6
Cal
I ch war gelangweilt.
Und ich wollte nach Hause.
Halt, nein, das war falsch. Ich wollte bei Scarlett sein, wollte ihre Haut riechen, ihre Lippen auf mir spüren und ich wollte ... Ach, verdammt! Ich musste das alles schön unter dem Deckmantel einer Affäre weiterlaufen lassen.
Und ich saß hier im Club fest und kümmerte mich um Scheiße, auf die ich keinen Bock hatte. Wofür hatte ich eigentlich Angestellte?
»Ist Melina da?«, fragte ich Bo, der wie meistens in irgendeiner Ecke lungerte. Ich kontrollierte gerade die Anwesenheitsliste und hatte Melina nicht entdecken können.
»Ja, sie ist schon mit dem Kunden unterwegs.«
»Na wenigstens das läuft.« Ich saß an der Bar, genehmigte mir einen Scotch und ließ den Blick durch den Club schweifen. Wie immer brummte der Laden, und das war gut so. Trotzdem wollte ich nach Hause. Ob Scarlett schon zurück war? Die Uhr auf meinem Handy zeigte fast Mitternacht, aber keine Nachricht von ihr. Vielleicht war sie noch im Büro, denn sie meinte heute Morgen, dass es da eine dringende Angelegenheit gab, um die sie sich kümmern musste.
Mir war es recht, denn ich musste mich dringend im Club sehen lassen, und das länger als zehn Minuten. Einen Deal hatte ich heute bereits erfolgreich abgeschlossen, mit dem sichergestellt war, dass Jonny O’Brien und seine Männer zukünftig von Vegas fernblieben. Zwei seiner Häscher streiften allerdings immer noch durchs Land, die hoffentlich bald kassiert wurden. Vielleicht sollte ich diesem Wichser einfach das Hirn wegblasen, dann müsste ich mich nicht länger mit einer zickenden Melina auseinandersetzen. Andererseits würde ich damit wohl einen Krieg auslösen, also keine gute Idee.
»Cal, mein Freund!«, sagte Jack, ein langjähriger Geschäftspartner und Besitzer des MGN Hotels und Casinos. Wir schlugen die Hände aneinander.
»Jack, was verschafft mir die Ehre?« Ich drehte mich zu ihm und scannte die Frau an seiner Seite. Sie war eine Schönheit. »Und Sie sind?«, fragte ich – ganz der Gentleman.
»Stephanie«, erwiderte sie und schaute sich pikiert um. »Ich wusste nicht, dass wir in einen Stripclub gehen würden, Darling.«
Jack verzog das Gesicht. »Ich habe etwas Geschäftliches mit Cal zu klären, Babe. Setz dich einfach hier hin und sieh gut aus.« Er lachte und ich stieg mit ein.
»Bestellen Sie sich etwas zu trinken, Stephanie! Sie sind eingeladen.«
Wow, diese vollen roten Lippen! Mir kam der Gedanke, dass ich mich dazwischen sehr, sehr wohlfühlen würde, als sich das Bild einer anderen Frau vor mein geistiges Auge schob. Fuck!
»Was kann ich für dich tun, Jack?« Ich lehnte mich mit dem Rücken an den Tresen und stützte die Ellbogen auf. »Es ist ungewöhnlich, dass du mich hier aufsuchst.« Stephanie saß zu meiner Linken und streifte – natürlich rein zufällig – immer wieder meinen Unterarm. Wie immer hatte ich die Ärmel meines Hemdes aufgerollt.
»Man erzählt sich, du würdest hier in Vegas deine Zelte abbrechen und nach New York gehen.«
»Aha! Das erzählt man sich?« Ich setzte mein Pokerface auf und ließ den Blick über die Clubgäste wandern.
»Jepp! Und dass es da eine Frau gibt, die dir den letzten Nerv raubt.«
Gab es. Zwei sogar. Aber ich war schlau genug und hielt meine Fresse.
Ich lachte also viel zu laut und sah dabei zu Stephanie, die mir einen eindeutigen Blick unter ihren langen Wimpern schenkte. Die Message war klar.
»Jack, alter Freund«, begann ich und wandte meine Aufmerksamkeit ihm zu, »wenn ich vorhätte, diese Stadt zu verlassen, dann nur aus einem Grund.«
»Und der wäre?«
»Ich müsste tot sein.«
Nun lachte auch er und griff nach dem Drink, den ihm mein Barkeeper hinstellte.
