Sie liefen durch düstere Korridore. Ihre Schuhe klackten auf dem Boden aus Metall, und manchmal machte es auch Patsch!, wenn sie auf etwas Weiches traten. Der Computer hatte das Licht inzwischen wieder eingeschaltet, was aber keinen großen Unterschied machte, denn die Hälfte der Lampen war kaputt und der Rest schmutzig. Das Halbdunkel verbarg zwar den ganzen Dreck, aber gegen den Gestank konnte es nichts ausrichten. Ehrlich gesagt: Nichts konnte einen so schrecklichen Geruch verbergen.
Max verlor schon bald die Übersicht, wie viele Kurven und Abzweigungen sie hinter sich brachten. Für ihn sahen alle Korridore gleich aus: schmutzig.
Die Besatzung schien sportlicher zu sein, als es zunächst den Anschein gehabt hatte (obwohl Krawall Max an einen der dicken Sonntagmorgen-Schiedsrichter erinnerte, die Mühe hatten, dem Geschehen auf dem Spielfeld zu folgen).
»Beeilung!«, rief Lexie über die Schulter hinweg. »Du willst dich doch nicht an Bord deines eigenen Schiffes verirren, oder? Wie peinlich wäre das denn?«
Sehr, dachte Max.
Schließlich sah Max am Ende des Korridors eine große Stahltür mit der Aufschrift FRACHTRAUM.
Da er nicht der Letzte sein wollte, legte er einen Spurt ein. Max war der beste Sprinter der Himmelhoch-Fußballmannschaft und hatte daher gute Chancen, die anderen zu überholen.
Aber leider geriet er in eine große gelbe Schleimpfütze auf dem Boden. Er glitt aus, fiel auf den Rücken, rutschte weiter… und erreichte die Tür als Erster.
RUMS!
»Au!« Max stand mühsam auf, kam sich dumm vor und fuhr die Besatzung an: »Ihr solltet hier mal sauber machen!«
»Nein, du solltest dir rutschfeste Raumfahrerstiefel anziehen«, erwiderte Krawall und warf einen verächtlichen Blick auf Max’ Schulschuhe.
»Und was ist das überhaupt für eine Uniform?«, fragte Lexie. »Ich meine, ist sie wasserdicht und reißfest? Schützt sie vor Säure, Giftgas und vor allem Maden?«
»Ob sie vor Maden schützt?«, fragte Max. »Nein! Es ist nur meine Schu…«
»Stinkende Kotze!«, stieß Krawall hervor. »Du bist tapferer, als du aussiehst. Ohne volle Schutzkleidung würde ich im Weltraum nirgendwohin gehen.«
Aber volle Schutzkleidung brauchte man auch im Müllraumschiff Große Dreckschleuder. Die grünen Overalls der Besatzung schützten vor den meisten Bazillen, giftigen Käfern und anderen unliebsamen Überraschungen des bekannten Universums, selbst vor den rosaroten Killermaden des Planeten Giftikon Eins.
Und das ist auch gut so, denn der Frachtraum der Großen Dreckschleuder ist ein riesiger Mülleimer, in dem es von Maden wimmelt.
(Ich weiß nicht, welche Maden ihr auf der Erde habt, aber rosarote Killermaden von Giftikon Eins sind keine gewöhnlichen Maden. Sie haben spitze Zähne, mit denen sie ihren Opfern die Haut aufreißen, und ihre Säure verwandelt das Fleisch in Brei, und dann schlabbern sie die Todgeweihten auf wie einen Teller Suppe.
Die Besatzung kann also von Glück sagen, dass sie die schützenden Overalls hat, nicht wahr? Aber Max hat keinen. Er weiß auch gar nicht, dass er einen braucht. In seiner Schuluniform steht er vor dem Frachtraum und fragt sich, was das ganze Theater soll.)
Aber derzeit waren rosarote Killermaden vom Planeten Giftikon Eins die geringste Sorge der Besatzungsmitglieder. Maden machten nicht KABUMM! und ließen überall das Licht ausgehen.
Die Tür des Frachtraums der Großen Dreckschleuder ist sehr beeindruckend. Sie besteht aus zwei Hälften und hat in der Mitte etwas, das wie ein großer Reißverschluss aussieht. Über der Tür befinden sich drei orangerote Lampen, die blinken, wenn die Fracht gefährlich ist.
Derzeit blinkten alle drei und tauchten den Korridor in ein unheilverkündendes gelbrotes Licht.
Gizmo wandte sich wütend an den Ersten Mülloffizier Krawall. »Warum hast du uns nicht gesagt, dass der Müll gefährlich ist, als wir ihn an Bord geholt haben?«
An dieser Stelle schloss Yargal zu ihren Gefährten auf. »Gefährlich?«, rief sie, und ihre blauen Tentakel zitterten nervös.
Krawall sah wie beiläufig zu den drei blinkenden Lampen hoch und zuckte die Schultern. »Ich wusste nichts davon! Und außerdem besteht vermutlich kein Anlass zur Sorge. Vielleicht ist nur ein bisschen was zu heiß… oder so.«
»Ein bisschen was zu heiß oder so?«, rief Lexie. »Ich schätze, du wirst feststellen, dass was explodiert ist!«
Für einen Mülloffizier, der für sehr gefährlichen Müll verantwortlich war, konnte Krawall beunruhigend vage sein. Er konnte auch beunruhigend leichtsinnig und verrückt sein.
Krawall zuckte die Achseln. »Keine Panik. Ich habe jahrelang alle Arten von gefährlichem Müll durchs Universum gekarrt und sage euch: Es ist alles in Ordnung. Wir gehen einfach rein und spritzen das Zeug ein bisschen ab.«
»Wir?«, ächzte Gizmo. »WIR? Von wegen! ›Wir‹ bleiben hier draußen. ›Du‹ gehst hinein und bringst die Sache in Ordnung.«
»Na schön.« Krawall zog an seinem Overall und versuchte, heldenhaft auszusehen. »Wenn ihr zu viel Angst habt, gehe ich allein.«
Er schob die anderen beiseite und öffnete ein Wandfach, hinter dem ein Schrank voller Ausrüstungsgegenstände zum Vorschein kam, alle aufs Geratewohl hineingestopft. Es fielen heraus: zwei orangerote Schutzhelme, ein violetter Gummihandschuh, ein Erste-Hilfe-Kasten und etwas, das nach einem gelben Feuerlöscher aussah.
Krawall nahm einen der beiden Schutzhelme, aber Lexie riss ihm das Ding aus der Hand.
»Warte mal, Krawall!«, sagte sie. »Du hast überhaupt keine Ahnung, was da drin los ist, oder?«
Krawall antwortete nicht.
Lexie wandte sich an Max und fügte hinzu: »Käpt’n, wenn er diese Tür öffnet, könnten wir alle sterben! Vielleicht werden wir angegriffen … in tausend Stücke gerissen … geschmolzen … vergiftet … bei lebendigem Leib gefressen oder… auf grässliche Weise zerfleischt!«
»Oh, Käpt’n!«, rief Yargal, und ihre blauen Tentakel zuckten voller Entsetzen. »Ich bin zu jung, um angegriffen, in tausend Stücke gerissen, geschmolzen, vergiftet, bei lebendigem Leib gefressen oder… oder …«
»Auf grässliche Weise zerfleischt«, sprang Lexie ein.
»… oder auf grässliche Weise zerfleischt zu werden!«