»Disziplin bedeutet Freiheit.«
JOCKO WILLINK
ist einer der furchteinflößendsten Menschen, die man sich vorstellen kann. Er ist durchtrainiert, wiegt 110 kg, hat einen Schwarzgut im Brazilian Jiu Jitsu und früher in jedem Workout 20 Navy SEALs zur Aufgabe gezwungen. In der Welt der Spezialeinsätze ist er eine lebende Legende, und sein Podcast mit mir, der ein Riesenerfolg wurde, war das erste Interview, das er jemals geführt hat. Jocko diente 20 Jahre in der US Navy und leitete die Task Unit Bruiser von SEAL Team Three, die am höchsten dekorierte Spezialeinheit des Irakkriegs. Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten wurde Jocko der für die Ausbildung aller an der Westküste stationierten SEAL-Teams zuständige Offizier und schulte diese mit einigen der härtesten und realistischsten Kampftrainings der Welt. Nach seiner ehrenhaften Entlassung gründete er Echelon Front, eine Beratungsfirma für Führungskräfte und Manager, und schrieb den New-York-Times
-Bestseller Extreme Ownership: How U.S. Navy SEALs Lead and Win
. Seither hat er ein Kinderbuch geschrieben, Way of the Warrior Kid
, das ebenfalls ein Bestseller wurde, und in seinem neuesten Buch, Discipline Equals Freedom: Field Manual
, beschreibt er sein einzigartiges geistiges und körperliches »Betriebssystem«. Jocko unterhält sich in seinem beliebten »Jocko Podcast« mit seinen Gästen über Themen wie menschliche Eigenschaften aus militärischer Perspektive, Personal- und Unternehmensführung. Jocko ist ein Ehemann, begeisterter Surfer und Vater von vier »sehr lebhaften« Kindern.
Welches Buch (welche Bücher) verschenkst du am liebsten? Warum? Welche ein bis drei Bücher haben dein Leben am stärksten beeinflusst?
Ich diente zwanzig Jahre in den SEAL-Teams und etwa nach der Hälfte der Zeit stieß ich auf About Face
von Colonel David H. Hackworth. Seither lese ich ständig darin. Hackworth arbeitete sich nach oben und diente als Infanterie-Offizier im Korea- und Vietnamkrieg. Er wurde von seinen Männern und jedem, der je mit ihm zusammenarbeitete, verehrt. Die Geschichten über den Krieg sind unglaublich, und man kann in dem Buch viel über Kampftaktiken lernen, aber ich persönlich fand die Lektionen über Menschenführung am wichtigsten. Ich übernahm mit der Zeit viele seiner Grundsätze und lerne immer noch aus seinen Erfahrungen. Danke für alles, Colonel Hackworth.
Welcher (vermeintliche?) Misserfolg war die Voraussetzung für deinen späteren Erfolg? Hast du einen »Lieblingsmisserfolg«?
Bei meiner zweiten Auslandsverwendung im Irak war ich Kommandant von SEAL Team Three, Task Unit Bruiser. Wir waren in der vom Krieg verwüsteten Stadt Ramadi im Einsatz, dem damaligen Epizentrum des Aufstands. Wir waren erst einige Wochen im Land, als wir in Zusammenarbeit mit der US Army, dem Marine Corps und verbündeten irakischen Truppen eine große Operation durchführten. Im Nebel des Krieges wurden falsche Entscheidungen getroffen. Dann kamen noch unglückliche Zufälle hinzu. Es gingen mehrere Dinge schief, die zu einem hitzigen Gefecht zwischen einem meiner SEAL-Elemente und einer verbündeten irakischen Einheit führten. Ein irakischer Soldat wurde getötet und zahlreiche andere Soldaten verletzt, darunter einer meiner SEALs. Es war ein Albtraum.
Es wurden viele Schuldzuweisungen gemacht, und viele Leute hatten Fehler begangen, aber ich erkannte, dass es nur eine Person gab, der man Vorwürfe machen konnte: Ich. Ich war der Kommandant. Ich war der erfahrenste Mann auf dem Schlachtfeld. Ich war für alles verantwortlich, was dort passierte. Für alles.
