HÄUFIGE ERNÄHRUNGSIRRTÜMER
… und was wirklich dran ist

Zugegeben: Es ist nicht immer einfach, den Überblick zu behalten, was gesunde Ernährung tatsächlich ausmacht. Schließlich streiten sich in vielen Fällen auch die Gelehrten, ob und in welchem Maße bestimmte Lebensmittel nützen oder schaden. Aber ein paar gesicherte Erkenntnisse gibt es schon.

Extrem kurz gefasst lauten sie: Je abwechslungsreicher man isst, desto besser. Obst und Gemüse sollten dabei den Löwenanteil ausmachen. Kohlenhydrate sind wichtig, aber es sollten möglichst viele von der komplexen Sorte sein, die vom Körper langsamer abgebaut werden und daher den Blutzuckerspiegel nicht Achterbahn fahren lassen. Solche komplexen Kohlenhydrate finden sich in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Kartoffeln. Fleisch und Fisch liefern wertvolles Eiweiß, müssen aber keineswegs jeden Tag sein und sollten ohnehin immer in geringerer Menge auf dem Teller liegen als Gemüse. Ähnliches gilt für Milchprodukte. Bei Fetten ist Zurückhaltung geboten, was die Menge angeht – sie ganz vom Speiseplan zu streichen wäre allerdings auch schädlich, denn der Körper braucht sie. Besonders wichtig sind die gesunden Fettsäuren von Pflanzenölen, Nüssen und fettem Fisch. Bei Alkohol, Süßigkeiten, zuckerhaltigen Getränken und Knabberkram heißt die Wohlfühlformel: selten, aber dann mit Genuss.

Wenn man diese paar Grundsätze im Hinterkopf behält, ist schon viel gewonnen. Nach den eigenen Bedürfnissen interpretieren kann man sie dann immer noch. Wer von Vollkornprodukten Beschwerden bekommt, muss sich natürlich nicht dazu zwingen, Schwarzbrot zu essen. Wer Laktose nicht verträgt, lässt die Milch weg und weicht auf Sauermilchprodukte oder gereifte Käsesorten aus. Und wer sich für eine vegetarische Lebensweise entschieden hat, achtet darauf, statt Fleisch und Fisch hochwertiges Eiweiß zu sich zu nehmen, zum Beispiel aus Hülsenfrüchten oder Milchprodukten. Wie gesagt: Lassen Sie ein bisschen gesunden Menschenverstand walten, hören Sie auf Ihren eigenen Körper – und fallen Sie nicht auf die folgenden populären Ernährungsirrtümer herein!

Pasta macht dick.

Meines Erachtens hat hier die Low-Carb-Bewegung etwas übertrieben. Kohlenhydrate fast komplett aus dem Speiseplan zu streichen bringt nichts – abgesehen davon, dass sie zu einer gesunden Ernährung dazugehören, halten die meisten Leute eine solche Selbstkasteiung nicht lange durch. Außerdem ist nicht die Pasta der Dickmacher: Die Übeltäter sind meist die schweren Saucen dazu.

Ich bin ein großer Pastafan, und für mich gehört der Teller Pasta mit leichtem Tomatensugo absolut in die Hitliste der Leicht-und-glücklich-Gerichte. Allerdings koche ich die Nudeln auch nie zu weich. Solange sie nämlich noch deutlich Biss haben, braucht der Körper länger, um die Stärke zu verdauen, und das macht länger satt. Al dente lautet also die Zauberformel!

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Kalte Gerichte sind leicht.

Salat, Sushi, Antipasti mit mariniertem Gemüse: Für die meisten von uns klingt das erst einmal nach ziemlich leichter Kost. Kein Wunder: Wir sind in einer Esskultur aufgewachsen, in der nur Warmes als ordentliche Mahlzeit gilt, kalte Gerichte dagegen eher eine Rolle als Vorspeise und Appetitmacher spielen. Und Salate zieren immer dann die Titelseiten der Zeitschriften, wenn es darin um die neueste Diät geht.

