Demon
(anyone who knows what love is – emilie mover)
»Wie seid ihr überhaupt in den Club gekommen? Die Typen haben doch die Eingänge komplett von innen verriegelt.«
»Ich kenne da so einen Geheimgang, den wir ein bisschen modifiziert haben, sodass man ihn von einer gewissen Lagerhalle aus betreten kann und in deinem Schlafzimmer wieder herauskommt.«
»Ah, ja. Habt ihr die Zeit gestoppt?«
»Nein, nächstes Mal vielleicht.«
»Es wird kein nächstes Mal geben«, fahre ich dazwischen und kann es nicht fassen, dass Blair und Vaughn schon wieder anfangen, sich gegenseitig den erotischen Gesprächsball zuzuwerfen.
Aus irgendeinem Grund kommen die beiden immer in Wallungen, wenn sie sich über Blairs Geheimgang unterhalten, durch den sie damals vor Vaughn geflüchtet ist.
Und danach hat er sie angefahren. Keine Ahnung, warum gerade diese Erinnerung die beiden so scharf aufeinander macht. Ganz richtig im Kopf sind sie jedenfalls nicht.
»Seid ihr direkt zur Lagerhalle gefahren?«
»Du kannst es einfach nicht lassen, oder?«, maule ich Blair an und nehme nun doch auf der Kante von Evies Krankenbett platz und fahre mit dem Daumen über ihre unverletzte Wange.
Du wachst noch immer nicht auf.
Die Ärzte haben dich regelrecht abgeschossen, weil du im Aufwachraum wohl ziemlichen Radau veranstaltet hast.
Du hast wild um dich geschlagen, wolltest dir den venösen Zugang herausreißen und dir die Pflaster von der Wange rupfen und die Tamponaden aus deiner Nase ziehen.
Wenn es nicht der vollkommen falsche Zeitpunkt dafür wäre, wäre ich wahnsinnig stolz auf dich, dass du endlich deine Monster von der Leine gelassen hast, Evie.
Die OPs an sich waren nur kleinere Eingriffe – Evies Nase musste repositioniert werden, die Chirurgen haben sich an einer Narbenrevision an ihrer rechten Wange probiert und eine größere Vene an ihrer Oberschenkelinnenseite musste genäht werden.
In akuter Lebensgefahr befand sie sich wohl nicht, aber die Ärzte haben dennoch entschieden, alles in Vollnarkose durchzuführen. Unter Umständen, weil Evie vollkommen durch den Wind war und niemanden so recht an sich heranlassen wollte.
So ist es richtig, Engel. Lass niemanden an dich heran.
Denn nur meine Monster und ich dürfen dich berühren.
»Demon und ich haben aus unserem Bauchgefühl heraus gehandelt und uns dazu entschlossen, möglichst unbemerkt in den Club zu gelangen. Wäre eine gute Übung gewesen, wenn ...«
»Wenn was?
«, hake ich schnippisch nach. »Was willst du noch? Sprengsätze zünden und alles in die Luft jagen? Bin ich sofort dabei.«
Blair starrt mich erschrocken an. »Demon, es tut mir so leid ...«
»Spar dir das.«
»Wenn du jetzt auf die Idee kommst, Blair dafür die Schuld zu geben, was heute passiert ist, dann lernst du mich richtig kennen, Demon!«, raunzt Vaughn mich an.
Zwei Sekunden lang halte ich den Blickkontakt und schaue schließlich schulterzuckend zu Evie. »Du hast recht. Du
hast Raul eingestellt, obwohl er sich bereits in Blairs Fall als bestechlich erwiesen hat. Also kannst du
diese Scheiße auf deine Kappe nehmen.«
Evies Lider flattern. Ich gebe ein leises Keuchen von mir und greife nach ihrer Hand. »Nicht ausflippen, Engelchen. Es ist alles gut.«
Sie öffnet die Augen, dreht ihren Kopf zu mir und lächelt mich an. »Wieso sollte ich denn ausflippen?« Sie klingt, als sei sie aus einem erholsamen Schlaf erwacht, aber schon im nächsten Atemzug scheint sie zu erkennen, dass wir uns nicht in unserer Bude befinden und dass ich nicht neben ihr im Bett liege.
Zuerst nehmen ihre Augen einen verdutzten Ausdruck an, dann blinzelt sie irritiert, analysiert die Wände um sich herum und entdeckt schließlich Blair und Vaughn, die am anderen Ende des Zimmers auf zwei Sesseln sitzen und sie besorgt betrachten.
»Wo ... Bin ich in einem Krankenhaus? Was ...?« Sie bricht ab und dann scheinen ihr die Erinnerungen nach und nach ins Gedächtnis zu sickern.
Sie sieht wieder zu mir und drückt nervös meine Hand. Die Emotionen scheinen sie zu übermannen, aber sie presst lediglich die Lippen zusammen, weil sie nicht zu wissen scheint, was sie sagen soll. Stattdessen fangen ihre Augen an zu glitzern und die ersten Tränen kullern ihr über die Wangen und in ihren Verband.
