Viele Orchideenbiotope in Deutschland wären ohne den Vertragsnaturschutz verschwunden. Die Bundesländer fördern im Rahmen des Programms „Ländlicher Raum“ Maßnahmen zur naturschutzgerechten Nutzung von Grünland, Äckern und sonstigen Biotopen. Die Europäische Union beteiligt sich an der Förderung dieser Maßnahmen bis zu 45 Prozent.
Der durch die Naturschutzmaßnahmen verursachte Minderertrag bzw. die dadurch entstehenden Mehraufwendungen werden finanziell ausgeglichen. Die Teilnahme an den mindestens fünfjährigen Maßnahmen ist nach den Naturschutzinformationen des Landes Nordrhein-Westfalen freiwillig und trägt damit dem Grundgedanken der Kooperation zwischen Naturschutz und Landwirtschaft Rechnung.
Alle Fördermaßnahmen des Vertragsnaturschutzes sind in NRW in den „Rahmenrichtlinien Vertragsnaturschutz“ zusammengefasst. Bewilligungsbehörden sind die Kreise und kreisfreien Städte, die in ihren jeweiligen Kulturlandschaftsprogrammen die fachlichen Förderschwerpunkte und die Förderkulissen beschreiben.
Die für Orchideenbiotope relevanten Förderregelungen finden sich im Anwenderhandbuch unter dem Punkt: „Vertragsnaturschutz in Nordrhein-Westfalen – Förderangebote – Anwenderhandbuch – Naturschutzgerechte Bewirtschaftung sonstiger Biotope (nrw.de)“.
Für die Beweidung gibt es einen Ausgleichsbetrag von 380 Euro pro Hektar und Jahr, bei späterer Mahd von 595 Euro pro Hektar und Jahr. Die Liste der zu beachtenden Vorschriften ist lang. So ist Beweidung vom 1.11. bis 14.3. auf trittempfindlichen Standorten nicht zulässig.
Die Beweidung sollte bezüglich Besatzdichte und Dauer so erfolgen, dass am Ende der Weidesaison der überwiegende Teil der weidefähigen Biomasse entfernt ist (Richtwert ca. 70 %).
Bei Hüteschafhaltung sollte der Abstand zwischen den Beweidungsgängen 6 bis 8 Wochen betragen. Eine kurzfristige Koppelhaltung ist für maximal 2 Tage zulässig. Dabei ist die nächtliche Koppelhaltung bzw. die Einrichtung eines Nachtpferches auf der Vertragsfläche in der Regel ausgeschlossen. Lediglich in begründeten Fällen kann auf weniger nährstoffsensiblen Flächen hiervon abgewichen werden. Biotop- und Artenschutzaspekte (Blühzeitpunkte/Brutzeiten) sind vorrangig zu beachten.
Wer die Fülle an Vorschriften liest, erhält schnell den Eindruck, Landwirte und Schäfer könnten in ihrer witterungsabhängigen Arbeit schnell überfordet werden, eine Antrags-und Kontrollbürokratie könnte ihnen die Bereitschaft zu diesen freiwilligen Vereinbarungen nehmen, wenn sie es sich finanziell leisten könnten. Ohne eine flexible Anwendungpraxis ließe sich der Vertragsschutz kaum umsetzen.
Alle Regelungen finden Sie, wenn Sie diesen QR-Code einscannen.
Das Landesamt für Natur-, Umwelt-und Verbraucherschutz NRW zieht in seinen Naturschutznachrichten eine positive Bilanz von 20 Jahren Vertragsnaturschutz: „Von den Anfängen des Vertragsnaturschutzes in NRW vor rund 30 Jahren mit dem Modellvorhaben „Herbizidfreie Ackerrandstreifen“ über das Pilotprojekt „Biotoppflege durch Landwirte“ und die ersten Naturschutzprogramme bis hin zum heutigen NRW-Kulturlandschaftsprogramm hat sich die Strategie „Naturschutz durch Nutzung“ für die Offenlandbiotope der Kulturlandschaft bewährt. Am Beispiel der Eifel wird gezeigt, dass zahlreiche Rote-Liste-Arten der Wiesen, Weiden, Magerrasen und Heiden in den letzten zwei Jahrzehnten stark zugenommen haben. Gleiches gilt für Kennarten und Magerkeitszeiger des Grünlandes. Die Gründe hierfür lassen sich eindeutig auf den kontinuierlichen, z.T. jahrzehntelangen Vertragsnaturschutz mit Landwirten zurückführen, meist in Kombination mit Extensivierung, Renaturierung und Restitution.