Aber was ist wirklich dran an der Gleichung »Kaltes ist leichter als Warmes«? Ehrlich gesagt: Nichts. Eine Insalata Caprese kann durchaus mit mehr Kalorien zu Buche schlagen als eine leichte warme Gemüsesuppe, denn der Mozzarella ist nicht ohne. Bei anderen Salaten ist es das Dressing, in dem sich die Kalorien verstecken – beim klassischen Caesar Salad beispielsweise, der gerade deshalb und wegen der üppigen Käsegarnitur so gut schmeckt. Da hilft es dann auch nicht mehr, ihn ohne Croûtons zu bestellen. Die sind nämlich nicht der Grund dafür, dass die Waage am nächsten Tag nach oben ausschlägt.

IM ÜBRIGEN gibt es viele Menschen, die gerade abends Salat oder Rohkost nicht gut vertragen. Ich selbst gehöre auch zu dieser Gruppe und koche mir daher am Abend lieber eine warme Suppe oder dünste etwas Gemüse. Leicht oder schwer ist nämlich eine Frage der Zubereitung, nicht der Temperatur.

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Getränke zählen nicht.

Richtig ist: Getränke geben einem selten das Gefühl, etwas »Richtiges« zu sich genommen zu haben. Trotzdem wäre es ein Fehler, die flüssigen Genüsse bei der persönlichen Energiebilanz einfach außer Acht zu lassen. Dass Alkohol eine Rolle spielt, ist den meisten klar. Aber wer zum Beispiel auf ein Dessert verzichtet und stattdessen nach dem Essen lieber noch einen Latte macchiato trinkt, hat kalorienmäßig leider gar nichts gewonnen, auch wenn es sich so anfühlt. Wegen der großen Milchmenge ist diese Kaffeespezialität nämlich eigentlich eine eigene kleine Mahlzeit.

Und was ist mit Fruchtsäften? Die liefern zwar mehr Vitamine als Cola & Co., aber mindestens genauso viel Zucker, nämlich mehr als einen Esslöffel voll pro 200-Milliliter-Glas. Wenn man also Apfel- oder Orangensaft nicht gerade sehr stark mit Wasser verdünnt, haben sie eher den Charakter einer süßen Kleinigkeit zwischendurch. Dann lieber mal einen Apfel essen!

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Mit grünen Smoothies ernähre ich mich supergesund.

Smoothies sind toll. Ich trinke sie selbst gerne, und sie helfen dabei, auf die empfohlenen fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag zu kommen. Unzweifelhaft stecken in jedem Schluck eine Menge guter Sachen: Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, darunter Antioxidantien, die vor Krebs schützen sollen. Allerdings heißt das – wie so oft – nicht, dass mehr davon automatisch noch gesünder ist. Zum einen ist die Verdauung des Menschen so eingerichtet, dass sie schon beim Kauen anfängt. Zum anderen enthalten auch grüne Smoothies meist große Mengen Trauben- und Fruchtzucker. Den meisten Menschen schmeckt nämlich so ein reiner Grünkohl-Spinat-Petersilien-Drink nicht besonders gut. Deshalb wandern in der Regel reichlich Bananen und Mangos in den Mixer, die dafür sorgen, dass die Sache schön süß wird. Aber Zucker heißt eben auch, dass man ganz schön viele Kalorien runterschluckt, ohne es so richtig zu merken. Daher gönne ich mir nur gelegentlich mal einen Smoothie, trinke ihn mit Genuss und verwende das Gemüse ansonsten lieber zum Kochen.

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Salz sparen heißt, den Salzstreuer abzuschaffen.

Grundsätzlich: Der menschliche Körper braucht Salz – ohne diesen lebenswichtigen Stoff würde im Organismus nichts funktionieren. Allerdings nehmen wir in der Regel sehr viel davon zu uns, meist rund doppelt so viel wie die empfohlene Tagesdosis von 6 Gramm. Daran ist allerdings nicht der Salzstreuer auf dem Tisch schuld, sondern vor allem das versteckte Salz in der Wurst, im Brot und in Industrielebensmitteln wie Fertigsaucen, Pizza und Brühen, die meist sehr viel davon enthalten.

