»Das Problem wird es in einem Jahr höchstwahrscheinlich gar nicht mehr geben, sehr wohl aber den Ruf, wie ich damit umgegangen bin.«
WHITNEY CUMMINGS
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WHITNEY CUMMINGS ist Comedian, Schauspielerin, Autorin und Produzentin und wohnt in Los Angeles. Sie ist Executive Producer der für einen Emmy nominierten CBS-Come-dyserie 2 Broke Girls , die sie, zusammen mit Michael Patrick King, auch konzipiert hat. Cummings selbst stand schon mit Comedians wie Sarah Silverman, Louis C.K., Amy Schumer, Aziz Ansari und vielen anderen auf der Bühne. Ihr erstes Standup-Special Money Shot hatte seine Premiere im Jahr 2010 auf Comedy Central und wurde für einen American Comedy Award nominiert. Ihr zweites Programm I Love You lief ab 2014 auf Comedy Central und das neueste, I’m Your Girlfriend , hatte seine Premiere im Jahr 2016 auf HBO. Außerdem hat sie das Buch I’m Fine… and Other Lies geschrieben.
Welches Buch (welche Bücher) verschenkst du am liebsten? Warum? Welche ein bis drei Bücher haben dein Leben am stärksten beeinflusst?
Getting the Love You Want von Harville Hendrix. Ich liebe das Buch und hasse seinen Titel. Es ist eine sehr erhellende Beschäftigung damit, warum wir von Menschen angezogen werden, obwohl sie dieselben schlechten Eigenschaften haben wie die Menschen, die sich zuerst um uns gekümmert haben. Mir hat es die Augen dafür geöffnet, wessen Nähe ich im beruflichen und privaten Leben suchte. Das Buch hat mir geholfen, bei Beziehungen und Einstellungen bessere Entscheidungen zu treffen, was mir letztlich viel Zeit erspart und dabei geholfen hat, viel effizienter mit meiner Zeit zu sein. Es hat meine Selbstwahrnehmung grundlegend verändert und dafür gesorgt, dass ich besser darin geworden bin, Mitarbeiter und Kollegen auszuwählen.
The Fantasy Bond von Robert W. Firestone. Dieses Buch hat mir dabei geholfen, zu verstehen, wie psychologische Verteidigungen funktionieren. Dadurch konnte ich meine eigenen entwaffnen und mir eine ehrlichere, produktivere Art und Weise angewöhnen, mit Konflikten umzugehen. Es hilft dabei, zu verhindern, dass die eigene Kindheit dem Leben als Erwachsener im Weg steht.
The Female Brain von Louann Brizendine. Dieses Buch hat mich so begeistert, dass ich einen Film darüber gemacht habe. Ich finde, jeder sollte verstehen, wie seine neurochemische Maschine funktioniert und warum wir eine Marionette unseres Urzeit-Gehirns sein können. Mir hat das Buch geholfen, mir Grundkenntnisse über die Funktionsweise von Chemie, Hormonen und der Amygdala anzueignen. Das wiederum hat dazu geführt, dass ich mehr Geduld mit mir und anderen habe. Wenn ich es mit schwierigen Entscheidungen oder Konflikten zu tun habe, ist das von unschätzbarem Wert. Außerdem gibt es mir ein Gefühl enormer Freiheit, wenn ich zwischen einer neurochemischen Reaktion und einem echten Gefühl unterscheiden kann.
Welche Anschaffung von maximal 100 Dollar hat für dein Leben in den letzten sechs Monaten (oder in letzter Zeit) die größte positive Auswirkung gehabt?
Eine Gewichtsdecke. Ich bin kein Experte für die Wissenschaft dahinter, aber die Methode »Deep Pressure Touch« unterstützt den Körper bei der Freisetzung von mehr Serotonin. Wenn ich ängstlich oder gestresst bin oder nicht schlafen kann, lege ich mich unter die Decke und fühle mich sofort ruhiger.
[Ein Modell, das Whitney Cummings gefällt, ist die große Gewichtsdecke von Weighted Blankets Plus LLC.]
