Über der großen Stahltür des Frachtraums blinkten noch immer die orangeroten Lampen und gaben dem Korridor eine unangenehme Farbe, von der man Kopfschmerzen bekommen konnte.
Verkehrspolizist Org grinste dümmlich und hielt das Tablet in einer Hand, bereit dazu, dem langen, traurigen Strafregister einen weiteren Eintrag hinzuzufügen.
»Also gut«, sagte Verkehrspolizist Klappehalten zu Krawall. »Was ist da drin?«
»Ähm … äh …«, stotterte Krawall hilflos.
Max rettete ihn. »Wir haben sechs große Tonnen mit…«
Krawall stöhnte leise. Elende Kotze, dachte er. Max wollte der Intergalaktischen Verkehrspolizei doch nicht vom Explo-Schaum erzählen, oder?
Aber Max bekam keine Gelegenheit, den angefangenen Satz zu beenden, denn Klappehalten wirbelte herum und raunzte: »Ich habe den Mülloffizier gefragt, nicht dich!«
Max zuckte nicht einmal mit der Wimper. Als Käpt’n eines Raumschiffs hatte er vielleicht nicht viel Erfahrung, aber er war zwei Jahre Mannschaftskapitän des 1. FC Himmelhoch gewesen und kannte die Regeln.
»Ich bin der Käpt’n«, sagte er. »Und Sie sprechen mit mir, nicht mit der Besatzung. Überlass dies mir, Krawall. Und das ist ein Befehl!«
(Ich weiß nicht, welche der vier Personen im schmutzigen, düsteren Korridor am überraschtesten war. Vielleicht die beiden Verkehrspolizisten oder Krawall. Aber ich schätze, es war Max selbst.)
Er hatte überhaupt nicht gewusst, dass er so tapfer sein konnte. Aber er wusste, dass er bei diesem Spiel die Oberhand gewonnen hatte, und da es um viel ging, beschleunigte er das Tempo.
»Hinter dieser Tür«, sagte er, »haben wir …« Er zählte es an den Fingern ab, als er fortfuhr: »Sechs große Tonnen mit Toilettenabfall von einem Starline-Kreuzer. Leider sind zwei von ihnen leck … Sie sollten also aufpassen, wohin Sie treten.«
»Bäh!«, sagte Org.
»Ein großes Fass mit nicht identifiziertem kosmischen Schlamm. Ist gelb und dampft, das Zeug. Wir wissen nicht, was es ist, aber es riecht so schrecklich, dass man sich die eigenen Gedärme aus dem Leib würgen möchte.«
Als Verkehrspolizist Klappehalten das hörte, wurde er ziemlich blass in seinem violetten Gesicht. Und dem langen Lulatsch Org schien schlecht zu werden.
»Und fünfundzwanzig Flaschen giftiges kosmisches Gas«, sagte Max. »Es ist tödlich! Wenn man nur ein bisschen was davon schnuppert, fällt einem die Nase ab. An Ihrer Stelle würde ich darauf achten, nicht zu tief einzuatmen. Jedenfalls, es könnte schlimmer sein. Manchmal haben wir richtig gefährliche Sachen da drin, nicht wahr, Krawall?«
»Äh … ja, Sir«, sagte Krawall schwach und versuchte, nicht einmal an den Explo-Schaum zu denken, um ja nichts zu verraten.
Max drückte wahllos einige Tasten auf der kleinen Tastatur des Türschlosses und tat so, als wüsste er genau, worauf es ankam.
»Übrigens …«, sagte er im Plauderton. »Sind Ihre Uniformen madensicher?«
Die beiden Verkehrspolizisten wechselten einen besorgten Blick.
»Nein, äh … warum?«
Max langte nach den großen Griffen und tat so, als wollte er die Tür gleich aufziehen.
»Weil wir da ein kleines Madenproblem haben«, sagte er. »Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass sich zwei tapfere Polizisten wie Sie vor kleinen, überaus giftigen und supergefährlichen Killermaden von Giftikon Eins fürchten.«
»Überaus giftige und supergefährliche Killermaden von Giftikon Eins!«, riefen die beiden Intergalaktischen Verkehrspolizisten wie aus einem Mund.
