»Die Wagner-Station meldet keine Autorisierungen für lokale militärische oder Starfleet-Trägerschiffe in diesem Raumsektor.« Spock stand in der Kabine des Captains und sprach mit der für ihn typischen Gelassenheit.
»Verdammt.« Kirk ballte die Faust um einen weißen Turm. Die Schachpartie hatte vor einigen Wochen begonnen und ruhte seit dem Angriff der Raben. Manchmal fragte er sich deprimiert, ob sie jemals beendet werden konnte.
Der Erste Offizier trat an den Tisch heran und betrachtete die kunstvoll geschnitzten Figuren auf den kristallenen Spielebenen. »Tennet Fünf-Jäger haben eine nur kurze Reichweite und sind nicht imstande, aus eigener Kraft große Strecken zurückzulegen.«
»Woraus wir den Schluss ziehen können: ob Autorisierung oder nicht – wahrscheinlich befindet sich ein Subwarp-Träger in der Nähe. Das geheimnisvolle Objekt, das kurz von den Fernbereichssensoren erfasst wurde …« Kirk setzte den Turm auf eine andere Ebene und schlug damit einen Springer. »Außerdem habe ich der Besatzung des Trägerschiffes mit meiner Kom-Anfrage verraten, dass wir dem Angriff nicht zum Opfer gefallen sind.« Er überließ das Schachspiel dem Vulkanier, ging ins Schlafzimmer, setzte sich auf die Bettkante und zog einen Stiefel vom Fuß.
Spock beobachtete den schwarzen Läufer, der nun in Gefahr geraten war. »Die maximale Flugautonomie der Jäger ist etwas größer als die Reichweite unserer voll einsatzfähigen Sensoren, aber leider steht uns nicht ihr ganzes Leistungspotenzial zur Verfügung. Was zusammen mit der reduzierten Geschwindigkeit bedeutet, dass es dem Träger nicht besonders schwer fiele, unserer Aufmerksamkeit zu entgehen.«
»Ich hoffe, dass er uns fernbleibt, Spock.« Kirk befreite sich auch von dem anderen Stiefel, stand auf und streifte den Uniformpulli ab. »Unter den gegenwärtigen Umständen fürchte ich nicht etwa, dass wir ihn verlieren. Die Vorstellung, dass wir vielleicht zu ihm aufholen, macht mir weitaus mehr Sorgen.«
Der Erste Offizier dachte über diese Bemerkung nach. »Phaserkanonen, dreifach gestaffelte Deflektoren, Photonenminen …«
»Mit Warpkapazität wären wir überhaupt nicht in Gefahr«, sagte Kirk und trat nackt unter die Ultraschalldusche.
»Aber solange wir nur mit Impulsgeschwindigkeit fliegen, befinden wir uns in einer schwierigen Lage.« Spock schätzte die Vor- und Nachteile der beiden Seiten so gegeneinander ab, als handele es sich um eine andere Schachpartie.
»Mit unseren Phasern könnten wir die Deflektoren kaum durchdringen, und unsere eigenen Schilde halten nur einem direkten Treffer stand. Der Schwert erginge es kaum anders. Selbst eine gemeinsame Verteidigung böte keine Garantie für unser Überleben.«
»Und die Aliens scheinen entschlossen zu sein, uns ins Jenseits zu schicken!«, rief Kirk aus der Hygienezelle.
»In der Tat.« Spocks Finger berührten den Läufer, veränderten seine Position jedoch nicht. Erneut betrachtete er die Konstellation und zog seine Hand zurück.
Kirk kam wieder in den Aufenthaltsraum.
»Es ist kühl hier drin«, klagte er und entfaltete eine frische Uniform.