»Tja und da du ziemlich lebendig aussiehst, schätze ich, ist das alles nur Gelaber.«
»Davon kannst du ausgehen.«
Stephanies Parfum wehte mir in die Nase. Sie roch beinahe wie Scarlett.
Beinahe.
»Ich frage mich allerdings, was dann dahintersteckt. In Gerüchten ist doch immer auch ein Fünkchen Wahrheit zu finden.«
Wahrheit. Wie genau definierte man diese Wahrheit?
Die Tänzerin, die momentan die Hauptbühne hatte, heizte den Kerlen ordentlich ein. Das war die Wahrheit. Ich freute mich für sie, denn die Scheine wechselten ihren Besitzer. Das war die Wahrheit!
»Ich habe keine Ahnung ... und es langweilt mich.«
»Hört, hört! Hier ist wohl jemand mit anderen Dingen beschäftigt, hm?«, warf Stephanie ein und legte jetzt ungeniert ihre Hand auf meinen Unterarm. »Ich wäre mehr als bereit, dich abzulenken.«
Auch das war wohl eine Form der Wahrheit. Ich wollte gerade antworten, als ich im Augenwinkel Scarlett sah, die gerade den Club betrat. Scheiße! Ich wollte Jack jetzt keine Munition liefern und hielt mich mit einer Reaktion zurück. Stephanie ignorierte ich. Scarlett sah sich um, stellte sich an die Bar, die ihr am nächsten war und beugte sich über den Tresen. Dabei streckte sie ihren Hintern heraus und ihr enges Kleid rutschte so weit nach oben, dass ich beinahe den Ansatz ihrer Pobacken sehen konnte. Und nicht nur ich! Mit zusammengebissenen Zähnen unterdrückte ich ein Knurren. In aufreizender Geste setzte sie sich auf einen der Barhocker, schwang ihre langen Beine übereinander und nahm vom Barkeeper eine Bierflasche entgegen, aus der sie einen großen Schluck nahm. Die ersten männlichen Gäste glotzten sie bereits an. Ja, Scarlett Preston wusste genau, wie sie sich in Szene setzte. Sie trank ihr Bier und tat so unschuldig. Aber ich kannte sie besser. Ich wusste genau, was sie tat und warum. Ihre Augen hefteten sich auf mich, sahen demonstrativ – zumindest glaubte ich das über die Entfernung – auf meinen Arm und ich spürte Stephanies streichelnde Finger überdeutlich. Keine Ahnung, warum ich ihr nicht sagte, sie sollte die Griffel von mir nehmen. Ganz im Gegenteil, ich zeigte ihr mit einem schiefen Lächeln, dass es mir gefiel. Auch wenn das nun nicht der Wahrheit entsprach.
Scarletts arroganter Blick blieb an uns hängen und ich war mir sicher, sie würde mir jetzt zu gern den Marsch blasen, aber sie tat es nicht. Dabei könnte sie mir alles blasen. Aber Scarlett Preston war verdammt stolz. Gestern Abend hatte sie mir offenbart, dass sie nicht verstand, wieso sie sich teilweise so irrational verhielt, aber meinte auch, dass sie es nicht abstellen konnte. Ich hatte nicht weiter nachgefragt, denn ich wusste nur allzu gut, was sie meinte. Schließlich erging es mir ähnlich.
Außerdem war es für sie vielleicht sogar gut, wenn sie mal nicht die Kontrolle besaß und eine neue Seite an sich entdeckte. Wie das letzte Mal, als sie mir hierher gefolgt war und wir es dann wie die Tiere in meinem Büro getrieben hatten. Sie mochte es, wenn sie anderen zuschauen konnte, und irgendwie war ich gespannt, was Miss Preston heute für mich in petto hielt. Ich hoffte, es war schmutzig und hatte mit mir in ihr zu tun.
Warum sie nicht also noch ein bisschen mehr reizen? Ich lehnte mich zu Stephanie, den Blick weiter auf Scarletts wunderschönes Gesicht gerichtet, und sagte leise: »Du nimmst jetzt besser die Hand von meinem Arm.« Meine Worte waren eindringlich, obwohl ich lächelte. Zugegeben, es war gemein, sie zu benutzen, aber darum scherte ich mich nicht wirklich. Stephanie übrigens ebenfalls nicht, denn sie schien meine Worte nicht ernst zu nehmen und leckte sich lasziv über die Lippen. Jack unterhielt sich mit einem Stammgast neben mir und beachtete seine neue Flamme nicht weiter.