Wenn du an einem beliebigen Ort ein riesiges Plakat mit beliebigem Inhalt aufhängen könntest, was wäre das und warum?
»Fliege hoch.« Ich kann in egal welcher Situation nichts beeinflussen außer meinen Umgang damit und meinen Beitrag, also hilft mir dieses Mantra dabei, mich nicht mit banalen Reaktionen auf Probleme zu erschöpfen. Das Problem wird es in einem Jahr höchstwahrscheinlich gar nicht mehr geben, sehr wohl aber den Ruf, wie ich damit umgegangen bin. Solange ich würdevoll mit etwas umgehen kann, setze ich mich am Ende meist durch und verschwende keine wertvolle Zeit und Energie damit, mich schuldig zu fühlen oder die Situation im Kopf immer wieder durchzuspielen. Bei meiner kreativen Arbeit ist »fliege hoch« eine Erinnerung daran, immer eine 1+ anzustreben, egal wie müde ich bin oder wie spät es ist. Wenn einem die Zeit davonläuft, muss man sich mehr verschaffen. Man darf sich nie mit »gut genug« zufriedengeben.
Was ist das beste oder lohnendste Investment, das du je getätigt hast (in Form von Geld, Zeit, Energie etc.)?
Ich habe ein Pferd und drei Hunde gerettet. Nachdem ich jahrelang mit Antidepressiva, Meditation, Hypnose und unterschiedlichen Therapiearten experimentiert hatte, wurde mir klar, dass Tiere mir am besten dabei helfen, mich ruhig, in meiner Mitte und präsent zu fühlen. Außerdem habe ich mit ihnen zahllose und unbezahlbare Lektionen über Grenzen, Konsistenz und Disziplin gelernt, die ich jeden Tag in meiner Arbeit und meinen Beziehungen anwende. Die Tiere sind das beste leistungssteigernde Medikament, das ich bislang gefunden habe.
Was ist eine deiner – gern auch absurden – Eigenheiten, auf die du nicht verzichten möchtest?
Mich in den Dreck legen. Das mache ich häufig mit meinem Pferd und meinen Hunden. Es hat etwas sehr Befreiendes, schmutzig zu sein, denn dann muss man sich keine Sorgen darum machen, dass man sich schmutzig machen könnte.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Pferdetherapie und Hunde-Training stehen weit oben, aber am wichtigsten waren wahrscheinlich Dankbarkeitslisten. Jeden Morgen sorge ich dafür, dass ich eine Dankbarkeitsliste schreibe, egal wie beschäftigt ich bin oder wie wenig Lust ich darauf habe. Manchmal kann sich das dumm und redundant anfühlen, aber es hat mein negatives Denken verkümmern lassen. Es hat den Muskel trainiert, der sich darauf konzentriert, was gut läuft und wie viel Glück ich habe, und das hilft mir dabei, produktiver, kreativer und konzentrierter zu sein. Es schafft eine Art mentale Freiheit, die schwer zu erklären ist. Früher hat Negativität mich in Beschlag genommen und erschöpft, also habe ich heute buchstäblich mehr Energie. Perfektionisten kann es sehr leicht passieren, dass sie sich auf das konzentrieren, was falsch ist. Schwächen zu finden, ist ein wichtiger Teil meines Berufes, aber im Gesamtbild betrachtet war negatives Denken eine bedeutende Hürde für meine Kreativität. Außerdem: weiße Tattoos! Ich habe kleine Botschaften auf meine Arme tätowieren lassen, aber niemand außer mir kann sie sehen.
Welchen Rat würdest du einem intelligenten, motivierten Studenten für den Einstieg in die »echte Welt« geben? Welchen Rat sollte er ignorieren?
Mein Rat würde lauten: Suche irgendein wohltätiges Element in was auch immer du angehst – eine gut gemeinte Motivation dafür oder tatsächlich das direkte Spenden von Gewinnen, wie es Blake Mycoskie macht. Wenn du Bücher wie dieses hier liest, wirst du wahrscheinlich Erfolg haben. Aber ich habe festgestellt, dass sich das alles ziemlich sinnlos anfühlt, wenn man nicht auf irgendeine Weise Menschen hilft oder sich für die Menschheit einsetzt. Strebe nicht danach, CEO oder Entrepreneur zu sein, sondern danach, ein Held zu sein. Wir brauchen mehr von solchen Leuten.
