14
CASPAR
Jetzt
Sein Kopf ist überladen mit all den Eindrücken, all den Geräuschen und der Helligkeit, die sich wie Blutegel in seine Netzhaut gefressen hat. Also atmet Caspar die Ruhe ein, die sie vor dem Dönerladen empfängt, als wäre sie Luft.
Musik.
Er denkt an eines seiner liebsten Stücke, so, wie er es meistens tut, wenn ihm alles zu viel wird. Klavierkonzert Nr.   21, KV 467. Komponiert von Mozart.
Sein Geist driftet ab, in seinem Kopf ertönen die Klavierklänge der Melodie des zweiten Satzes, den er lieber mag als das Allegro maestoso . Begleitet von den sanften Tönen des Streichorchesters, einfühlsam und gleichmäßig, während sein Herz im Takt der Musik zu schlagen beginnt.
Endlich.
Sofort entspannt sich sein Nervensystem. Nach all den Jahren kennt er die Tricks, die ihm dabei helfen, alles etwas leichter zu machen, auch wenn sich sein Schädel immer noch so anfühlt, als würde er jeden Moment explodieren. Aber selbst daran hat er sich gewöhnt.
»Weißt du, wie die Challenge angefangen hat?«, fragt Sam, während sie gemeinsam die Straße entlanglaufen.
Sie haben kein bestimmtes Ziel und noch genügend Zeit. 22  Minuten, um genau zu sein. Das imaginäre Ticken des Zeigers schlägt wie ein Presslufthammer gegen seine Stirn.
Es ist stockfinster, aber die letzten Wolken haben sich verzogen. Als wollten sie den Sternen die Möglichkeit geben, sich von ihnen beiden zu verabschieden.
Es ist das erste Mal, dass Sam das Wort an ihn richtet, seit sie den Dönerladen verlassen haben, und Caspar ist froh darüber. Mit Sam zu reden ist anders. Denn er hat das Gefühl, sich nicht verstecken zu müssen, einfach einmal loslassen zu können. Weil sie keine Erwartungen an ihn stellt, weil sie ihn nicht kennt, nichts über ihn weiß, ihn nicht verurteilt. Normalerweise reicht eine Suchzeile und ein Klick im World Wide Web aus, um herauszufinden, wer er ist und was er schon alles geleistet hat. Heute Nacht spielt das alles keine Rolle. Und es ist unheimlich befreiend.
Genau so hat er es sich vorgestellt.
Der glatte Hals der Flasche fühlt sich kühl an in seiner Hand, sein Daumen kratzt über das Etikett.
»Nein«, sagt er kopfschüttelnd. »Als ich mich angemeldet habe, hatte es schon zwei oder drei Challenges gegeben. Ghost hatte sie bereits in die Wege geleitet.«
»Und wie bist du auf das Forum gestoßen?«
»Tatsächlich über einen Hashtag – da waren sie noch nicht so gut versteckt wie jetzt. Da war es einfacher, auf ihre Spur zu kommen.«
»Wessen Spur?«
»Der Leute aus Deathwish , derjenigen, die sich umgebracht und es für alle Welt zugänglich gemacht haben. Davor habe ich mich bereits durch verschiedene Selbstmordforen geklickt, aber Deathwish hatte eine besondere Anziehungskraft.«
Sam zieht scharf die Luft ein. Sie wirft ihm einen schnellen Blick zu und schaut dann wieder nach vorn, allerdings spürt Caspar, wie ihr ganzer Körper sich versteift. Als ob sie sich innerlich gegen etwas wappnet.
»Inwiefern?«, fragt sie dann.
