Juliette



und die Sünde



»Juliette! Das Essen ist fertig!«

Das Gebrüll ihrer Mutter klingelte in Juliettes Ohren und zu gerne, hätte sie sich diese zugehalten, um den Misston abzuschalten, damit sie endlich ihre Ruhe fand. Grummelnd warf sie einen letzten Blick in die polierte Metallscheibe, die ihr als Spiegel diente, bevor sie sich den Schleier band und das Kleid raffte, damit es eng an ihrem jungen Körper anlag und ihre Brüste zur Geltung kamen. Natürlich war ihr bewusst, dass die Hervorhebung ihrer weiblichen Rundungen pure Sünde war, doch der Herr im Himmel würde schon nicht durch das strohgedeckte Dach schauen oder mit erhobenem Zeigefinger vor ihr auftauchen können. Keck strich sie sich zum Abschluss über die satten roten Lippen. Zufrieden mit sich selbst, zwinkerte sie ihrem Spiegelbild zu, ehe sie die Tür öffnete und auf den kalten Flur hinaustrat. Das Zimmer teilte sie sich mit ihrer braven Schwester Klara, die natürlich bereits bei der Zubereitung der Speisen geholfen hatte. Für Juliette war diese Art von Arbeit nichts. Zwiebeln schneiden und Fleisch braten? Nie im Leben! Aus ihr würde keine treue Hausfrau werden, das wusste sie schon lange. Sie war für Höheres bestimmt. Nein, sie würde sich von keinem Mann in Ketten legen lassen, um ihm zu dienen, ihm Kinder zu schenken und sein Brot zu schmieren. Nicht mit ihr! Tag für Tag sah sie ihre Mutter und andere Weiber vor ihren Männern kuschen wie Vieh. Nichts anderes als Sklaven waren sie in Juliettes Augen. Schon lange hatte sie daher den Respekt vor ihrem eigenen Geschlecht verloren. Eine Schande eigentlich. Frauen waren den Männern haushoch überlegen, dessen war sie sich absolut gewiss. Warum ließen sie sich also so behandeln? Ja, Juliette würde dafür Sorge tragen, dass sich die Welt änderte. Dass die Männer den Frauen wieder die Füße küssten und ihnen unterstellt waren.

Das Gebrüll von unten wurde drängender, als Juliette sich den Erinnerungen an das gestern Erlebte hingab. Sie hatte ihren eigenen Weg gefunden, sich den Zwängen des Elternhauses zu entziehen. Sie hatte mal wieder einen kleinen Ausbruch durch den Auwald und hinunter zum Fluss gewagt. Dort stand ein herunter gewirtschafteter Einzelhof, den man hinter vorgehaltener Hand das Badehaus nannte. Der Weg dorthin und auch die Gegend außerhalb der Stadtmauern galt als unsicher. Es war von Strauchdieben die Rede, die sich in den Wäldern herumtrieben. Tatsächlich verschwanden immer wieder Menschen, die sich zu dem alten Einzelhof aufmachten, doch das hielt die anderen Männer nicht davon ab, sich ebenfalls verstohlen auf den Weg zu machen.

Der Pfarrer predigte voller Inbrunst, dass die Männer der Teufel geholt hätte, denn wer sich zu einem Sündenpfuhl begab, der würde darin auch als Sünder ersaufen. Danach folgte ein Gezeter über die Hölle und die Versuchungen des Teufels, das Juliette wenig interessierte.

Sie war jung und gab nicht viel auf das Geschwätz des alten Pfaffen. Überhaupt wollte sie alles anders machen als die Alten, nach ihren eigenen Regeln leben. Sie war eine knospende Schönheit und die Welt stand ihr offen – zumindest in ihren Träumen. Da ging sie in feine Seide gekleidet durch die Stadt oder über einen großen Markt und genoss die Blicke der jungen Männer auf ihrer Haut. In ihren Träumen fühlte es sich an, als ob sie sie streicheln würden. Sanft und flüchtig, wie eine zufällige Berührung.

Juliette hatte sich hinter den Büschen verkrochen, die den Einzelhof säumten und spürte ihr junges Herz aufgeregt schlagen, als sie begierig jede Regung im Inneren des Hofes in sich aufnahm.

Sie hatte ihre ganz eigene Ansicht von Frau Trude, der Herrin des Badehauses, und war hier, um sich Gewissheit zu verschaffen. Eins war zumindest sicher, die Frau war ganz gewiss keine Hexe und das Gebäude war mit Sicherheit nicht das Fegefeuer. Denn sie konnte durch eines der Fenster sehen, was in den warm erleuchteten Zimmern wirklich geschah. Sie hatte gesehen, dass sich die Mägde von Frau Trude in einer besonders hingebungsvollen Weise um die Männer kümmerten. Wie blasse Haut und straffe Schenkel zwischen den Linnen hervorlugten, manchmal eine bloße Brust mit steifem Nippel. Es versetzte sie auf der Stelle in Erregung und das nicht nur, weil es Sünde war, pure fleischliche Lust zu empfinden.

Dann bin ich eben eine Sünderin, dachte sich Juliette. Eine Jüngerin des Fleisches. Ich muss erfahren, wie es ist. Muss wissen, wie es sich anfühlt, berührt, nein, begehrt zu werden.

Natürlich fuhr kein Blitz vom Himmel, um sie für ihre Gedanken zu strafen. Stattdessen schob sich ihre Hand unter die weite Tunika zwischen ihre Schenkel und berührte das feuchte Dreieck dazwischen, weil es danach gierte. Juliette war eine geübte Spielerin mit den Fingern und sie tat es oft – nahezu bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Aber sie wusste auch, dass sie sich nicht erwischen lassen durfte, denn das würde eine straffe Tracht Prügel bedeuten, gefolgt von einem Gang in die Kirche, um Buße zu tun.

Es kann doch keine Sünde sein, wenn man seinen von Gott gegebenen Körper liebt. Denn verehre ich damit nicht auch Gott?

Und wenn er uns das alles geschenkt hat, das Leben und die Gefühle, das Empfinden der Lust, dann ist es doch wohl so, dass er möchte, dass wir so etwas empfinden.

Wenn es der Teufel wäre, der uns die Lust beschert, dann hätte doch Gott wohl nicht das Fleisch dazu erschaffen.

Juliette wusste, dass sie diese blasphemischen Gedanken besser nie laut aussprechen sollte, denn einige vorlaute Menschen waren schon wegen geringerem in die Acht genommen worden. Sie nahm sich zusammen, verbannte die Fragen und die Lust, die ihr auf der Seele und in ihrem Körper brannten in einen verborgenen Winkel ihres Geistes, bevor sie die Stube betrat, in der die versammelte Familie bereits auf sie wartete.

Vater stand an der Feuerstelle und wärmte sich die Hände, während Mutter den Eintopf aus dem Kessel schöpfte. Ehe Juliette sich versah, war er bei ihr und verpasste ihr eine schallende Ohrfeige. »Wann lernst du endlich, deiner Mutter zu folgen, wenn sie zum Essen ruft!«

Ihr Kopf flog zur Seite. Eine barsche Erwiderung stieg in ihr auf, doch sie wagte es nicht sie auszusprechen, denn das hätte weitere Prügel zur Folge gehabt. Vaters Hand saß bei Aufsässigkeit recht locker. Manchmal hatte sie den Eindruck, dass er Freude dabei empfand, sie zu züchtigen.

»Ich wollte doch, aber …«

Die zweite Ohrfeige traf ihre andere Wange. »Was du willst, ist mir gleich. Du kommst, wenn du gerufen wirst. Eigentlich sollte man dir das Abendbrot verwehren, so wenig, wie du dafür tust. Nimm dir ein Beispiel an deiner Schwester und setz dich neben sie an den Tisch!«

»Sicher hat sie sich wieder im Spiegel angesehen«, murmelte ihre Mutter, wohl wissend, was ihr Vater darüber dachte.

Der schüttelte den Kopf und sah Juliette drohend an. »Wir werden noch heute zur Kirche gehen, um deine Seele durch die Beichte zu reinigen. Gleich nach dem Essen …«

»Vater, ich …«, Juliette wollte noch etwas sagen, zuckte aber zusammen und schwieg, als sich Vaters Hand erneut erhob.

Als er sah, wie eingeschüchtert sie war, ließ er sie wieder sinken. Juliette sah in seinen Augen, dass er insgeheim stolz auf sie war. Sie wusste, dass er es genoss, ihren wunderschönen Körper zu betrachten, der viel besser gebaut war als der ihrer Schwester. Nicht nur beim Abendbrot, sondern auch, wenn sie sich am Brunnen wusch oder sie im nahen Bach badete. Wenn es in den Büschen raschelte, dann wusste sie, dass er ihr zusah. Sie genoss die Aufmerksamkeit, weswegen sie sich immer besonders viel Zeit ließ und sich ausgiebiger als sonst wusch.

Ich weiß, dass es unzüchtig ist, aber wenn mich seine Blicke auf der Haut streicheln, stellen sich die feinen Härchen auf und es ist, als würden mich seine Finger berühren …

»Du stiehlst dich des Nachts aus dem Haus«, petzte ihre Schwester in die entstandene Stille.

Juliette schrak auf. »Was?«

»Ich weiß auch genau, wohin sie sich schleicht«, sprach Klara weiter und reckte ihr Kinn nach vorne. »Durch den Wald und zum Fluss … zum Hexenhaus. Dort geht sie hin!«

Mutter ließ vor Schreck eine Holzschüssel fallen, die klappernd auf dem Boden herumtanzte. »Heiliger Herr im Himmel, steh uns bei« schnaufte sie erschüttert. Dann sah sie ihren Mann an. »Sag du doch auch was!«

Vater beugte sich zu Juliette hinunter. »Stimmt das, was deine Schwester behauptet?«

Juliette wich seinem Blick aus und fühlte sich gar nicht mehr so stark, sondern eher wie ihre Schwester, klein und verletzlich. »Also, ich … es ist einfach so, dass ich neugierig war, ob es stimmt, was man über Frau Trude sagt«, druckste sie herum und fühlte sich schlecht, weil es gelogen war.

Vater ließ sich schwer neben ihr auf die Bank sinken und rieb sich mit den Händen übers Gesicht, als wäre er schmutzig. Als wollte er etwas wegwischen, das ihn störte. »Kind, die Frau ist eine Hexe. Wenn du in ihre Fänge gerätst, kehrst du nie wieder zurück.« Er nahm ihre Hand und drückte sie leicht. Juliette konnte spüren, dass er zitterte.

Sorgt er sich ernsthaft um mich?

Oder ist das nur, weil er sich beherrschen muss, um mich nicht zu schlagen?

Sein Griff wurde fester. »Du musst mir glauben. Dieser Ort ist verflucht, denn dort geschehen seltsame Dinge. Ich weiß, wovon ich rede!«

Juliette sah zu ihm auf. »Du weißt es? Also warst du schon dort? Ist es so?«

Jetzt wurde sein Griff schmerzhaft. Er sah ihr fest in die Augen. »Hörst du denn dem Priester gar nicht zu, wenn er für dein Seelenheil predigt? Hm?«

»Ein Sammelbecken für die, die keiner haben will. Das ist der Sündenpfuhl von der Trude«, flüsterte ihre Mutter, als hätte sie Angst, dass man sie hören konnte. »Manche sagen, sie hätten ihre überzähligen Töchter hingebracht, weil sie für das Kloster kein Geld hatten.«

»Wohl eher die Ungeliebten«, schnippte Juliette und bereute sogleich wieder, was sie gesagt hatte, denn die Hand ihres Vaters verkrampfte sich um die ihre.