»Ja«, bestätigte der Vulkanier. »Mr. Scott erwägt, die Temperatur um weitere fünf Grad zu senken – er will Energie sparen.«
»Vielleicht sollten wir unser Gespräch in Ihrer Kabine fortsetzen. Ich verspreche Ihnen, mich nicht über die Hitze zu beschweren.«
»Aus Rücksicht auf unsere geschrumpften energetischen Reserven habe ich die Temperatur in meinem Quartier drastisch herabgesetzt«, erklärte Spock. »Das Versorgungsdepot hat mir Thermodecken geliefert – eine primitive, aber durchaus wirkungsvolle Methode, um die Körperwärme zu erhalten.«
Kirk lächelte voller Mitgefühl und konzentrierte sich sofort wieder auf die Lage der Enterprise. »Ich muss wissen, woher die Jäger kamen.«
»Sie stammen eindeutig von der Föderation. Das Tennet Fünf-Modell wird normalerweise für die planetare Verteidigung der Randwelten eingesetzt, und strenge Sicherheitsmaßnahmen sorgen dafür, dass sie nur an Föderationsplaneten verkauft werden.«
»Dem Schwarzmarkt für militärische Ausrüstungsgegenstände mangelt es nie an Nachschub«, meinte Kirk. Er setzte sich und zog die Stiefel an.
»Tennet Fünf-Jäger werden schon seit vielen Jahren gebaut – lange genug, um einige Exemplare so oft zu verkaufen, dass die Kontrollbehörden der Föderation die Übersicht verlieren. Darüber hinaus können Lieferscheine leicht gefälscht werden. Ich frage mich in erster Linie, aus welcher Richtung sie kamen. Unsere Gegner benutzten keine der üblichen Transferrouten, denn sonst wären sie von den Sensoren der Wagner-Station erfasst worden – oder die Basis hätte eine entsprechende Meldung von den nächsten Außenposten der Föderation erhalten.« Er erhob sich und stampfte mehrmals mit dem Fuß auf. »Also bleiben nur klingonisches Territorium oder unerforschte Raumsektoren.«
Spock hob eine Braue. »In jedem Fall ein sehr unwahrscheinlicher Ursprung für einen Subwarp-Träger.«
»Bei dieser Sache scheint nichts einen Sinn zu ergeben«, sagte Kirk müde.
»Aliens, die plötzlich aus dem Nichts erscheinen. Klingonen und Frenni, die ebenso plötzlich verschwinden.« Er schlug sich mit der Faust auf die offene Hand. »Immer wieder nehmen wir uns die Details vor, ohne ein einheitliches Bild daraus formen zu können. Irgendwo verbirgt sich ein fehlendes Element.« Er sah den Ersten Offizier an. »Offenbar kommen wir nicht einmal mit Logik weiter.«
Spock reagierte auf die Enttäuschung des Captains, indem er stumm den Kopf neigte.
Kirk marschierte nervös durch Aufenthaltsraum und Büro – die kurze Ultraschalldusche hatte die Anspannung nicht aus ihm vertrieben.
»Verdammt, es muss doch eine Erklärung für die Angriffe geben. Ich will endlich wissen, gegen wen wir kämpfen, und warum. Ohne derartige Informationen kann ich das Schiff und seine Besatzung nicht richtig vertei…« Er unterbrach sich, als er leises Klirren hörte, gefolgt von Gluckern.
»Ich glaube, dies ist der von Ihnen bevorzugte Drink, Captain.« Spock reichte ihm ein mit dunklem Brandy gefülltes Glas.
»He, Pille!« Kirk lachte erstaunt. »Dir sind spitze Ohren gewachsen.«
Spock erlaubte sich kein Lächeln.
»Haben Sie in der letzten Zeit mit Dr. McCoy gesprochen?«, fragte er.
Kirk runzelte die Stirn und trank einen Schluck, bevor er antwortete: »Nein. Nicht seit dem letzten Angriff.« Widerstrebend gab er zu: »Offenbar haben wir uns kaum etwas zu sagen.«
»Interessant«, entgegnete der Vulkanier in einem neutralen Tonfall.
»Ich hingegen habe gerade eine höchst faszinierende Diskussion mit dem Doktor geführt. Wir unterhielten uns über diskontinuierliche Persönlichkeitsentwicklungen in einer kontinuierlichen physischen Entität.«
Kirk starrte den Ersten Offizier groß an. »Ich verstehe kein Wort.«
»Dr. McCoy kann Ihnen die Einzelheiten erklären«, erwiderte Spock. »Sie sollten ihn so bald wie möglich darauf ansprechen.«
»Aber …«
»Bitte entschuldigen Sie mich jetzt«, fügte Spock förmlich hinzu.
»In zwei Minuten erwartet man mich auf der Brücke.« Er verließ die Kabine ohne einen weiteren Kommentar, und ein verwunderter Kirk blieb zurück.
