»Das Leben ist nicht darauf ausgelegt, uns Erfolg oder Befriedigung auf dem Silbertablett zu servieren, sondern stellt uns vielmehr vor Herausforderungen, an denen wir wachsen.«
TERRY LAUGHLIN
TW: @TISWIM
FB: Total Immersion Swimming
totalimmersion.net
TERRY LAUGHLIN ist der Gründer von Total Immersion, einer neuartigen, hocheffizienten Schwimmlehrmethode. Zwischen 1973 und 1988 betreute Terry drei College- und zwei US-Schwimmteams, steigerte die Leistung der Teams maßgeblich und führte 24 Athleten zu nationalen Titeln. 1989 gründete er Total Immersion und richtete seinen Schwerpunkt damit nicht mehr auf das Training junger, talentierter Leistungssportler, sondern vielmehr auf Erwachsene ohne viel Erfahrung oder Können. Er ist der Autor des Buchs Total Immersion: The Revolutionary Way to Swim Better, Faster, and Easier , und ich empfehle die Lektüre nach dem Betrachten der Videos Freestyle: Made Easy . Der Investor und Milliardär Chris Sacca brachte mich mit Terry und Total Immerson zusammen, und mit dieser Methode lernte ich im Alter von über 30 Jahren das Schwimmen. In weniger als zehn Tagen Einzeltraining schaffte ich es, mein Maximum von zwei Bahnen (in einem 25-Meter-Schwimmbad) auf 40 Bahnen pro Workout (aufgeteilt in Zweier- und Vierersätze) zu verlängern. Ich fand das unglaublich, und jetzt bereitet mir das Schwimmen Spaß. Das hat mein Leben verändert.
Welches Buch (welche Bücher) verschenkst du am liebsten? Warum? Welche ein bis drei Bücher haben dein Leben am stärksten beeinflusst?
Mastery von George Leonard. Ich las dieses Buch zum ersten Mal vor 20 Jahren, nachdem ich Leonards Artikel im Esquire gelesen hatte, der die Grundlage für das Buch bildet. Leonard schrieb das Buch, um seine Lektionen einem größeren Publikum zugänglich zu machen, nachdem er Aikido-Meister geworden war – obwohl er erst im vergleichsweise fortgeschrittenen Alter von 47 Jahren anfing, diese Kampfkunst zu lernen.
Ich verschlang die 170 Seiten förmlich, so sehr bestätigte das Buch unseren Lehransatz. Es half mir, Schwimmen als ideales Medium für die Prinzipien der Meisterschaft zu sehen, die mit unserer Vermittlung körperlicher Schwimmtechniken eng verflochten sind. Das Buch gefällt mir, weil es der meiner Meinung nach beste Ratgeber dafür ist, wie man ein gutes Leben führt.
Eine kurze Zusammenfassung: Das Leben ist nicht darauf ausgelegt, uns Erfolg oder Befriedigung auf dem Silbertablett zu servieren, sondern stellt uns vielmehr vor Herausforderungen, an denen wir wachsen. Meisterschaft ist der geheimnisvolle Vorgang, durch den diese Herausforderungen mithilfe von Übungen allmählich einfacher und befriedigender werden. Der Schlüssel zu dieser Befriedigung ist das Erreichen von Nirvana, und in diesem Zustand wird die Liebe zur Übung an sich, also zum Selbstzweck (intrinsisch), der das ursprüngliche Ziel (extrinsisch) als unseren Heiligen Gral ersetzt. Das Gegenteil von Meisterschaft ist die Suche nach Patentrezepten.
Meine fünf Schritte zur Meisterschaft:
1. Suche eine würdige und bedeutungsvolle Herausforderung.
2. Suche einen Sensei oder Meisterlehrer (wie George Leonard), der dir hilft, den rechten Weg zu finden und Prioritäten zu setzen.
3. Übe gewissenhaft, strebe stets danach, deine Schlüsselfertigkeiten zu verbessern und arbeite dich langsam, aber sicher auf ein neues Leistungsniveau hoch.
4. Lerne das Plateau schätzen. Jeder wirklich wichtige Fortschritt entsteht durch kurze, spannende Verbesserungen, auf die eine lange Durststrecke folgt, in der man meint, dass nichts vorangeht. Obwohl man das Gefühl hat, dass sich nichts tut, machen wir aus neuen Verhaltensweisen Gewohnheiten. Lernen setzt sich auf Zellebene fort … wenn man guten Übungsprinzipien folgt.
5. Meisterschaft ist der Weg, nicht das Ziel. Ein echter Meister glaubt nie, dass er die Meisterschaft erlangt hat. Es gibt immer mehr zu lernen, und man kann seine Fertigkeiten immer noch verbessern.