»Manchmal denke ich wirklich, dass der Teufel in dir steckt«, knurrte er warnend, während sich ihre Mutter hastig bekreuzigte.

»Sieh dich an. Während andere Kinder auf dem Hof und im Haus helfen, schnürst du dir die Brüste, als wolltest du dir einen Adligen angeln. Aber glaub mir, die sind um keinen Deut besser als die Strauchdiebe im Wald.«

»Es ist keine Sünde, schön zu sein«, entgegnete Juliette, löste sich aus dem festen Griff ihres Vaters und sprang auf. »Ich bin für ein anderes Leben bestimmt!«

»In dein Zimmer! Sofort!«, schrie ihr Vater sie an. Sein Gesicht war rot vor Zorn. Er sprang ebenfalls auf und die Bank polterte um. Jetzt war es wirklich Zeit zu verschwinden, denn wenn Vater in Rage geriet, konnte es schnell unangenehm werden.



***



In ihrem Zimmer kam sie zur Ruhe, aber es brauchte seine Zeit. Juliette war viel zu aufgewühlt und verstand das Verhalten ihrer Eltern nicht. Sie fühlte sich hin und her gerissen zwischen dem artigen Leben Zuhause und der Versuchung unten am Bach, jenseits des Waldes. Ihr Vater war ein angesehener Handwerker und Mutter bewirtschaftete das wenige Vieh, das sie hatten. Der Grund, auf dem sie lebten, gehörte ihnen, denn sie waren frei. Juliette wusste, dass es ihnen besser ging, als den meisten in der kleinen Stadt. Sie konnten sich sogar Kerzen leisten und schön gefärbte Stoffe. Juliette sollte dankbar, demütig und vor allem mit dem zufrieden sein, das sie hatte.

Andererseits stand ihr ein Leben voller Arbeit bevor. Man würde sie mit einem Mann verheiraten, den sie nicht liebte. Vielleicht hatte sie Glück, und er war ein Mann, der sie gut behandelte. Wahrscheinlicher war jedoch, dass er sie halten würde wie eine Sklavin, dass sie sich bucklig schuften musste von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang. Sie würde Kinder bekommen, sowie fett und hässlich werden. Sie würde den Blick zum Horizont verlieren und die Frage nach dem, was dahinter auf sie wartete.

»Hier erwartet mich kein erfülltes Leben«, flüsterte sie und betrachtete ihr Spiegelbild in der Metallscheibe. »Nur wenn ich wage, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, wenn ich den ersten Schritt mache, werde ich mein Glück finden. Heute Nacht werde ich zu Frau Trude gehen und dann werde ich sehen, ob sie eine Hexe ist.«

Die Entscheidung war zwar schnell gefallen, aber nicht so einfach umgesetzt, wie Juliette sich das gedacht hatte. Sie war hier zwar nicht glücklich, dennoch war ihre Familie alles, was sie hatte. Sollte sie gehen, gab es kein Zurück mehr für sie. Wenn sie bei Frau Trude scheitern sollte, würde es für sie keine andere Zuflucht geben, außer dem Kloster, aber das war definitiv keine Option. Lieber würde sie sterben, als dort zwischen den alten, hässlichen Schachteln weggesperrt zu versauern.

In aller Eile packte Juliette ein paar Dinge ein, an denen ihr Herz hing. Sie besaß nur wenige persönliche Gegenstände, aber die paar, die sie hatte, packte sie in ein Leinentuch und knotete es sorgsam zusammen. Sie hatte ein bisschen Angst vor dem Wald, vor dem ersten Schritt, dennoch durfte sie nicht in ihrer Entscheidung wanken. Heute Nacht musste es geschehen, oder sie würde der Mut verlassen und das wär’s.

Klaras Schritte waren auf der Treppe zu hören, als Juliette ihr Bündel aus dem Fenster warf. Sie blickte nicht mehr zurück, als sie selbst auf diesem Wege hinausschlich, wie sie es oft des Nachts getan hatte.

Den Weg zu Frau Trudes Haus kannte sie mit verbundenen Augen, denn die Sehnsucht und Lust hatten sie häufig hingeführt. Heute war es jedoch anders, denn der Weg fühlte sich endgültig an. Sie blickte nicht noch einmal zurück, als sie vom Gelände ihres Elternhauses trat. Für sie würde ein neues Leben beginnen, also musste sie das Alte hinter sich lassen.

Juliette schulterte ihr Bündel und lief los. Ihre Schritte hallten laut in ihren Ohren nach, als sie durch das Dorf rannte, einer ungewissen Zukunft entgegen.



***



In der mondlosen Nacht wirkte der Wald noch finsterer als sonst. Überall knackten Zweige und Tiere raschelten durchs Unterholz. Juliette musste unwillkürlich an das Gesindel denken, das sich in den Wäldern herumtrieb. Die würden keinen Augenblick zögern, ihr für das Kleid, das sie am Leibe trug, die Kehle durchzuschneiden. Alleine der Gedanke daran ließ sie schneller laufen, weiter und weiter, bis sie die Lichter des Einzelhofes vor ihr in der Dunkelheit sah. Das Mädchen atmete schwer und zugleich freier als jemals zuvor in seinem Leben. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie endlich auf den Hof treten durfte, ohne sich verstecken zu müssen.

Juliette klopfte das Herz bis zum Hals, als sie erst das Tor passierte und dann auf das Haus zutrat, von dem alle behaupteten, dass hier die Hexen wohnten. Eigentlich sah es gar nicht so anders aus als die anderen Höfe, die sie kannte. Nur, dass es hier keine Tiere gab, nicht einmal Hühner. Stattdessen hörte sie viele Stimmen und Laute, deren Ursprung sie sich bildlich vorstellen konnte, weil es sich anhörte wie die Dorftaverne sonntags nach dem Kirchgang. Lachen und wildes Geschrei empfing sie, als sie vor die Tür trat. Sie glaubte sogar, Musik zu hören. Fast könnte sie meinen vor einer Taverne zu stehen, wären es nicht überwiegend laute und ausgelassene Frauenstimmen gewesen, die sie vernahm. Unschlüssig starrte sie das narbig raue Holz der Tür an. Sollte sie anklopfen oder einfach eintreten? Die Entscheidung wurde ihr abgenommen, als sich die Tür schwungvoll öffnete.

»Entschuldigt bitte.« Juliette trat hastig zur Seite, als ein Mann mittleren Alters direkt vor ihr stand. Sie bemerkte das Strahlen in seinen Augen und fragte sich, ob es von der Trunkenheit oder der Lust herrührte. Sie fand es wunderschön.

»Aber nicht doch, du hübsches Ding. Dich habe ich hier ja noch nie gesehen.« Er zwinkerte ihr zweideutig zu. »Wenn du nichts dagegen hast, würde ich dir das nächste Mal gerne meine Aufwartung machen.« Der Fremde näherte sich ihr unaufgefordert und legte eine Hand unter ihr Kinn, um ihren Blick zu heben. »Was für wunderschöne Augen du doch hast!«

Sein Blick blieb nicht lange an ihren Augen hängen. Er glitt mit lüsternem Funkeln hinunter zu ihren Brüsten, die in der engen Tunika unzüchtig gut zur Geltung kamen, als würden sie danach gieren, berührt zu werden.

»Ich … ich wollte zur Frau Trude … wegen einer … Anstellung«, presste sie sichtlich bemüht heraus. Trotz der Kälte der Nacht brach ihr der Schweiß aus.

»Eine Ausreißerin also, soso.« Der Mann lächelte weiterhin freundlich und betrachtete ihr Gesicht noch ein paar Sekunden, ehe er von ihr abließ. »Frau Trude wird sicherlich Verwendung für dich haben. Du bist jung und schön. Aber lass mich dir einen Rat mit auf den Weg geben: Gehorche! Egal was sie verlangt, tu es einfach. So steigst du in ihrer Gunst.«

Juliette nickte bedächtig und nahm sich vor die Worte des Fremden ernst zu nehmen. Er schien hier offenbar öfter zu Gast zu sein. Juliette wollte ihn erst nach seinem Namen fragen, sah aber davon ab, weil sie sich aus unersichtlichem Grunde genierte. Schließlich stand es ihr nicht zu und sie war keines von Frau Trudes Mädchen. Als gänzlich Fremde sah sie sich allerdings ebenfalls nicht und so beschränkte sie sich auf ein knappes »Habt Dank.«

»Danke mir, wenn du eine Anstellung hast.« Er zwinkerte ihr abermals zu und hielt ihr die Tür offen, damit sie an ihm vorbeitreten konnte. Sie nickte ihm noch einmal sachte lächelnd zu, bevor er die Tür hinter ihr zufallen ließ und sie sich alleine im Flur befand.

Hastig rieb sie sich die verschwitzten Handinnenflächen an der Tunika ab und atmete einmal tief durch, ehe sie sich vorsichtig vorwagte. Zögerlich setzte sie ihre Schritte in Richtung der ausgelassenen Stimmen. Es schien wirklich so etwas wie einen Schankraum zu geben. Der Geruch von Bier und Selbstgebranntem stieg ihr schon draußen in die Nase.

»Es ist unhöflich, in fremden Häusern herumzuschleichen!«, ertönte eine Stimme hinter ihr. Juliette entwich ein überraschter Aufschrei. Ihre Nerven waren sowieso schon zum Zerreißen gespannt und jetzt auch noch das.

Ertappt drehte sie sich zu der Frauenstimme um, die leise zu kichern begann. »Entschuldige, ich wollte dich nicht so erschrecken.«

»Tut mir leid! Ich wollte nicht einfach … ich war noch nie …« Sie brach seufzend ihr Gestammel ab und schüttelte den Kopf über sich selbst. Ihre Selbstsicherheit war vollends dahin.

»War doch nur Spaß! Ich bin Bella.« Freundlich streckte ihr das Mädchen die Hand entgegen und Juliette hatte jetzt erst die Zeit dazu, sie eingehend zu betrachten. Bella war ein paar Jahre älter als sie selbst, aber verfügte über eine absolut makellose Haut und die schönsten roten Haare, die Juliette je zu Gesicht bekommen hatte.

Ausgerechnet eine Rothaarige, schoss es ihr durch den Kopf. Ist am Ende doch etwas an den Hexengerüchten dran?

Unbewusst schüttelte Juliette gedankenverloren ihren hübschen Kopf.

Mir ist’s einerlei, ich habe es bis hierher geschafft, alles weitere werde ich nur herausfinden, wenn ich das Wagnis eingehe …

Sie atmete tief durch. »Mein Name ist Juliette.« Lächelnd ergriff sie die Hand und schüttelte sie freundschaftlich. Sie fühlte sich zu Bella hingezogen, die sie mit ihrem offenen Auftreten in ihren Bann gezogen hatte.

Und wenn sie eine Hexe ist, dann eine nette …

»Freut mich außerordentlich. Was machst du hier? Suchst du eine Anstellung oder deinen Gatten?« Bella zwinkerte ihr grinsend zu.