Er zuckt mit den Achseln. »Es wird dir doch auch aufgefallen sein … Wir haben alle dasselbe Ziel.«
»Und was unterscheidet das Deathwish von den anderen Foren?«
»Hast du es denn nicht selbst gemerkt?«
»Nein«, sagt sie leise. »Was macht das Deathwish so besonders?«
Ihre Antwort lässt ihn einen Augenblick lang stutzen, weil es ihn wundert, dass sie nicht von selbst darauf kommt. Dann überlegt er und erwidert: »Die Tatsache, dass wir in unserem einsamsten Moment nicht allein sind, verändert alles. Du wirst von anderen Usern richtig wahrgenommen, deine Gedanken werden ernst genommen. Du fühlst dich verstanden. Die Challenge gibt dem Ganzen noch einen Extrakick. Wir haben Zuschauer, zwar virtuell, aber du kannst dir sicher sein, dass auf der anderen Seite des Internets gerade einige Mitglieder des Forums auf unser Foto warten. Sie fiebern unserem Tod entgegen und wünschen sich, dass sie die Nächsten sind.«
Sam erschaudert. »Hast du das auch gemacht?«
Caspar denkt an all die schlaflosen Nächte, die er vor dem Computer verbracht hat, atemlos, mit schweißnassen Fingern, auf der Suche nach Hinweisen, auf einen Namen. Wer hat als Letztes etwas gepostet? Wer hat schon länger keinen Beitrag mehr in Deathwish verfasst? Wen hat Ghost dieses Mal ausgewählt?
»Ja. Es ist wie eine Sucht. Ein Adrenalinrausch. Ging es dir denn nicht so?«
»Dafür bin ich nicht lange genug dabei gewesen«, erwidert Sam ausweichend, den Blick zum Himmel gerichtet.
»Mhmm«, antwortet er und fügt hinzu: »Außerdem gibt uns das Forum eine Art Zuhause und Geborgenheit, die wir in der realen Welt nicht finden. Das hat mir geholfen, meistens zumindest.«
Sam schluckt hörbar. »Verstehe.«
»Und wie war das bei dir? Wie hast du das Forum gefunden?«
»Durch Zufall. Ähnlich wie du.«
Ihre Antwort kommt etwas zu schnell, doch er geht nicht darauf ein. Sie wird ihre Gründe haben, es ihm nicht zu verraten. Vielleicht jetzt noch nicht. Vielleicht auch niemals. Eigentlich macht das für Caspar auch gar keinen Unterschied.
Er möchte ihr den Freiraum geben, den sie braucht. Schließlich ist das keine leichte Entscheidung. Die Aufgaben sind nicht einfach, sondern gehen im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut.
Eine Weile sagen sie gar nichts mehr. Nur ihre Schritte sind zu hören, Sams gleichmäßiger Atem und die Geräusche der Nacht.
Dann fragt Sam: »Du meintest, du hast kaum mit jemandem geschrieben. Privat, oder?«
»Genau, privat habe ich kaum mit jemandem Kontakt gehabt. Aber ich war manchmal im Forum aktiv. Also in den Threads und bei manchen Diskussionen.«
Tatsächlich hat er mit niemandem aus dem Forum jemals privat geschrieben. Kurz denkt Caspar an Deathwish , an alles, was es ausmacht und was es in den letzten Monaten in ihm ausgelöst hat. An den Zusammenhalt. An das Gefühl, endlich etwas zu haben, das nur ihm gehört. Etwas, das er sich ausgesucht hat.
Sam seufzt. »Ich wüsste gerne, wer hinter den Namen steckt. Welche Geschichte sie zu erzählen haben. Warum sie dort angemeldet sind.«
»Wahrscheinlich aus demselben Grund wie wir: Sie suchen eine Lösung für ihre Probleme.«
»Ja, aber es ist nur eine Lösung. Den Tod zu wählen ist nur eine von vielen Möglichkeiten, theoretisch gibt es noch andere Wege.«
Ihre Worte kratzen an seinem Bewusstsein, aber er schiebt es beiseite und erwidert kühl: »Die einzige Lösung für mich.«
Mittlerweile haben sie einen kleinen Park erreicht, in dem normalerweise Jugendliche feiern. Meistens am Wochenende, deswegen ist es jetzt erstaunlich leise. Nur ein älterer Herr mit struppigem Hund an der Leine kommt ihnen entgegen und grüßt mit einem Kopfnicken, ohne dabei die späte Uhrzeit oder ihr Alter zu kommentieren. In der Ferne macht er eine schemenhafte Gestalt aus, die jedoch in die entgegengesetzte Richtung davonläuft. Sam wirft ihr einen prüfenden Blick hinterher.