»Ich glaube, ich muss mich klarer ausdrücken«, sagte die blonde Schönheit neben mir. »Wie wäre es, wenn wir in dein Büro verschwinden?«
Ich grinste lässig. Für Außenstehende, die unser Gespräch nicht hören konnten, musste es so aussehen, als würden wir flirten. »Sorry«, erwiderte ich also charmant lächelnd, »kein Interesse.« Bestürzt schob sie die Unterlippe vor und streichelte wieder meinen Arm. Ich schaute zur gegenüberliegenden Bar und mein Blick fand Scarlett ... und einen schleimigen Immobilienmakler, der hier in Vegas Luxus-Villen verkaufte. Das Lächeln auf meinen Lippen gefror, als ich sah, wie er ihr seine Hand auf den Schenkel legte, während sie sich unterhielten. Scarlett lachte übertrieben und warf dabei den Kopf in den Nacken. Sie wollte mich provozieren und schaffte es. Der Immobilienfuzzi grinste und checkte geifernd ihren Körper ab. Meine Kiefer mahlten aufeinander, meine Augen verengten sich zu Schlitzen. Ich stürzte den Scotch hinunter und knallte das leere Glas auf den Tresen. Scarlett sah eben in meine Richtung und zwinkerte mir zu. Wut brodelte in mir und etwas, das ich kannte, aber hasste: Eifersucht.
Was dachte sie sich dabei? Kam hierher, bewegte ihren Arsch nicht einmal in meine Richtung und flirtete jetzt mit diesem geilen Bock? Was glaubte sie eigentlich, wie meine Welt funktionierte?
Stephanie folgte meinem Blick. »Ach, so ist das!« Ich spürte wieder ihre lüsternen Finger an meinem Arm und schüttelte sie genau in dem Moment ab, als dieser beschissene Wichser von Makler seine Hand auf Scarletts Schenkel hinaufschob.
Blinder Zorn trieb mich an, als ich nach wenigen Schritten bei ihr war, diesen Drecksack von ihr wegriss und ihm meine Faust in die Visage rammte.
Zweimal!
Blut tropfte auf seinen billigen Anzug. »Bist du bescheuert?«, brüllte er los. Beinahe sofort waren meine Security-Jungs um uns.
»Halte dich von meiner Freundin fern, du Hurenbock!«, zischte ich ihm entgegen. Der Blödmann hielt sich ein Taschentuch an die Nase und schoss imaginäre Feuerpfeile auf mich ab. Wir fochten ein stummes Blickduell aus, bis Scarlett die Hand auf meine Brust legte und versuchte, mich dazu zu bringen, ihr in die Augen zu sehen. Aber ich war so wütend, so unfassbar wütend, dass ich ihr jetzt den Arsch versohlen wollte. »Gottverfickte Scheiße!«, brüllte ich und sah plötzlich Bo neben mir stehen, die coole Souveränität in Person.
Der Immobilienwichser wusste sehr genau, wer ich war, und er tat besser daran, nicht zurückzuschlagen oder sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Scarlett hüpfte vom Barhocker und nahm mein Gesicht zwischen ihre Hände. Sie zwang mich, dass ich meinen Killerblick von dem Arschloch losriss und sie ansah.
»Cal«, sagte sie, doch ich reagierte nicht. Ich war randvoll mit blinder Wut. »Babe!« Ich zeigte immer noch keine Reaktion, atmete schwer und ballte meine Fäuste. Ich hatte schon sehr lange niemanden mehr verprügelt, meine rechte Hand zuckte und wollte am liebsten nach der Waffe unter meinem Sakko greifen, um diesem Scheißkerl den Schädel wegzupusten. »Babe, sieh mich an!« Scarletts Stimme drang wieder zu mir durch und ich riss den Blick von ihm los und sah ihr in die dunklen Augen.
Sie wirkte aufgewühlt, ängstlich.
»Hör auf, Babe!« Ihre Worte beruhigten mich. Nein, wenn ich ehrlich war, beruhigte mich der Umstand, dass sie mich Babe nannte. Es fühlte sich gut an, so wunderbar vertraut. Scheiße! Es fühlte sich zu gut an.
»Schaff mir diesen Wichser aus den Augen, Bo!«, zischte ich und bemühte mich, meine Wut zu kontrollieren. Bo sagte kein Wort, führte aber meinen Befehl ohne zu zögern aus. Das war besser für alle Beteiligten.