Im Hinblick auf die Erhaltung und Förderung der naturraumtypischen Biodiversität sei in der Eifel, teilweise auch in anderen Landschaften von NRW die Trendumkehr gelungen. Das Ministerium verweist auf diesen Bericht von Professor Schumacher: „Wolfgang Schumacher Bilanz – 20 Jahre Vertragsnaturschutz.Vom Pilotprojekt zum Kulturlandschaftsprogramm NRW Trendumkehr durch langjährigen, erfolgreichen Vertragsnaturschutz in der Eifel.“
Für Förster stellt der Vertragsnaturschutz insgesamt ein oftmals wirkungsvolleres Mittel dar, als es die reine Unterschutzstellung ist. „In der Praxis haben wir hier aber eher mit den nicht weißen, sondern manchmal auch grauen und manchmal sogar schwarzen Schafen unter den Vertragsnehmern zu kämpfen.“
Der Kreis Euskirchen sieht sich landesweit als einer der Vorreiter in Sachen Vertragsnaturschutz. Mittlerweile nehmen 411 Betriebe im Kreis Euskirchen am Vertragsnaturschutz teil. Die nach naturschutzfachlichen Erfordernissen bewirtschaftete Fläche umfasst mehr als 3.100 ha. Das jährliche Zuwendungsvolumen erreicht annähernd 1,7 Millionen Euro.
Der Vertragsnaturschutz fördert im Kreis gezielt eine extensive Bewirtschaftung, die zum Erhalt gefährdeter Arten unerlässlich ist.
Der Verzicht auf Düngung fördert die Pflanzen, die magere Bodenverhältnisse bevorzugen. Das kommt z. B. dem Breitblättrigen Knabenkraut oder der Bienen-Ragwurz zugute. Durch Düngung würden diese verdrängt. Flächen mit seltenen Arten, die spät blühen, z. B. Arnika, werden später genutzt.
Es gibt Arten, die durch Beweidung und Viehtritt gefördert werden. Solche Flächen werden daher gezielt beweidet statt gemäht.
Interessierte Landwirte können sich zunächst bei der Biologischen Station des Kreises Euskirchen e.V. mit Sitz in Nettersheim melden. Dort wird in einem persönlichen Beratungsgespräch die Förderwürdigkeit der Fläche überprüft, und es werden anschließend die einzelnen Pflegemaßnahmen abgestimmt, welche für die vorhandene Tier- und Pflanzenwelt am besten geeignet sind.
Zwar knabbern Schafe Orchideen tatsächlich an, aber sie scheiden die Samen aus und tragen so zur Verbreitung der Orchideen bei. Hans-Jürgen Geyer und Bernd Magenburg kommen in ihrem Bericht über eine Ziegenbeweidung eines Kalkmagerrasens (enthalten im Buch „Die Orchideen Nordrhein-Westfalens“) zu diesem abschließenden Urteil: „Die Vorteile der Beweidung überwiegen eindeutig die Schäden der Sprosspopulation durch Tritt oder Verbiss.“
Doch die freiwilligen Vereinbarungen reichen häufig nach Meinung des NABU nicht, um die Natur wirklich zu schützen: „Statt auf gesetzliche Vorgaben setzt der Staat im Natur- und Umweltschutz immer mehr auf freiwillige Vereinbarungen. Die Politik will möglichst nicht anecken, Interessengegensätze werden notfalls mit Geld ausgeglichen.
Geht es um mehr Naturschutz, zieht der Gesetzgeber die Samthandschuhe an. Es solle immer ‚vorrangig geprüft werden‘, heißt es im Bundesnaturschutzgesetz, ‚ob der Zweck mit angemessenem Aufwand auch durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden kann‘. Viele aktive Naturschützer sehen diesen Ansatz kritisch, sie wünschen sich eher klare, mit Sanktionen versehene Vorschriften, also klassisches Ordnungsrecht. Bei der Ausweisung von Schutzgebieten etwa geht es darum, dass die Nutzungsbeschränkungen auch konsequent umgesetzt werden.“