Als Anführer kann man niemandem die Schuld in die Schuhe schieben. Suche also nicht nach Ausreden. Wenn ich nicht zu den Problemen stehe, die ich habe, kann ich sie nicht beheben. Genau das muss ein Anführer tun: zu den Problemen, Fehlern, Unzulänglichkeiten stehen und dann Lösungen ausarbeiten und anwenden, um sie zu lösen.
Steh zu deinen Taten.
Wenn du an einem beliebigen Ort ein riesiges Plakat mit beliebigem Inhalt aufhängen könntest, was wäre das und warum?
»Disziplin bedeutet Freiheit.« Jeder strebt nach Freiheit. Wir wollen körperlich und geistig frei sein. Wir wollen finanziell frei sein und mehr Freizeit haben. Aber woher kommt diese Freiheit? Wie erlangen wir sie? Die Antwort ist das Gegenteil von Freiheit. Die Antwort ist: durch Disziplin. Du willst mehr Freizeit? Lerne, deine Zeit einzuteilen und effizient zu nutzen. Du willst finanzielle Freiheit? Gehe verantwortungsbewusst mit deinen Ressourcen um und denke an die Zukunft. Willst du körperlich frei sein, um dich zu bewegen, wie du willst und um frei zu sein von den vielen gesundheitlichen Problemen, die durch eine ungesunde Lebensweise entstehen? Dann musst du die Disziplin haben, dich gesund zu ernähren und regelmäßig zu trainieren. Wir alle wollen Freiheit. Aber die erlangt man nur durch Disziplin.
Was ist das beste oder lohnendste Investment, das du je getätigt hast (in Form von Geld, Zeit, Energie etc.)?
In jedem Haus mit Garage, das ich je bezogen habe, habe ich in der Garage einen Kraftraum eingerichtet. Auf diese Weise kann ich jeden Tag trainieren, ganz gleich wie chaotisch oder beschäftigt mein Leben gerade ist. Es ist praktisch, jederzeit trainieren zu können, ohne eine Tasche packen, zum Studio fahren, parken, sich umziehen und darauf warten zu müssen, dass die Ausrüstung frei wird …
Der eigene Kraftraum ist nur für dich da. Keine Fahrerei. Keine Parkplatzsuche. Kein winziger Spind, in den man seine Sachen stopfen muss. In deinem Kraftraum ist deine Ausrüstung ganz für dich da. Sie wartet nur auf dich. Immer.
Und was vielleicht am wichtigsten ist: Du kannst jede Art von Musik hören, die dir gefällt, so laut du willst.
ALSO DREH AUF.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Täglich zu lesen und zu schreiben. Das macht den Kopf frei.
Welchen Rat würdest du einem intelligenten, motivierten Studenten für den Einstieg in die »echte Welt« geben?
Arbeite härter als jeder andere. Das ist natürlich einfach, wenn man seine Arbeit mag. Aber vielleicht mag man seinen ersten, zweiten oder auch dritten Job nicht besonders. Das spielt keine Rolle. Arbeite trotzdem härter als jeder andere. Um an seinen Traumjob zu kommen oder sein Wunschunternehmen zu gründen, muss man seinen Lebenslauf und seinen Kontostand aufbauen. Beides schafft man am besten, indem man härter als jeder andere arbeitet.
Was tust du, wenn dir alles zu viel wird, du nicht mehr fokussiert bist oder deine Konzentration nachlässt?
Prioritäten setzen und ausführen. Das habe ich in meinen Kampfeinsätzen gelernt. Wenn die Situation aus dem Ruder läuft, wenn mehrere Probleme gleichzeitig auftreten, wenn die Dinge außer Kontrolle geraten, muss man Prioritäten setzen und ausführen.
Man muss ein wenig Abstand gewinnen.
Sich von dem Chaos distanzieren.
Die Situation betrachten und die vorhandenen Probleme, Aufgaben oder Belange beurteilen. Dann muss man den Punkt wählen, der die größte Auswirkung hat, und ihn anpacken.
Wenn man versucht, jedes Problem zu lösen oder jede Aufgabe gleichzeitig zu erledigen, wird man nichts zustande bringen. Wähle das größte Problem aus, dessen Beseitigung den größten positiven Effekt hat. Richte deine Ressourcen darauf und pack es an. Kümmere dich nur darum. Wenn dieser Punkt erledigt ist, kannst du dich dem nächsten Problem widmen und dann dem nächsten. Mach so weiter, bis sich die Situation stabilisiert hat. Prioritäten setzen und ausführen.