Scarletts warme Finger hielten immer noch mein Gesicht. Mein Atem ging schwer und verriet, wie viel Kraft es mich kostete, nicht auszurasten. Das Tier in mir, der Alphawolf, der besitzergreifende Kerl wollte den Typen abknallen. Ja, ich war ein Macho. Aber noch nie hatte ich diese abartige Gier empfunden, dass jemand ausschließlich zu mir gehören sollte. Doch Scarlett hatte es mit ihrem perfiden Spiel binnen Sekunden geschafft, dass ich mich vollkommen vergaß und zu einem eifersüchtigen Irren mutierte.
Sie strich jetzt über meine Brust, wanderte schließlich zu meinen Unterarmen und griff nach meinen Händen, um unsere Finger zu verschränken. Ich ließ es zu. Aber nur, weil es mich beruhigte, weil es mein erhitztes Blut wieder ein Stück weit vom Siedepunkt entfernte.
»Lass uns nach Hause gehen, Cal«, sagte sie leise. Durch die Lautstärke der Musik hier konnte ich sie kaum verstehen. Scarlett drückte meine Hand. Die Schaulustigen um uns herum wandten sich wieder anderen Dingen zu. Bo kam zurück und nickte.
Der Wichser war weg. Und hoffentlich würde er hier nie wieder auftauchen. Ich kannte ihn. Ich wusste, wo ich ihn zu finden hatte, wenn er es noch einmal wagen sollte. Mein Blick bohrte sich in Scarletts. Einerseits war in meinem Leben die Gewalt an der Tagesordnung, andererseits war sie noch nie durch eine Frau ausgelöst worden. Das war nicht gut! Scarletts dunkle Augen bettelten mich an, sie bat stumm um Verzeihung, ich spürte das. Und doch war ich von der momentanen Situation so überrollt, so impulsiv geleitet worden, dass ich gerade nicht aus meiner Haut konnte.
»Bring sie ins Hotel, Bo!«, sagte ich also zu meinem Leibwächter. »Bring sie gottverdammt weit weg von hier!«
Scarletts Augen weiteten sich, aber sie ging ohne ein weiteres Wort mit ihm. Ich verließ ebenfalls den Schauplatz des Geschehens und marschierte in mein Büro, um Scotch zu trinken. Viel davon!
»Fuck!«, brüllte ich, als ich den ersten in einem Zug leer gekippt hatte. »Fuck! Fuck! Fuck!« Meine Stimme hallte laut von den Wänden. Es war egal, denn mich würde niemand hören. Mein Büro war schalldicht und außerdem lief im Club Musik. Ich schenkte noch einmal großzügig das Glas voll und kippte es hinunter. Das Brennen in meiner Kehle dämpfte das Brennen meiner Wut. Was war das bitte für eine gottverdammte Scheiße gewesen?
Ich nahm die Flasche mit der braunen Flüssigkeit direkt mit, setzte mich auf mein Sofa und legte die Beine auf den Tisch. Meinen Kopf stützte ich gegen das schwarze Leder und schloss gequält die Augen.
Ich war ein Mann, der Gewalt nicht scheute, ich war wirklich niemand mit einer weißen Weste, aber ich war nicht impulsiv.
Normalerweise.
In meinem Business konnte ich es mir nicht erlauben, voreilig und unüberlegt zu handeln. Und doch hatte ich es heute getan. Wegen Scarlett! War da irgendeine Esoterikscheiße im Spiel, dass ich mich, sobald es um sie ging, nicht kontrollieren konnte? Heilige verfickte Scheiße, es durfte doch nicht wahr sein, dass ich, sobald sie hier war, kein Hirn mehr besaß!
Ich trank nun direkt aus der Flasche. Es war egal.
Wie konnte ich mich so gehenlassen? Hatte ich all die Jahre nichts gelernt? Wann hatte ich vergessen, dass in meiner Welt solche übermütigen Fehler fatale Folgen haben konnten? Seit wann hatte ich diese gottbeschissene Achillesferse?
Frustriert fuhr ich mir durchs Haar und trank weiter. Ich musste aus diesem Kreislauf, brauchte Abstand von Scarlett und ihrem messerscharfen Verstand, ihrem heißen Körper und diesem abgefuckten Zauber, mit dem sie mich scheinbar belegte. Ich kochte innerlich. Zum einen, weil sie es geschafft hatte, mich so zu reizen, dass ich die Kontrolle verlor, zum anderen, weil ich es zuließ, dass jemand so eine Macht über mich besaß.
