Demon
(take on me – hidden citizens, danny olson)
Ach, Engelchen ...
»Demon Adler! Wie scheiße bist du eigentlich? Weißt du, was du Evie angetan hast?« Ein hellblondes, gelbes Bündel kommt auf mich zugestürmt, in derselben Sekunde, in der ich endlich das Zeichen von Vaughn erhalten habe, mich von der Gruppe entfernen zu dürfen.
Ich werde ein paar Runden drehen und dann werde ich dich suchen.
Vielleicht werde ich dich nur beobachten, vielleicht werde ich mit dir sprechen.
Ich denke, ich muss dir klarmachen, dass mein Erscheinen hier nichts mit dir zu tun hat.
»Was willst du?«, schnauze ich die Blondine an.
Mit verschränkten Armen baut sie sich vor mir auf und ich kann nicht anders, als mit den Augen zu rollen und ein herablassendes Lachen auszustoßen.
Bevor sie irgendetwas sagen kann, drehe ich ihr kopfschüttelnd den Rücken zu und steuere die Bar an, an der Evie eben noch mit der Blondine gestanden hat.
»Weißt du, was ihr Verlobter mit ihr gemacht hat, als er erfuhr, dass ihr ...«, meckert es hinter mir und ich bleibe stocksteif stehen.
»Natürlich weiß ich, was er mit ihr gemacht hat!«, zische ich in ihre Richtung, als sie mich einholt. »Aber es geht mich genauso wenig etwas an, wie es dich etwas angeht.«
»Woher?« Sie verschränkt wieder die Arme vor der Brust.
»Woher was? «
»Woher weißt du, was er ihr angetan hat?«
Du hast nervige Freundinnen.
Für kurze Zeit habe ich überlegt, ob ich eifersüchtig sein muss, als du dieser Blondine den Oberarm gestreichelt hast.
Doch jetzt ist sie zu mir gekommen und schimpft mit mir, als sei ich ein verzogenes, kleines Balg.
Wenn sie mir noch eine Minute länger auf den Sack geht, drehe ich ihr den Hals um.
Vielleicht sollte ich in Erfahrung bringen, wer dieses Mädchen ist. Dann kann ich aus ihrem Verhalten meine Schlüsse ziehen und ein paar Druckmittel gegen sie einsetzen, damit sie mich künftig in Ruhe lässt.
Oder noch besser: Vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm, wenn ich sie kaltmache. Vielleicht tue ich jemandem einen Gefallen damit oder es fällt gar nicht erst auf, dass sie nicht mehr da ist.
Und ich hätte ein Statement gesetzt.
Niemand, der mir nicht weisungsbefugt ist, redet so mit mir, Evie. Niemand stellt mich infrage.
Meine Finger zucken gefährlich und ich balle sie zu Fäusten. »Wer bist du?«, knurre ich leise.
»Das tut nichts zur Sache.«
»Doch, tut es.« Ich mache ein paar weitere Schritte und erreiche den Tresen, an dem Raul bereits auf mich wartet.
»Da bist du ja schon wieder«, wendet er sich mit seinem üblichen Aufreißergrinsen an die Blondine.
Doch sie ignoriert ihn und umfasst meine Schulter. »Vorschlag ...«
Sofort reiße ich mich los, ziehe das Springmesser aus einer versteckten Innentasche meiner Jacke und drücke ihr den Griff durch die zentimeterdicken Tüllschichten ihres voluminösen Kleids in den Bauch. Sie reißt die Augen auf und gibt ein erschüttertes Keuchen von sich.
»Wenn du mich noch einmal anfasst, Blondie, reiße ich dir die komplette Bauchdecke auf. Verstanden?«, hauche ich ihr ins Ohr.
»Demon. Bitte kein ungeplantes Blutbad auf einer Hochzeitsfeier, fernab von NJ und inmitten unserer Feinde. Du weißt, dass Adler ...«
»Schnauze, Raul!«, herrsche ich ihn an, entferne allerdings den Messergriff von Blondies Bauch und halte ihn ihr vors Gesicht, um ihr zu zeigen, dass ich geblufft habe.
Sie scheint direkt zu schalten und zieht ihre Augen zu wütenden kleinen Schlitzen zusammen. »Wenn du nicht hier bist, um Evie mitzunehmen, wird es dir noch leidtun, mich bedroht zu haben.«
Deine Freundin hat größeren Mut, als ich ihr zugetraut habe.
»Es ist dumm, dich mit mir anzulegen. Es gibt nichts, womit du mir drohen könntest.«
»Du hast recht. Aber insofern du weißt, was er gemacht hat, solltest du es nicht mit deinem Gewissen vereinbaren können, sie ihm zu überlassen.«
»Ich habe kein Gewissen.« Achselzuckend nehme ich einen Shot von Raul entgegen. »Außerdem ist es ihre eigene Entscheidung bei ihm zu bleiben.«
»Ist es das wirklich?«
»Ja. Sie nimmt es lieber in Kauf, sich von ihm misshandeln und demütigen zu lassen, als für ihre Freiheit zu kämpfen. Sie ist schwach.« Ich stürze den Shot hinunter und knalle das Glas mit einem auffordernden Nicken in Rauls Richtung auf den Tresen vor mir.
»Vielleicht ist sie so schwach , weil du sie desillusioniert hast?«, gibt Blondie zurück.
Gott, sie ist lästig wie eine verdammte Scheißfliege. »Verpiss dich«, murre ich, nachdem ich das zweite Glas hinuntergeschüttet habe, und mache eine scheuchende Handbewegung in ihre Richtung, als sie nicht reagiert, sondern mich ungläubig anstarrt. »Husch.«
»Du empfindest also nichts für sie?«
»Nein.« Ich vermeide es, sie anzusehen und starre stattdessen Raul in die Augen. Ich versuche ihm mitzuteilen, dass er die Fliege aus meinem Aktionsradius entfernen sollte, wenn er nicht möchte, dass ich ausraste.
»Ich glaube dir nicht. Ich habe gesehen, wie du sie angeschaut hast.«
Bevor ich es selbst registriere, wirbele ich zu ihr herum und packe sie am Unterarm. »Verpiss. Dich. «
Blondie gibt einen kehligen Laut von sich, windet sich und geht vor Schmerzen in die Knie, wobei sie ihre langen Fingernägel in die Ärmel meiner Jacke gräbt.
»Demon.« Das ist Vaughns strenger Bariton in meinem Nacken. »Ich habe dich gewarnt. Du lässt sofort dieses Mädchen gehen, oder ...«
Ich schubse Blondie von mir und wende mich wie in Zeitlupe meinem Cousin zu. »Oder was? «
Das ist es, Engelchen. Ich stehe am Abgrund.
In meiner Welt ist kein Platz für dich.