»Was ist?«, fragt Caspar, denn ihre Miene wirkt plötzlich unheilvoll.
»Ich … der Typ da vorn. War der nicht auch im Dönerladen?«
Caspar schaut zu der Straßenecke, um die jene besagte Person gerade verschwunden ist. »Ist mir nicht aufgefallen.« Da erst bemerkt er den Unterton in Sams Stimme und wird stutzig. »Sag bloß, du denkst immer noch, dass Ghost uns beobachtet?«
»Ich bin mir nicht sicher. Es ist nur so ein doofes Gefühl.«
»Das ist doch Quatsch.«
»Ja … vielleicht. Wahrscheinlich.«
Sams Gesichtsausdruck lässt sprudelnd ein Lachen seine Kehle hinaufsteigen, das er zum Glück in ein Husten umwandeln kann. Doch Sam nimmt es trotzdem zur Kenntnis.
Sie schürzt die Lippen. »Du machst dich über mich lustig.«
»Nein. Nicht wirklich, aber du schaust total besorgt aus der Wäsche. Als ob sich hinter Ghost ein Psychopath à la Freddy Krueger verbirgt, der darauf aus ist, uns in unseren Träumen zu töten.«
Aus ihrem Mund dringt ein leises Schnauben und sie murmelt etwas Unverständliches, das sich wie »wer weiß« anhört.
Räuspernd setzt sich Caspar auf die Rückenlehne einer verlassenen Parkbank, die Beine auf der Sitzfläche abgestellt, und beugt sich mit leicht angewinkelten Armen nach vorn. Wie oft hat er Jugendliche aus seiner Umgebung so auf irgendwelchen Bänken herumlungern sehen wie Hühner auf einer Stange?
»Hast du viele Freunde?«, möchte Sam jetzt wissen und nimmt neben ihm Platz.
Der Themenwechsel kommt nicht überraschend, denn die Stimmung zwischen ihnen hat sich merklich abgekühlt. Dennoch ist er von der Frage etwas überrumpelt.
Caspar verengt die Augen zu Schlitzen. »Du bist verdammt neugierig.«
»Ich möchte einfach nur herausfinden, wer du bist. Das macht alles nicht ganz so abstrakt. Irgendwie greifbarer, wenn du verstehst, was ich meine.« Tadelnd hebt sie einen Zeigefinger. »Außerdem warst du derjenige, der diesen Deal vorgeschlagen hat. Ich lasse mich nur darauf ein.«
»Das bedeutet nicht, dass du mir Löcher in den Bauch fragen musst.«
»Das stimmt, aber ich mache einfach das Beste daraus.«
»Ja«, erwidert er ruhig und gibt sich geschlagen. »Es geht. Einen guten Freund. Wieso willst du das wissen?«
Ihre Hände umklammern die Schnürungen ihres Rucksacks und ihre Fußsohle malt Kreise auf das Holz, in dem schon viele ihre Namen hinterlassen haben. »Nur so.«
»Meinst du nicht, dass alle im Forum eher wenige Freunde haben? Sonst wären sie dort ja nicht angemeldet.«
Sam schweigt für einen Moment, scheint über seine Frage nachzudenken und sagt schließlich: »Ich hatte … habe eine Freundin, die an einer Depression leidet. Aber sie ist sehr offen, hat viele Freunde und ist nach außen hin ein totaler Sonnenschein. Ich glaube nicht, dass man das pauschalisieren kann. Jede Krankheit und jede Person ist individuell. Deswegen finde ich es ja so faszinierend, mehr zu erfahren. Die Hintergründe zu verstehen.«
»Viel Zeit bleibt dir dafür aber nicht mehr.« Der Spott in seiner Stimme ist selbst in seinen eigenen Ohren nicht zu überhören.