»Ersteres.« Juliette ließ ihr Bündel neben sich auf den Boden sinken und blickte ihr Gegenüber hoffnungsvoll an. »Kannst du mir da weiterhelfen?«

Bella wiegte nachdenklich den Kopf hin und her, nickte dann schließlich nach einer längeren Betrachtung. »Ich denke schon. Aber zuvor bring ich dich zu Frau Trude. Sie wird dich sicherlich in Augenschein nehmen wollen und hat hier in jeder Beziehung das letzte Wort.«

Juliette fiel ein Stein vom Herzen. Gleich würde sie der geheimnisvollen Frau Trude gegenüberstehen. »Ich danke dir!«

Bella winkte ab und streckte die Hand aus, um ihr das Gepäck abzunehmen. »Dann auf auf.« Minuten später saß Juliette in einem edel eingerichteten Zimmer und wunderte sich über die teure Einrichtung. Einen solchen Prunk hatte sie bisher noch nie zu Gesicht bekommen, obwohl es ihrer Familie nie schlecht ergangen war. Ein reich verzierter Tisch stand mitten im Raum, der ganz sicher nicht für das Abendbrot genutzt wurde. Dahinter, ihr direkt gegenüber, befand sich ein polsterbezogener Stuhl, der wohl Frau Trude zugesichert war. Bilder von Frauen in allen erdenklichen, manchmal jedoch unmöglichen Positionen zierten die Wände.

Der Priester würde sicherlich auf der Stelle tot umfallen, wenn er nicht schon auf der Schwelle in Flammen aufgegangen wäre, dachte Juliette mit einem Schmunzeln auf den Lippen.

Nackte Männer waren ebenso zu sehen, dazwischen auch Gestalten, die Juliette keinem Geschlecht zuordnen konnte.

Dämonen … anders kann’s nicht sein. Und dennoch, sie ziehen mich in ihren magischen Bann …

Juliette war in einem streng gläubigen Haus aufgewachsen, in dem Beten und der Besuch der Messe zum Pflichtprogramm gehörten. Das hier war etwas vollkommen anderes. Fasziniert blieb sie auf ihrem Stuhl sitzen, auch wenn sie sich am liebsten alles aus der Nähe angesehen hätte, aber sie hatte den Befehl hier zu warten und so tat sie es.

Es dauerte nicht lange, bis sich die Tür hinter ihrem Rücken öffnete und sie Schritte vernahm.

»Du versteckst dich also nicht länger in den Büschen. Schön dich zu sehen«, begrüßte sie eine Frau um die fünfzig. Falten lagen um ihre Augen und Juliette glaubte, dass sie vom Lachen stammen mussten. Trotzdem strahlte sie eine Autorität aus, die sie so noch nie bei einer Frau wahrgenommen hatte. Juliette erhob sich eilig von ihrem Sitzplatz und verbeugte sich hastig.

»Ihr… habt mich gesehen?«

»Nicht so förmlich.« Frau Trude lachte auf und deutete Juliette an, wieder Platz zu nehmen. Während sie sich setzte, nahm auch die Frau ihr gegenüber Platz. Der Tisch trennte die beiden voneinander und Juliette war irgendwie froh darüber. Sie fühlte sich gleichzeitig sicher und doch ängstlich. Ein merkwürdiges Gefühl.

Das Kleid, das Frau Trude trug, war schlicht und dennoch von außergewöhnlicher Schönheit. Etwas, dass gut zu ihr passte, weil es so unauffällig war, dass man hinsehen musste. Der Stoff fiel in leichten Falten, zeigte ein einfaches, aber interessantes Webmuster. Doch sah man nur einen Augenblick weg, hatte man es schon wieder vergessen. Die ganze Person schien ein Widerspruch in sich zu sein und stets darauf bedacht, nicht ihr wahres Inneres zu zeigen. So wirkte sie zumindest auf das schüchterne und dennoch mutige Mädchen. Auf den ersten Blick war den beiden klar, dass sie sich gar nicht so unähnlich waren. Inwieweit, das würde Juliette schon bald herausfinden.

»Und um deine Frage zu beantworten: natürlich. Mir bleibt nichts verborgen, was in und um diese Mauern geschieht.«

Juliette nickte leicht und überlegte sich ihre nächsten Worte eine Weile, bevor sie sie aussprach. »Ich würde Sie gerne um eine Anstellung bitten.«

»Bist du dir da ganz sicher? Du weißt, was in unserem Haus geschieht?« Frau Trude stützte die Ellbogen auf die Tischplatte und beobachtete Juliette aus wachen Augen.

»Ja.« Mit diesem Wort brachte es Juliette auf den Punkt. Deutlicher konnte sie nicht ausdrücken, was sie wollte. Es war ihr Wunsch und sie würde darum kämpfen.

Frau Trude nickte nach einer Weile, in der sie Juliette still beobachtet hatte. Sie lehnte sich in dem verzierten Stuhl zurück und nickte noch einmal. »Gut. Dann soll es so sein.«

Juliette atmete erleichtert aus. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie während der Entscheidung die Luft angehalten hatte. Es war ein berauschendes Gefühl, wie sich ihre Lungen wieder mit Sauerstoff füllten.

»Aber es gibt eine Bedingung. Oder besser gesagt drei«, fügte Frau Trude noch hinzu.

Sogleich erinnerte sich Juliette an die Worte des Fremden. Sie nickte eifrig, denn sie war an einem Punkt angelangt, an dem es kein Zurück mehr für sie gab. »Alles, was Ihr wollt.«

»Du bist unerfahren. So kann ich dich nicht auf unsere Kunden loslassen. Du wirst zuerst lernen müssen.«

»Natürlich«, stammelte sie unbeholfen. Abermals brach ihr der Schweiß aus. Ihr war klar gewesen, worauf sie sich einließ, trotzdem verspürte sie eine Mischung aus Angst und Neugier und wusste nicht recht, was davon überwog.

»Ich werde dich zu drei Lehrern schicken. Wenn du ihre Aufgaben zu ihrer Zufriedenheit erfüllst, dann bist du mir auf’s herzlichste willkommen.«

Juliette schloss kurz die Augen, atmete tief durch und nickte. »Wann geht es los?«

»Jetzt sofort.«

»Aber, ich wollte mich noch waschen und …« Juliette war vollkommen überrumpelt. Sie zitterte am ganzen Leib, hatte das Gefühl, sich bei dem Spiel mit dem Feuer zu verbrennen.

Frau Trude erhob sich und kam ihr jetzt ganz nah. »Wenn du jetzt schon zweifelst, wirst du ganz sicher scheitern. Das hier ist das wahre Leben, in dem man sich alles erarbeiten muss. Das Schöne wie das Hässliche.« Sie sah Juliette scharf an. »Im Leben wird einem nichts geschenkt.« Sie machte eine umfassende Bewegung. »Sieh dich um, das alles hier, das Haus, die Möbel, meine Kleidung, aber auch die meiner Mädchen, all das habe ich mir erarbeitet. Und glaub mir, ich war mir zu nichts zu schade, habe Dinge getan, die du dir nicht mal in deinen schlimmsten Träumen vorstellen kannst.«

Frau Trude nahm Juliette bei den Schultern. »Also frage ich dich erneut, bist du bereit dazu?«

»Ja, das bin ich«, antwortete Juliette ängstlich.

»Gut … du kennst sicherlich den alten Köhler, der lebt unten, am Ende der Straße, weit weg vom Dorf?«

Juliette nickte. »Ja …«

»Zu dem wirst du gehen. Wie jede Woche erwartet er auch diese eins meiner Mädchen. Er wird nicht merken, dass du unerfahren bist, solang du tust, was er von dir verlangt. Kannst du das?«

Juliette nickte zögerlich. Den Köhler hatte sie schon ein paar Mal gesehen. Er war oft schmutzig und starrte den jungen Dingern auf unsittliche Weise nach. Und er roch nach dem, was er tat. »Schon gut, ich werde es machen.« Sie atmete tief durch und seufzte. »Ich werde Sie nicht enttäuschen!«

Frau Trude berührte Juliettes Wange. Ihre Finger glitten zu ihrem Ohr und spielten sanft damit, um dann über ihren Hals nach unten zu gleiten. Dann löste sie sich von ihr. »Ich weiß.« An der Tür drehte sie sich noch einmal zu ihr um. »Denn das würdest du nicht wagen!«

Damit ließ sie Juliette stehen. Das Mädchen traute sich erst wieder, zu atmen, als die Frau verschwunden war. Wo sie Frau Trude berührt hatte, prickelte noch immer ihre Haut. Es war fast, als hätte sie einen Zauber über sie gesprochen, denn Juliette fühlte sich stärker. Stark genug, um zum Köhler zu gehen.

Natürlich konnte sie nicht den direkten Weg wählen, denn ihr Vater würde sie ganz sicher suchen, wenn er feststellte, dass sie weg war. Er würde wie ein aufgebrachter Gockel ins Dorf rennen und alle verrückt machen. Sie stellte sich vor, wie er ins Wirtshaus stürmte. Einige würden lachen und ihm raten, auf dem Heuboden nachzusehen, andere würden den Wölfen die Schuld geben, nur um auf die Hatz gehen zu dürfen. Doch wirklich interessieren würde es abgesehen von der eigenen Familie niemanden.

Eigene Familie … was ist das? Ein Ort, an dem die Menschen leben, die man lieb hat? Aber wie geht man denn mit seinen Liebsten um? Bestraft man sie andauernd, schlägt man sie?

Oh nein … und deswegen werde ich mir eine neue, bessere Familie suchen …

Juliette lief im Wald parallel zur Straße. Dort gab es einen kleinen Trampelpfad, den die Viehhirten gerne benutzten. Der Tag erwachte bereits und Vögel zwitscherten in den Bäumen.

Vielleicht, dachte sie, wird er mich gar nicht suchen. Er wird erleichtert sein, weil ein Esser weniger am Tisch sitzt und nicht nach mir suchen … so würde es sein …

Als sie das Haus des Köhlers durch die Bäume sehen konnte, dämmerte es bereits. Weit entfernt krähte ein Hahn und verkündete den nahenden Morgen. Bald würde das Tagewerk beginnen.

Mutter und meine kleine Schwester stehen sicher schon in der Küche. Gleich gibt es Frühstück, dann geht Vater seinem Handwerk nach und meine Schwester würde sich um die Tiere kümmern … oder auch nicht, denn sie würde merken, dass ich weg war. Sollen sie mich doch suchen …

Zwischen den Hügeln hing der Rauch, der aus den Kohlemeilern aufstieg, die als kleine runde Kuppeln das schäbige Haus umgaben. Mutter hatte sie einst damit geärgert, dass es das Höllenfeuer sei, das in ihrem lehmbedeckten Innern glühte. Sie wurde älter und wusste, dass es einfach nur aufeinandergeschichtetes Holz war, das langsam verbrannte und zu Kohle wurde.

Juliette sah an sich herunter. Der Saum ihres Kleides war schmutzig, ebenso die Schuhe. Ihr Haar hatte sich beim Durchqueren des Waldes in den Ästen verfangen und war zerzaust. Sie band es sich frisch zusammen, zog den Schleier wieder auf und schüttelte sich den Staub aus dem Kleid. So würde es gehen.

So trat sie dann mit klopfendem Herzen zwischen den Bäumen hervor und näherte sich dem düstern Haus des alten Köhlers.

Was wird der Mann von mir verlangen?