McCoys Quartier hatte sich verändert. Kirk spürte den Unterschied sofort, als er eintrat. Er betrachtete kahle Wände, an denen nun keine Kunstgegenstände mehr hingen. Die medizinischen Bücher und Datenbänder waren sorgfältig sortiert, standen in den Regalen und beanspruchten dort den Platz von Leonards persönlichen Objekten. Der Captain wanderte zum rückwärtigen Teil der Kabine.
McCoy lag im Bett und setzte sich nun auf – er wirkte noch immer schläfrig, obwohl er gerade mit einer verbalen Anweisung das elektronische Schloss der Tür entriegelt hatte.
»Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht wecken.«
»Dafür bin ich Ihnen sogar dankbar. Ich hatte einen seltsamen Albtraum …«
McCoy rieb sich den Schlaf aus den Augen und sah zum Captain auf. »Lassen Sie mich raten – Spock schickt Sie.«
»Nicht unbedingt.« In einer Ecke des Schlafraums bemerkte Kirk einen Haufen aus steinernen und hölzernen Gegenständen.
»Er erwähnte nur eine ›faszinierende‹ Diskussion zwischen Ihnen beiden.«
»Und deshalb sind Sie hier?« McCoy streckte sich und schwang die Beine aus dem Bett.
Er trug die Hose eines normalen Starfleet-Schlafanzugs, doch der leichte Pulli darüber stammte noch aus seiner zivilen Zeit. Mit der rechten Hand tastete er nach den Stiefeln.
»Er macht sich Sorgen um Sie.« Kirk zweifelte nicht daran, dass der Erste Offizier mit seinem knappen Hinweis Beunruhigung in Bezug auf McCoys Wohlergehen zum Ausdruck gebracht hatte.
»Sorgen?«, wiederholte Leonard. »Soll das ein Witz sein? Er ist Vulkanier.«
»Und zur Hälfte Mensch.« Kirk sprach nun etwas laut aus, das seine beiden Freunde nicht einmal sich selbst eingestanden.
»Jene menschliche Hälfte mag Sie sehr, obgleich der Vulkanier das immer abstreiten würde.«
»Ich nehme an, das ist ein Kompliment für ›Pille‹ McCoy«, brummte der Arzt, als er aufstand. »Ich kann damit nichts anfangen.«
Kirk ließ seinen Blick einmal mehr durch die veränderte Kabine schweifen, und daraufhin verstand er Spocks Unbehagen besser. Er schlenderte zu dem Haufen aus beiseite gelegten Artefakten und griff nach einem steinernen Kopf.
»Ein Geschenk vom Hohen Tehr Akaar von Capella IV. Sie haben einige Monate bei seinem Volk verbracht. Der gegenwärtige Tehr heißt ›Leonard James Akaar‹ – er verwendet sowohl Ihren als auch meinen Vornamen, um uns zu ehren. Sie halfen bei der Entbindung, bewahrten dabei sowohl ihn als auch seine Mutter vor dem Tod.« Er bot die Statue McCoy an, aber als der Arzt sie nicht entgegennahm, legte Kirk den Kopf an seinen ursprünglichen Platz in einem hohen Regal.
Dann streckte er die Hand nach einem kleinen Stein aus. »Als Souvenir taugt dieses Ding nicht viel, doch Vulkan gibt sich ohnehin kaum Mühe, den Tourismus zu fördern.«
Er hielt den mattroten Stein ins Licht. »Sie haben mir auf Vulkan das Leben gerettet – und dies nicht zum ersten Mal.« Kirk warf den Stein.
McCoy handelte aus einem Reflex heraus und fing ihn auf, bevor er zu Boden fallen konnte. Sofort warf er ihn zurück.
»Hören Sie, Captain, ich habe nicht um die Amnesie gebeten.« Leonard tippte sich an die Schläfe. »›Pille‹ traf die Entscheidung, Sie zu verlassen, und allem Anschein nach will er für immer fortbleiben.«
»Das glaube ich nicht.« Kirk schüttelte den Kopf. »Ich kenne Sie, McCoy …« Wieder bereitete ihm das ›Sie‹ erhebliche Schwierigkeiten.
»Dann erklären Sie mir bitte, warum ich beschloss, Sie und das Schiff zu vergessen«, verlangte der Arzt herausfordernd.
