»Wie viel würde ich wohl dafür zahlen, durch die Zeit zu reisen und diesen Moment noch einmal zu erleben, wenn ich alt bin?«
MUNEEB ALI
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MUNEEB ALI ist Mitgründer von Blockstack, einem neuen dezentralen Internet, in dem die Nutzer die Kontrolle über ihre Daten haben und Apps ohne Remote Server laufen. Muneeb promovierte in Informatik an der Princeton University über dezentrale Systeme. Er wandte sich an Y Combinator – das als die absolute Eliteschmiede für Start-ups gilt – und hat mit der Systemforschungsgruppe in Princeton und PlanetLab zusammengearbeitet, dem weltweit ersten und größten Cloud-Computing-Versuchsstand. Muneeb wurde eine J. William Fulbright-Fellowship angetragen und er hält in Princeton Gastvorlesungen über Cloud Computing. Er hat eine breite Palette an Produktionssystemen entwickelt und wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, die mehr als 900 Mal zitiert wurden.
Was ist das beste oder lohnendste Investment, das du je getätigt hast (in Form von Geld, Zeit, Energie etc.)?
Ich nahm einen Kredit von rund 1.000 US-Dollar (in pakistanischen Rupien) auf, um mir drei Monate unbezahlte Forschungsarbeit in Schweden zu finanzieren. In Pakistan gab es keine Spitzenforschung. Ich musste das Land verlassen und mit den besten Forschern auf meinem Gebiet in Europa oder den USA zusammenarbeiten, um meinen Zielen näherzukommen. Das Geld reichte nicht, um in Schweden drei Monate davon zu leben, doch ich kam zurecht, indem ich nur eine Mahlzeit am Tag aß und von dem Kaffee und den Snacks lebte, die es im Büro kostenlos gab. Diese Investition öffnete mir die Tür für die Zulassung zum Promotionsstudium in Princeton, und das wiederum ermöglichte mir mein heutiges Start-up, das bislang 5,1 Millionen US-Dollar an Wagniskapital eingeworben hat.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Mir die Frage zu stellen: »Wie viel würde ich wohl dafür zahlen, durch die Zeit zu reisen und diesen Moment noch einmal zu erleben, wenn ich alt bin?«
Wenn es sich bei dem fraglichen Moment darum handelt, dass ich meine sechs Monate alte Tochter in den Schlaf wiege, während sie sich an mich schmiegt, ist die Antwort: alles. Ich würde buchstäblich mein gesamtes Vermögen dafür geben, wenn ich, sagen wir, mit 70 die Chance hätte, diesen Moment noch einmal zu erleben. Diese einfache Frage rückt die Dinge in die richtige Perspektive und weckt Dankbarkeit für gegenwärtige Erfahrungen – statt sich in Gedanken um die Vergangenheit oder die Zukunft zu verlieren.
Wozu kannst du heute leichter Nein sagen als vor fünf Jahren? Welche neuen Erkenntnisse und/oder Ansätze haben dir dabei geholfen?
Für mich war das die Erkenntnis, dass ich mehr bewirken kann, wenn ich mich mit ein paar wenigen Dingen intensiv auseinandersetze, statt mich mit einer Fülle an Aktivitäten zu verzetteln. Für einen Start-up-Gründer wie mich gibt es immer irgendetwas zu tun. Hier ein paar Ansätze, die mir geholfen haben:
* Als Faustregel habe ich irgendwann alle Anfragen zu aushäusigen Terminen abgelehnt. Solche Termine sollten von mir initiiert werden (was nicht oft vorkommt), nicht von anderen.
* Alle Engagements, die nicht mein Start-up betrafen, abzulehnen – etwa als Berater für ein anderes Start-up oder Projekt oder als Investor oder Händler einer Kryptowährung, weil ich Sachkenntnisse habe, et cetera. Es gibt nur einen Job/eine Funktion, an den oder die ich denken kann. Ohne Ausnahme.
* Einladungen zu externen Terminen, Besuchen, Sitzungen, Veranstaltungen et cetera von anderen aus meinem Team wahrnehmen zu lassen. Anders ausgedrückt: Die Teammitglieder sind der Filter für alle Einladungen und Ablenkungen. Was wirklich wichtig ist, kommt irgendwie immer oben an. Man verpasst schon nichts.