Juliette dachte an ihre Unschuld und dass sie nie mit ihrer Mutter darüber gesprochen hatte, wie es denn war, bei einem Mann zu liegen. Gut, sie hatte ihre Eltern heimlich beobachtet, wenn sie sich unter der Decke zusammen schmiegten. Mutter hatte dann immer rote Wangen bekommen und leise gejapst wie ein kleines Hündchen. Vater hatte ihr Kleid hochgeschoben und sich zwischen ihre weit gespreizten Beine gelegt. Mutter hatte sehr schöne und lange Beine. Meist trug sie wollene Strümpfe, die über dem Knie gebunden waren. Es war lustig gewesen, seinen haarigen Hintern dabei zu beobachten, wie er sich immer schneller auf und ab bewegte. Meistens dauerte das nicht länger als ein paar Minuten, bis er erstarrte, dabei grunzte und sich von Mutter rollte, um sogleich einzuschlafen. Das war vor der Geburt ihrer verfluchten Schwester gewesen. Mutters Körper war noch fest gewesen und üppig rund, fast schön sogar.

Manchmal hatte es Juliette allerdings auch Angst bereitet. Vor allem, wenn Mutter sich auf ihn setzte und ihn ritt wie einen wilden, ungestümen Hengst. Ihre vollen Brüste wippten auf und ab oder lagen im festen Griff von Vaters Händen, die sie kneteten, als wären sie aus Teig. Da hatte Mutter immer den Kopf in den Nacken geworfen und ihr Haar geschüttelt. Wenn es dann so weit war, hatte sie die Augen verdreht und gestöhnt, als wäre ein Dämon in sie gefahren.

Und mir haben sie die Lust verboten. Das ist mehr als ungerecht …

Natürlich wusste Juliette inzwischen, was dabei vor sich ging und dass kein Teufel seine Finger im Spiel hatte. Dass der Mann sein Ding in den Schlitz zwischen den Beinen der Frau steckte und sich beide in die Ekstase unsäglicher Lust brachten. Schwengel und Futt, so nannten es die Mägde, wenn sie sich ungesehen glaubten und leise miteinander tratschten. Manchmal sagten sie auch Schwanz und Fotze dazu, was in Juliettes Ohren wesentlich vulgärer klang, aber auch einen verrucht verbotenen Reiz ausübte, selbst von diesen Begriffen Gebrauch zu machen.

Die Erinnerungen fluteten durch sie hindurch. Womöglich lag es daran, weil sie so aufgeregt war und ihr etwas Neues bevorstand. Einmal war der Pfarrer zu Besuch bei ihnen gewesen, um seinen Gottesanteil an Speis und Trank zu erhalten, da ging er mit ihrem Vater in den Stall. Juliette war schon immer ein neugieriges Mädchen gewesen. Sie war hinterher geschlichen und hatte die Männer belauscht.

»Deine Frau ist dir rechtmäßig angetraut. Wenn du aber zum Vergnügen von ihr gebrauch machst, und das öfters, dann sündigst du an Gottes Werk … denn er hat Futt und Schwengel geschaffen, um Bälger zu zeugen, nicht um Vergnügen zu erlangen …«

Der Pfarrer würde sie ganz bestimmt als Sünderin bezeichnen, da sie nicht mit dem Köhler getraut war und kein Verlangen danach hatte, ein Kind zu zeugen. Frevel würde er brüllen und seine Wangen würden ganz rot werden dabei.

Wird der Köhler meine Unschuld einfordern?

Wenn nach all dem ihr Bauch anschwoll und ein Balg in ihr heranwuchs, was dann? Natürlich wusste sie, auch wieder bei den Mägden erlauscht, dass man die Empfängnis verhindern konnte, indem man den Mann aus seiner Mitte stieß, wenn er Anstalten machte, seinen Samen in einen zu ergießen. Juliette begriff, dass sie ein Land betrat, das ihr trotz des Spannens und Lauschens fremd war. Etwas zu beobachten war sicherlich ganz anders, als es am eigenen Leib zu erfahren. Sie konnte es kaum noch erwarten. Ihre Gedanken verursachten ein Prickeln, geboren aus Angst und Erregung zugleich.

Als Juliette vor der Tür stand und zögerlich die Hand zum Klopfen hob, wurde diese geöffnet, bevor sie auch nur das Holz berühren konnte. Der Köhler musste sie bereits erwartet haben. Sie war überrascht, denn sie hatte sich ihn ganz anders vorgestellt. So alt war der Mann gar nicht, dafür breit und kräftig gebaut. Seine Augen strahlten in einem hellen Grau und sein Haar war schwarz wie die Nacht. Er trug die lederne Schürze seines Standes, darunter einfache, aber überaus dreckige Leinenkleider.

»Du bist spät!«, herrschte er sie an. Dennoch sah er interessiert an ihr herunter. Sein Blick blieb an ihren vollen Brüsten haften. »Dich habe ich bei Trude noch nicht gesehen. Bist du neu?«

Juliette war nicht wohl im Freien. Nicht, dass ihr Vater doch noch auf die Suche nach ihr ging und alles vermasselte. »Ich bin jung, das soll dir genügen.« Dann, nach einer kurzen Pause. »Und ich bin bereit, all deine Wünsche zu erfüllen. Also, wie sieht’s aus, darf ich eintreten oder soll ich unverrichteter Dinge zu Frau Trude zurückkehren?«

Im rußigen Gesicht des Köhlers zeigte sich der Anflug eines Lächelns. »Dann komm rein … aber gleich vorneweg, ich habe nicht viel Zeit, es muss schnell gehen heute!«

Juliette betrat die dunkle Hütte und sah sich um. Alles war zweckmäßig und schien seinen Platz zu haben. Für einen Mann hielt er eine gute Ordnung. Dort der Kamin mit einem dampfenden Kessel über dem Feuer, aus dem es köstlich duftete, hier einige Haken, an denen Kleidungsstücke hingen. Hinten gab es ein Bett, auf dem ein mit Stroh gefüllter Sack lag, der als Matratze diente, darüber eine dicke Decke aus grober Wolle. Es war offensichtlich, dass der Köhler längst nicht so wohlhabend war, wie ihre Eltern. Inmitten des Raumes stand ein einfacher Tisch, daneben zwei Bänke. Juliette wollte schon auf das Bett zusteuern, als sie der Köhler sanft an der Schulter berührte. »Die Waschschüssel steht dort hinten, gleich neben dem Werkzeug.«

»Oh«, entfuhr es Juliette, »natürlich …«

Wie konnte sie das auch vergessen. Das sogenannte unten raus waschen hatte ihr ihre Mutter nachdrücklich eingebläut. Wenn du je einen Mann abbekommen willst, muss deine Futt sauber sein … einen alten Fisch will keiner haben, hatte sie immer gesagt. Juliette war es peinlich, unter den Blicken des Köhlers ihr Kleid zu raffen, damit sie sich mit dem kalten Wasser waschen konnte. Das war etwas anderes, als es vor ihrem Vater zu tun. Dennoch war es angenehm erregend, seine lüsternen Blicke zu spüren.

»Zieh dein Kleid hoch, damit ich deinen Arsch sehen kann … und die Strümpfe …«, keuchte er heiser und fasste sich mit einer unmissverständlichen Geste in den Schritt.

Das Spiel fing an, Juliette zu gefallen. Sie spürte eine gewisse Art von prickelnder Macht, bei dem, was sie tat, und kam der Aufforderung gerne nach. Noch nie hatte sie einem Mann, abgesehen von ihrem Vater und der zählte nicht, ihren bloßen Hintern gezeigt. Sie wusste, dass er rund und fest war, nicht zu groß, aber auch nicht knochig – genau richtig eben. Und deswegen spreizte sie die Beine ein wenig mehr, beugte sich vornüber und hob ihren Hintern verführerisch an, während sie sich mit dem nassen Lappen durch die Beine fuhr. Als sie sich über den Hügel strich, entfuhr ihr ein leises Stöhnen, weil ein intensives Lustgefühl durch ihren Körper wallte.

Der Köhler war inzwischen hinter sie getreten. Juliette jauchzte überrascht, als sie seine schwielige Hand auf ihrem Hintern spürte. Seine Finger fuhren erst nach oben, bis zur Kuhle, an der ihr Rücken begann, und dann zwischen ihren Arschbacken hinab zu ihrer Fotze, die jetzt nicht nur durch das Waschen nass war.

Das Blut rauschte ihr vor Lust in den Ohren. Kaum angekommen, hatte sie gleich zwei Erfahrungen gemacht. Erst die Blicke des fremden Mannes auf ihrem nackten Fleisch, dann seine Finger zwischen ihren Beinen. Nie zuvor hatte sie jemand anderes an ihrer Spalte berührt. Sie konnte nicht anders, als sich ihm entgegenzuschieben und dabei zu winseln wie eine läufige Hündin.

Es ist berauschend, betört die Sinne …

»Zu gern würde ich von deiner Futt Gebrauch machen«, flüsterte der Köhler erregt. »Hab aber keine Zeit, weil du so spät gekommen bist, also dreh dich um und geh vor mir auf die Knie!«

Juliette stöhnte enttäuscht auf, folgte aber dem Befehl des Köhlers, denn von seinem Urteil würde es abhängen, was Frau Trude von ihr dachte. Sie ließ ihr Kleid raschelnd nach unten fallen, drehte sich um und ging vor dem muskulösen Mann in die Knie. Der streifte sich kurzerhand Schürze und Leinengewand ab und öffnete die Schleife seiner Bruche, die sie zusammenhielt. Der zur beachtlichen Größe angeschwollene Schwanz des Mannes schnellte ihr förmlich ins Gesicht, so dass Juliette erschrocken zurückzuckte. »Zieh dein Kleid nach unten, damit ich deine Brüste sehen kann«, forderte er weiter. »Die sind so schön voll und fest …«

Das Herz schlug hart in ihrer Brust. Von einer geilen Hitze ergriffen, folgte Juliette erneut. Die Hütte, der Wald, gar die gesamte Welt versanken um sie herum, selbst der Köhler wurde nichtig. Nur noch sein harter Prügel zählte, der vor ihren Augen darauf wartete, geblasen zu werden.

Dass Frauen das taten und Männer es gerne forderten, wusste sie natürlich. Oft konnte man welche sehen, die hinter dem Wirtshaus in den Büschen kauerten, und wie sich die Köpfe der Frauen im schnellen Takt vor und zurückbewegten, während die Männer die Augen schlossen und hingebungsvoll stöhnten.

Endlich löste sich der letzte Knoten und Juliette konnte sich das Kleid nach unten ziehen, gerade so weit, dass ihre üppigen Brüste entblößt wurden. Das war dann schon die dritte Erfahrung, denn noch nie hatte sie das vor einem Fremden getan. Einhergehend damit, dass sie gleich seinen Schwanz in den Mund nehmen würde, war der Gedanke geradezu lächerlich.

»Na komm, fang endlich an«, drängte sie der Köhler.

Juliette nahm ihren ganzen Mut zusammen und öffnete ihre Lippen. Sofort schob der Köhler seine Hüften nach vorne und ehe sie sich versah, füllte sein praller Schwanz ihren Mund aus. Juliette unterdrückte den Impuls, ihren Kopf zurückzuziehen und schloss die Lippen. Das geschwollene Fleisch war heiß und sie spürte eine Ader pochen. Langsam begann sie, ihren Kopf so zu bewegen, wie sie es gesehen hatte. Dabei hielt sie die Lippen fest geschlossen.

