»Es kommt auf effektive Kommunikation an. Gute Arbeit muss richtig wahrgenommen werden.«
CRAIG NEWMARK
ist Webpionier, Philanthrop und maßgeblicher Fürsprecher für seriösen Journalismus, für Veteranen und Soldatenfamilien sowie anderen Anliegen der Zivilgesellschaft oder der sozialen Gerechtigkeit. 1995 begann Craig, eine Liste von Kunst- und Technologieveranstaltungen in San Francisco zu kuratieren, die er an Freunde und Kollegen verschickte. Sie wurde bald nur noch als »Craig’s List« bezeichnet. Als Craig daraus ein Unternehmen machte, verdiente er daran nicht viel, weil er sich für ein Geschäftsmodell entschieden hatte, bei dem »sich und anderen Gutes tun« Priorität hat. 2016 gründete er die Craig Newmark Foundation zur Förderung von Investitionen in Organisationen, die dem Gemeinwesen dienen und breites, staatsbürgerliches Engagement an der Basis vorantreiben. 2017 wurde er Gründungsinvestor und Mitglied der Geschäftsleitung der News Integrity Initiative, die von der CUNY Graduate School of Journalism verwaltet wird. Sie will Nachrichtenkompetenz steigern und das Vertrauen in den Journalismus stärken.
Welches Buch (welche Bücher) verschenkst du am liebsten? Warum? Welche ein bis drei Bücher haben dein Leben am stärksten beeinflusst?
Mein Rabbi ist Leonard Cohen, glaube ich – auch wenn ich kaum ein Wort herausgebracht habe, als ich ihm begegnet bin. Jedenfalls habe ich schon mehrere Exemplare seines Book of Longing
verschenkt, denn daraus spricht ein Sinn für Mitgefühl und Spirituelles, wie ich ihn sonst noch nirgendwo gefunden habe. Sein Werk vermittelt mir mehr Gespür für das Göttliche – und das gilt offenbar auch für Millionen anderer Menschen weltweit.
Man könnte vielleicht eher sagen, seine gesammelten Gedichte und Songs stellen ein Buch im biblischen Sinne dar. Vermutlich habe ich schon mehr Cohen-CD-Sammlungen verschenkt als Bücher – als Streaming noch nicht so verbreitet war.
Für ihn ist der Kolibri eine Metapher für die Freiheit des Geistes, und während ich diese Zeilen schreibe, knabbert keine drei Meter von mir entfernt ein Annakolibri.
Welcher (vermeintliche?) Misserfolg war die Voraussetzung für deinen späteren Erfolg? Hast du einen »Lieblingsmisserfolg«?
In meiner Laufbahn hat mir sehr geschadet, dass ich erst so spät erkannt habe, wie wichtig es ist, effektiv zu kommunizieren. In den ersten 20 Jahren, bei IBM und Charles Schwab, verstärkte meine mangelnde Kommunikationskompetenz den Eindruck, ich sei kein Teamplayer. Ich habe – manchmal auch auf die harte Tour – gelernt, dass es Schaden anrichten kann, ungeschickt oder gar nicht zu kommunizieren.
Doch in den letzten Jahren habe ich begriffen, dass es auf effektive Kommunikation ankommt. Gute Arbeit muss richtig wahrgenommen werden. Sonst versiegen womöglich die nötigen Mittel, um diese Arbeit weiterzuführen. Oder – schlimmer noch – unerwünschte Akteure mischen sich in diese Arbeit ein, was dazu führen kann, dass menschliches Leid unnötig verlängert wird.
Heute engagiere ich mich bei vielen gemeinnützigen Organisationen in Bereichen wie Frauen im Tech-Sektor, Veteranen und ihre Angehörigen sowie seriöser, vertrauenswürdiger Journalismus. Meine Unterstützung und meine Förderaktivitäten zwingen die Empfänger, ihre Kommunikation auf Vordermann zu bringen, damit sie aus meinen Fehlern lernen können.
Das ist meine Vorstellung davon, wie sich mein Misserfolg nutzbringend einsetzen lässt.
Wenn du an einem beliebigen Ort ein riesiges Plakat mit beliebigem Inhalt aufhängen könntest, was wäre das und warum?
Offenbar kennen alle Religionen den Grundsatz, dass man »andere so behandeln sollte, wie man selbst behandelt werden möchte.« Die meisten Menschen vergessen das aber schon in
ihrer Jugend. Bei meiner Arbeit stelle ich fest, dass schon eine kleine Auffrischung davon beitragen kann, dass die Menschen netter miteinander umgehen. Etwas zu wiederholen, ob auf einer Plakatwand im eigentlichen oder im übertragenen Sinne, kann viel bewirken – ganz gleich wie naiv es klingt.
Was ist eine deiner – gern auch absurden – Eigenheiten, auf die du nicht verzichten möchtest?
Mir macht es Freude, wenn mich Vögel besuchen. Um sie anzulocken, habe ich Vogelbäder und Futterstationen aufgestellt. Wenn meine Frau und ich das machen, dann kommen die Vögel und posieren für uns. Das ist der Deal. Und ich kann sie dann bequem von drinnen beobachten.
[Allen, die das gern selbst ausprobieren möchten] empfehle ich The Nuttery NT065 Classic Seed Feeder, Extra Large. Der eignet sich sehr gut, um eine ganze Reihe kleiner Vögel anzulocken wie Juncos, Meisen, Kleiber und Finken. Auch manche geschickten größeren Vögel wie Buschhäher (eine Art Blauhäher) oder die eine oder andere ambitionierte Taube holen sich dort Futter. Eichhörnchen werden abgehalten.
Inzwischen haben uns die Vögel dazu erzogen, sie zu füttern. Insbesondere ein bestimmter Häher hat meine Frau gut im Griff: Er lässt sich von ihr mit Talg füttern – ein besonderer Leckerbissen.
Von mir lassen sich ein paar Raben auf dem Weg zum Bahnhof mit Hundekeksen verwöhnen. (Offenbar wollen sie Nachrichten nach Winterfell bringen.)
Oh, und die Nachbarshunde kriegen natürlich auch etwas ab.
Außerdem spiele ich gern mit Babys – was meistens so aussieht, dass wir einander anschauen, lächeln und ein bisschen sabbern, was hoffentlich das Baby übernimmt.