»Keine Sorge«, sagte Max und ergriff das gelbe Feuerlöscher-Ding, das Lexie bei Krawall verwendet hatte. »Wir halten das Anti-Maden-Spray bereit. Natürlich hilft es nicht, wenn Sie gebissen, voll Säure gepumpt und wie Suppe aufgeschleckt werden. Aber vielleicht sterben Sie etwas zufriedener mit dem Gedanken, dass die Made, die Sie umgebracht hat, nicht damit durchkommt.«
Er gab den gelben Sprüher an Krawall weiter.
»Ja, Sir!« Krawall war inzwischen von Max wie hypnotisiert. Bei seinen vielen intergalaktischen Missionen hatte er nie jemanden kennengelernt, der so tapfer und furchtlos war wie der neue Käpt’n. Wenn Max ihn aufgefordert hätte, sich eine Pizza in die Hose zu schieben, wie ein Gefahrenspürhund zu heulen und den ganzen Frachtraum mit einer Zahnbürste zu reinigen – er hätte es getan. Selbst wenn er gezwungen gewesen wäre, seine eigene Zahnbürste zu benutzen.
Intergalaktische Verkehrspolizisten sind nicht für ihre Tapferkeit bekannt. Was übrigens auch für Schulhoftyrannen und Leute wie sie gilt.
»Müssen wir hineingehen?«, flüsterte Verkehrspolizist Org seinem Kollegen zu. Klappehalten antwortete nicht. Er dachte nach und konnte nicht zwei Dinge gleichzeitig tun.
Max nahm die Hände von den Türgriffen. »Aber was ist mit Ihrem Bericht?«, fragte er und richtete seinen Blick aufs Tablet.
Die beiden Polizisten schienen der Panik so nahe zu sein wie ein Torwart beim Elfmeter. Sie konnten es nicht mit Max aufnehmen.
»Nun«, sagte er, »Sie können entweder schreiben:
Max fügte diesen Worten sein unschuldigstes Lächeln hinzu.
Die beiden Polizisten dachten über ihre Möglichkeiten nach, und dann sagte Klappehalten: »Option b.« Und weil er nicht wie ein Waschlappen dastehen wollte, brummte er drohend: »Wir lassen euch vorerst davonkommen, aber fertig sind wir mit der Großen Dreckschleuder noch nicht. Pass also gut auf, Käpt’n.«
Und sie beamten sich an Bord des Polizeischiffes zurück.
Wisst ihr, wie es ist, wenn man etwas Unglaubliches beobachtet hat und es gar nicht abwarten kann, davon zu erzählen? So erging es Krawall. Er brannte regelrecht darauf, den anderen Bericht zu erstatten, und damit legte er sofort los, kaum hatten sie die Brücke erreicht.
Lexie, Gizmo und Yargal waren überaus beeindruckt, aber Max zuckte nur mit den Schultern.
»Ich mag einfach keine Leute, die andere tyrannisieren«, sagte er wie beiläufig und setzte sich in den Kommandosessel.
»Ach, und Krawall …«
»Ja, Sir?«
»Schaff die Maden aus dem Frachtraum.«
»Ja, Sir!«, rief Krawall und salutierte sogar.
»Ich verderbe dir nur ungern deinen Moment des Ruhms, Käpt’n«, sagte Lexie bissig, »aber wir haben noch immer sechs Tonnen mit Explo-Schaum, die wir loswerden müssen. Und uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«
»Computer, bring mich bezüglich der Fracht auf den neuesten Stand«, befahl Max.
»Gern, Käpt’n«, erwiderte der Computer. »Aber vorher möchte ich sagen: Gut gemacht! Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ihr noch immer am Leben seid! Aber lasst uns nicht übermütig werden. Denn derzeit besteht eine Wahrscheinlichkeit von 96 Prozent, dass die explodierende Fracht das Schiff in mindestens 26 000 klitzekleine Stücke reißen wird, und zwar in … mal sehen … neunundvierzig Minuten oder so.«
»Neunundvierzig Minuten!« Lexie schnappte nach Luft.
»Oh, Käpt’n!« Yargal warf sich Max hysterisch entgegen. »Ich bin zu jung, um in neunundvierzig Minuten oder so in sechsundzwanzigtausend klitzekleine Stücke gerissen zu werden!«