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Kapitel 22

Man darf nie aufgeben

Gizmo war zur Schleuse zurückgekehrt und versuchte, Funkkontakt mit Max herzustellen. »Kannst du mich hören, Käpt’n?«

Doch die Antwort, die er bekam, lautete: »Giz-kkkrrch bzz krrcch …«

»Er ist außer Reichweite!«, teilte Gizmo den anderen auf der Brücke mit.

»Computer?«, fragte Lexie. »Irgendwelche Vorschläge?«

»Ja«, antwortete der Computer. »Seht euch nach einem neuen Käpt’n um. Diesen kriegt ihr nicht zurück.«

»NEIN!«, sagte Lexie zornig und schlug mit beiden Fäusten aufs Flugpult. »Wir müssen ihn zurückbekommen. Max wollte nicht einmal unser Käpt’n sein. Er kam durch einen Irrtum zu uns, und wir haben ihm versprochen, ihn eines Tages nach Hause zu bringen. Er ist ein hervorragender Käpt’n, und tapfer obendrein. Er hat sein Leben für uns riskiert und wir dürfen ihn nicht im Stich lassen.«

»Lexie hat recht!«, rief Yargal und riss sich plötzlich zusammen. Ihre drei Augenstängel wackelten. »›Man darf nie aufgeben!‹, wie Käpt’n Max sagen würde, und… und… ›Es geht weiter bis zum Abpfiff‹, was auch immer das bedeutet. Und wir geben nicht auf. Gizmo, versuch weiter, ihn über Funk zu erreichen. Lexie, bring das Schiff möglichst nah an ihn heran. Und Krawall, lass dir etwas einfallen, um ihn an Bord zu holen, und zwar schnell!«

Mit einem ihrer Tentakel gab sie Krawall einen ordentlichen Klaps auf den Hinterkopf.

 

PLACK!

 

»Au!«

K. o.

Etwa fünfhundert Meter vom Schiff entfernt, konnte Max noch gerade so die besorgten Gesichter von Lexie und Yargal durch eins der Sichtfenster erkennen. Er winkte ihnen tapfer zu und sah, wie sie zurückwinkten, Yargal mit ihren Tentakeln.

Krawall winkte nicht. Er überlegte.

»Bei den prall gefüllten Kotzbeuteln!«, sagte er. »Ich hab eine Idee!« Er beugte sich zum Müllkontrollpult vor und betätigte schnell einige Tasten und Schalter.

 

Draußen im All beobachtete Max besorgt, wie er sich noch weiter von der Großen Dreckschleuder entfernte. Sie wurde sso klein wie eins der Raumschiffmodelle in seinem Zimmer daheim.

Dann wurde das Schiff erstaunlicherweise wieder größer. Es näherte sich, und zwar recht schnell… dann besorgniserregend schnell… und schließlich alarmierend schnell!

Zum Glück blieb ihm kaum Zeit, das zu verarbeiten, denn plötzlich war die Große Dreckschleuder dda und …

 

WAMM!

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Max’ Raumhelm knallte mit solcher Wucht gegen den Megatron-16XL-Magno-Arm des Schiffes, dass eine Delle im Metall zurückblieb, ihm die Tränen kamen … und er das Bewusstsein verlor.

Sein Helm steckte am großen Magneten ffest, wie durch Superkleber mit ihm verbunden, aber davon merkte Max gar nichts. Langsam schwang der Megatron-16XL zur Schleuse, und dort ergriff Gizmo die Beine des Bewusstlosen.

 

»Ich hab ihn, Krawall! Du kannst den Magno-Arm ausschalten.«

Der Magnet gab Max frei und Gizmo zog ihn an Bord.

 

Auf der Kommandobrücke jubelte die Besatzung.

»Gut gemacht, Krawall!«, rief Lexie und umarmte ihn zu seiner großen Überraschung.

Yargal wollte ihre schleimigen Tentakel um ihn schlingen, aber Krawall wich rechtzeitig zurück. »Äh … solltest du nicht nachsehen, wie es dem Käpt’n geht?«, fragte er.