Welche schlechten Ratschläge kursieren in deinem beruflichen Umfeld oder Fachgebiet?
»Networking ist wichtig.« Ich glaube, dass Networking in kreativen Bereichen in den meisten Fällen sogar schädlich ist. Man sollte keine Zeit bei Treffen mit Leuten verschwenden, von denen man glaubt, dass sie einem helfen könnten. Man muss einfach besser werden, und dann werden sich die Gelegenheiten von selbst ergeben, sobald man sie verdient. Fokussieren sollte man sich nur auf Sachen, die man kontrollieren kann. Und wenn man nicht weiß, welche Sachen das sind, muss man jemanden finden, der es einem erklären kann. Kein Networking, einfach Arbeiten reicht.
Wozu kannst du heute leichter Nein sagen als vor fünf Jahren?
Ich sage heutzutage zu fast allem Nein. Der Grund dafür ist, dass ich eine Therapie zu einem Problem namens Co-Abhängigkeit gemacht habe – eine neuronale Verschaltung, die dazu führt, dass man nicht in der Lage ist, Unbehagen oder wahrgenommenes Unbehagen bei anderen zu ertragen. Ich habe mein Gehirn größtenteils umgestellt, und als Folge davon mache ich nichts mehr wegen Schuldgefühlen, Druck oder Verpflichtungen. Außerdem habe ich daran gearbeitet, mich nicht mehr dafür zu schämen, wenn ich nicht »lustig« bin, und meinen »Angst, etwas zu verpassen«-Komplex zu überwinden, der mich viel Energie gekostet hat. Er hat mich dazu gezwungen, zu Veranstaltungen zu gehen, für die ich schlicht keine Zeit hatte und die mich nicht weitergebracht haben.
Eine offensichtliche Folge davon ist, dass ich soziale Medien nur noch sehr wenig nutze. Ich verwende die App Freedom, um die Zeit dafür zu beschränken. Soziale Medien sind nicht nur sehr ungesund und machen süchtig, sie haben meinem Reptilien-Hirn auch das Gefühl gegeben, dass ich irgendwie zurückgelassen oder ausgeschlossen werde, was tiefe Ängste geweckt hat. Und Angst ist offensichtlich lästig und anstrengend. Apropos lästig und anstrengend: Ich bin bei vielen guten Freunden und Kollegen von mir nicht mehr Follower in sozialen Medien, und dadurch sind unsere Beziehungen sogar noch viel enger beziehungsweise produktiver geworden.
Was tust du, wenn dir alles zu viel wird, du nicht mehr fokussiert bist oder deine Konzentration nachlässt?
Ich habe bei den Fotos auf meinem Telefon ein Album mit der Bezeichnung »Ruhe« angelegt. Darin sind Fotos von meinen Tieren, lustige Bilder, Meme, inspirierende Zitate, Artikel über Neurologie, Dankbarkeitslisten, alle möglichen Sachen, die mich zum Lächeln bringen und zu mir selbst zurückführen. Das ist so etwas wie mein persönliches digitales Zen-Museum. Wenn Hacker dieses Album veröffentlichen würden, wäre mir das wirklich viel peinlicher, als wenn jeder Nacktfotos von mir sehen könnte. Aber das Risiko nehme ich auf mich. Wenn ich aufgeregt, abgelenkt, emotional oder ängstlich bin, schaue ich mir das Album an, und es holt mich immer auf den Boden. Es erinnert mich daran, was wichtig ist und was nur vorübergehend. Das ist enorm hilfreich bei der Arbeit, denn ich kann es auch machen, wenn andere Leute dabei sind, wenn ich reise und wenn ich gerade nicht den Luxus eines ruhigen Zimmers oder Spaziergangs genießen kann. Oh, und ich stelle mein Telefon dann immer zuerst auf den Flugmodus, damit ich keine SMS und E-Mails bekomme, während ich nach zu vielen SMS und E-Mails versuche, meinen Frieden zu finden.