Bei meinem Vater hatte es kein gutes Ende genommen. Er dankte seinerzeit nicht freiwillig ab. Nein, er wurde erschossen. Bei einer beschissenen Razzia in einem seiner Clubs und wegen der Tatsache, dass ein Cop sein aktuelles Lieblingsgirl angemacht hatte. Diese Razzia war ungerechtfertigt gewesen, aber einer seiner Feinde hatte ihn angeschwärzt. Bei unserem Vermögen und der Macht, welche die Familie Denton in Vegas innehatte, keine Seltenheit. Letztlich war mein Vater selbst schuld, er richtete in rasender Eifersucht die Waffe auf den Polizisten und ... na ja.
Und all das, weil die Welt seine Achillesferse kannte.
Gottverfickt noch mal!
Und jetzt kannte die Welt meine.
Scheiße!
Torkelnd stand ich auf und öffnete meine Bürotür, keine Ahnung wie lange ich schon hier drin war, aber Bo stand wie ein Schrank davor, also hatte er Scarlett zu Hause abgesetzt. »Hol mir eine der Neuen!«, wies ich ihn an.
»Hältst du das für eine gute Idee, Boss?«, fragte er und meine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Das geht dich einen Scheiß an!«
Er beäugte mich skeptisch. »Ich habe gerade deine Freundin in ihre Suite gebracht. Sie ist völlig fertig und du willst jetzt, dass ich dir eine der Neuen hole.«
Der Alkohol benebelte mein Hirn. »Du hast recht«, stimmte ich ihm zu.
»Natürlich habe ich recht!«
»Bring mir zwei!«, knurrte ich und warf die Tür ins Schloss.
Normalerweise ließ ich die Stripperinnen nicht für mich tanzen, weil sie sonst davon ausgingen, sie hätten irgendwelche Sonderkonditionen, aber das hier war eine verdammte Ausnahmesituation.
E ine Stunde lang tanzten die Mädels für mich, nur wurde mein Zorn nicht weniger. Die Hitze in meinem Blut wollte sich einfach nicht beruhigen, auch wenn ich eine Zigarette nach der anderen rauchte und schon die zweite Flasche Scotch geöffnet hatte. Gut, die erste war schon beinahe leer gewesen, aber es fühlte sich nicht so an, als würde das matte Gefühl der Taubheit bald einsetzen, das der Alkohol sonst mit sich brachte.
Und das nervte mich.
Scarlett nervte mich und was sie mit mir machte.
Und dass sich mein Schwanz beim Anblick zweier schöner Frauen nicht rührte, obwohl sie bis auf einen winzigen String komplett nackt vor mir tanzten, mich bezirzten und sich lasziv räkelten, pisste mich noch mehr an.
Es klopfte leise und Bo kam herein. Ich würdigte ihn keines Blickes, starrte nur stupide auf die wackelnden Ärsche. Er stellte die dröhnend laute Musik leiser, von der ich gehofft hatte, sie würde mich vor meinen tobenden Gedanken retten, und baute sich vor mir auf.
»Was willst du?«
»Ich wollte nur mal gucken, wie es dir mit Mandy und Candy ergeht.«
Ah! Das waren also ihre Namen? Die Mädels gaben sich wirklich Mühe, aber sie waren blond. Ganz anders als Scarlett.
»Wenn du nichts Konstruktives beizutragen hast, dann verpiss dich!«
»Scarlett versucht, dich zu erreichen.«
»Langweile mich nicht, Bo! Bring mir lieber mehr Scotch.«
Mein Handy lag vor mir auf dem Tisch und ich sah, wie es immer wieder vibrierte, weil sie mich anrief. Es interessierte mich einen Scheiß! Sie hatte dafür besorgt, dass ich die Kontrolle verlor und mir so dermaßen die Lichter ausschaltete, dass ich einen Gast in meinem eigenen Stripclub verprügelt hatte, in dem ganz klar die Regel herrschte: Wer gewalttätig wird, fliegt.
»Du laberst Scheiße, Cal!«
»Und wenn du nicht der Nächste sein willst, dem Blut aus der Nase spritzt, dann hältst du jetzt deine gottverdammte Klappe!«
Ich winkte Candy oder Mandy zu mir und bedeutete ihr, dass sie näher bei mir tanzen und mich berühren sollte. Sie fuhr mit ihrem barbierosa Fingernagel über meine Schulter und versuchte, sexy und verrucht zu schauen. Es klappte nicht wirklich oder ich nahm es nicht wahr, weil der Scotch nun doch seine Wirkung tat, wenn auch anders als erhofft.