Welcher (vermeintliche?) Misserfolg war die Voraussetzung für deinen späteren Erfolg? Hast du einen »Lieblingsmisserfolg«?
Ich begann meine Coaching-Karriere 1972 und war auf Anhieb erfolgreich. Zwischen 1975 und 1983 betreute ich 24 nationale Club- und College-Champions und brachte auch jedes Team, das ich trainierte, von einem mittleren auf ein hohes Leistungsniveau. Aber 1983 erlitt ich einen schweren Rückschlag, als ich wegen eines Machtkampfs mit einem kontrollwütigen Elternbeirat meinen Job verlor, kurz nachdem mein Team die Junioren-Nationalmeisterschaft gewonnen hatte.
Die Enttäuschung, nicht mehr mit einem vielversprechenden Team zusammenarbeiten zu können, nachdem ich fünf Jahre an ihrer Entwicklung mitgewirkt hatte, versetzte mich in einen Zustand, den ich damals nicht erkannte: tiefe Trauer. Im Laufe der nächsten fünf Jahre übernahm ich drei Posten als Cheftrainer und war jedes Mal erfolgreich, aber niemals wirklich glücklich oder zufrieden.
1987 erkannte ich schließlich, dass die unverarbeitete Trauer mich davon abhielt, wirklich Freude an meiner Arbeit zu haben, und dass nur eine Auszeit vom Coaching helfen würde. Außerdem hatte ich nach 16 Jahren Arbeit nicht viel Geld auf der Bank und sah mich mit der Tatsache konfrontiert, die Studiengebühren für meine drei Töchter zu bezahlen; in fünf Jahren würde es damit losgehen.
Widerstrebend gab ich meine Coaching-Tätigkeit auf – ohne mir sicher zu sein, ob ich zurückkäme –, um zu sehen, ob sich mein Wissen und meine Fähigkeiten in einem anderen Bereich bewähren würden. Ich arbeitete zwei Jahre im Marketingsektor, zuerst bei einer Technologiefirma, dann in einem Krankenhaus. Ich verdiente genug, um die Rechnungen zu bezahlen, konnte aber immer noch nichts auf die hohe Kante legen. Wichtiger noch, ich war nicht in der Lage, meiner Arbeit mit Freude nachzugehen.
Es wurde mir schnell klar, wo das Problem lag. Als Cheftrainer war ich jahrelang an allen wichtigen Entscheidungen beteiligt gewesen, die große Auswirkungen hatten. Der Erfolg oder Misserfolg eines Sportlers oder Teams hing hauptsächlich von meinem Engagement und Können ab. In der Geschäftswelt war ich nur ein kleines Rädchen im Getriebe: Es spielte nicht einmal eine große Rolle, ob ich zur Arbeit ging oder nicht, und dieses Gefühl war für mich unerträglich.
Im Frühjahr 1989 kündigte ich den Krankenhausjob und fing an, zwei einwöchige Sommercamps für ältere Einzelschwimmer zu konzipieren – die ersten Total-Immersion-Programme. Im Sommer 1990 hielt ich vier Trainingseinheiten ab, 1991 waren es schon sechs, zuzüglich einiger Workshops für Teams, die in der Altersklasse starteten. Damit konnte ich meine Familie aber nicht ernähren – das tat ich mich dem Schreiben von Zeitschriftenartikeln und Marketingtexten.
Ich hatte keine Ahnung, wohin mich dieser Weg führen würde, aber diejenigen, die ich trainierte, verbesserten sich enorm, und außerdem gefiel mir an meiner beruflichen Selbstständigkeit, dass meine Auftragslage ausschließlich von der Qualität meiner Arbeit abhängig war. Aus diesen bescheidenen Anfängen entwickelte sich der ungeahnte Erfolg von Total Immersion, das sich zu einem Netzwerk von über 300 Coaches in 30 Ländern ausgeweitet hat. Mein Ansatz gilt als Goldstandard für effektives Schwimmen.
Mein früherer Misserfolg und das kurze Intermezzo in anderen Berufszweigen zeigten mir, dass ich dazu geboren bin, zu coachen und Schwimmen zu unterrichten, aber auch, dass ich nicht dazu geschaffen bin, in einem Angestelltenverhältnis zu arbeiten. Ich muss für mein eigenes Schicksal verantwortlich sein.
Wozu kannst du heute leichter Nein sagen als vor fünf Jahren? Welche neuen Erkenntnisse und/oder Ansätze haben dir dabei geholfen?