Während noch vor wenigen Jahren vor den Gesundheitsfolgen eines zu hohen Salzkonsums eindringlich gewarnt wurde, hat sich das Bild inzwischen etwas relativiert. Wer viel Salz isst, riskiert damit nicht automatisch gefährlichen Bluthochdruck. Aber es schadet trotzdem nicht, die Salzmenge etwas zu reduzieren – und sei es nur, um wieder ein Gespür für den Eigengeschmack von Lebensmitteln zu bekommen. Ein frischer, knackiger Kohlrabi nur mit Butter und ein paar frischen Kräutern schmeckt nämlich auch ohne viel Salz. Ein guter Weg kann also sein, beim Kochen etwas weniger großzügig ins Salzfass zu greifen. Gerade dann ist es aber wichtig, dass Salz auf dem Tisch steht, damit jeder nach eigenem Geschmack nachwürzen kann – natürlich nicht, ohne vorher probiert zu haben!

ÜBRIGENS spielt beim Salz nicht nur die Quantität eine Rolle, sondern auch die Qualität (>).

Brauner Zucker ist gesünder als weißer.

Ehrlich gesagt: Zucker ist Zucker. Was die Wirkung als Dickmacher und Kariesverursacher angeht, tun sich braune und weiße Sorten nichts. Beim Herstellungsprozess wird einfach der ursprünglich braune Zucker zu weißem raffiniert. Brauner Zucker ist also meist ursprünglicher und enthält ein paar mehr Mineralstoffe als weißer. Der Unterschied ist aber zu gering, um für die Gesundheit ins Gewicht zu fallen. Der einzige Grund, braunen Zucker zu verwenden, liegt also im Geschmack: Der ist schön malzig, vor allem bei Vollrohrzucker, den ich deshalb gerne verwende.

Wer Zucker reduzieren will, kann auf Ahornsirup oder Honig umsteigen.

Die Vorliebe für Süßes ist uns Menschen angeboren. Was früher einmal praktisch war, weil der Urmensch automatisch energiereiche Nahrung bevorzugte und daher größere Überlebenschancen hatte, erweist sich in unserer westlichen Überflussgesellschaft als schädlich. Denn weil Zucker immer zur Verfügung steht, essen wir zu viel davon. Das führt nicht nur zu Übergewicht, sondern auch zur Abhängigkeit: Körper, Geist und Seele verlangen immer mehr von dem süßen Suchtmittel.

ALLERDINGS ist es leider nicht damit getan, den normalen weißen Haushaltszucker zu verteufeln und durch vermeintlich gesündere Alternativen wie Honig, Ahornsirup oder Agavendicksaft zu ersetzen. Denn auch die enthalten vor allem Zucker. Sprich: Kulinarisch ist die Vielfalt ein Gewinn, für die Gesundheit nicht. Wer Zucker reduzieren möchte, tut daher besser daran, sich langsam an weniger süßes Essen zu gewöhnen: Wenn Sie Ihren Cappuccino bisher mit zwei Löffeln Zucker getrunken hat, dann reduzieren Sie doch mal auf einen. Oder probieren Sie Naturjoghurt mit frischen Erdbeeren statt fertigem Erdbeerjoghurt. Nach einer Weile schmeckt das, was einmal vollkommen normal war, unerträglich süß – versprochen!

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Fett ist ungesund.

Die Werbung redet uns ja ständig ein, dass alles möglichst fettfrei sein muss. Dabei braucht der Körper Fett! Wer versucht, vollständig darauf zu verzichten, nimmt sich nicht nur jeden Spaß am Essen, sondern riskiert sogar Mangelerscheinungen. Natürlich heißt das nicht, dass Fett in unbegrenzter Menge immer noch gesund ist. Aber es braucht auch niemand die Ölflasche in den Giftschrank zu sperren. Im Gegenteil: Gerade pflanzliche Öle wie Olivenöl, Rapsöl oder Leinöl enthalten genau wie Nüsse, Samen und Avocados wertvolle Fettsäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann.

Und was ist mit all den fettreduzierten Milchprodukten? Ich verwende lieber Joghurt aus Vollmilch mit 3,5 % Fett, weil ich danach nicht sofort wieder Hunger bekomme. Außerdem muss man bei Produkten mit sehr geringem Fettgehalt sehr aufpassen und immer die Zutatenliste studieren. Weil nämlich die Leute ihren Low-Fat-Joghurt genauso cremig haben möchten wie einen Sahnejoghurt, helfen die Hersteller gerne mit Bindemitteln nach. Ehrlich: Auf die verzichte ich gerne.

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Am besten benutzt man für alles Olivenöl.