»Und du denkst, das hier ist jetzt die Lösung?« Bedeutungsvoll sah er auf die Kippen, den Alkohol, die Mädchen.
»Wer ist hier der Boss, du Klugscheißer?« Ich setzte mich aufrecht hin, versuchte es zumindest. »Halte dich einfach aus meiner Scheiße raus, Bo! Auch wenn du derjenige bist, der einem Freund, wenn nicht sogar Familie am nächsten kommt. Halte dich raus!«
»Kann ich nicht.«
»Ich glaube, ich habe mich verhört.« Was war nur los, spielten jetzt alle verrückt?
»Scarlett. Sie hat mich gebeten, darauf zu achten, dass du keine Scheiße baust.«
»Du vergisst wohl, wer dich bezahlt?«
»Nein, ganz und gar nicht.«
»Ich baue keine Scheiße. Ohne sie bin ich der alte Cal, der die Kontrolle hat. Ich sehe also das Problem nicht.« Ich lehnte mich zurück und richtete meinen Blick demonstrativ auf die wackelnden Ärsche der Mädels.
»Du solltest das hier beenden und in die Suite fahren. Rede mit ihr!«
»Wer bist du?«, fragte ich schnippisch. »Meine Mutter?« Ich stieß einen verächtlichen Laut aus. »Das Einzige, was ich wirklich tun sollte, ist, diese verfickte Affäre mit ihr zu beenden«, brüllte ich. Eines der Mädchen stockte in ihrer Bewegung, kroch dann näher an mich heran und räkelte sich auf meinem Schoß. Ja, das war gut! Das war perfekt! Ich sollte einfach wieder zum alten Cal Denton zurückfinden. Meine Hände legten sich an ihre Hüften, ihr Arsch wippte über meinem Schwanz. Na komm schon Kumpel, wach auf!
»Was ist nur los mit dir, Cal?«, fragte Bo wieder und mein Blick ruckte zu ihm.
»Ich sage dir was, Bo. Du hast fünf Sekunden, diesen Raum zu verlassen, bevor ich dich abknalle.« Eindringlich sah ich ihn an. »Haben wir uns verstanden?«
Bo schien etwas sagen zu wollen, verkniff es sich aber. Zu seinem Glück, es wäre wirklich schade um ihn gewesen. Aber ich war kein Mann der leeren Worte, auch dann nicht, wenn ich sturzbetrunken, wütend, deprimiert und offensichtlich impotent war.
Ohne einen weiteren Ton zu verlieren, trat Bo durch die Tür nach draußen und schloss sie. Frustriert stöhnte ich auf. Einen auch nur ansatzweise harten Schwanz konnte ich jetzt vergessen. Fuck! Was hatte Bo da auch für einen Mist gelabert?
Mandy oder Candy räkelte sich weiter auf mir, rieb sich und versuchte, mich trockenzuvögeln, aber ich schob sie letztendlich doch genervt von mir herunter. Von einer Sekunde auf die andere konnte ich mich selbst nicht mehr ertragen, geschweige denn diese beiden Mädchen. Ich packte es einfach nicht mehr mit einer Frau, die nicht wie Scarlett roch, nicht wie Scarlett aussah, nicht wie sie sprach und sich nicht wie sie bewegte.
»Verschwindet!«, stieß ich bitter hervor und die beiden Mädchen stoppten überrascht in ihrer Bewegung. »Ich sagte, verschwindet!«
Wahrscheinlich hatten sie gehofft, dass ich sie heute knallen würde. Tja, falsch! Ich würde nie wieder eine Frau knallen, solange ich in diesem Scarlett-Irrsinn steckte. Durch den Alkoholnebel nahm ich wahr, dass sie ihre hauchdünnen Oberteile und Kleidchen zusammenrafften. Eigentlich konnten sie es sich sparen, irgendwas davon anzuziehen, denn diese Fetzen verbargen weit weniger, als sie preisgaben.
Ich atmete erst auf, als ich das vertraute Rumsen der Tür hörte.
Scarlett hatte es wirklich geschafft, meine Welt auf den Kopf zu stellen.
Fuck!
Ich hatte ein Problem.
Und zwar keines, das sich mit Schlägen oder einer Waffe lösen ließ.