»Also hast du nur einen guten Freund?«
Caspar hat nicht viele Freunde. Die meisten Menschen, mit denen er in Berührung kommt, sind entweder älter als er oder verstehen ihn einfach nicht. Manchmal ertappt er sich dabei, wie er sich von außen betrachtet, wenn er sich mit Gleichaltrigen unterhält. Es ist seltsam. Als sähe er sich selbst dabei zu, wie er versucht, zu einer Person zu werden, die er eigentlich gar nicht ist.
Alles fühlt sich fremd an. Die Wörter, die er seinen Mund sagen hört, die Art, wie er über etwas lacht, das er gar nicht witzig findet. Auch die Art, wie er den Kopf schief legt, um etwas besser zu verstehen. Eine künstliche Intelligenz, die gelernt hat, wie ein Mensch auszusehen und sich zu verhalten, aber doch keiner ist. Nur dass er keine künstliche Intelligenz ist, sondern ein alter Mann im Körper eines 16-Jährigen.
Er kann weder mit ihren Gesprächsthemen noch mit den Personen selbst etwas anfangen.
Es gibt Ausnahmen. Die gab es immer. Lauris zum Beispiel. Lauris, der nichts wirklich ernst nimmt, der einfach nur in den Tag hineinlebt, irgendeinem Mädchen hinterherhechelt und dabei an nichts denkt außer daran, wie es wäre, ständig und überall Sex zu haben.
Und dann ist da noch Sophie. Das Mädchen mit der lustigen Zahnlücke. Seine ehemalige Nachbarin. Sophie mit den großen Augen und dem viel zu spitzen Mund.
Sie ist wohl das, was einer Freundin am nächsten kommen würde. Mit Sophie hat Caspar das erste Mal etwas getan, das nicht von seinen Eltern säuberlich geplant und vorherbestimmt worden ist. Natürlich musste es ein Baum sein. Und natürlich ist er heruntergefallen und hat sich den Arm gebrochen, woraufhin er wochenlang nicht mehr Klavierspielen konnte. Es hat ihm eine Menge Ärger eingebrockt. Dabei war er damals erst sieben Jahre alt.
Automatisch verziehen sich seine Lippen zu einem spröden Lächeln, als er an Sophie denkt.
Mit Sophie hat er sehr viele erste Male verbracht. Das erste Mal einfach Kind sein. Das erste Mal ins Kino. Das erste Mal einen Schluck Alkohol trinken. Den ersten Kuss. Außer das erste Mal. Das hat er noch nie erlebt. Mit niemandem. Aber selbst das bereut er nicht, weil er nichts vermissen kann, was er noch nie getan hat.
All das, was Sam vorhin angesprochen hat, dafür war Sophie da. Mit ihr hat er es erlebt.
Aber Sophie ist, wie so vieles in seinem Leben, irgendwann nicht mehr da gewesen. Was sehr wahrscheinlich daran liegt, dass sich alles bei ihm nur um Routine und Perfektion gedreht hat und sie sich aus den Augen verloren haben. Auch der Ortswechsel, der Umzug ihrer Familie, hat dazu beigetragen – leider.
»Das war ein sehr langer innerer Monolog«, funkt Sam dazwischen und schaut nachdenklich zu ihm hoch.
Der Schleier vor seinen Augen lichtet sich, er landet sofort wieder in der Realität. Für einen kurzen Augenblick hat er sogar vergessen, dass er nicht allein auf der Parkbank sitzt.
»Was?«
»Du siehst aus, als hättest du die Antwort gerade nur in Gedanken ausgesprochen«, sagt Sam. »Du hast die letzten fünf Minuten kein Wort gesagt. Aber das ist völlig in Ordnung.«
»Um deine Frage zu beantworten: Ja, es ist wirklich nur ein Freund.« Als er zu ihr herabschielt, muss er feststellen, dass sich ihre Lippen zu einem breiten Lächeln verzogen haben. Macht sie sich jetzt über ihn lustig?
»Das ist aber nur die Kurzfassung, oder?«
»Ja«, brummt er.