»Schhh!« Ich beuge mich vor, streiche ihr sanft über den Kopf und küsse sie auf die Stirn. »Nicht weinen, Evie. Die Ärzte haben gesagt, der Verband soll vierundzwanzig Stunden lang draufbleiben.«
Sie nickt und schluchzt einmal, schlingt ihre Arme um mich und drückt ihren Kopf in meine Halsbeuge. »Meine Nase tut weh.«
»Ja, die musste repositioniert werden, die war ganz schön schief.«
»Ich habe mich so blöd angestellt, Demon!«, jammert sie in mein Oberteil.
»Inwiefern?« Ich küsse ihr Haar.
»Ich konnte mich kein bisschen gegen irgendeinen von denen wehren. Das darf mir nicht noch einmal passieren!«
Ich gebe ein überraschtes Lachen von mir und küsse nochmals ihr Haar. »Okay. Sobald deine Nase wieder festgewachsen ist, trainiere ich dich im Kickboxen, ja?«
Du hast recht. Das darf dir nicht noch einmal passieren.
Ich werde dafür sorgen, dass du lernst, deine Monster zu entfesseln.
Ich habe dir gesagt, dass ich dein Verderben bin, Evie. Und deswegen wird es Zeit, dass du deine Dunkelheit akzeptierst und sie gegen den Rest der Welt einzusetzen lernst.
Sie nickt, während sie sich noch fester an mich drückt. Doch auf einmal sieht sie auf und wendet sich an Blair, die glücklich in sich hineingrinst. »Blair! Du bist in Ordnung?«
Sie nickt und lacht. »Ja, ich bin hart im Nehmen, keine Sorge.«
Evie drängt sich wieder an mich. »Sie hätte beinahe zwei von den Schlägertypen im Alleingang fertiggemacht.«
»Na ja.« Als Vaughn sie angrinst, schüttelt Blair den Kopf. »Ich habe lediglich Evies Ex ein bisschen vermöbelt, das ist alles.«
»So?« Ohne, dass ich es aufhalten kann, ziehe ich ungläubig eine Augenbraue hoch.
Ich überlege, mich zu erkundigen, warum sie ihn nicht kaltgemacht hat, aber dann wird mir klar, dass das unfair wäre. Wir haben es ja selbst mit den sechs Söldnern und Barry aufgenommen. Wenn wir das Überraschungsmoment nicht auf unserer Seite und keine Schusswaffen dabei gehabt hätten, wäre der kurze Kampf eventuell nicht so ganz zu unserem Vorteil ausgefallen.
»Danke«, murmele ich schließlich, als mich schon Vaughns strenger Blick durchbohrt.
Zwar hat sie Evie nicht vor Barry beschützen können, aber sie hat es zumindest versucht und das rechne ich ihr hoch an.
Blair errötet und senkt die Lider. »Hat ja nicht viel gebracht.«
Ich zucke die Schultern und wende mich wieder Evie zu. »Ich denke, dich werde ich so schnell nicht mehr aus den Augen lassen«, murre ich zu ihr hinunter.
Sie hebt den Kopf und schenkt mir einen nachdenklichen Blick. »Und was ist mit Raul? Und meinem Vater? Wenn ich Barry richtig verstanden habe, hat er sich in Vasquez’ Menschenhändlerring eingekauft.«
Aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass Vaughn sich merklich anspannt. Damit haben sich also seine Vermutungen bestätigt.
»Mal sehen«, gebe ich zurück. »Erst einmal pflege ich dich gesund.« Ich schaue zu Blair. »Und zwar nicht im El Paso
, sondern auf der Adler Ranch
.« Ich betone jedes einzelne meiner Worte.
Vaughn lehnt sich im Stuhl zurück. »Vielleicht würde ein kleiner Ausflug uns allen mal ganz guttun.«
Entnervt ziehe ich die Stirn kraus. Er kann es einfach nicht. Er traut mir nicht zu, dass ich keinen Mist baue, wenn er nicht in meiner Nähe ist.
Evie betrachtet mich noch immer. »Verrätst du mir jetzt endlich mal deinen richtigen Vornamen?«
Verdutzt lache ich auf. »Okay. Überrumpelt. Damit habe ich jetzt am wenigsten gerechnet.«
»Ja?«, hakt sie ungeduldig nach.
»Mona.« Ich grinse. Und auch Vaughn gibt ein leises Lachen von sich.
»Mona Adler?«, fragt Evie irritiert.
»Ja? Wie denn sonst?«
»Das klingt komisch.«
»Japp. Aber Evie Adler klingt auch nicht besser.«
Sie zuckt mit den Schultern. »Besser als Evie Stowe.«
Ich grinse noch breiter. »Da magst du recht haben.«
»Ich könnte mich ja Evie Ramirez nennen.« Jetzt grinst sie mich ebenfalls an. Und zwar mit einem teuflischen Funkeln in ihren diesmal einfarbig grauen Iriden.
Vergrätzt schaue ich zu Blair, die mit einem leisen Yay
in die Hände klatscht. »Wenn du willst, dass ich dich eines Tages aus Versehen
umbringe, kannst du das gerne tun.«