Dem Köhler schien das sichtlich zu gefallen, denn er keuchte erregt und legte eine Hand auf ihren Kopf, um sie zu führen. Juliettes Zunge tastete dabei neugierig über die Spitze seines Schwanzes, die unter der Berührung zuckte. Es musste überaus angenehm sein, denn der Mann stöhnte auf.

Die Welt existierte nicht mehr. Juliette schloss die Augen und lebte nur noch für den Schwanz in ihrem Mund. Unter der Führung des Köhlers, der inzwischen mit beiden Händen ihren Kopf gepackt hatte, lutschte sie seinen Schwanz. Es dauerte nicht lange, da wurden seine Bewegungen schneller und er fing an, in ihren Mund hineinzustoßen, als wäre er eine Fotze. Zeitweise hatte sie das Gefühl, ersticken zu müssen, und klammerte sich an seinen Hüften fest.

Der Köhler grunzte hemmungslos, wurde lauter und stieß schnell in sie hinein, dass sie mit ihrer Zunge kaum nachkam und nur noch mit den Lippen saugte. Sein Schwanz fing an zu zucken, bäumte sich auf, und er ergoss sich mit lautem Stöhnen in ihren Mund.

Juliette erschrak vor der salzigen Flut, wurde von der schieren Menge überflutet, dass es ihr aus den Mundwinkeln lief. Den Rest schluckte sie hinunter, um atmen zu können, aber auch, weil sie eine bisher unbekannte Lust erfüllte.

Sie öffnete ihre Augen und sah den Köhler erschöpft dastehen und um Luft ringen, als hätte er schwer gearbeitet. Sein Schwanz befand sich noch immer in ihrem Mund, wurde aber weicher und schrumpfte. Juliette öffnete ihre Lippen und entließ ihn aus ihrer weichen Umarmung.

In jenem Moment hatte ich Macht über ihn, stellte sie überrascht fest. Dann ist er den kleinen Tod gestorben und hat sich in und über mich ergossen …

Der Köhler zog seine Bruche nach oben und kleidete sich wieder an. Ohne sie auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen zählte er ein paar Münzen auf den Tisch und verließ die Hütte, als wäre nichts geschehen.

Juliette wischte sich den Mund und die nassen Brüste ab, so viel war es gewesen, was der Köhler ihr gegeben hatte. Sie fühlte sich benutzt und mächtig zugleich, aber auch ein wenig schmutzig. Sie hatte in der Hütte Erfahrungen gemacht, die ihr womöglich ein Leben lang verwehrt geblieben wären, wäre sie nicht von Zuhause weggelaufen. Sie richtete sich her, so gut es ging, nahm die Münzen und steckte sie in einen kleinen Beutel, den sie unter der Tunika trug, und verließ die Hütte.

Ich werde Frau Trude erzählen, was ich erlebt habe … und sie wird stolz auf mich sein … nein, sie muss stolz auf mich sein, denn ich bin es auch!



***



Juliette eilte zurück ins Badehaus. Wieder führte sie der Weg abseits der Straßen, die das Dorf durchzogen, wie die Adern ein Stück Fleisch. Juliette glaubte noch immer, den pochenden Schwanz des Köhlers in ihrem Mund zu spüren. Ihr war heiß und sie fühlte sich so beschwingt wie noch nie zuvor in ihrem jungen Leben. Die obersten Schnüre ihres Gewands hatte sie offengelassen, um etwas Abkühlung zu finden. Es linderte jedoch nicht das Feuer auf ihren Wangen.

Sie trieb sich weiter zur Eile an, als das Haus vor ihr auftauchte. So aufgekratzt wie sie war, stolperte sie fast durch die sich zeitgleich öffnende Eingangstür. Nur ein beherzter Griff an ihrem Arm, hielt sie noch von einem Sturz ab.

»Du hast es aber verdammt eilig«, lacht ihr eine helle Stimme entgegen. Juliette musste nicht den Blick heben, um Bella zu erkennen. Die Stimme des anderen Mädchens hatte sich in ihr eingebrannt, ebenso wie ihre Erscheinung.

»Entschuldige! Ich hoffe, diesmal habe ich dich nicht erschreckt.« Ihre Wangen begannen noch mehr zu glühen, als Bella sie etwas an sich zog.

»Ich bin nicht so schreckhaft. Aber wohin so eilig? Hast du deinen ersten Auftrag schon erledigt?« Bella klang zugleich amüsiert, wie auch überrascht. Juliette hätte den ganzen Tag hier stehen und ihr in die hübschen grünen Augen blicken können.

Sie nickte eifrig. »Der Köhler hatte nicht viel Zeit. Ich ging vor ihm auf die Knie.«

»Immer diese Männer.« Bella seufzte theatralisch, aber wirkte dabei dennoch belustigt. »Wir kommen nicht auf unsere Kosten, dessen musst du dir bewusst sein. Niemand macht es dir so gut wie du selbst.«

Juliette errötete noch mehr bei Bellas Worten. Ihre Gedanken kreisten um die zierlichen Finger, die sie immer noch berührten. Zu gerne würde sie diese woanders spüren. Leider ließ die Frau von ihr ab und drehte ihr den Rücken zu. Mit einem Fingerzeig deutete sie jedoch an ihr zu folgen.

Zum ersten Mal konnte Juliette sich richtig im Haus umsehen. Bei Nacht war es zwar erhellt gewesen, aber bei Tageslicht sah es dennoch anders aus. Genauso überwältigend, aber trotzdem fehlte etwas. Der Schleier der Nacht brachte einfach einen gewissen Charme mit sich, den es im hellen nicht besaß.

Sie folgte Bella schweigend und wusste, wohin es ging. Den Weg kannte sie noch von der letzten Nacht, aber sie wollte ihre Führerin noch nicht loswerden, daher schwieg sie.

Bella öffnete ihr die Tür zu Frau Trudes Arbeitszimmer und lächelte ihr aufmunternd zu. »Gute Arbeit, Juliette. Du kannst stolz auf dich sein.«

»Danke …« Mehr brachte sie nicht heraus. Sie wollte dem hübschen Mädchen noch vieles sagen, aber es ließ sie alleine zurück. Ihre Beine zitterten und Juliette wusste nicht genau weshalb. Sie schrieb es der Aufregung zu.

»Was stehst du da so rum? Komm endlich rein, Kindchen«, rief sie eine Stimme aus ihren Gedanken. Juliette beeilte sich, das Zimmer zu betreten und die Tür hinter sich zu schließen.

Frau Trude saß hinter dem Tisch. Ihre Frisur war atemberaubend und Juliette musste neidlos anerkennen, dass sie noch nie so eine schöne Frau in diesem Alter gesehen hatte. Das Tageslicht ließ zwar mehr Falten erkennen, aber dennoch stand ihr Busen straff in dem eng geschnürten Kleid.

»Träumen kannst du später. Jetzt komm schon her! Hast du etwas für mich?«

»Ja! Verzeiht!« Hastig raffte sie ihren Rock und holte den kleinen Beutel hervor. Sie hatte keine Ahnung, wie alles hier ablief, also reichte sie ihn Frau Trude über den Tisch. Diese entleerte den Inhalt und zählte die Münzen nach. Juliette bangte in der Zeit. Hatte der Köhler sie über das Ohr gehauen? Sie wusste ja nicht einmal, was er ihr wirklich schuldig war. Nach einer Weile nickte Frau Trude jedoch.

»Sehr schön. Offenbar war er zufrieden mit dir.« Frau Trude schob zwei Münzen in eine Schublade, während sie eine wieder in den Beutel packte und ihn ihr zurückreichte. Scheinbar war das Juliettes Anteil und Stolz stieg in ihr auf. Ihr erstes selbstverdientes Geld. Sie hatte jedoch nicht viel Zeit, sich darüber ausgiebig zu freuen.

»Dein nächster Testkunde wartet«, eröffnete ihr Frau Trude sogleich.

»Jetzt? Sofort?« Juliette war überrascht, denn sie war ja gerade erst wieder eingetroffen. Das Nicken der Frau gegenüber ließ jedoch keinen Zweifel daran bestehen.

»Ausruhen kannst du dich später. Wenn du es dir denn verdienst bei mir zu arbeiten.«

Die harten Worte ließen Juliette ihren Blick senken. Dennoch war sie fest entschlossen, alles zu Frau Trudes Zufriedenheit zu erledigen. »Wo soll ich hin?«

»Weißt du, wo der Sitz des Jägers ist?«

Natürlich wusste sie das. Normal sollte sich niemand seinem Hochsitz nähern, zumindest nicht unangekündigt. Der Jäger war ihr in der letzten Zeit unheimlich gewesen, dabei war er immer freundlich gewesen, wenn sie ihm Mal begegnet war. Etwas grummelig vielleicht, aber das machte wohl die Einsamkeit mit einem.

»Ja, sicher.«

»Gut. Dann geh dorthin. Er ist etwas … speziell, aber ich denke, dass ihr euch gut verstehen werdet.«

»Sehr wohl.« Sie nickte ergeben und fragte sich während des Hinausgehens, was Frau Trude wohl damit meinte.



***



Den Weg durch den Wald kannte Juliette, weil sie als Kinder oft dort gespielt hatten. Doch damals war noch der Vater des heutigen Jägers im Dienst gewesen. Der alte Herr war immer freundlich gewesen, aber das Schicksal hatte ihn schwer getroffen. Seine Frau wurde früh zum lieben Herr Gott gerufen und so musste er seinen Sohn alleine aufziehen. Er hatte seine Arbeit gut gemacht, aber es war unschwer zu erkennen, dass Remus eine weibliche Hand gefehlt hatte. Er wurde zu einem harten jungen Mann, der bis heute noch keiner Frau den Hof gemacht hatte. Juliette hatte sich oft gefragt warum, denn er war gutaussehend und stark. Auch wenn er ansonsten nicht viel zu bieten hatte, gab es genügend Frauen, denen das genügte.

Damit, dass er sich seine weibliche Gesellschaft kaufte, hatte sie nicht gerechnet. Aber Juliette hätte auch nie gedacht, dass sie irgendwann das Lager mit ihm teilen würde.

Ein wohliger Seufzer drang bei dem Gedanken über ihre Lippen. Sie spürte die Hitze zwischen ihren Schenkeln und das Rasen ihres Herzens. Remus war sicher ein fantastischer Liebhaber und sie wusste, sie hätte es eindeutig schlechter treffen können. Unheimlich hin oder her, er war verdammt gutaussehend.

Der Weg durch den Wald war zwar beschwerlich, aber Juliette war auch für dieses Opfer bereit. Ein paar Nesseln verbrannten ihr die ungeschützte Haut an den Händen und sie zog ihre Kapuze tiefer ins Gesicht, um nicht wie eine Vogelscheuche auszusehen, sobald sie beim Jäger ankam, dennoch trieb die Lust sie ungehindert weiter.

Der Hochsitz des Jägers war zwar von der anderen Seite des Dorfes einfacher zu erreichen, aber sie nahm den Umweg gerne in Kauf, um nicht gesehen zu werden.

