»Was ist los mit ihm?«, fragte der Medizinische Offizier, beziehungsweise die Medizinische Offizierin. Ihre drei gelben Glupschaugen fuhren an Stängeln aus einem schleimigen grünen Körper und sechs blaue Tentakel wackelten überrascht. Yargal sah aus wie eine Mischung aus einem Oktopus und einer großen grünen Schnecke.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erwiderte Lexie.
Yargal glitt zu Max und stieß ihn mit einem feuchten Tentakel an.
Max bewegte sich.
Sie stieß ihn noch einmal an. »Alles in Ordnung?«
Max öffnete die Augen und sah Yargal an.
»AAAAAAHHH!«, schrie er.
Die Besatzungsmitglieder waren verblüfft und sehr beschämt. Niemals bei ihren vielen intergalaktischen Missionen hatte jemand so auf den Anblick einer Yargillianerin reagiert.
Zu Max’ Ehrenrettung muss gesagt werden: Er hatte noch nie in seinem Leben einen so ekelhaften Alien gesehen, nicht einmal in einem Buch.
Aber es gibt eben solche und solche im Universum, und man kann nicht herumlaufen und jedes Mal in Ohnmacht fallen, wenn man einen ungewöhnlich hässlichen Außerirdischen sieht. Das ist unhöflich. Und es ist auch sinnlos, denn die ungewöhnlich hässlichen Außerirdischen sind ja noch da, wenn man erwacht.
Die Besatzung starrte auf Max hinab, der auf dem Deck lag. Niemand half ihm hoch. Lexie sprach als Erste. »Er ist in Ohnmacht gefallen! Er ist doch tatsächlich in Ohnmacht gefallen! Ich glaube, ich habe noch nie einen Käpt’n in Ohnmacht fallen sehen.«
»Er mag der jüngste Käpt’n im bekannten Universum sein, aber er ist auch armselig«, sagte Krawall.
Gizmo lächelte selbstgefällig. »Computer, Transporter bereithalten«, sagte er. »Unser Gast verlässt uns.«
Und diesmal widersprach Lexie ihm nicht.
»Aber klar doch«, bestätigte der Computer fröhlich. »Ich hab versucht, euch zu warnen …«
»Ja, vielen Dank«, schnauzte Lexie. Sie richtete einen vorwurfsvollen Blick auf Max. »Ein schöner Käpt’n bist du.«
Max kam auf die Beine. Zwar freute er sich darauf, nach Hause zurückzukehren, aber aus irgendeinem Grund war er auch enttäuscht und fühlte sich verletzt. Vielleicht deshalb, weil wir alle das Gefühl haben möchten, dass uns jemand will, selbst eine Mannschaft, für die wir gar nicht spielen wollen. Und wir möchten nicht, dass man uns nicht will, was auch für die Mannschaft gilt, von der wir gar nicht wollen, dass sie uns will. Ist doch ganz klar, oder?
»Äh … Entschuldigung«, sagte Max, dem nichts Besseres einfiel.
»Ja-herzlichen-Dank-für-deinen-Besuch-leb-wohl«, sagte Lexie scharf. Sie drehte sich um, schob die Ärmel hoch und machte sich am Flugkontrollpult zu schaffen.
Krawall und Gizmo kehrten zu ihren Posten zurück.
»Computer, beam unseren Gast nach Hause!«, befahl Gizmo.
»Ist gebongt«, antwortete der Computer und gab einige sehr wichtig klingende Pieptöne von sich.
Max stand an den Sessel des Käpt’ns gelehnt, sah durch das große verschmierte Sichtfenster und bestaunte noch immer die Wunder des Universums. Er hielt sich an der Armlehne des Sessels fest und rechnete jeden Augenblick damit, vom Transporterstrahl erfasst und über Zillionen von Lichtjahren in sein Zimmer daheim gebeamt zu werden. Mit einer besonders weichen Landung rechnete er nicht.
Yargal war bei Max geblieben.
»Geht es dir wieder besser?«, fragte sie freundlich. Ihre gelben Augenstängel neigten sich vor Max’ Gesicht sanft hin und her.
Er schluckte und versuchte, nicht erneut in Ohnmacht zu fallen. »Ja, danke«, sagte er.
»Möchtest du einen kleinen Imbiss, bevor du uns verlässt? Was hältst du von einer Pizza mit Sardinen, Schokolade und Grillsoße?«
Igitt, dachte er und gab sich alle Mühe, diplomatisch zu sein. »Nein, danke, aber ich habe keinen Hunger.«
»Computer, warum ist er noch hier?«, fragte Lexie gereizt.
»Weil ich ihn nicht zurückschicken kann.«
»Warum kannst du ihn nicht zurückschicken?«
»Weil mir seine Adresse fehlt«, sagte der Computer.
»Steht sie nicht in der Weltraum-Mail, die er uns geschickt hat?«
»Nein«, sagte der Computer verärgert. Die Kontrolllampen auf seiner Konsole blinkten wütend. »Und da ich einen 215 Megatronbyte großen Boogleplex-Speicher habe … Glaubt ihr nicht, dass ich eine in der Weltraum-Mail angegebene Adresse bemerkt hätte?«
»Ach, hör bloß auf!«, rief Lexie.
»Wie lautet deine IPP-Adresse, Max?«, warf Gizmo ein. Er sah von seinem Maschinenraumkontrollpult auf und ließ demonstrativ das »Käpt’n« weg.
Max wusste nicht, was er meinte.
»Deine Interplanetare Postadresse«, sagte Gizmo. »Beginnt mit der Nummer deines Heimatplaneten.«
»Äh … ich weiß nicht.«
Verblüffte Stille folgte. Niemals bei ihren vielen intergalaktischen Missionen hatte die Besatzung jemanden getroffen, der nicht wusste, woher er kam.
(Ich schätze, das ist auch auf der Erde ziemlich ungewöhnlich.)
Ein schrecklicher Gedanke regte sich in Max. Er hatte sich immer gewünscht, an Bord eines Raumschiffs zu sein, aber er wusste nicht recht, ob er an Bord dieses schäbigen Raumschiffs sein wollte …
Vielleicht sogar für immer …