»Ich habe viele Bekannte«, sagt Sam nun in einem fast schon fröhlichen Tonfall, wahrscheinlich nur, weil er sich gerade unwohl fühlt und sie die Situation überspielen möchte. »Und eben eine sehr gute Freundin, Talina. Aber das war’s eigentlich auch schon. Ich habe nie großen Wert auf viele Freunde gelegt. Man kann sowieso nicht mit allen alles teilen.«
»Und Geschwister?«, fragt er jetzt doch nach.
Sam zuckt beinahe unmerklich zusammen. Beinahe unmerklich. Er bemerkt es trotzdem. So wie er meistens alles wahrnimmt. Angespannt presst sie die Lippen zusammen. »Eine Schwester. Rachel. Sie ist zwei Jahre älter als ich. Und du?«
»Ich bin Einzelkind.«
Und verdammt glücklich darüber. Auch wenn er sich zu oft gefragt hat, ob es vielleicht einfacher gewesen wäre, wenn er die Last nicht allein auf seinen Schultern getragen hätte. Den Erfolgsdruck, die Einschränkungen, die Erwartungen, gemischt mit dem Gefühl, nie gut genug zu sein. Immer mehr erreichen zu müssen, immer höher zu steigen, ohne Absicherung, ohne Fallschirm.
Deswegen befindet er sich seit Monaten im freien Fall.
Wieder schweigen sie beide auf diese ganz bestimmte Weise, die sich wie Nachhausekommen anfühlt. Als würden sie sich jahrelang kennen und hätten nie etwas anderes gemacht. Gemeinsam zu schweigen und sich dabei vollkommen zu fühlen. Als würde ihnen nichts fehlen, als wäre es der perfekte Moment.
Normalerweise überkommt Caspar immer das Bedürfnis, das Gespräch fortzusetzen, nach irgendeinem Thema zu fischen und die Stille mit Inhalt zu füllen, nur mit Sam ist das nicht so.
Ein Teil von ihm hofft, dass es an ihr liegt, doch der größere – und wesentlich wichtigere – Teil ahnt, dass es nichts mit ihr zu tun hat, sondern damit, dass er schon längst mit diesem Leben abgeschlossen hat. Schon vor Monaten. Und nur diesem Tag entgegengefiebert hat.
Deswegen fühlt er sich frei. Von seinen Ängsten, seinen Zwängen, von dem, was ihn hierher getrieben hat.
»Eigentlich will ich nicht sterben«, sagt Caspar und gesteht sich und ihr mehr ein, als er ertragen kann. »Eigentlich will ich einfach nur nicht mehr leben.«
Dann schlägt er die Flasche mit voller Wucht gegen die Kante der Parkbank. Mit einem klirrenden Geräusch zerspringt das Glas in Tausende Splitter, verteilt sich wie Regen über den Boden und das Gras. Gleichzeitig entströmt der intensive Duft von Cola, als ob er ihn wie ein Parfüm in der Luft versprüht hätte.
Noch immer hält er den Flaschenhals zwischen den Fingern, fest und entschlossen. Bereit.
Als sein Blick auf Sams trifft, sieht er das unsichere Flackern darin, eine leise Angst und noch etwas anderes, das er nicht näher bestimmen kann. Dabei ist er verdammt gut darin, andere Menschen zu lesen. Es ist das, was ihn ausmacht und gleichzeitig so sehr von ihnen abgrenzt.
»Bist du bereit?«, möchte er wissen. Der raue Klang seiner Stimme erschreckt ihn selbst ein wenig.
Er klingt fremder. Ernsthafter. Die Person heute Nacht ist so sehr Caspar, dass es ihm fast wehtut, sie wieder loszulassen. Aber das ist der Deal. Einmal frei sein und dann für immer gehen.
Sam nickt, das blaue Haar schimmert fast schwarz und eine einzelne Strähne klebt an ihrer Unterlippe. Kurz verspürt er den Drang, sie ihr wegzustreichen, doch dann lässt er es bleiben, obwohl sein Finger zuckt.
Nein. Das wäre falsch.
Es würde Raum für Interpretationen geben, die keinen Platz in dieser Nacht finden sollten.