Olivenöl ist großartig, und es spielt in meiner Küche eine wichtige Rolle. Aber ich benutze es keineswegs für alles – aus gutem Grund. Zum einen bieten kalt gepresste Pflanzenöle eine große Geschmacksvielfalt, auf die ich nicht verzichten möchte. Nussöle, Raps- und Leinöl, Traubenkernöl runden mit ihren tollen Aromen Salate und andere kalte Gerichte genauso ab. Ich benutze diese Öle aber auch, um warme Gerichte direkt vor dem Servieren mit ein paar Tropfen zu veredeln.

Um damit zu braten, sind sie aber nicht geeignet. Werden sie hoch erhitzt, dann bilden sich darin nämlich schädliche Stoffe. »Hoch« heißt bei vielen Ölen schon 100°C, und das ist schnell erreicht. Einige Pflanzenöle halten auch etwas höhere Temperaturen aus, aber selbst bei nativem Olivenöl ist spätestens bei 180°C Schluss mit gesund. Fleisch wird aber in der Regel viel heißer angebraten, damit sich die begehrten Röststoffe bilden, und auch Bratkartoffeln bekommen die schöne Kruste erst mit mehr Hitze. Was also tun?

Früher wurde empfohlen, zum Braten raffiniertes Olivenöl zu verwenden. Aber erstens fehlt ihm durch die stärkere Verarbeitung alles, was kalt gepresstes Olivenöl so gesund macht, und zweitens gibt es in Deutschland sowieso kaum raffiniertes Olivenöl zu kaufen. Was also dann? Zum Anbraten von Rind nehme ich am liebsten das eigene Fett. Das kann der Fettrand des Steaks sein, aber auch Nierentalg, das es beim Metzger (unter Umständen auf Vorbestellung) gibt. Es ist hoch erhitzbar und passt geschmacklich perfekt zum Fleisch.

Auch Butterschmalz und natives Kokosöl lassen sich auf knapp über 200°C erhitzen. Kokosöl ist übrigens nicht mit dem altbekannten Plattenfett zu verwechseln, auch wenn es ebenfalls bei Zimmertemperatur fest ist. Natives Kokosöl (gibt es im Bioladen und Reformhaus) hat in letzter Zeit eine beeindruckende Karriere als Schlank- und Wundermittel hingelegt, denn der darin enthaltenen Laurinsäure werden allerlei gesunde Eigenschaften nachgesagt. So ganz erforscht ist das jedoch noch nicht. Kokosöl bringt allerdings – genau wie Butterschmalz – einen Eigengeschmack mit, der nicht zu allen Gerichten passt. Wie meine Tochter Paola neulich sagte: »Rosmarinkartoffeln mit Kokosöl – das geht gar nicht, Mami!« Es gibt aber Kokosöle, die mit »mild« gekennzeichnet sind und bei denen die Geschmacksstoffe zumindest reduziert sind. Mit denen kann man die Kartoffeln dann auch scharf anbraten, damit sie eine schöne Kruste bekommen. Danach beträufle ich sie mit Olivenöl und backe sie im Ofen fertig. So nutze ich die positiven Eigenschaften beider Fette.

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Fett sparen heißt fettlos braten.

Wer aus lauter Angst vor dem bösen Fett das Schnitzel in die fast trockene Pfanne gibt, riskiert lediglich ein ungleichmäßiges Bratergebnis. Besser ist es, genügend Fett zu nehmen und das Schnitzel danach auf Küchenpapier zu entfetten. Schließlich isst man das Bratfett nicht mit, oder zumindest nur einen sehr geringen Teil davon. Dass wir häufig zu viel Fett zu uns nehmen, liegt ja nicht am Butterschmalz in der Pfanne, und es liegt auch nicht am Fettrand des Schinkens – wer den nicht mag, kann ihn schließlich abschneiden.

NEIN, das Problem sind die versteckten Fette, die uns gar nicht auffallen. Sie verbergen sich beispielsweise im Fleisch selbst, dem man das häufig gar nicht ansieht. In noch höherer Menge stecken sie in Wurst und Käse, in der Frühstücksschokocreme, im Croissant und in vielen industriellen Lebensmitteln. Sich das bewusst zu machen und an diesen Stellen die Augen offen zu halten bringt deutlich mehr, als fettlos zu braten und ansonsten weiterzumachen wie bisher.