KAPITEL 48

1989

Joss Hurleys Camp scheint ganz so, wie Gil es verlassen hat. Dennoch nimmt er ein Küchenmesser vom Abtropfgestell und geht durch die Hütte. Kein Anzeichen, dass jemand hier war. Er läuft zur Hintertür, schließt ab und macht sämtliche Fenster zu. Gott sei Dank hat die Hütte etliche Schlösser, wahrscheinlich, weil Joss von allen gehasst wird. Gil sieht auf die Küchenuhr: noch drei Stunden, bis die Ramona zum Anleger zurückkehrt, dreieinhalb, bis sein Großvater und Dutch zurück zur Hütte kommen.

Gil überlegt, ob er zu Bill Nord rennen soll. Der alte Mann wird die Tür aufmachen und ihn verdutzt anstarren. Was soll Gil dann sagen? Dass Ropers Boot vor der Insel ankert, statt draußen beim Fischen zu sein? Bill wird ihn wieder wegschicken, oder, schlimmer noch, er muss bei ihm sitzen. Das Ticken der Uhr. Das lange Schweigen.

Gil trägt Enkidu in sein Zimmer, legt Kissen so auf den Boden neben dem Bett, dass er aus dem Fenster sehen kann, und lässt sich mit der Schildröte neben sich in seinem Nest nieder.

Ein Geräusch draußen. Gil ist hoch auf den Knien und hält den Atem an. Er versucht durch das laute Pochen des Herzens in seinen Ohren etwas zu hören. Es ist der Wind, der etwas vorbeiweht, einen leeren Ködersack vielleicht. Er legt sich zurück zu Enkidu und folgt mit dem Finger dem Muster auf dessen Panzer. Er muss besser aufpassen.

Gil wacht mit dem intensiven Gefühl auf, dass ein Schatten am Fenster vorbeigegangen ist. Er setzt sich auf, das Gesicht wie taub, wo er gesabbert hat. Es ist brütend heiß im Zimmer mit dem geschlossenen Fenster und der Sonne, die aufs Dach niederbrennt.

Er sieht die Schildkröte an. »Die Hütte ist verschlossen. Wir sind sicher.«

Enkidu ist skeptisch. Er weiß so gut wie Gil, dass sich Roper von ein paar Schlössern nicht aufhalten lassen wird. Der schickt einfach eine Faust durch ein Fenster oder tritt ohne Probleme die Tür ein.

Gil trinkt Saft. Enkidu nimmt von seinem Teller Wasser keine Notiz.

Gil überlegt, ob er ins Waschbecken pinkeln soll. Aufs Klo draußen geht er auf keinen Fall.

Gil sieht aus dem Küchenfenster, öffnet es und stellt sich auf einen Stuhl, um hinauszuspähen, falls Roper auf der Veranda kauert und darauf wartet, zuzuschlagen. Es ist niemand da.

Er setzt Enkidu auf den Küchentisch. »Du passt auf.«

Gil flitzt eilig wie eine Klokrabbe zur Tür, wie eine der kleinen Kreaturen da draußen, die aufgeregt ihre Fühler in die Luft recken und die Knopfaugen kreisen lassen. Er kann die Hütte nicht im Blick behalten, weil der Wind die Klotür immer wieder zubläst. Aber er ist schnell genug.

In Sekunden ist er zurück in der Küche, blind vom grellen Sonnenlicht draußen. Als sich seine Augen ans Dämmerlicht gewöhnen, wird ein Umriss sichtbar: Da sitzt jemand am Tisch.