Die Galaxie 43 b ist der geschäftigste Teil des bekannten Universums. Und auch der schmutzigste. Jeden Tag herrscht hier reger Raumschiffverkehr, und die Besatzungen denken sich überhaupt nichts dabei, ihren Müll einfach über Bord zu kippen. Und mit Müll meine ich all ihren Müll: defekte Satelliten, schmutzigen Raketentreibstoff, Pizzakartons, schimmelige Essensreste und … Na, ich möchte lieber nicht sagen, was sonst noch da draußen herumfliegt – ich überlasse es eurer Fantasie. Glaubt mir, es ist eine Schande.
Zum Glück gibt es da einige bescheidene, unbesungene Helden, die jeden Tag versuchen, mit dem intergalaktischen Müll fertigzuwerden. Sie sind tapfer, sie sind schmutzig, und sie müffeln: Sie sind die Müllmänner des Alls. Ihr Job ist nicht nur schmutzig, sondern auch sehr gefährlich.
(Mir persönlich ist schleierhaft, warum jemand so eine Arbeit machen möchte. Ich bestimmt nicht!)
Man nehme nur ihr intergalaktisches Müllraumschiff, die Große Dreckschleuder. Der Name spricht für sich.
Man kann es kaum raumtüchtig nennen. Es ist schäbig und verbeult, die Raketendüsen sind rostig und die Überschallbremsen verschlissen.
An der Außenhülle klebt öliger Ruß und bildet eine so dicke Schicht, dass jemand seinen Namen hineinschreiben könnte. Nun, jemand hat einen Namen hineingeschrieben, den des Schiffes. Und das ist gut so, denn einige der großen Metallbuchstaben, die an der Seite den Namen Große Dreckschleuder ergeben sollten, sind vor vielen Jahren abgefallen.
Jetzt steht dort: O Dreck.
Auch sehr passend. Erst recht, wenn man das Raumschiff von innen sieht.
Überall riecht es da ein bisschen nach verfaulenden Abfällen. Das heißt, nicht nur ein bisschen, sondern sogar ziemlich stark. Stark im Sinne von: magenumdrehend, Tränen hervorrufend, halt deine Nase zu, und mach, dass du wegkommst!
Vielleicht sollte ich mir die Mühe sparen, euch das alles zu erzählen, denn als diese Geschichte beginnt (am Mondstag, den 116. Oort), stand die Große Dreckschleuder kurz davor, in Stücke gerissen zu werden.
Nur wenige Sekunden trennten das versiffte kleine Raumschiff davon, mitten in einen Mülltornado aus vielen Tonnen wirbelndem Weltraumschrott gezerrt und von ihm weggefegt zu werden. Wie ein Stück Schorf, das man in der Badewanne vom Knie gelöst hat und das durch den Abfluss verschwindet.
Es herrschte Chaos auf der Kommandobrücke.
ALARMSTUFE ROT! ALARMSTUFE ROT!
WUUII, WUUII, WUUII!
Alarmsirenen heulten. Aber nicht so laut wie die Besatzung. »AAAAAAAHH!«
Durch die großen Sichtfenster des Raumschiffs sahen die Besatzungsmitglieder den schrecklichen Mülltornado immer näher kommen. Verzweifelt rangen sie darum, die Kontrolle über das Schiff zu behalten.
»Keine Panik, es ist nur ein Abfallwirbel!«, rief Mülloffizier Krawall furchtlos. »Ich habe Schlimmeres gesehen. Lasst uns direkt hineinfliegen. Dann stoßen wir hindurch und kommen auf der anderen Seite wieder heraus!«
»Bist du verrückt?«, schrie der Leitende Maschinenraumoffizier Gizmo.
»Nein, nur tapfer!«, erwiderte Krawall kühn. Er legte die Hände an die Hüften und versuchte, wie ein Held auszusehen. »HINEIN!«
»Das ist viel zu riskant! ZURÜCK!«, rief Gizmo. Er sprang zum Flugkontrollpult, stieß die Pilotin beiseite, griff nach den Steuerknüppeln, die wie Joysticks aussahen, und zog sie nach hinten.
»NEIN, NACH VORN!«, brüllte Krawall, stieß Gizmo zur Seite und drückte die Steuerknüppel nach vorn.
»Weg von meinem Kontrollpult!«, rief Pilotenoffizier Lexie und stieß sie beide beiseite.
»Ich bin der Leitende Offizier!«, blaffte Gizmo. »Also habe ich das Kommando.«
»Unsinn! Ich hab viel mehr Erfahrung«, behauptete Krawall. »Ich bin mit Schiffen durch alle Arten von Weltraumstürmen in der Galaxie geflogen.«
»Ja, aber die Schiffe sind entweder abgestürzt, auseinandergebrochen oder explodiert!«, schnaubte Gizmo.
»Himmeldonnerwetter!«, rief Lexie vom Flugpult, als der rotierende Mülltornado immer näher kam und die Große Dreckschleuder zu verschlingen drohte. »Gleich sind wir in dem Wirbel und werden so schnell gedreht, dass uns das zermatschte Gehirn aus der Nase tropft!«
Gizmo und Krawall wechselten einen verblüfften Blick.
»Das ist krass!«, sagten sie und waren sich diesmal einig.
Plötzlich raste ihnen vom Rand des Mülltornados ein riesiger Plastiktank entgegen. Lexie schaltete auf SCHILDE HOCH, aber leider …
BAMM! PLATSCH!
… eine Sekunde zu spät.
Der Behälter platzte, als er die Große Dreckschleuder traf, und sein schleimiger Inhalt spritzte auf das vordere Sichtfenster des Schiffes.
»Elende Kotze!«, entfuhr es Krawall.
»Ich kann gar nichts mehr sehen!« Lexie schaltete die Wischer der Fensterreinigung auf Supergeschwindigkeit.
Es nützte kaum etwas. Weltraumschlamm lässt sich nämlich echt schwer wegwischen. Die großen Wischer verteilten ihn nur überall auf dem Sichtfenster, was bedeutete, dass die Besatzung absolut nichts mehr draußen sehen konnte.
»Computer!«, rief Gizmo. »Hilfe!«
Am riesigen Computer des Schiffes blinkten zahlreiche Lichter auf, es piepte mehrmals, und dann …
»Guten Morgen!«, ertönte eine fröhliche Maschinenstimme. »Mir scheint, ihr habt da ein kleines Problem, nicht wahr? Nach meinen Berechnungen ist das dort draußen ein Mülltornado der Stärke 8, und ich weiß nicht recht, wie ich euch da helfen soll. Aber ich kann euch sagen, dass die Wahrscheinlichkeit eures Überlebens 3 Prozent beträgt. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 97 Prozent erwartet euch die totale Zerstörung.
Nach meiner Einschätzung sieht die Sache folgendermaßen aus:
… Deshalb wünsche ich euch viel Glück und sage: Lebt wohl. Ihr werdet alle sterben!«
Für den Bruchteil einer Sekunde blieb es still, als die entsetzten Besatzungsmitglieder das verarbeiteten.
»ZURÜCK!«, riefen Krawall und Gizmo gleichzeitig.
Lexie langte nach den Steuerknüppeln und zog sie mit aller Kraft zurück.
(Meine Güte, sie kann von Glück sagen, dass sie nicht abbrachen.)
Die Große Dreckschleuder erbebte, ihre Triebwerke heulten, aber trotzdem näherte sie sich weiter dem tödlichen Weltraumtornado.
Tja, wie ich schon sagte: Gleich werden das kleine Müllschiff und seine Besatzung zerfetzt!