»Du bist unverbesserlich, BB.«
»Du auch, Katze.«
Sie wussten beide, dass sie einander nicht ändern konnten. Sie liebten den anderen genau dafür: So wie er oder sie war, so war es gut.
»Ich wollte mit dir über etwas ganz anderes sprechen, BB.«
Er nickte ihr zu.
»Ich möchte die oberen beiden Zimmer renovieren. Sie sind von der Ausstattung und vom Komfort nicht mehr zeitgemäß.«
»Wenn du meinst.«
»Hörst du mir überhaupt zu, BB?«, fuhr sie ihn an. Danielle war sehr klar, sehr entschieden. »Ich möchte deine Meinung dazu hören. Wir bekommen gute Bewertungen. Toplage. Meerblick. Ich möchte aber nicht gute Bewertungen für die Lage bekommen. Ich möchte auch gute Bewertungen für den Service und den Komfort erhalten, damit die Gäste sich bei uns gut aufgehoben und wie zu Hause fühlen. Dafür müssen wir aber den Standard und die Ausstattung der Zimmer steigern.«
»Wenn du das sagst, wird es stimmen. Du bist die Expertin.«
»Bernard, du kannst dich nicht so leicht raushalten, als hätte das nichts mit dir zu tun. Wir haben das Hotel gemeinsam übernommen, jetzt führen wir es auch gemeinsam. Dem Gast müssen wir stets etwas Besonderes bieten. Wir brauchen ein Alleinstellungsmerkmal, das nur wir haben. Vielleicht gelingt es uns, einen weiteren Stern zu bekommen. Das Hôtel Royal hat nur einen Stern mehr als wir, verlangt aber doppelt so hohe Preise.«
»Du kannst dich nicht mit dem Royal vergleichen. Das Hotel ist viel größer. Wir haben nur wenige Zimmer.«
»Mein Ziel und mein Anspruch ist es, stetig besser zu werden. Dazu gehört auch ein entsprechender Service und Freundlichkeit den Gästen gegenüber. Hast du die Bewertung gelesen: ›Toplage. Meerblick. Nostalgische Zimmer, aber ein etwas brummiger Réceptionist, der einen mitten im Gespräch stehen lässt.‹«
Bernard schloss genervt die Augen. »Ja, ich weiß, das war vorletzten Monat. Dieser bescheuerte Belgier. Ein notorischer Querulant, der unbedingt mal wieder heiße Luft ablassen musste. Guck dir mal seine anderen Bewertungen an.«
»Trotzdem. Du darfst unseren Gästen nicht das Gefühl geben, sie seien beschränkt. Am Ende fällt es auf uns zurück. Du kannst mit den Leuten nicht umspringen, als würdest du sie einem deiner Verhöre unterziehen.«
»Es tut mir hinterher auch immer schrecklich leid. Es gibt eben Verhaltensweisen, die bringen mich fürchterlich auf die Palme. Verhören kann ich aber ausgesprochen gut«, freute sich Bernard. Ein Lächeln huschte über sein braun gebranntes Gesicht. »Ich galt früher als Verhörexperte. Ich habe aus Zeugen und Verdächtigen mehr herausgeholt als alle anderen. Ich habe sie zum Sprechen gebracht. Und glaub mir, Katze, die Leute lügen dir unverschämt ins Gesicht, ohne mit der Wimper zu zucken.«
»Ich glaub dir das, BB. Aber in einem Hotel geht das nicht. Gäste sind keine Zeugen oder Verdächtige. Sie wollen hier die schönste Zeit des Jahres verbringen. Sie brauchen das Gefühl, willkommen zu sein.«
»Ja, ich weiß. Ein Verhör braucht eine Mischung aus Druck und Unnachgiebigkeit, Empathie und Verständnis für die Person.« Bernard blühte auf, wenn er darüber sprach.
»Ich will jetzt keine Verhörtechniken von dir lernen, BB.«
Einmal in Fahrt gesetzt, ließ Bernard sich nicht mehr bremsen. »Ich versuche stets, eine genaue Vorstellung von der Person zu haben. Was treibt sie an? Was ist ihr Motiv? Was ist ihr Ziel? Meistens gelingt mir das, manchmal schwimme ich aber auch. Stell dir vor, du wärst frisch verliebt«, wandte er sich direkt an Danielle. »Dieser Mann bedeutet dir alles. Du willst mit ihm ein neues gemeinsames Leben beginnen.«
»So wie mit dir …«, warf Danielle ein.
»Ja, so wie mit mir. Du willst mit dem Mann nach Paris gehen. Doch plötzlich kommst du dahinter, oder jemand schanzt dir die Nachricht zu, dass der Mann, den du über alles liebst, ein Dealer ist. Wie würdest du auf diese Neuigkeit reagieren?«
Danielle zögerte keine Sekunde. »Das wäre ein riesiger Affront. Mehr als das.«
»Antworte nicht zu schnell«, warnte Bernard sie.
Doch Danielle ließ sich nicht bremsen. »Ich würde den Typen hochkantig rausschmeißen. Mit einem Mann, der mich hintergeht, würde ich nichts zu tun haben wollen.«
»Du würdest ihm nicht helfen, dass er aus dieser beschissenen Situation wieder herauskommt?« Bernard wusste, wie hilfsbereit und duldsam Danielle sein konnte.
»Nein, auf keinen Fall.«
»Siehst du, genau das ist Anna Piat passiert. Marc Lambert dealt mit Kokain. Das könnte der Grund sein, warum sich Anna Hals über Kopf von ihm getrennt hat. Wie das mit ihrem Tod zusammenhängt, weiß ich noch nicht. Aber das werde ich noch herausfinden«, sagte er beinahe trotzig. »Siehst du, ich kann jetzt unmöglich aufhören. Die Ereignisse überschlagen sich.«
»Und was ist mit der Renovierung der Zimmer?« Danielle verlangte eine definitive Zusage von ihm.
»Lass uns ein anderes Mal darüber reden.«