Ihr Herz schlug mit jedem Schritt schneller, mit dem sie sich ihrem Ziel näherte. Das Gefühl beobachtet zu werden, tat sein Übriges, um sie fast gänzlich in den Wahnsinn zu treiben. Immer wieder warf sie einen Blick über die Schulter und beschleunigte unbewusst ihre Schritte. Der Hochsitz war schon in Sichtweite, als sie zu rennen begann. Das Rauschen ihres eigenen Blutes hallte in ihren Ohren und übertönte für einen Moment die Stimmen des Waldes. Eine Baumwurzel beendete ihren letzten Sprint abrupt und ließ sie die letzten Meter taumelnd zurücklegen.

»Im Schleichen bist du schonmal nicht besonders gut«, ertönte eine belustigte Stimme hinter ihr.

Juliette rutschte das Herz eine Etage tiefer und sie drehte sich so hektisch zu der Stimme um, dass ein Stück ihrer Kutte an einem Ast hängenblieb und sich mit einem lauten Geräusch vom Rest des Stoffes löste.

Remus hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Das Gewehr lehnte an einem Baumstamm und ließ Juliette unweigerlich einen Schritt vor ihm zurückweichen.

»Frau Trude schickt mich«, ließ sie leise ihre Erklärung verlauten, warum sie überhaupt hier war.

Das Gesicht des Jägers wurde grimmig und er war so schnell bei ihr, dass sie nicht einmal mehr zurückzucken konnte. Mit einer ruckartigen Bewegung schob er ihr die Kapuze nach hinten. Allein dadurch fühlte Juliette sich nackt. Ihren ersten Kunden hatte sie bisher immer nur aus der Ferne gesehen, aber mit Remus war sie aufgewachsen. Sie hatten als Kinder zusammen gespielt. Dieser Umstand wurde ihr jetzt erst richtig bewusst.

»Ich kenne dich. Du bist aus dem Dorf. Seit wann arbeitest du für Frau Trude?« Remus verengte die Augen und trat nach seiner eingehenden Betrachtung wieder einen Schritt zurück. Kurz überkam Juliette die Sorge, dass er sie wegschicken könnte.

»Seit heute«, antwortete sie ihm leise, aber ehrlich.

Der Jäger nahm sein Gewehr auf und schulterte es gelassen, während er an ihr vorbei trat. »Geh nach Hause, Mädchen. Das hier ist nichts für dich.«

»Woher willst du das wissen?« Die Worte versetzten Juliette einen Stich, aber entfachten auch eine Wut in ihr.

»Ich habe schon viele Mädchen kommen und gehen sehen. Für dieses Geschäft braucht es Mut. Du siehst eher aus wie ein verängstigtes Reh.«

»Ich habe keine Angst!«

Remus blieb stehen und begann leise zu lachen. Er blickte dabei über die Schulter zu ihr, ohne sich jedoch umzudrehen. »Deine Beine zittern jetzt noch. Das kann ich sogar durch den Stoff sehen.«

»Willst du mehr sehen? Ohne den Stoff?« Noch während sie die Frage stellte, begann sie den Umhang von ihren Schultern zu lösen.

»Glaubst du wirklich, dass du mich damit überzeugen kannst?« Remus lachte schallend und wand sich abermals von ihr ab.

»Bitte schick mich nicht weg!« Juliette ließ den Umhang ins Gras fallen und eilte ihm nach. Ihre Hände legten sich von hinten um seine Hüften und hielten ihn an Ort und Stelle.

»Juliette … es tut mir leid, aber das wäre irgendwie nicht richtig.« Seine Stimme klang kleinlaut und Juliette wunderte sich, dass er sich überhaupt noch an ihren Namen erinnern konnte. Die letzten Jahre hatten sie keinen richtigen Kontakt gepflegt und er wirkte immer so distanziert ihr gegenüber.

»Wie meinst du das? Ich bin jetzt bei Frau Trude im Dienst.«

»Irgendwer wird dich also nehmen. Egal ob ich es bin oder ein anderer. Willst du das damit sagen?« Der Jäger löste sich mühelos aus ihrem Griff und drehte sich zu ihr um. Seine braunen Augen blickten streng zu ihr herab.

»Ja. Ich würde mich nur wohler fühlen, wenn du es wärst.« Juliette biss sich sachte auf die Unterlippe und linste zu ihm hoch.

»Sag mir jetzt bitte nicht, dass ich dein erster Kunde wäre!« Remus legte die Hände auf ihre Schultern und schüttelte sie sachte, bis sie richtig zu ihm aufsah.

»Natürlich nicht! Der andere hat nur nicht … du weißt schon.«

»Juliette! Das ist eine dumme Idee. Eine wirklich dumme Idee!« Remus schulterte sein Gewehr fester und drehte sich abrupt um. Seine Hände legten sich bereits an die ersten Sprossen der Leiter, die zu seinem Hochsitz führten.

»Was ist daran so schlimm? Etwas unkonventionell vielleicht, aber das ist dieser Beruf im Allgemeinen.«

»Verschwinde! Geh zurück zu deiner Familie. Lern einen reichen Kerl kennen und heirate.«

»Das ist aber nicht das, was ich will, Remus.« Sie raffte ihre Tunika ein Stück, und machte sich auf den Weg ihm zu folgen. Die wacklige Strickleiter jagte ihr zwar Angst ein, aber sie folgte ihm dennoch in die Höhe.

»Was willst du dann, Juliette? Das Leben einer Dirne führen? Jeden Tag einem anderen Mann hörig sein? Ist das wirklich, was du willst?« Remus grummelte, aber half ihr dennoch das letzte Stück nach oben, indem er ihr die Hand reichte und sie hinaufzog.

»Ich denke nicht, dass du das Recht hast mich deshalb zu verurteilen.« Schnaubend ließ sie oben angekommen seine Hand los und wand ihm ihrerseits den Rücken zu. Die Aussicht raubte Juliette einen Moment den Atem und ließ sie näher an die Brüstung gehen. Der Holzverschlag war einfach aufgebaut und bot Remus nur wenig Komfort. Ein frisches Strohbett und eine alte Truhe waren das einzige, das sich hier oben befand.

»Da muss ich dir Recht geben. Aber deshalb muss ich es nicht gutheißen, oder?« Remus trat an ihre Seite und blickte mit ihr zusammen über den Wald. Das Dorf war zwar nicht zu sehen, aber einige Rauchwolken aus den Schornsteinen, ließen seine Lage erahnen.

»Das verlange ich auch nicht. Aber bei anderen Mädchen machst du dir sicher auch keine Gedanken.« Juliette zuckte mit den Schultern und ließ ihren Blick schweifen. Solch eine Ruhe hatte sie selten vernommen. Sie hörte zwar die Tiere und das Rauschen des Windes, aber alles klang so viel friedlicher von hier oben.

»Andere Mädchen habe ich ja auch nicht heranwachsen sehen«, gab Remus zu bedenken.

»Kannst du nicht vergessen, wer ich bin? Nur für diesen Tag? Ich bin unerfahren und du hast dir das heute sicher anders vorgestellt, aber ich bin jetzt hier.« Sie sah zu ihm und legte eine Hand auf die seine, die ebenso wie ihre die Brüstung umschlossen hielten.

Remus schüttelte sachte den Kopf und sah dann zu ihr. Sie spürte förmlich, wie er mit sich selbst rang. »Du hättest jeden haben können, Juliette. Ist dir das eigentlich klar?«

»Verstehst du nicht, dass ich frei sein will? Ich sehe diesen Beruf anders als du. Die Ehe hätte mich gekettet. Ich bin nicht bereit diese Fesseln zu tragen. Werde ich auch nie.«

Der Jäger nickte und schüttelte ihre Hand ab. Langsam ging er auf den Ausstieg zu. Juliette war kurz davor ihn zurückzuhalten, als er endlich wieder mit ihr sprach. »Zieh das an, was sich in der Truhe befindet. Nur das. Ich warte unten auf dich.«

In Juliette regten sich Stolz und Unbehagen zugleich, als sie auf die Truhe zutrat. Frau Trudes Worten klangen ihr wieder in den Ohren nach. Er ist speziell.

Was sie darin fand, ließ sie jedoch aufatmen. Es war ein einfaches Nachtgewand, wie sie es auch zu Hause trug. Warum sie das tagsüber im Wald tragen sollte, war ihr jedoch schleierhaft. Sie beschloss, es nicht weiter zu hinterfragen und sich seinem Wunsch zu fügen. Es dauerte eine Weile, bis sie sich aus ihrer Tunika und ihrem Unterrock geschält hatte und beides gegen das schlichte weiße Gewand eingetauscht hatte. Selbst ihre Schuhe ließ sie oben zurück, als sie sich an den Abstieg machte.

Sie spürte das Kitzeln der Gräser unter ihren Zehen, als sie den ersten Fuß auf den Waldboden setzte. Es war ein befreiendes Gefühl, das sie wieder zurück in ihre Kindheit versetzte.

Ihr Umhang hing über der untersten Sprosse. Offenbar hatte Remus ihn vom Boden aufgesammelt und in Sicherheit gebracht. Vom Jäger selbst fehlte jedoch jede Spur, als Juliette sich umsah.

»Remus?«

Sie vernahm zu ihrer Linken das Knacken von Ästen, wodurch sich die Haare in ihrem Nacken aufstellten. Schatten schoben sich zeitgleich vor die Sonne und begannen langsam den Waldboden zu verschleiern, was ihre Anspannung weiter vorantrieb. Das Rascheln nahm zu und Juliette klammerte sich fest an eine Sprosse, obwohl sie ihr natürlich keinen Schutz bieten konnte.

»Wir haben früher oft Jäger und Wild gespielt«, schallte es aus einer schwer zu bestimmenden Richtung. Sie konnte Remus Stimme eindeutig erkennen, aber nicht ausmachen, wo er sich befand. Hektisch sah Juliette sich um und stolperte ein Stück weiter in den Wald hinein. Fort von dem unheimlichen Rascheln in den Büschen. »Ich gebe dir einen kleinen Vorsprung, bevor ich dich holen komme.«

In Juliette brach endgültig die Panik aus, als sie einen Ast hinter sich brechen hörte. Sie rannte in eine unbestimmte Richtung los, obwohl der Verursacher dieser Geräusche eigentlich nur Remus selbst gewesen sein konnte. Aber was, wenn nicht? Bären und Wölfe konnten sich auch an ihre Opfer heranschleichen und dieser Wald barg genügend Gefahren, vor denen man sie immer gewarnt hatte. Trotz des Jägers hatte diese Stadt schon mehrere Tode zu verzeichnen, die auf Tierangriffe zurückzuführen waren. Juliette war nicht bereit, ein Risiko einzugehen, und rannte, so schnell es ihre nackten Füße zuließen.

Das Rascheln verfolgte sie und brachte sie immer wieder aus dem Tritt. Sie wagte es nicht, einen Blick zurückzuwerfen, sondern starrte fest auf den immer finster werdenden Waldboden vor sich. Dennoch verfing sie sich öfter in kleineren Ästen und stolperte mehr, als sie wirklich lief. Ihre Füße, die sich zu Beginn so sehr über das Kitzeln unter ihnen gefreut hatten, schlugen jetzt in das Gegenteil um. Sie schmerzten und waren sicher schon an einigen Stellen aufgeschürft.