Woraufhin der Medizinische Offizier fortglitt und Schnuffi mitnahm.

Man kann nicht alles haben

Irgendwann später erwachte Max in der Krankenstation. Yargal beugte sich über ihn, ließ grünen Schleim auf ihn herabtropfen (igitt) und berührte sein Gesicht vorsichtig mit einem feuchten Tentakel (noch mehr igitt). In seinem Kopf schien jemand mit einem Hammer zu schlagen und auch der Rest des Körpers tat ihm weh. Aber was am schlimmsten war: Seine Beine fühlten sich seltsam an, wie halb zerquetscht. Was, wenn er nicht mehr gehen konnte? Was, wenn er nie wieder Fußball spielen konnte?

»Yargal!«, rief er. »Ich kann die Beine nicht bewegen!«

»Weg da, Schnuffi!«, sagte Yargal und zog den riesigen Gefahrenspürhund von Max’ Beinen herunter auf den Boden.

Max seufzte erleichtert und setzte sich auf.

»Wie geht es dir?«, fragte Yargal und schob ihm ein großes Plastikkissen hinter den Rücken, damit er sitzen konnte. »Möchtest du was essen?«

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Max wusste genau, was er wollte. »Kannst du mir Würstchen mit Kartoffelbrei bringen und anschließend einen doppelt hohen Schokoladenkuchen mit Schokoglasur, Schokoladenkeksen und kleinen Marshmallows obendrauf?«

Yargal gab sich alle Mühe, und einige Minuten später präsentierte sie Max stolz eine große, tiefe Pfanne, darin eine Pizza mit doppelt Schokolade, Würstchen, Kartoffelbrei, Schokokeksen und kleinen Marshmallows.

Na ja, dachte Max. Man kann nicht alles haben.

 

Wohin?

Es herrschten Ruhe und Frieden auf der Kommandobrücke der Großen Dreckschleuder.

He, das war neu!

Lexie hatte es schließlich geschafft, ihre Position zu bestimmen, und der Computer wartete darauf, dass der Käpt’n den Befehl gab, einen Kurs zurück zur Galaxie 43b zu berechnen.

Jenseits der verschmierten Sichtfenster leuchteten und glänzten Millionen von Sternen und einige Dutzend seltsame Planeten friedlich in der kosmischen Dunkelheit.

Gizmo überprüfte noch einmal die Reparatur des linken Triebwerks, während Krawall ein Nickerchen machte, die Füße aufs Müllpult gelegt. Lexie schlug den Computer bei einem komplizierten Labyrinthspiel. Was der Computer zum Anlass nahm zu schmollen.

Die Tür der Kommandobrücke öffnete sich, und Max kam herein, gefolgt von Yargal und Schnuffi.

»Gibt es etwas zu berichten?«, fragte Max und setzte sich in den Kommandosessel.

Gizmo nahm Haltung an. »Der Antrieb ist hundertpro in Ordnung und voll einsatzbereit, Sir!«

Krawall erwachte plötzlich und fiel fast aus seinem Sessel. »Elende Kotze!«, rief er und sprang auf. »Willkommen auf der Brücke, Sir!«

Lexie schenkte ihm ein Lächeln, blieb am Flugpult sitzen und wartete auf Anweisungen. »Nun, Käpt’n, wohin fliegen wir?«, fragte sie.

Max brauchte nicht zu überlegen. Er wusste genau, wohin er wollte. Und so sagte er: »Computer, hast du inzwischen eine Möglichkeit gefunden, mich nach Hause zu bringen?«

Ist das die Erde?

Der Computer piepte und die Kontrolllampen auf seiner Konsole blinkten wichtigtuerisch. »Ich bin ja so froh, dass du mich gefragt hast«, sagte er munter. »Nun, es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht …«

Oh, oh, dachte Max. Das gefällt mir gar nicht.