Es war immer mein Lebensziel, der beste Schwimmcoach zu sein, zu dem ich fähig bin. Es war nie mein Ziel gewesen, ein Unternehmen zu gründen. Aber mit dem Wachstum von Total Immersion sah ich mich plötzlich – zwangsläufig – in der Rolle des Geschäftsführers. Ich gebe zu, dass ich am Anfang ein ziemlich mieser CEO war. Das lag teilweise daran, dass ich mich immer fürs Coaching entschied, wenn ich zwischen Coaching- und Managementaufgaben wählen musste. Ich steckte wesentlich mehr Energie in die Entwicklung meiner Fähigkeiten als Coach als in die Führung meines Unternehmens. Die schlechten Entscheidungen, die ich als Unternehmer traf, wirkten sich oft stärker auf das Wachstum von Total Immersion aus als die guten Entscheidungen, die ich als Coach fällte.
Vor zwei Jahren erhielt ich die Diagnose, unheilbaren Prostatakrebs im Stadium IV zu haben. Ich erkannte, dass die Behandlung zeitaufwändig war und mich viel Kraft kosten würde und dass ich nicht endlos viel Zeit hatte, um wichtige, noch offene Dinge zu erledigen. Deshalb übertrug ich einen Großteil meiner geschäftlichen Aufgaben zwei Kompagnons, die eine Generation jünger sind als ich, sich durch eine beeindruckende Loyalität und Intelligenz auszeichnen und ihrer Arbeit mit enormer Sorgfalt und Hingabe nachgehen. Seit dieser Entscheidung hat Total Immersion eine erstaunliche Wandlung erfahren und ist jetzt deutlich besser aufgestellt als zuvor, wodurch der langfristige Bestand – und Erfolg – viel wahrscheinlicher geworden ist.
Vielleicht genauso wichtig ist, dass ich in Bezug auf Total Immersion zurzeit in meiner produktivsten Phase bin und so den größten Mehrwert bieten kann – ich gestalte unsere Lern- und Lehrinhalte, den Lehrplan und baue unseren Trainerstab auf. Durch meine Arbeit und den Beitrag, den ich leiste, bin ich heute motivierter, energiegeladener und zufriedener als je zuvor. Die positive Atmosphäre, die dadurch entsteht, hilft mir enorm, gesund zu bleiben und besser auf meine Behandlung anzusprechen.
Welchen Rat würdest du einem intelligenten, motivierten Studenten für den Einstieg in die »echte Welt« geben? Welchen Rat sollte er ignorieren?
Ich würde einen klugen, motivierten Studenten fragen, wozu er sich hingezogen fühlt. Will er ein intrinsisches oder ein extrinsisches Ziel erreichen? Vor einigen Jahren las ich einen Artikel in der New York Times , die sich mit einer Studie befasste, in der 10.000 Kadetten der Militärakademie West Point 14 Jahre lang beobachtet wurden. Sie wurden im ersten Semester gefragt, welche Karriereziele sie verfolgten.
Diejenigen, die Ziele nannten, die für einen hervorragenden Offizier intrinsisch waren – gute Führungs- und Kommunikationsqualitäten zu entwickeln, von den Untergebenen respektiert zu werden –, wurden viel häufiger Offiziere, verlängerten ihre Dienstzeit über die Mindestdauer von fünf Jahren, wurden früher befördert und berichteten, dass ihnen der Militärdienst große Befriedigung bereitete.
Diejenigen, die extrinsische Ziele angaben – befördert zu werden und einen hohen Status zu erlangen –, kamen nicht nur seltener an ein Offizierspatent und frühe Beförderungen, sondern berichteten auch seltener von hoher Zufriedenheit, was dazu führte, dass sie nach den fünf Pflichtjahren häufiger aus dem Dienst ausschieden.
Dasselbe trifft auf jedes Berufsfeld zu. Wenn man das Ziel hat, kontinuierlich an sich zu arbeiten, wichtige Fertigkeiten zu erlernen und Kernkompetenzen zu entwickeln – und Anerkennung, Beförderungen und finanzielle Vorteile Folgen der Leistung sind, die sich durch den Erwerb der Kernkompetenzen quasi nebenher einstellen –, wirst du viel wahrscheinlicher erfolgreich und zufrieden sein und in deinem Feld eine Führungsrolle übernehmen. Schon vor über 40 Jahren, als ich mit dem Coachen anfing, war meine Grundmotivation als Schwimmtrainer:
* Kontinuierlich mein Wissen über Schwimmtechnik und Leistung zu verbessern. Ich war nie zufrieden, wenn ich das letzte Wort hatte, und war mir immer sicher, dass es noch weitere Dinge gab, die ich lernen konnte.
* Einen deutlichen positiven Einfluss auf diejenigen zu haben, die ich betreute.
* Die Welt des Schwimmcoachings nachhaltig zu verändern, um sie ein Stück besser zu machen. Mit 66 bin ich genauso motiviert und neugierig wie mit 21, wenn nicht sogar noch mehr, und ich habe noch lange nicht vor, in den Ruhestand zu treten. Ich kann mir nichts vorstellen, was mir größere Erfüllung beschert hätte.