Juliette fand jedoch keine Gelegenheit, weiter darüber nachzudenken, denn das Rascheln kam ihr mit jedem Schritt bedrohlich näher. Sie glaubte fast schon, den Geifer des Tieres in ihrem Nacken zu spüren, als sie auf eine kleine Lichtung hinausstolperte.

Ein kleiner See tat sich vor ihr auf und ihre Gedanken drifteten ab. Sie erinnerte sich wieder an die Märchen, die ihre Mutter ihr früher vor dem zu Bett gehen erzählt hatte, die von Feen und Einhörnern, die auf magischen Lichtungen im Wald lebten, handelten. Die Gefahr war mit einem Wimpernschlag vergessen, bis sich etwas von hinten gegen sie warf und sie zu Boden ging.

Juliette gab einen Laut von sich, der eine Mischung aus schmerzhaftem Keuchen und panischem Geschrei gleichkam.

»Du klingst wirklich wie ein angeschossenes Reh«, hörte sie Remus hinter oder besser gesagt, auf sich, lachen.

»Verdammt witzig! Ich habe mir fast in die Hose gemacht!«

»Zum Glück trägst du keine«, stellte er belustigt fest und seine Hände schlangen sich von hinten um ihre Taille. Juliette spürte die Härte in seiner Hose, die sich von hinten gegen sie drückte, als er ihr Becken anhob, bis sie vor ihm auf die Knie gezwungen wurde. Kälte überkam sie an ihren empfindlichen Stellen, als er ihr das Nachtgewand über den Hintern nach oben schob.

»Erwarte nicht, dass ich sanft zu dir bin, nur weil wir uns kennen.«

»Mache ich nicht.« Juliette schlug das Herz bis zum Hals, als sie hörte, wie er seine Hose öffnete. Natürlich hatte sie sich ihre erste Begegnung mit einem Mann anders vorgestellt. Besonders nicht in dieser Position, wie die Tiere es trieben, aber sie schwieg. Frau Trude hatte sie zu ihm geschickt, um zu lernen, und sie würde schon ihre Gründe dafür haben.

Das Eindringen erwies sich als schmerzhafter, als sie es sich vorgestellt hatte. Remus Brummen ließ sie erahnen, dass es sich gut für ihn anfühlte, also biss sie die Zähne zusammen. Seine Stöße schienen ihr Innerstes zu zerfetzen und gleichzeitig neu anzuordnen. Ein Gefühl, das alles in Frage stellte, was sie bis jetzt empfunden hatte. Schmerz und Lust überrollten sie und wurden zu einer Einheit, die sie drohte hinweg zu spülen. Juliette schrie beides aus sich heraus, ohne auf ihre Umwelt zu achten. Der Jäger stieß noch einige Male tief und fest in sie, bis er mit einem lauten Stöhnen über ihr zusammenbrach und sie beide wieder auf den Waldboden sanken.

Juliette glaubte, ihr Herz könnte gleich zerspringen, so schnell schlug es durch die Anstrengung und Hitze in ihrer Brust. Ihr ganzer Körper schien in Flammen zu stehen und jeder Muskel brannte lichterloh. Sie zitterte und schloss die Augen. Remus Nähe und sein zufriedenes Brummen, brachten sie allmählich wieder in die Wirklichkeit zurück.



***



Als eilige Botin in Sachen Liebe huschte sie noch immer erhitzt durch die Wälder und zurück zu Frau Trudes Haus. Ihr Haar hatte sich inzwischen vollständig aufgelöst, doch das empfand sie im Augenblick als nebensächlich, viel zu aufgewühlt war sie von den Erlebnissen der letzten Stunden.

So ist es also, wenn man vom Mädchen zur Frau wird. Wenn man sich seinen Gefühlen hingeben kann, ohne sich dafür schämen zu müssen …

Kaum, dass sie sich auf den Weg gemacht hatte, eilte ihr eines der Mädchen aus Frau Trudes Haus mit vom Laufen gerötetem Gesicht entgegen und winkte ihr aufgeregt zu.

Juliette erkannte sie sofort, obgleich sie das Mädchen erst einmal gesehen hatte. Aber wie Frau Trude selbst waren sie alle unvergesslich. Die etwas drallere Schwarzhaarige stützte sich mit einer Hand an einen Baum, während sie sich mit der anderen Luft zufächelte. »Huh, ich … kann nicht mehr … Frau Trude schickt mich … buh … muss zu Atem kommen … dann …«

Juliette war mehr als ungeduldig. Sogleich wurde sie von dem Gefühl befangen, etwas falsch gemacht zu haben, wenn man ihr schon eine Botin entgegen sandte. Doch woher konnte Frau Trude überhaupt wissen, dass sie mit dem Jäger fertig war?

Weil er wie der Köhler einer der Lehrer ist … und weil sie womöglich die Gabe hat, es einfach zu wissen.

»Was ist denn?«, drängte Juliette die Dunkelhaarige zum Reden. »Sollst du mir was ausrichten? Ist es das?«

Das Mädchen nickte, räusperte sich und strich sich das verrutschte Kleid glatt. Es war ihr besonders oben herum etwas zu groß und zeigte mehr, als es verbarg, weil es gerne von ihrer Schulter rutschte, wenn sie sich bewegte. »Frau Trude schickt mich mit einer eiligen Botschaft zu dir. Es geht um deine letzte Prüfung …«

»Meine letzte Prüfung?« Juliette traute ihren Ohren kaum. Sie war fast enttäuscht, dass Frau Trude eins der Mädchen schickte und nicht selbst mit ihr sprach, wie bei den ersten zwei Aufgaben.

Ihr Gegenüber nickte. »Sie trug mir auf, dir auszurichten, dass du zum Metzger gehen sollst. Es bleibt keine Zeit, zu Frau Trudes Haus zurückzulaufen, denn er ist schon sehr ungeduldig. Du hättest schon vor Stunden bei ihm sein sollen.«

Juliette wurde ganz kalt. Ausgerechnet zum Metzger sollte sie gehen. Sie kannte den starken, oft auch gewalttätigen Mann, der vor Kraft strotzte und Frau und Kinder zu Hause hatte. Von ihm hätte sie am wenigsten erwartet, dass er Frau Trudes Dienste in Anspruch nahm.

Ich fange an, mich zu fragen, wer von den Männern des Dorfes nicht Frau Trude besucht. Was ist, wenn Vater in den Wald geht, um Holz zu hacken? Was, wenn er es auch tut?

Nein, niemals …

Und dennoch …

Aber viel mehr ängstigte sie, dass der Metzger ihren Vater und somit auch sie selbst schon von Kindesbeinen an kannte. Seine und ihre Familie waren befreundet, ja so könnte man es durchaus bezeichnen.

Wie sollte sie dem Mann nur gegenübertreten?

Und vor allem, was würde er von ihr verlangen?

Gut, er hatte ihr schon früher hinterher gesehen, wenn er bei ihren Eltern zu Besuch war. Fast schamlos hatte er auf ihren schönen Hintern gestarrt und später auf ihre Brüste, die sich unter der engen Schnürung mehr als nur deutlich abzeichneten. Und sie präsentierte ihm stolz ihren jungen, straffen Körper. Warum sich auch verstecken. Immerhin sah er für sein Alter noch recht passabel aus und war zudem eine gute Partie, wie Mutter immer zu sagen pflegte.

»Was hat Frau Trude noch gesagt?«

Die andere lächelte anzüglich. »Sollst zu ihm ins Haus kommen, weißt schon, wo er seinen Laden hat. Aber sei gewarnt, mit seinem Schwanz lutschen kommst du bei dem nicht weiter. Der will was ganz anderes …«

Juliette zog eine Augenbraue hoch und richtete derweil, so gut es ging ihr zerzaustes Haar. »Bedeutet?«

Sie wunderte sich selbst über die Abgebrühtheit ihrer Worte.

»Normalerweise kümmert sich Frau Trude selbst um ihn, weil er, und das hat sie wörtlich so gesagt, eine harte Hand braucht.« Das Mädchen kicherte albern.

Juliette dachte kurz über das eben gehörte nach und versuchte zu begreifen, was hinter dieser Aussage steckte. »Na, ich werde schon sehen …« Damit drehte sie sich um und ging den Weg ins Dorf zurück, weil dort das Haus des Metzgers war. Während sich die ersten beiden Prüfungen eher außerhalb des örtlichen Lebens abgespielt hatten, musste sie nun mitten hinein in die Öffentlichkeit. Von diesem Moment an gab es kein Zurück mehr.

Dennoch machte Juliette sich zwischen den Häusern des Dorfes klein, um nicht aufzufallen und in den Schatten zu verschwinden. Sie hatte Glück und es war wenig los. Bis auf einige Weiber, die tratschend ihre Köpfe zusammensteckten, schenkte man ihr tatsächlich kaum Beachtung.

Sollen sie sich doch die Mäuler zerreißen. Ich bin viel stärker als ihr. Ihr werdet schon sehen …

Das Haus des Metzgers befand sich am Marktplatz in der Mitte des Dorfes und gleich gegenüber der Kirche. Sie betrat das Haus jedoch nicht durch den Vordereingang, sondern ging daran vorbei und durch die kleine Gasse, von der sie zur Rückseite gelangte. Dort gab es eine Tür, die sie schon als Kind benutzt hatte, wenn ihr Vater ihr aufgetragen hatte, Fleisch vom Metzger zu holen. Die war nie verriegelt und sie hatte sich früher einen Spaß daraus gemacht, sich durch das Haus zu schleichen und den Metzger zu erschrecken. Auch jetzt stand sie offen.

Juliette schlüpfte in den halbdunklen Lagerraum, durchquerte diesen und hörte den Metzger in seinem Arbeitsraum hantieren. Keck öffnete sie die oberen Schnüre ihres Kleides, kniff sich in die Wangen, damit sie rosig wurden, und strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Hier bin ich, Metzger Mathes!«

Der fuhr ungehalten herum, das Schlachtmesser noch in der Hand, und sah sie mit großen Augen an. »Wird auch langsam Zeit, denn«, wetterte er los. Als er sah, wer es war, erstarb seine Stimme fast »… oh, Juliette …« Er räusperte sich und legte das Messer weg. »Wollte dich nicht anfahren. Hat dich dein Vater geschickt, um Fleisch zu holen?«

Sie nahm all ihren Mut zusammen, setzte ihr bezauberndes Lächeln auf und ging mit aufreizendem Hüftschwung auf ihn zu. »Es ist wohl eher so, dass ich es heute bin, die Fleisch bringt …« Juliette fuhr mit dem Finger die Konturen ihrer Brüste nach. »Frisches, junges Fleisch … und nicht mein Vater hat mich geschickt, sondern die Frau Trude vom Einzelhof unten am Bach.«

Der Metzger keuchte überrascht. »Frau Trude sagst du?« Er sah sich unsicher um und hielt es wohl für einen Scherz. »Ich wusste ja nicht, dass …«

»Niemand wusste das«, antwortete Juliette mit gespielt strenger Stimme. »Und ich möchte auch, dass das so bleibt!«

Der Metzger wischte sich seine Hände an der Schürze ab, bevor er sie ablegte. »Aber natürlich. Es ist nur etwas … hm … überraschend. Und außerdem …«, er schien seine Selbstsicherheit wiederzugewinnen, »kommst du recht spät!«

»Ach.« Juliette strich sich über ihr Kleid und entblößte dabei rein zufällig ihre Schulter. »Dafür kann ich dich gut entschädigen, Mathes … das wolltest du doch schon immer, habe ich recht?«

Mathes hob drohend die Hand. »Ich sollte dir die Flausen aus dem Kopf prügeln!«

»Vorsicht!«, beeilte sich Juliette, zu sagen, und bot ihm energisch die Stirn. »Dein Weib schläft doch über uns, nicht wahr? Wie wäre es denn, wenn ich ihr einen Höflichkeitsbesuch abstatte?«

»Bloß nicht.« Der Metzger ließ die Hand sinken. »Ist ja gut … ich bin dir schon nicht gram.«

»Das will ich auch hoffen.« Juliette sah den kräftigen Mann verwundert an und fing an zu begreifen, dass sie in eben diesem Moment Macht über ihn hatte. Ein solches Gefühl war etwas vollkommen Neues für sie. Immer hatte sie sich ducken und gehorchen müssen, doch jetzt lag die Sache anders. »Dann komm mal zu mir, Mathes, und zieh deine Tunika aus.«

Mathes schnaubte, fügte sich aber. »Und was ist mit dir? Ich will deine Brüste sehen, deine Futt …«

»Habe ich vielleicht gesagt, dass du sprechen sollst?« Juliette wagte jetzt alles und hob sogar drohend die Hand. Mathes duckte sich zu ihrer Verwunderung tatsächlich, schüttelte den Kopf und schwieg.

