»Hindernisse sind jene beängstigenden Dinge, die man sieht, wenn man sein Ziel nicht fest im Blick behält.« –Henry Ford
TEMPLE GRANDIN
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TEMPLE GRANDIN ist eine Autorin und Referentin über Autismus und das Verhalten von Tieren. Sie ist Professorin für Tierwissenschaften an der Colorado State University und erfolgreiche Beraterin für Tierwohl und die Gestaltung von Schlachthöfen. Die BBC widmete ihr eine Reportage mit dem Titel The Woman Who Thinks Like a Cow und ihr TED-Vortrag »The World Needs All Kinds of Minds« (2010) wurde mittlerweile fast fünf Millionen Mal aufgerufen. Artikel über sie erschienen bereits in Time Magazine, New York Times, Discover Magazine, Forbes und USA Today . HBO produzierte einen Emmy-prämierten Film über ihr Leben mit Claire Danes in der Hauptrolle. Grandin wurde 2016 in die American Academy of Arts and Sciences aufgenommen.
Welcher (vermeintliche?) Misserfolg war die Voraussetzung für deinen späteren Erfolg? Hast du einen »Lieblingsmisserfolg«?
Als ich anfing, Anlagen für die Viehhaltung und -schlachtung zu entwerfen, dachte ich irrtümlicherweise, dass sich jedes Problem technisch beheben ließ. Ich war davon überzeugt, dass jedes Problem, das etwas mit der Beförderung von Tieren zu tun hatte, durch ein geeignetes Design und geeignete Technik lösbar war. 1980 erhielt ich den Auftrag, ein Förderband zu entwickeln, mit dem Schweine in den zweiten Stock eines alten Schlachthofs in Cincinnati transportiert werden konnten. Die Schweine taten sich schwer, sich auf den langen Rampen zu bewegen. Ich nahm mich der Sache an und begann mit dem Entwurf einer Art Förderrinne. Die stellte sich allerdings als totale Fehlkonstruktion heraus. Die Schweine setzten sich auf die Hinterläufe und machten eine Rolle rückwärts. Nach einiger Beobachtung fiel auf, dass die meisten Schweine, die dieses Problem hatten, von einer bestimmten Farm stammten. Es wäre viel leichter und billiger gewesen, die Probleme auf jener Farm zu beheben, als das große Förderbandchaos zu verursachen. Eine genetische Veränderung der Schweine hätte die meisten Probleme auf einmal gelöst.
Mein großer Denkfehler war, dass ich versucht hatte, das Symptom zu beheben und nicht die Ursache. Seither achte ich darauf, genau zwischen Problemen zu unterscheiden, die sich mit neuer Ausrüstung beheben lassen, und Problemen, die andere Maßnahmen erfordern. Später in meiner Laufbahn stellte ich fest, dass viele Menschen es vorziehen, sich ein neues Wundermittel anzuschaffen, als ihre Problemlösungsansätze zu verbessern. Manager müssen genau bestimmen können, in welchem Bereich es Sinn macht, eine neue Technologie einzuführen, und in welchen Bereichen ein Managementansatz angeraten ist, der »zurück zu den Wurzeln« geht.
Was tust du, wenn dir alles zu viel wird, du nicht mehr fokussiert bist oder deine Konzentration nachlässt?
Als ich Mitte 20 war, schrieb jemand an die Mauer der Kunstfakultät meiner Universität: »Hindernisse sind jene fürchterlichen Dinge, die man sieht, wenn man sein Ziel nicht fest im Blick behält.« Ich habe seither erfahren, dass dieses Zitat von Henry Ford stammt und es im Original eigentlich »beängstigenden« und nicht »fürchterlichen« heißt. Im Laufe meiner Karriere habe ich viele Schlachthöfe für Fleischkonzerne entworfen. Bei diesen Projekten habe ich mit sehr guten, aber auch mit sehr schlechten Fabrikleitern zu tun gehabt. Um damit zurechtzukommen, habe ich das Konzept der »Loyalität zum Projekt« entwickelt. Ich betrachte es als meine Aufgabe, meine Arbeit gut zu machen und den Auftrag zu erfüllen. Ein schlechter Firmenleiter ist ein Hindernis, das ich überwinden muss. Das Konzept der Loyalität zum Projekt hat mir geholfen, auf Kurs zu bleiben und meine Projekte erfolgreich abzuschließen.