Kirk zuckte hilflos mit den Achseln. »Keine Ahnung.« Er musterte den vor ihm stehenden Mann und sah ein vertrautes Gesicht, das nun einem Fremden gehörte. »Früher oder später fällt Ihnen wieder alles ein. Sie bleiben nicht fort.«
»Hier gibt es keinen Platz für mich«, sagte McCoy fest. »Ich kehre in meine Heimat zurück, und die heißt Georgia …«
»Verdammt, McCoy, Sie können weder Starfleet noch die Enterprise verlassen.« Du darfst mich nicht verlassen.
Leonard schob verärgert das Kinn vor. »Captain, sobald wir eine Starbase erreichen, sehen Sie mich nie wieder.«
Das heulen der Sirenen hinderte Kirk an einer Antwort. Rotes Licht pulsierte, und Uhuras Stimme drang aus den Kom-Lautsprechern. »Alarmstufe Rot, Alarmstufe Rot. Captain Kirk zur Brücke.«
McCoy hob erstaunt den Kopf. »Schon wieder? Haben Sie das nicht langsam satt?«
»Und ob«, erwiderte Kirk bitter und lief los.
Das Bild auf dem großen Wandschirm wirkte trügerisch friedlich, doch die Fernbereichssensoren hatten ein Objekt geortet, das sich für die visuelle Erfassung noch immer irgendwo in der Weite des Alls verbarg.
»Ein fremdes Raumschiff«, sagte Spock und überließ Kirk den Kommandosessel. Er blieb neben dem Befehlsstand stehen, als Jim Platz nahm.
Der Captain ärgerte sich noch immer darüber, dass er auch diesmal nicht auf der Brücke gewesen war, als die Alarmstufe Rot begann.
»Der Tennet Fünf-Träger?«
»Möglich«, antwortete Spock. »Das Schiff befindet sich am äußeren Rand unserer Sensorreichweite und fliegt mit der Geschwindigkeit eines Subwarp-Trägers. Die Masse entspricht ebenfalls der zu erwartenden Konfiguration. Visueller Kontakt in zwanzig Minuten. Kurskonvergenz in einer Stunde und zwölf Minuten.«
»Und wir können dem Ding nicht entkommen.« Scotty wandte sich von der technischen Station ab. »Unsere Energiereserven sind viel zu gering.«
»Also kämpfen wir.« Kirk sah die Reaktionen der beiden Offiziere und seufzte. »Irgendwelche Vorschläge dafür, wie wir den Sieg erringen sollen?«
»Uns stehen die zusätzlichen Ressourcen der Schwert zur Verfügung.«
Spock blickte nicht zum Wandschirm, um nach dem Kriegsschiff Ausschau zu halten: Wenige Sekunden nach dem Alarm hatte der Schlachtkreuzer die Tarnvorrichtung aktiviert.
»Aye«, pflichtete Scotty dem Vulkanier bei. »Und mit einem dritten Schiff wären wir vielleicht imstande, etwas gegen den Träger auszurichten.«
»Wenn wir bei einem fairen Kampf keine Chance haben, müssen wir es mit einem Trick versuchen.« Kirk lächelte breit. »Wir lassen unsere Gegner ihre eigene Medizin kosten.«
»Was planen Sie?«, erkundigte sich der Chefingenieur.
Der Captain beugte sich vor und betrachtete die Darstellungen des Projektionsfelds, doch vor seinem inneren Auge ließ er vergangene Ereignisse Revue passieren. »Die Raben im Frenni-Schiff griffen uns nicht sofort an, als wir die Schilde senkten. Statt dessen warteten sie – bis wir eine Falle argwöhnten und die Shuttles zurückbeorderten. Was wäre geschehen, wenn wir keinen Verdacht geschöpft hätten?«
Kirk beantwortete die Frage selbst. »Vermutlich beabsichtigten sie, die Raumfähren zu übernehmen und damit an Bord der Enterprise zu gelangen. Mit anderen Worten: Sie wollten unser Schiff nicht vernichten, sondern es unter ihre Kontrolle bringen. Nun, vielleicht verzichtet die Besatzung des Trägers auf einen Angriff – wenn sie glaubt, uns entern zu können.«
Diese Vorstellung entsetzte Scotty, aber Spock schien nicht überrascht zu sein. Er kannte den Captain so gut, dass er seine Gedanken erriet.
