KAPITEL 66
1989
Gil schreckt auf. Er erwacht am Küchentisch. Es herrscht Stille, doch er weiß sicher, dass ihn ein Geräusch geweckt hat. Er hört genau hin. Von außerhalb des Camps sind die gewohnten Nachtgeräusche zu hören, und ein weiteres Mal steigt ein Ton daraus empor. Schrill und dringend. Wahrscheinlich der Schrei eines Vogels oder das Wetter.
An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Gil steht vom Tisch auf und öffnet die Tür. Er macht sich nicht die Mühe, eine Taschenlampe mitzunehmen. Hinter den Wolken scheint der Mond, und es ist hell genug, die Wege auszumachen, jeden einzelnen von ihnen. Er rennt hinunter zum Anleger, aber da ist alles still, bis auf das Knarzen der Taue, mit denen die Fischerboote festgemacht sind.
Wo sonst könnte etwas geschehen sein?
Jedes einzelne Licht in der Hütte brennt.
Gil schleicht sich an und versteckt sich unter dem Außenborder.
Dutch steht vor der Eingangsstufe, im Schein des Verandalichts. Frank und Silvia stehen in der Tür. Silvia raucht, Frank hält die Arme verschränkt. Die Stimmen sind erhoben. Frank schlägt abrupt die Tür zu.
Als Dutch davongeht, kommt Cherry aus der Hütte. Die beiden Männer reden miteinander, dann klopft Dutch Cherry auf den Rücken, und sie laufen in Richtung Uferweg.
Gil nimmt einen anderen Weg. Zwar wird er auf dem am Wrack von Ropers verbranntem Boot vorbeikommen, aber es geht nicht anders. Mit etwas Glück ist er durch die Tür, sitzt wieder am Tisch und liest in seinem Buch, wenn Dutch hereinkommt.
Das Meer glänzt im Mondlicht, darin der ausgebrannte Rumpf. Die Kabine ist eingebrochen, das Boot treibt schief im Wasser.
Der Mond schiebt sich hinter die Wolken. Weiter vorne auf dem Pfad kann Gil eine dunkle, zusammengesackte Gestalt erkennen. Sie bewegt sich mit einem mühsamen Atemgeräusch, einem leisen Blubbern. Gil erstarrt. Denkt an Bunyip. Wartet auf seinen Angriff.
Die Gestalt rührt sich nicht. Gil tritt näher heran, geht in die Knie. Er riecht Tabak und Seeluft.
Leise ächzend tastet sich sein Großvater über die Erde. Gil sieht eine Taschenlampe, hebt sie auf, drückt den Schalter, schüttelt sie, die Lampe flackert auf und wirft einen schwachen Lichtschein vor ihn hin. Das Licht wird heller. Er richtet es auf Joss. Der Anblick versetzt ihm einen Stich.
Die Nase des alten Mannes ist gebrochen, so viel kann Gil sehen. Das Gesicht ist blutig. Joss streckt die Hand aus und gibt Gil den Riemen einer Tasche, gestikuliert. In der Tasche ist eine orangefarbene Leuchtpistole, ein Stück Schnur und eine Flasche Whisky. Joss stößt mit dem Finger auf die Leuchtpistole. Gil will sie ihm geben, aber der alte Mann hat nicht die Kraft, sie zu nehmen.
Gil richtet die Taschenlampe auf die Pistole. Der alte Mann berührt den Sicherungshebel und zeigt zum Himmel.
Der Hebel ist nur schwer umzulegen, aber Gil schafft es. Er stellt sich aufrecht hin, richtet die Leuchtpistole in die Höhe und drückt den Abzug. Ein roter Stern explodiert hoch über ihnen und brennt hell, selbst noch, als er herabfällt.