»Die schlechte Nachricht lautet: Deine Interplanetare Postadresse habe ich nicht gefunden. Und hier ist die gute Nachricht: Ich glaube, ich weiß jetzt, wo sich der kleine Planet befindet, den du ›Erde‹ nennst.«

»Hurra!« Max stieß die Faust in die Luft.

Der Computer fuhr fort: »Wenn wir in Richtung der giftigen Gaswolken von Novum 12 fliegen … bei den Sternhaufen von Milinia links abbiegen… den intergalaktischen Kreisverkehr Nummer 17 hinter uns bringen … Ist die Welt, die du ›Erde‹ nennst, ein orangefarbener Planet mit drei Monden?«

»Nein«, sagte Max.

»Bist du sicher?«

»Ja.«

»Oh«, sagte der Computer und meldete sich mit einem Piepen ab.

Max seufzte und sackte im Kommandosessel in sich zusammen. Er war zutiefst enttäuscht.

»Pech, Käpt’n.« Voller Mitgefühl streckte Yargal einen schleimigen blauen Tentakel aus und klopfte Max damit auf den Arm. Der Ärmel seines Schulpullis wurde nass, aber er achtete nicht darauf. »Eines Tages finden wir bestimmt eine Möglichkeit, dich nach Hause zu bringen.«

Schnuffi stieß Max’ Hand mit seiner Frikadellenschnauze an, setzte sich und lehnte sich an die Beine des Käpt’ns. Max kraulte ihn hinter den Ohren und sah sich auf der chaotischen, schmutzigen Kommandobrücke der Großen Dreckschleuder um.

Wisst ihr, es ist komisch, aber man kann dieselbe Sache ganz unterschiedlich sehen, wenn man zum zweiten Mal hinschaut.

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Max sah:

  • leere Becher und Schachteln auf den Pulten
  • übrig gebliebene Pizzakrusten und Salat, auf dem Boden verstreut
  • rissige Armaturentafeln
  • schmutzige Instrumentenanzeigen
  • das schäbige Erscheinungsbild von allem

Aber er sah auch:

  • beeindruckende Ansammlungen von Knöpfen, Schaltern und Steuerknüppeln
  • seltsame Darstellungen auf den Monitoren
  • große Sichtfenster, die die Brücke auf drei Seiten umgaben

Und dann noch etwas, das über seine wildesten Träume und Fantasien hinausging. Er sah …

 

ABENTEUER!

 

»Nun, Käpt’n?«, fragte Lexie. »Noch einmal: wohin?«

Max riss sich zusammen. Es hatte wirklich keinen Sinn, Trübsal zu blasen.

»Na ja, wenn ich noch nicht heimkehren kann … Hat jemand eine Idee?«, fragte er.

Krawall blätterte auf seinem Monitor durch einige Outernet-Werbeanzeigen.

»Im Corpus-Pustula-Haufen muss ein bisschen Zorbo-Brei eingesammelt werden«, sagte er. »Damit lässt sich VIEL Geld verdienen.«

»Ist Zorbo-Brei gefährlich?«, fragte Max.

»Nee«, sagte Krawall und zog seinen Overall über dem Bauch zurecht.

»JA!«, riefen Gizmo und Lexie.

»SEHR!«, fügte Yargal hinzu. Ihre gelben Augen wackelten an den Stängeln und die blauen Tentakel zitterten.

»Nur wenn man das Zeug auf die Haut kriegt oder ins Haar oder in die Nase oder…«

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»Man kriegt pustulöse Weltraumpocken davon«, warf Lexie ein. »Es bilden sich Pusteln am Hiintern, das Haar fällt einem aus, und man niest giftigen Rotz, der alles wie Säure auflöst, das er berührt, meistens angefangen mit dem eigenen Kinn.«

»Oh, das ist alles?«, fragte Max Smart, Käpt’n der Großen Dreckschleuder. »Nun, in dem Fall… Nimm Kurs auf den Corpus-Pustula-Haufen, und los mit kosmischer Geschwindigkeit!«