Das meinte sie also mit starker Hand … nun gut … dann drehen wir den Spieß mal um …

»So ist’s recht. Und jetzt knie dich hin.« Dabei stellte sie ein Bein auf einen Schemel und raffte ihr Kleid, dass er ihre wollenen Kniestrümpfe sehen konnte. »Und dann berühre mich …«

Mathes kniete sich hin, kroch auf sie zu und streckte zögerlich seine Hand aus, um ihr Bein zu berühren.

»Na was ist«, forderte Juliette. »Eben wolltest du doch noch meine Spalte anfassen. Hat dich etwa der Mut verlassen?« Juliette sah sich um und entdeckte auf dem Tisch den Rohrstock, mit dem Mathes immer die Kinder verscheuchte, wenn sie ihre Finger in die Auslage steckten. Sie fand, dass es an der Zeit war, ihm damit die Leviten zu lesen. Das glatte Holz schmiegte sich liebevoll in ihre Hand. Sie tippte mit der Spitze auf seinen Rücken. »Komm schon, ich will, dass du mich leckst!«

Der Metzger sah kurz zu ihr auf und wimmerte, dann verschwand sein Kopf unter ihrem Kleid. Juliette schloss die Augen und fühlte seine Finger auf ihrer noch vom Jäger feuchten Fotze und wurde ungeduldig. Jetzt war sie an der Reihe, Lust zu empfangen. Der Rohrstock zischte durch die Luft und klatschte auf Mathes’ entblößten Rücken. »Die Zunge habe ich gesagt!«

Mathes keuchte erschrocken auf und fing in der Tat damit an, sie wie ein Hund abzulecken. Aber es war weit mehr. Er tastete mit der Zunge gefühlvoller als mit seinen groben Fingern, fuhr an ihrer Scham entlang und glitt in sie hinein, an der Stelle vorbei, an der sich die wundersame Perle befand, durch die sie schon selbst mit den Fingern Lust empfunden hatte. Das Schmatzen und Schlecken unter ihrem Kleid versetzte sie überraschend schnell in ein berauschtes Gefühl.

Mathes fuhr geschickt mit der Zungenspitze in sie hinein und füllte sie aus. Sie gestatte ihm, dass er ihren Hintern mit beiden Händen umschloss, nur um noch tiefer in sie einzudringen. Japsende, lustvolle Schreie ausstoßend triftete Juliette endlich ihrem eigenen Hochgefühl entgegen.

Zwischen ihren Beinen wurde es derweil nass. Juliette wurde ungeduldig, wollte die maximale Steigerung der Lust durch Mathes Zunge erleben und hieb ihm ein weiteres Mal mit dem Rohrstock quer über den Rücken. »Leck schneller, Mann! Leck, als wäre der Leibhaftige hinter dir her!«

Mathes tat wie ihm geheißen. Der feucht schmatzende Rhythmus wurde schneller. Der Metzger tat noch mehr, denn einer seiner Finger fand seinen Weg in ihre hintere Pforte, was ihr ein überraschtes »Oh« entlockte. Doch es war ganz und gar nicht unangenehm, denn so konnte er mit Zunge und Finger gleichzeitig massieren. Nur wenige Sekunden später explodierte Juliette in pure Lust und stöhnte erfüllt von Geilheit laut auf.

Juliette genoss das Gefühl noch einige Momente, dann tippte sie Mathes mit dem Rohrstock auf die Schulter. »Raus mit dir, du hast mir einen guten Dienst getan.«

Mathes Kopf tauchte zwischen ihren Beinen auf. Mund und Kinn waren ganz klebrig von ihrem Saft. Demütig sah er zu ihr auf. »Und was ist mit mir, wenn ich fragen darf?«

Juliette tat er fast schon leid. Zugleich erlebte sie ein Gefühl der Macht, das sie zu etwas Besonderem machte. Juliette lächelte ihn mitleidig an. »Stell dich vor mich!«

Mathes tat wie ihm geheißen. Juliette ging dieses Mal jedoch nicht auf die Knie, denn das hätte ihrer Position in diesem Spiel nicht zugestanden. Stattdessen griff sie ihm in die Bruche, holte seinen harten Schwanz heraus und fing an, ihn mit ihren Fingern zu massieren. Die Größe von Mathes Geschlecht war unglaublich. Und wie hart er war. Sie war sich sicher, dass sie ihn weder in ihrem Mund noch ohne Schmerzen zu empfinden in ihrer Fotze untergebracht hätte und war froh, ihm mit der Hand zur Lust zu verhelfen. Aufgegeilt von ihrer nassen Scham dauerte es nicht lange, bis sich Mathes über ihre Hand ergoss und zufrieden grunzte.

Der Metzger zahlte anstandslos. Juliette richtete sich her und lief mit einem beglückten Lächeln zurück zu Frau Trudes Freudenhaus. In des Metzgers Haus war sie über sich hinausgewachsen. Die Blicke, die man ihr wegen dem zerzausten Haar und den noch immer glühenden Wangen hinterherwarf, störten sie nicht mehr. Sie brauchte sich nicht zu verstecken, denn sie hatte auf dreierlei Weise gelernt, wie sie den Männern des Dorfes gefällig sein konnte.

Ja, seht mir nur hinterher. Glotzt euch die Augen aus. Weil ihr wisst, dass ich euren Männern Freude bereiten kann, zu der ihr nicht in der Lage seid …



***



Juliette war zufrieden mit ihrer Leistung und so genoss sie den Weg zurück zu Frau Trudes Haus. Ihr Weg führte sie mitten durch das Dorf und diesmal war es ihr einerlei, ob man sie sah. Sollten sie doch ihrem Vater erzählen, wohin sie schritt. Sollten sie alle wissen, für welchen Weg sie sich entschieden hatte. Sie konnte stolz darauf sein, dass sie ihren Eigenen gefunden hatte. Kein Mann würde sie jemals knechten, außer sie befahl es ihm. Es war ein neues Gefühl von Freiheit, das sie durchströmte wie ein warmer, anheimelnder Lufthauch. Es erfüllte sie mit einer Kraft, die sie nie zuvor verspürt hatte.

Vom Hochgefühl berauscht und von befriedigter Lust, immer noch entspannt, lächelte sie noch breiter, als Bella ihr die Tür öffnete.

»Wie, du bist schon zurück? Wir hätten dich erst später erwartet. Der Metzger soll ja nicht so einfach sein.«

Juliette winkte ab und grinste vor sich hin. »Wir kamen gut miteinander aus. Er hat gekuscht wie ein kleines, winselndes Hündchen.«

Bella pfiff überrascht aus. »Nicht schlecht, Mädchen. Frau Trude hat gerade Zeit, geh einfach durch. Den Weg kennst du ja mittlerweile.«

»Danke dir.« Juliette lächelte und drehte sich auf halben Weg doch noch einmal zu ihr um. »Sag mal … hast du heute Abend schon etwas vor?«

»Für dich nehme ich mir gerne Zeit.« Bella zwinkerte ihr zu und verschwand dann aus ihrem Blickfeld.

Glücklich wie noch nie zuvor in ihrem Leben klopfte Juliette an Frau Trudes Tür. Die Herrin des Hauses erwartete sie bereits.

»Ich bin bereits unterrichtet«, erklärte sie ihr lächelnd. »Nimm Platz, mein Kind, damit ich dich in die Regeln deines neuen Lebens einweisen kann.«

»Ihr wisst schon alles?«, fragte Juliette verwirrt und setzt sich hin. »Aber das ist nicht möglich …«

»Weißt du, mein Engel«, erklärte Frau Trude, während sie sich und Juliette einen Becher mit Wein füllte, »es gibt Dinge zwischen Himmel und Hölle, die lernt man erst im hohen Alter zu verstehen.«

Juliette begriff überhaupt nichts mehr. Sie nahm den Becher und stieß mit Frau Trude an, trank den süßen, schweren Wein. »Dennoch vertraue ich Euch, obgleich wir uns nicht besonders gut kennen …«

Frau Trude nickte. »Wer weiß, womöglich habe ich auf eine wie dich mein Leben lang gewartet …«



***



8 Jahre später



»Remus?«

»Hmm?« Der Jäger blinzelte verschlafen in die untergehende Sonne und Juliette genoss den letzten Rest der Strahlen neben ihm im Gras liegend.

»Warum bist du eigentlich immer noch nicht sesshaft geworden?«

»Warum sollte ich?« Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und blickte nur leicht zur Seite, um sie aus den Augenwinkeln zu betrachten.

»Vermisst du denn nichts?«, fragte sie neugierig.

»Was denn? Jemanden, der mir Vorschriften macht und sich beschwert, wenn ich bei anderen Frauen liege?«

Juliette lachte leise auf und sah wieder gen Himmel.

»Warum fragst du? Bereust du es denn, den Einzelhof übernommen zu haben? Frau Trude hätte auch jemand anderem das Ruder überlassen können, aber ihre Wahl fiel auf dich und du hast sie freudig angenommen.«

»Nein! Absolut nicht. Ich könnte mit meinem Leben nicht zufriedener sein. Ich leite den Einzelhof gerne. Frau Trude hat mich bestens darauf vorbereitet, bevor sie sich zurückgezogen hat.« Ihre Hand glitt zu ihrer linken Seite und ertastete langes weiches Haar. Bella regte sich kein Stück. Offensichtlich war sie bereits eingeschlafen. Sie würde sie noch eine Weile schlafen lassen, bevor sie sich auf den Rückweg machen mussten. »Ich liebe es, jeden Tag für euch zu brennen.« Sie lächelte, als sie über ihre Worte nachdachte. »Weißt du … manchmal fühle ich mich wie ein Holzscheit in den Flammen. In der Hitze der Lust gebe ich jeden Tag alles von mir und Wärme die Menschen mit meiner Liebe. Klingt albern, oder?«

»Solange du dich jeden Tag auf’s Neue entflammst, soll’s mir recht sein.« Remus grinste, aber sie wusste genau, dass er ihre Worte verstanden hatte.