»Und um an Bord zu kommen, müssten die Raben ihre Schilde senken.«
»Aye, das stimmt!« Die Miene des Chefingenieurs erhellte sich, und er grinste ebenfalls.
Spock sprach keine Anerkennung aus, sondern schlüpfte in die Rolle des Advocatus Diaboli. »Wenn die Crew der Tennet Fünf-Jäger nur aus Individuen der zweiten fremden Spezies bestand, so könnten ihre Motive ganz anders beschaffen sein.«
Kirk kaute am Fingernagel des Daumens und überlegte. Nach einigen Sekunden schüttelte er den Kopf. »Nein, ich glaube nicht.« Er sah zu dem Vulkanier auf. »Ich habe keinen Beweis für diese Annahme, aber ich bin sicher, die beiden Raben-Gattungen verfolgen das gleiche Ziel. Ein weiteres Glücksspiel, Mr. Spock.«
»Dann hoffe ich, dass wir die benötigten Trümpfe bekommen«, sagte Scotty.
»Oder eine Sieben würfeln, Mr. Scott.« Spock wölbte eine Braue, als er die Verwirrung des Chefingenieurs bemerkte. »Wenn Sie mir gestatten, das Würfelspiel als Metapher zu benutzen.«
»Auf das Spiel selbst kommt es nicht an – nur auf den Faktor Glück.«
»Mayday, Mayday. Hier ist die U.S.S. Enterprise. Wir brauchen dringend Hilfe.« Uhura wiederholte den Notruf immer wieder, und die Furcht in ihrer Stimme erforderte keine besonderen schauspielerischen Fähigkeiten.
Kirk lauschte dem statischen Knistern, das aus den Lautsprechern drang, und sein Blick galt dem roten, torpedoförmigen Träger, der wie ein großer Blutfleck auf dem Wandschirm wirkte.
Wenn die Fremden nicht bald antworteten, nahmen sie den Köder, ohne dass die Falle zuschnappen könnte. Die im Raum treibende Enterprise war tatsächlich wehrlos. Das abgeschaltete Impulstriebwerk ließ Waffensysteme und Deflektoren ohne Energie.
»Die Rumpfembleme entsprechen den Zeichen einer orionischen Söldnergruppe«, flüsterte Spock.
»Noch mehr Verbündete?« Schweißperlen glänzten auf Kirks Stirn. Die Neutralität der Orioner basierte nicht auf gutem Willen, sondern auf egoistischen Interessen.
Der Vulkanier zuckte mit den Schultern. »Oder weitere Opfer der Bündnisse zwischen Raben und Klingonen.«
»Eins steht fest: Dies ist der Tennet Fünf-Träger«, sagte Scott. »Sehen Sie sich die leeren Jäger-Rampen an.«
Das statische Rauschen wich anderen Geräuschen, und Uhura unterbrach den Notruf. Sofort justierte sie die Frequenz. »Enterprise, hier spricht Aeloran, Captain der Sonnensturm. Wir empfangen Sie.«
Die Stimme sprach Federation Basic mit einem starken orionischen Akzent.
Kirk winkte, woraufhin die Brückenoffiziere jubelten. Dann sagte er laut: »Sonnensturm, hier ist Captain Kirk. Wir freuen uns sehr, Sie zu sehen!« Er verließ den Befehlsstand, um seine Anspannung durch Bewegung zu verringern. Gleichzeitig achtete er darauf, erschöpft und erleichtert zu klingen.
»Was ist geschehen, Captain Kirk? Ihr Schiff scheint ein Wrack zu sein.«
Noch nicht ganz, dachte Jim. Aber wenn diese Sache schiefgeht, sind wir erledigt. »Klingonen griffen mit einer Flotte aus kleinen Kampfschiffen an, die vermutlich aus dem Belennii-System kamen. Wir haben sie zerstört, aber vorher hätten sie uns fast erwischt. Unsere Triebwerke sind nicht mehr funktionsfähig, und uns fehlt Energie für Waffen und Schilde.« Kirk deutete über die dunkle Brücke, um den Zustand der Enterprise zu demonstrieren. »Unser Lebenserhaltungssystem ist völlig von den Batterien abhängig.«
»Wie können wir Ihnen helfen?«, erkundigte sich die körperlose Stimme.
