich sowieso getan hätte, zu einer Karriere ausgebaut. Ich verdiene mein Geld damit, »ich selbst zu sein«, und diese Erfahrung ist sagenhaft. Und das ist alles darauf zurückzuführen, dass ich meine sozialen Medien gepflegt habe.
Welche schlechten Ratschläge kursieren in deinem beruflichen Umfeld oder Fachgebiet?
Viele Leute denken, dass sie beweglicher werden, wenn sie eine statische Dehnung über eine längere Zeitspanne hinweg halten. Ich finde, dass das eine schlechte Empfehlung ist. Es ist viel hilfreicher, wenn man die Dehndauer in Sätze mit Erholungsphasen aufteilt. Erholung ist für das Beweglichkeitstraining sehr wichtig. Auch wenn das Dehnen nicht anstrengend ist oder müde macht, braucht der Körper etwas Zeit, sich anzupassen. Man erzielt viel bessere Ergebnisse, wenn man sich dreimal eine Minute dehnt und drei Minuten erholt, als wenn man dieselbe Dehnung drei Minuten am Stück macht. Wenn man sich schon die Mühe macht, dann kann man es auch richtig machen. Sonst verschwendet man nur seine Zeit. Richtig heißt in diesem Zusammenhang: Sätze mit Pausen.
Wozu kannst du heute leichter Nein sagen als vor fünf Jahren?
Ich wurde besser darin, meinem Gehirn Einhalt zu gebieten, wenn es ein Gespräch mit einer »größeren« Geschichte in Verbindung setzen will. Ich meine damit, dass mir jemand vielleicht eine Anekdote erzählt und ich nur darauf warte, eine ähnliche Geschichte loszuwerden, mit der ich auftrumpfen kann, weil sie noch größer oder dramatischer klingt. Statt auf einen günstigen Augenblick zu warten, um meine Geschichte zu erzählen, lasse ich diesen Wunsch einfach los und stelle der Person mehr Fragen über ihr Erlebnis. Was ich dabei entdeckt habe, ist unglaublich: Der bewusste Verzicht auf die Gelegenheit, jemanden möglicherweise zu beeindrucken, wird deutlich überwogen durch das, was ich lerne, wenn ich neugierig meine Fragen stelle. Jede Geschichte hat etwas, das mich in Staunen versetzt. Man sollte nicht davon ausgehen, dass der Anfang einer Geschichte genauso spannend ist wie der Schluss! Stelle Fragen und bitte deinen Gegenüber darum, mehr über sich zu erzählen!
Was tust du, wenn dir alles zu viel wird, du nicht mehr fokussiert bist oder deine Konzentration nachlässt?
Wenn ich mich überfordert oder unkonzentriert fühle, rufe ich meine Mutter oder meinen Vater an. Sie sind seit über 40 Jahren verheiratet, und ich kenne niemanden, der geerdeter ist als sie. Sie leben noch in demselben Haus, in dem ich aufgewachsen bin! Wenn ich sie anrufe, bekomme ich das wohlige Gefühl, wieder ein kleiner Junge in ihrem Haus zu sein. Ich rede mit meinen Eltern darüber, was mich stresst, aber ich fühle mich auch schon besser, wenn mir mein Vater erzählt, an welchen Projekten er gerade wieder im Garten arbeitet, wie es dem Hund geht oder andere Dinge, die nichts mit mir und meinem Leben zu tun haben. Ich habe großes Glück, weil ich immer noch zu Hause anrufen kann.