»Seit ein paar Jahren folge ich dem Beispiel meiner Ex-Frau Amber O’Hearn und esse nichts Pflanzliches mehr.«
ZOOKO WILCOX
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ZOOKO WILCOX ist Gründer und CEO der Kryptowährung Zcash, die Datenschutz und gezielte Transparenz von Transaktionen bietet. Zooko hat über 20 Jahre Erfahrung mit offenen dezentralen Systemen, Kryptografie, Datensicherheit und Start-ups. Anerkennung fand seine Arbeit bei DigiCash, MojoNation, ZRTP, »Zooko’s Triangle«, Tahoe-LAFS, BLAKE2 und SPHINCS. Er ist auch Gründer von Least Authority, dem Anbieter einer bezahlbaren, ethischen, nutzbaren und dauerhaften Lösung zur Datenspeicherung.
Welches Buch (welche Bücher) verschenkst du am liebsten? Warum? Welche ein bis drei Bücher haben dein Leben am stärksten beeinflusst?
Good Calories, Bad Calories von Gary Taubes. Als es vor zehn Jahren erschien, war es die maßgebliche Studie über die menschliche Ernährung im 20. Jahrhundert. Es befasste sich nicht nur mit historischen Fragen, sondern schrieb selbst Geschichte, da in der Folge eine ganze Generation von Ernährungswissenschaftlern Partei für oder gegen die in diesem Buch vertretenen Thesen ergreifen musste.
Leider konnten die meisten Menschen, an die ich es verschenkt habe, nicht viel damit anfangen. Das waren weder Historiker noch Wissenschaftler, sondern ganz normale Menschen, die entscheiden mussten, was sie heute essen sollen. Sie brauchten keine dichte Sammlung von Fakten und wissenschaftlichen Argumenten. Ich lernte daraus, dass man die Menschen dort abholen muss, wo sie stehen, wenn man mit ihnen kommunizieren möchte.
Welcher (vermeintliche?) Misserfolg war die Voraussetzung für deinen späteren Erfolg? Hast du einen »Lieblingsmisserfolg«?
Ich war nicht sehr erfolgreich in meinem Bachelorstudium. Ich war chaotisch, abgelenkt, deprimiert, und meine Noten reichten gerade so – wenn überhaupt. Ich trödelte und schwänzte Kurse. Ich schlief unregelmäßig, trieb keinen Sport und ernährte mich abgrundtief schlecht.
Doch da gab es diese neue Technologie, die mich faszinierte. Ein Start-up hatte sie erfunden, und wenn ich mich überhaupt auf irgendetwas konzentrieren konnte, dann las ich darüber und arbeitete in Eigenregie an Programmen, die damit zusammenhingen.
Aus meinen Kursen lernte ich wenig, und am Ende wurde ich exmatrikuliert, weil ich so viele Prüfungen nicht bestand. Ich bat um eine zweite Chance, und der Dekan erlaubte widerstrebend, dass ich mich wieder immatrikulierte. Rückblickend wäre es besser für mich gewesen, er hätte das abgelehnt.
Doch ich dachte damals, es sei ein wichtiges Ziel – quasi eine Pflicht –, meinen Abschluss zu machen, also blieb ich bei der Stange. Als ich die Gelegenheit bekam, einen Hiwi-Job bei genau dem Start-up anzunehmen, für das ich mich so begeisterte, sagte ich bedauernd ab, weil ich erst mein Studium beenden wollte.
Dann rief ich meinen besten Freund an und erzählte ihm aufgeregt, dass mich diese Firma zum Vorstellungsgespräch eingeladen hatte. »Und, was hast du gesagt?«, wollte er wissen.
Betrübt entgegnete ich: »Naja, ich habe gesagt, ich müsste erst mein Studium zu Ende bringen.«
»Nur eine Frage«, sagte er da. »Ist das nicht genau die Chance, auf die du gewartet hast?«
»Stimmt«, sagte ich, legte auf und rief umgehend bei der Firma an.
Das Studium abzubrechen, gehört zu den besten Entscheidungen meines Lebens. Ich schlug dadurch nicht nur einen beruflichen Werdegang ein, der mich ohne Umwege zu meinem heutigen großen Erfolg führte, sondern, und das ist ungleich wichtiger: Als ich in meinem neuen Job Erfolg hatte, gewann ich Selbstachtung.
Die Technologie und das Start-up heißen DigiCash, ein Vorläufer moderner Digitalgeldtechnologien wie Bitcoin und Zcash. Der Eintritt in dieses Start-up führte (über 20 Jahre) direkt zu Zcash.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Seit ein paar Jahren folge ich dem Beispiel meiner Ex-Frau Amber O’Hearn und esse nichts Pflanzliches mehr. Zuvor hatte ich es mit Low-Carb-Diäten unterschiedlicher Art versucht, konnte das aber nie konsequent durchhalten. Ich war kohlenhydratsüchtig und konnte das trotz jahrelanger Versuche mit Low-Carb-Programmen nie loswerden. Außerdem litt ich unter verschiedenen mysteriösen Beschwerden, die sich zunehmend verschlimmerten. Die 15 überflüssigen Kilos, die mir über den Gürtel hingen (und mehr wurden), waren lediglich das offensichtlichste meiner zahlreichen Gesundheitsprobleme.
Der große Durchbruch kam, als ich nicht mehr versuchte, »alles in Maßen« zu mir zu nehmen, sondern stattdessen nicht nur Kohlenhydrate komplett von meinem Speiseplan strich, sondern generell sämtliche pflanzlichen Nahrungsmittel. Wie Amber begann ich, nur noch fettes Fleisch zu essen (durchwachsene Hochrippe, Rinderhack, Schweinekoteletts, saftigen Lachs et cetera). An den ersten vier Tagen litt ich schrecklich unter »Kohlenhydratentzug« und Heißhunger, doch am fünften Tag wachte ich mit einem ganz neuen Gefühl auf: Ich war absolut frei von sämtlichen Gelüsten.
Zum ersten Mal konnte ich mein Essverhalten kontrollieren. Mein Übergewicht baute sich schnell und mühelos ab, und alle meine anderen gesundheitlichen Probleme verschwanden über die nächsten Monate. Ich hatte mehr Energie, meine Stimmung hob sich und ich konnte mich besser konzentrieren.
Damit begann die produktivste und erfolgreichste Zeit meines Lebens – und Ambers und meiner Forschungsarbeit über die Wissenschaft von der menschlichen Ernährung und Evolution.
Wozu kannst du heute leichter Nein sagen als vor fünf Jahren?
Ich kann Anliegen besser ablehnen – Bitten um Anstellung in meiner Firma, Anfragen zur Übernahme von Beratungsfunktionen bei anderen Unternehmen, Einladungen zu Veranstaltungen und auch Versuche der Kontaktaufnahme wie E-Mails oder Nachrichten über soziale Medien von Unbekannten nach dem Motto: »Hey, kann ich mal mit dir über dies oder jenes sprechen?« Dabei hat mir die Erkenntnis geholfen, dass es für die Betroffenen in so einem Fall am höflichsten und besten ist, wenn ich schnell, kategorisch und unmissverständlich »Nein« sage.
Fühle ich mich versucht, widerstrebend »Ja« zu sagen (und das passiert oft) oder die Entscheidung aufzuschieben, führe ich mir vor Augen, dass es dem Fragesteller gegenüber nicht sehr nett ist, dieser Versuchung nachzugeben.