Kirk lachte. »Diese Frage wird Ihnen gleich leid tun. Ich habe hier eine endlose Liste der Ersatzteile und Versorgungsmaterialien, die wir brauchen, um den Flug zum nächsten Raumdock fortzusetzen. Als Bezahlung kann ich Ihnen nur einen Starfleet-Kreditbrief anbieten.«
»Einverstanden«, erwiderte der orionische Kommandant zufrieden. »Der Föderationskredit ist Gold wert.«
Kirk zögerte.
Die Stimme klang echt genug, um dort Zweifel zu säen, wo bisher Gewissheit gewesen war. Der gleiche Zweifel hat meine Reaktion auf den falschen Frenni-Händler um fatale Sekunden verzögert, dachte er.
»Uhura?«
Der weibliche Kommunikationsoffizier unterbrach die Schiff-zu-Schiff-Verbindung. »Die angeblichen Orioner empfangen unsere visuellen Signale, haben jedoch nur einen akustischen Kanal geöffnet.«
Wie bei der Selessan. Ein weiteres Zeichen dafür, dass die Besatzung der Sonnensturm aus Raben bestand, aber noch kein eindeutiger Beweis.
Als Kirk den Daumen hob, stellte Uhura einen neuerlichen Kontakt mit dem Trägerschiff her.
»Ich habe gelogen«, teilte Kirk dem Kommandanten der Sonnensturm mit. »Es befindet sich doch etwas an Bord der Enterprise, das Sie interessieren könnte: saurianischer Brandy. Wenn Sie sich an Bord beamen, genehmigen wir uns eine Flasche, während ich Ihnen unsere Situation erkläre.«
»Ein so gutes Angebot habe ich nicht mehr gehört, seit ich meine Heimat verließ!«, tönte es aus dem Lautsprecher. »Geben Sie mir Ihre Koordinaten – ich bin gleich bei Ihnen.« Kurze Stille folgte, und dann fügte Aeloran hinzu: »Wenn Sie gestatten, bringe ich einige meiner Besatzungsmitglieder mit.«
»Einverstanden«, sagte Kirk. »Wir erwarten Sie.«
Uhura schloss den Kom-Kanal.
»Gefechtsstationen besetzen.« Kirks sanfter Tonfall stand in einem auffallenden Kontrast zum Ernst der Worte. »Spock, nehmen Sie eine umfassende Sensorsondierung vor, sobald der Träger die Schilde senkt.«
Der Erste Offizier wandte sich kurz von den Konsolen der wissenschaftlichen Station ab.
»Wenn die Crew des anderen Schiffes unsere Scanner-Aktivität bemerkt, Captain …«
»Dann wittert sie die Falle und zerstört die Enterprise«, beendete Kirk den Satz. Er nickte ernst. »Uhura, senden Sie die Transporterkoordinaten und stellen Sie anschließend eine Verbindung zur Schwert her.«
»Aye, Sir.« Sie kam der Aufforderung ohne zu zögern nach.
Scotty sah auf einige Instrumentenanzeigen. »Das Trägerschiff senkt die Schilde.«
Stille herrschte auf der Brücke. Die einzigen Geräusche stammten von den Computern der wissenschaftlichen Station. Die Hände des Vulkaniers bewegten sich mit sicherem Geschick – und sehr schnell.
Scotty hob besorgt den Kopf. »Der Transporterraum meldet Aktivierung der Transferfelder. Captain, wenn es den Fremden gelingt, sich an Bord zu beamen …«
Kirk hielt den Blick auf Spock gerichtet, während immer mehr kritische Sekunden verstrichen.
Dann formulierte der Vulkanier jenes eine Wort, auf das Jim gewartet hatte: »Raben.«
»Jetzt, Sulu!«, rief der Captain.
Die Schwert materialisierte plötzlich direkt vor der Enterprise und schirmte sie mit ihren eigenen Deflektoren vor der Sonnensturm ab. Der klingonische Schlachtkreuzer eröffnete das Feuer aus den Phasern – mehrere Strahlen bohrten sich durch die Außenhülle des Trägerschiffes und kochten bis zum Impulstriebwerk.
Wenige Sekunden später existierte die Sonnensturm nicht mehr.